Bisexualität was nun?

Berge17

New member
08. Okt. 2017
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Hallo Ihr lieben 

Ich brauche eure Erfahrungen und Tipps.

Seit meinem ca. 15 Lebensjahr, ist mir bewusst, dass ich Bisexuell bin. Bis jetzt habe ich jedoch nur meine Heterosexuelle Seite ausgelebt. Meine Homosexuelle Seite habe ich bis jetzt stets verdrängt und wollte das ganze nie wahrhaben. Nach etlichen Kämpfen, Depressionen etc. mit mir selbst stehe ich nun (nach 8 Jahren) dazu und versuche damit umzugehen.  

Nun in meinem Umfeld weiss niemand bescheid. Jedoch habe ich vor das ganze meiner Schwester zu erzählen, denn ich merke es tut gut mit jemandem darüber reden zu können. Nun jetzt komme ich mal zu meinem eigentlichen Problem.... 

Seit zwei Jahren bin ich in einer "hetero" Beziehung und bin soweit super glücklich. Wir reden oft vom Zusammenziehen und Kindern was ich mir mit Ihr auch ganz gut vorstellen kann. Jedoch merke ich auch dass ich gerne mal (eher schon ein innerer Drang) Erfahrungen mit einem Mann sammeln möchte. Meine Freundin ist ein sehr offener Mensch jedoch auch sehr sensibel. Oft stelle ich mir die Frage, wie sie es verkraften würde wenn ich a ihr sage das ich Bisexuell bin und b dass ich gerne mal Erfahrungen mit einem Mann sammeln würde. Ich komme aus einer sehr Religiösen Familie und ein "Outing" kommt auf keinen Fall in Frage (glaubt mir). Aus Angst, dass mein grosses Geheimnis an die Öffentlichkeit (Vor allem Familie) geraten könnte, kann ich Ihr das fast nicht sagen..... Ob sie es für sich behalten kann bezweifle ich, spätestens wenn unsere Beziehung aufgrund dessen in die Brüche gehen würde..... Ich liebe sie jedoch habe ich Angst wenn ich diesen (inneren Drang) nicht auslebe, dies irgendwann doch tun werde wenn wir verheiratet sind und Kinder haben! Das wäre eine Katastrophe, sie hat ein gutes Leben verdient und ich auch. 

Was mache ich? Schluss? Es ihr sagen? heimlich machen? Verdrängen? 

Ist/war jemand in der gleichen Situation? Oder kennt jemanden der dasselbe erlebt hat? 

Bitte um Antworten. 

Gruss 

 
Hallo Berge

Ja, über das zu reden und zu dem zu stehen was in einem vorgeht ist wirklich befreiend. Es ist ja auch tatsächlich ein Stück weit mehr zu sich selbst kommen. Du solltest dir das nicht verwähren und auch dir steht das zu.

Zum Glück leben wir nicht mehr in den letzten Jahrunderten. Und für mich ist die Kirche auch etwas überholt in vielerlei Hinsicht. Dass es schwer ist mit einer streng gläubigen Familie glaube ich dir trotzdem gerne. 

Du wirst keinem einen Gefallen tun, wenn du dich wegen Anderen weiterhin verbiegst. Auch liegt es nahe, dass du irgendwann deinem Umfeld die Schuld daran geben wirst (auch deiner Freundin), wenn du nicht das lebst was du fühlst.

Allerdings ist dies deine Verantwortung. Du entscheidest, ob alte Glaubenssätze und Überzeugungen es wert sind, dich dafür teilweise aufzugeben. Und ob deine Angst vor gesellschaftlichem Druck mehr wiegt als deine Wahrheit.

Es kommt dir jetzt schwer vor und du hast Angst. Verständlich. Zunächst würde ich eine Person in deinem Umfeld finden, dem/der du dich anvertrauen kannst und darüber reden kannst. Beginne mit kleinen Schritten, dann kannst du daraus auch Mut schöpfen.

Wenn du mich fragst: trau dich. Die Erfahrungen und Begegnungen, die du noch erleben kannst, werden es dir danken. Und letztlich wird das auch deine Familie und deine Freundin verstehen.

Liebe Grüße

 
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Hallo Rosenkatze

Vielen Dank für deine lieben Worte! Wow, dass hätte ich jetzt echt nicht erwartet. 

Was ich will, dass weiss ich sehr genau. Jedoch fehlt mir der Mut dazu, denn ich hasse es Menschen (für mein Glück) verletzen zu müssen. Ich glaube die ersten zwei wichtigen Schritte gemacht zu haben. 1. Mich selbst für mich Geoutet 2. Alles mal in einem Forum rauslassen können. Der dritte Schritt es meiner Schwester zu erzählen. Ich werde mir jedoch keinen druck machen. Dein Ratschlag mit kleinen Schritten zu beginnen und draus Mut zu schöpfen ist ein wertvoller Tipp danke dafür! 

Gruss 

 
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Gerne.

Das waren zwei wichtige Schritte, stimmt. Und es in deinem Tempo anzugehen ist eine gute Idee.

Das mit dem Verletzen ist so ne Sache.. verletzt du jemand anderes denn, wenn du offenbarst was du fühlst? Oder verletzt du jemanden mehr, wenn du es nicht tust? 

Das Leben läuft nunmal selten so, wie man es sich vorstellt. Wenn jemand dich allerdings liebt und an deinem Wohlbefinden interessiert ist, wird er auch dankbar für deine Offenheit sein. Auch wenn es bedeutet, sich auf etwas Neues einzustellen. 

Für deine Freundin ist es wahrscheinlich nicht leicht, das zu hören. Zumal das ein Fortbestehen der Beziehung in Frage stellt. Längerfristig gesehen bekommt ihr aber so beide die Chance, euch wieder zusammen zu finden so wie ihr seid- oder eine Liebe in einer neuen Partnerschaft zu finden, die vielleicht besser zu euch passt.

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Berge17!

Herzlich willkommen!

Ich denke, dass heute beides möglich sein sollte: eine Heterobeziehung UND homosexuelle Kontakte.

Wir leben in einer Welt, in der wir wissen, dass BEIDE Orientierungen - also die nach dem eigenen und die nach dem anderen Geschlecht - in uns geborgen sind, und die Frage ganz einfach lautet, wie ausgeprägt diese jeweils sind.

Ich geb Dir darin recht, dass in vielen Kulturen oder Kulturkreisen immer noch ein sehr stark traditionelles Bild davon vorherrscht, wie Beziehungen und Liebe gestaltet sein müssten: hetrerosexuell natürlich. Und ich versteh Deine Beklemmung gut, weil ich den Schmerz auch gut kenne, dieses "andere" in sich zu tragen, man fühlt sich so "anders".

Dieser Teil, der so "anders" ist gehört aber auch zu Deiner Identität. Der gehört zu Dir. Der macht, wie so viele andere Teile von Dir, Deine Sehnsüchte, Wünsche, Deine Empfindungen aus. Den ersten Schritt hast Du schon getan: Du nimmst den Teil als einen Teil von Dir wahr. Das ist schon mal eine ganz wichtige Ehrlichkeit, die Dir selbst gegenüber hast, Du hast Dich Dir selbst gegenüber schon geoutet.

In einem zweiten Schritt würde ich an Deiner Stelle Deine Partnerin miteinbeziehen. Sie ist Deine sexuelle und emotionale Partnerin, Eure Sexualität wird durch Deine Orientierung ja auch berührt. Sie, Deine Partnerin, ist Teil Eurer sexuellen Beziehung, für mich damit die erste Ansprechpartnerin. Weil sie davon am meisten berührt sein wird. Sie geht es, nach Dir, am ehesten etwas an.

Die Frage wird sein, WIE Du ihr Deine Neigungen kommunizierst. ICH würde an Deiner Stelle zunächst vorsichtige "Versuchsballons" starten, das Thema mal so allgemein zur Sprache bringen, vielleicht würde ich auch eine Versuchsballonstory erfinden. Ein Kollege sei in der Lage oder seine Freundin hätte mit Dir darüber vertraulich geredet. Und dass die beiden damit scheinbar ganz gut umgehen. Dann fällt sie, im nächsten, späteren Schritt nicht aus den Wolken sondern hatte schon Zeit, sich mit dem Thema insgesamt zu beschäftigen oder vielleicht sogar die Lunte zu riechen.

Das Gespräch selber... es kommt völlig auf die Gesprächsumstände an. Wichtig zu kommunizieren ist, zB, dass nichts ohne ihr Einverständnis passieren würde; dass Du ihr gegebenenfalls anbietest, Fragen zu etwaigen Partnern zu beantworten; dass sie Zeit hat, das erst einmal zu verdauen und ihr Euch dann etwas ausmacht, wie ihr damit umgeht. (Was sind "Fairnessregeln", die ihr Euch aufstellt?). Ganz wichtig ist auch, ihr zu zeigen, ihr zu kommunizieren, dass sie absolut attraktiv ist für Dich, Du die Gemeinsame Zukunft mit ihr willst, dass etwaige erotische Männerinteressen NICHTS damit zu tun haben, dass sie nicht attraktiv sei; es ist nur eine zusätzliche Sehnsucht. Etwaige Männer stehen in absolut keiner Konkurrenz zu ihr.

Du kennst sicherlich Freddie Mercury.

Welche sexuelle Orientierung hatte er?

Homosexuell?

Nicht ganz.

Freddie Mercury führte auch (mindestens!) eine jahrelange Beziehung mit einer Frau in London, und pflegte auch sexuelle Kontakte zu Frauen.

In seinem letzten Song, "These are the days of our lives", da wusste er dass er in Kürze sterben wird. Er sinniert zurück, in die Kinderzeit, die er gerne noch einmal erleben würde. Er singt dazu:

"No use in sitting and thinkin' on what you did
When you can lay back and enjoy it through your kids
Sometimes it seems like lately
I just don't know
Better sit back and go with the flow"


Für mich kommt da auch die Sehnsucht heraus, vielleicht doch gerne auch Kinder gehabt zu haben.

Ich denke, dass das möglich ist, BEIDE Sehnsüchte leben zu können.

Alles Liebe,

Manana

PS: Du weisst ja, woran Freddie Mercury starb. Das war in den frühen 80ern, er wusste wohl ab 83/84 von seiner Diagnose, aber HI war damals kein Thema, da herrschte Unwissenheit zu HI. Hier spricht also die Moderatorin: wenn es bei Dir so weit ist IMMER IMMER mit Kondom verhüten!

 
Hallo Berge 17

Erstmals Gratulation die ersten Zwei Wichtigen Schritte sind gemacht du merkst es geht dir besser.  Nun sollten die nächsten nicht weniger schweren Schritte folgen, lass dir zeit und mache es wenn du soweit bist. 

Ich an deiner Stelle würde mir jedoch erst mal mit meiner Partnerin Klarschiff machen. Die Familie und der Rest soll sich dann fügen es fällt dir jedoch sicher leichter deiner (religiösen) Familie reinen Wein einzuschenken wenn deine Partnerin hinter dir steht. 

Du schreibst sie ist sehr offen jedoch auch sensibel. Frag sie doch was sie generell über Bi-Sexuelle denkt. Bring das Thema so behutsam auf den Tisch. Frag sie ob sie vielleicht auch schon Phantasien mit anderen Frauen hatte. 

Irgendwann wenn sie nicht komplett abblockt und du ja dann weisst was sie generell davon hält kannst du ihr ja dann sagen das du dir schon länger wünscht neben  ihr auch Erfahrungen mit anderen Männern zu machen. Glaub mir sie wird weniger Probleme haben als wenn du kommst und sagst hey ich hab ne zweite Frau denn mit einem Mann kann sie nicht konkurrieren.

Die Frage ist ob du deine Bi Sexualität mit ihr zusammen ausleben möchtest oder nur jeweils mit einem Partner. Wenn du sie so mit einbeziehen kannst und du auch kein Problem hast deine Partnerin zu "teilen" dann könnte alles relativ entspannt ablaufen.  

Du hast den richtigen Weg eingeschlagen und musst nun den Mut finden deinen Weg zu gehen damit du glücklich wirst. Am liebsten für dich mit deiner Partnerin welche viel Verständnis für dich und deine Gefühle hat. 

Und wie Manana schon geschrieben hat! saver Sex hat immer Vorrang vor allem dann wenn die Beziehung mehr als zwei Monogame Partner hat! 

 
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Hallo ihr Lieben 

Vielen herzlichen Dank für die vielen Meinungen und Tipps! Es ist Cool das ich von euch so unterstützt werde. Ich habe für mich die Tipps herausgenommen, die zu mir passen und bei denen ich mich vorstellen kann/konnte diese so umzusetzen. 

Nun zu den News: 

Ich habe gestern meiner Schwestern von dem ganzen erzählt, ich brauchte noch Mut und den habe ich bei Ihr auch gesammelt. Sie hat das ganze (wie gedacht) sehr locker und easy aufgenommen. Ich brauchte kein Blatt vor den Mund zu nehmen und bin auf viel Verständnis gestossen. 

Heute habe ich bereits den nächsten Schritt gewagt. Ich habe meiner Freundin von dem ganzen erzählt (eure Tipps haben riiiiiiiiiiesig geholfen!). Sie steht noch unter Schock. Ich erzählte ihr sehr offen was in den letzten acht Jahren in mir vorgegangen ist und wie ich mich dabei gefühlt habe. Das für mich dieses "Outing" auch sehr schwer ist, da für mich unsere Beziehung sehr wichtig ist. Ich habe auch gesagt das ich sie liebe und das ich ihr jede Frage in diesem Zusammenhang beantworten werde. Sie sagte sie seit sehr froh das ich ihr das erzählt habe. Sie ist mir auch nicht böse, dass ich Ihr das ganze nicht vor zwei Jahren gesagt habe. Jedoch stellt sie unsere Beziehung in Frage und ist sehr verunsichert. Sie meint aber auch ihr sei ihr Mann und sie kann sich nach wie vor mit mir vorstellen zusammen zu ziehen und eines Tages Kinder zu haben. 

Nun ich habe ihr vorgeschlagen das ganze in keinen Schritten anzugehen. 1. das ganze setzten zu lassen 2. sie soll herausfinden ob sie mit meiner Orientierung leben kann und mich so akzeptieren kann. 3. wir besprechen wie ich diese neue Seite an mir entdecken kann 4. wir treffen Vereinbarungen und Regeln. 

Ich hab fast schon ein schlechtest Gewissen das zu schreiben aber ich bin sehr Happy. Es geht mir besser, denn mein grösstes Geheimniss kennen nun die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich bin auch Happy das meine Freundin so reagiert hat und trotz ihres Schocks mich auch versteht. 

Ich freue mich auf die Zukunft habe aber auch ein wenig schiss. Ich bin noch Jung und ich will das Leben auskosten, mal sehen was die Zukunft bringt so oder so kommt sie. Mal sehen was ich draus mache :)  

Gerne melde ich mich wieder & liebe Grüsse an euch  

 
Toll, ich freu mich so für Dich!

Viel Kraft auf Deinem weiteren Weg.