Beziehung ja oder nein ?

Foru

New member
25. Okt. 2017
1
0
0
Hallo zusammen,

ich habe folgendes Problem und hoffe hier einige Ratschläge zu erhalten weil ich nicht weiter weiß . 

Ich war dieses Jahr im Sommer in der Klinik wegen meiner Borderline-Erkrankung .

Dort habe ich einen Mann kennengelernt der mich anfangs als seine "Tochter " gesehen hat. Wir haben uns oft umarmt und er war für mich der Klinikpapa und er war dort für mich eine Stütze und ich habe mich mit ihm sehr gut verstanden und er war immer für mich da.

Ich habe angefangen ihn sexuell anziehend zu finden und habe mich denke ich etwas verliebt in ihn. Irgendwann habe ich es ihm mitgeteilt und gefragt ob er mich nur als seine "Tochter " sieht. Und er meinte JA.  Und was anderes hat er sich auch nicht erlaubt an was anderes zu denken. Denn jetzt kommt's. Er ist wesentlich älter als ich . Ich bin 28 Jahre jung und er ist 57 Jahre alt. Sowas ist mir auch noch nie passiert. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr weiter .

LG 

 
Ihr habt euch in einer Ausnahmesituation befunden, ausserhalb des üblichen Rahmens. Es ist schön, dass ihr euch gegenseitig gestützt habt, um in dieser Situation zurecht zu kommen. Ebenfalls schön, dass ihr euch so gut versteht. Problematisch, dass du dich in verliebt hast - was aber nicht verwunderlich ist. Problematisch deshalb, weil ihr euch nur in dieser ausserordentlichen Lage kennengelernt habt und nicht wisst, wie ein Alltag zusammen aussehen würde. Nicht verwunderlich, da grosse Zuwendung, die man erfährt, durchaus auch dazu führen kann, dass man mehr der Person zu sehen beginnt - dass die platonische Liebe in eine Liebe umschlägt, die nach Beziehung strebt.

Ausserhalb dieses klinischen Rahmens sieht es oft nicht mehr so einfach aus. Da holt einem alles wieder ein. Eine Beziehung auf der Basis dieser ausserordentlichen Situation scheint mit sehr labil. Natürlich ist genau das der Inhalt so vieler Hollywoodfilme: Die Protagonisten, die sich bis zum Höhepunkt der Handlung eher abstossend fanden, finden in der grössten Not doch zueinander. Danach endet der Film meist und wir werden nicht darüber informiert, wie es weitergeht. Dass der schnöde Alltag so gar nichts gemeinsam hat mir der Zeit, in der man sich kennenlernte.

Das gilt es zu bedenken.

Der Altersunterschied ist beträchtlich, aber was sagt das schon aus? Es gibt junge Menschen, die scheinen schon uralt, und es gibt ältere Leute, denen man ihr Alter nicht anmerkt, weil sie noch so frisch und dynamisch und jugendlich denken und handeln.

Du weisst nun nicht weiter. Aber er hat die Sache ja klargestellt: Für ihn bleibst du seine "Tochter". Das gilt es zu akzeptieren. Ob das immer so bleiben wird, muss nicht sein. Es hängt davon ab, wie lange ihr noch in dieser Klinik sein werdet, wieviel Zeit ihr miteinander verbringen könnt. Aber wenn von ihm aus kein Interesse an einer Beziehung - oder was auch immer du dir wünscht - liegt, dann kannst du nichts machen.

Natürlich könntest du ihn quasi in eine Ecke manövrieren, wo er nicht herauskommt und nach deinen Wünschen handeln müsste, aber vermutlich ist das überhaupt nicht befriedigend, vermutlich führt das auch zu gar keine Stabilität. Und schliesslich will man sich nur noch aus dem Weg gehen. Das wäre doch schade, wenn ihr euch gut versteht.

Immerhin habt ihr eure Positionen dargelegt und wisst, woran ihr seid. 

 
Hallo Foru, herzlich willkommen!

Interessant finde ich den Titel Deines Beitrages: "Beziehung: Ja oder Nein?".

Für mich stellt sich die Frage nämlich gar nicht: Dein Schwarm hat ganz klar kommuniziert, dass er keinerlei romantische oder sexuelle Interessen an Dir hat. Er sieht Dich als "Tochter", er schließt Romantik oder Sexualität ganz klar aus, hat keine solchen Gefühle für Dich. Daher kann für mich von "Beziehung" gar keine Rede sein.

Wenn jemand keine Gefühle für mich hat, ist es doch absurd, ihn in eine Beziehung/Partnerschaft mit mir bewegen zu wollen, nicht?

Aber eine "andere" Form einer Beziehung als die klassische "romantisch-sexuelle" Beziehung, die lese ich schon heraus: eine "Vater - Tochter - Beziehung". Im Kern erzählst Du hier ja, dass er gerne eine väterliche Beziehung zu Dir aufbauen würde, Du aber mehr als das willst.

Das finde ich spannend.

Ich glaube schon, dass wir Menschen manchmal "Ausflüge" in unsere Vergangenheit machen. Wie hätten sich denn manche Menschen ihren Vater gewünscht? Oft hätten sie Sehnsucht gehabt nach einem Vater, der "da" ist, bei dem sie Geborgenheit finden können; der sie unterstützt, herzlich ist, bei dem sie sich "anlehnen" können; der Sicherheit vermittelt, und einem zeigt, dass er einen lieb hat, dass man spüren kann, was für ein tolles, hübsches Mädchen man zum Beispiel ist.

Das sind manchmal auch so Gefühle, die wir in Beziehungen oder Affairen mit älteren Männern suchen. Meine Freundin zum Beispiel liebt die Gefühle, die Affairen mit älteren oder prestigeorientierten Männern bei ihr auslösen. Sie sagt, sie fühlt sich so begehrenswert dadurch, als junge attraktive Frau wahrgenommen zu werden. Sie genießt viel Aufmerksamkeit durch diese Männer, fühlt sich stark und hat viele Freiheiten, und mag es, an deren Seite auch so wahrgenommen zu werden.

Das geht meist für eine Affaire gut, ich hab aber nicht den Eindruck, dass meine Freundin die Sehnsucht dahinter dadaurch wirklich stillen kann.

Sie ist auch schon das eine oder andere Mal an so einen "Sugar Daddy" geraten. Das waren dann in meinen Augen so Typen, bei denen sie nur noch als "sexy Aufputz" neben ihm herumgetänzelt ist. Die waren oft nur oberflächlich und mehr Schein als Sein, waren oft zu erst auffällig großzügig, machten haufenweise Komplimente, schürten Hoffnungen, die Enttäuschung kam dann aber meist schnell. Aus großzügigen Abendessen wurden dann knausrige Beschwerden, dass weniger Geld ausgegeben werden soll, die Hoffnungen auf eine tolle gemeinsame Zukunft wurden dadurch gedämpft, dass diese Typen sich dann doch nicht wirklich festlegen wollten und die Komplimente... oje, meine arme Freundin, die Komplimente wurden eher zu Druckmitteln oder versteckter Kritik statt "Lob". Plötzlich war dann nicht mehr das Gefühl da, begehrenswert zu sein, sondern ein starker Konkurrenzdruck mit anderen Frauen. Beim letzten "Sugar Daddy" war meine Freundin am Schluss völlig fertig vor Eifersucht, weil sie sich so machtlos fühlte gegen die vermeintliche "Konkurrenz", die ja angeblich alle viel "schöner", "erfolgreicher", "lustiger" waren.

Also genau das Gegenteil von den Sehnsüchten - begehrt sein und lieb gehabt werden, Geborgenheit und Sicherheit (von wegen! Nicht mal als Freundin wurde sie vorgestellt, da er sich ja nicht festlegen wollte!).

Sie hat lang gebraucht, um von ihm loszukommen, da sie doch immer wieder angestachelt war, sich selbst zu beweisen, dass sie für ihn attraktiv ist. Inzwischen hat sie das toll gemeistert und weiss, dass sie ihn dazu nicht mehr braucht.

Ich finde es gut, dass Dein Schwarm sehr ehrlich ist und sagt, dass seine Gefühle für Dich "väterlicher Natur" sind. Auch DAS ist doch schön, nicht?

Gibt es Dir nicht etwas Geborgenheit, dieser Gedanke? Einen Freund zum Anlehnen zu haben?

Du schreibst, dass ihr beide in Therapie seid. Ist er Dein Therapeut oder ein Patient in der Klinik?

Ich finde es ganz wichtig, dass Du mit Deinem Therapeuten oder Deiner Therapeutin auch über diese Gefühle sprichst, die der Mann in Dir ausgelöst hat. Es wird Dir gut tun.

Alles Liebe,

Manana