Der Schatten meiner Exfreundin

Steffu

New member
20. Aug. 2017
2
0
0
Hallo ihr, ich bin nach einer google-Suche auf dieser Seite gelandet und hoffe, dass ihr mir weiterhelfen könnt.

Ich kam im Alter von 18 Jahren mit einer Jugendfreundschaft zusammen. Wir kannten uns schon aus Grundschulzeiten, und verloren uns nie aus den Augen, bis wir schliesslich merkten, dass wir mehr empfanden als nur Freundschaft. Sie war meine erste Beziehung überhaupt, und sie hatte vor mir nur eine flüchtige Beziehung, die nichts ernstes war (hielt knapp einen Monat). Wir wohnten beide noch bei unseren Eltern, und sahen uns während dem Studium (wir studierten beide in der selben Stadt, aber in unterschiedlichen Fachrichtungen) etwa einmal unter der Woche sowie an den meisten Wochenenden. 

Nachdem wir den Bachelor hatten und mit unterschiedlichen Jobs etwas Geld verdient haben, unternahmen wir eine grössere Reise. Ich sollte anschliessend einen Master machen, und sie eine Vollzeitstelle in ihrem Beruf finden. Wir haben auch beschlossen, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Doch damit wir uns das leisten konnten, habe ich parallel zur Uni noch eine 60%-Stelle angenommen. Möglicherweise wären wir auch mit dem Lohn ihrer 100%-Stelle über die Runden gekommen, aber ich bin einfach nicht der Typ, der sich alles zahlen lassen will... Auf jeden Fall habe ich trotzdem nicht länger als 2 Jahre für meinen Master haben wollen, und arbeitete so täglich etwa 12-14 Stunden, und auch Wochenende erlaubte ich mir kaum jemals zu machen (ich sollte vielleicht sagen, dass ich eher wenig Schlaf brauche, 4-6h/Nacht reichen völlig). Auch in die seltenen gemeinsamen Ferien habe ich jeweils Unterlagen mitgenommen, die ich nach den Tagesausflügen durchgearbeitet habe. Es ist wohl unnötig zu sagen, dass ich sie während meinem Masterstudium vollkommen vernachlässigt habe, was mir jedoch in dem Moment nicht aufgefallen war.

Dies ging insgesamt etwa eineinhalb Jahre so. Schliesslich merkten wir (angestossen von ihr), dass wir uns in sehr unterschiedliche Wege entwickelt haben. Während mir vor allem die "Karriere" wichtig war, war ihr das Leben neben dem Beruf wichtiger. Nach vielen Diskussionen haben wir uns nach insgesamt gut 7 Jahren Beziehung gemeinsam zur Trennung entschieden. Dabei wollten wir aber auch einander nicht endgültig aus den Augen verlieren, da wir uns ja schon ewig kennen. Dies war auch problemlos möglich, da weder ich noch sie einen Groll gehegt hat. So sahen wir uns auch nach meinem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung noch regelmässig und waren damit eigentlich zufrieden.

Ein Jahr später habe ich dann eine andere Frau kennengelernt und mich auf Anhieb sehr gut mit ihr verstanden. Nach einem Monat regelmässigem Treffen beschlossen wir, die Sache "offiziell" zu machen. Natürlich habe ich es auch ziemlich schnell meiner Exfreundin gesagt. Sie wollte dann eine Zeit lang "für sich sein", und ich dachte schon, dass nun die Freundschaft zu ihr endgültig vorbei wäre. Doch sie meldete sich nach ein, zwei Monaten wieder wie wenn nichts gewesen wäre. Etwas später hatte auch sie dann einen neuen Freund gefunden, und wir freuten uns ehrlich füreinander.

Etwas später begann ich zu realisierten, dass ich begonnen habe, die Exfreundin in die neue Beziehung zu projiezieren. Wenn ich zB gemeinsam mit der Freundin einen Film geschaut haben, erinnerte ich mich zurück an eine ähnliche Situation mit meiner Exfreundin, und stellte mir deren Reaktion auf Szenen vor. Dies ist ein einziges Beispiel, doch ich merkte, dass ich dies immer öfter und in verschiedenen Situationen gemacht habe (gemeinsames Kochen, Autofahren, Einkaufen, ...). Dabei realisierte ich nach und nach, dass die Exfreundin wahrscheinlich besser zu mir gepasst hat, als die aktuelle Freundin. Schliesslich beendete ich die neue Beziehung (so konnte dies wirklich nicht weitergehen) und bin nun wieder alleine.

Nun stellt sich mir die Frage, wie es weitergehen soll. Offenbar bin ich auch knapp zwei Jahre nach unserer Trennung noch nicht über sie weg. Ich befürchte, dass ich auch bei einer neuen Beziehung wieder in das selbe Problem rutschen könnte, ob ich will oder nicht. Ganz klar hätte ich sie am liebsten zurück. Ich liege nun oftmals nächtelang wach und denke darüber nach, was ich während unserer Beziehung hätte anders machen sollen, möchte ihr sagen, was für ein verdammter Idiot ich war. Sie hingegen scheint glücklich zu sein mit ihrem neuen Freund, er scheint sie gut zu behandeln. Und - so klischeehaft es klingen mag - irgendwie freue ich mich für sie, auch wenn es mich innerlich auffrisst.

 
Hallo, herzlich willkommen im Liebeskummer - Forum!

Ich glaube, dass alles seine Zeit hat.

Und dass es auch gut ist so.

Du zB hast eine "junge Beziehung" gehabt, und es ist ganz häufig, dass in diesem Alter dann auch die Ausbildung eine große Rolle spielt. Das ist auch ok so!

Getrennt habt Ihr damals im gegenseitigen Einvernehmen, es hat so für Euch gepasst. Ihr habt Euch wohl einfach beide verändert, das ist ganz natürlich, Eure Gefühle haben sich verändert.

Das wäre sehr wahrscheinlich doch auch so gewesen, wenn Du mehr Zeit in die Beziehung und weniger Zeit ins Studium investiert hättest, oder? ;) Ich denke, da musst Du Dir wirklich keine Vorwürfe machen. Du kannst Dir überlegen - wäre es damals schon so richtig Ernst gewesen, diese Gedanken mit Familiengründung oder gemeinsam alt werden - dann hättest Du vermutlich nicht so viel Zeit in den Job und die Ausbildung investiert, es hätte Dir wohl zu weh getan. Auch hätte sie Dich dann stark vermisst, es wäre zu Konflikten gekommen, davon schreibst Du nichts - es war einfach so, dass da Prioritäten waren, und es hat scheinbar ganz gut gepasst. Und es ist ok so!

So, wie Du zu dieser Zeit gehandelt hast, so, wie sich beidseitig die Gefühle verändert haben, war es ok und so war Eure gemeinsame Zeit. Sie war auch schön. Vielleicht kannst Du ja irgendwann mit einem Lächeln zurückblicken. Dann bist Du ein gutes Stück weiter, sie loszulassen.

Ich denke, dass diese erste, junge, lange Beziehung auch immer etwas besonderes bleiben wird, aber ich denke auch, dass diese "Schatten", die Dich jetzt verfolgen, gar nicht wirklich Deine Expartnerin betreffen:

  • Einmal ist da das Bedauern, dass Du etwas anders hättest machen können oder "sollen" - wie oben geschrieben, alles hat seine Zeit und es war eine gute Entscheidung, wie Du entschieden hast. Lass die Selbstvorwürfe los, so gut es Dir möglich ist.
  • Andererseits geht es wohl gar nicht um die Ex, an der Du nun etwaige Beziehungen misst. Ich glaube, es geht um ein "Ideal", das Du Dir wünschst. Du hast aber nur die Ex als Messlatte, sie ist nur ein Schatten. Ich glaube aber, dass der Schatten KEIN Schatten der "Vergangenheit" ist, sondern ein Schatten der Zukunft. Damit meine ich, dass Dein Wunsch einfach schon "Schatten voraus wirft", wie eine Beziehung in der Zukunft sein könnte oder sollte. Die Ex ist da vielleicht nur "Platzhalterin".
Lass so gut Du kannst die "Platzhalterin" los. Sie ist Vergangenheit.

Überleg Dir, was Du Dir in einer Beziehung zukünftig wünschst, und lass Dich aber auch völlig überraschen, was wirklich kommt!

Rein nach technischer Funktionalität und Eigenschaften zu suchen, um eine "ideale Beziehung" zu erreichen funktioniert selten bis nie. Es bleibt Unzufriedenheit. Unzufriedenheit ist wohl wesentliches Thema in Deinen Beziehungen. Wie siehst Du das?

Was würde passieren, wenn Du eine Frau kennenlernst, in die Du Dich total verliebst, obwohl ihre Lebensumstände oder Werthaltungen anders sind als Deine? Wie würdest Du damit umgehen?

Alles Liebe, Manana

 
Hallo Manana und besten Dank für die Antwort.

Du hast absolut recht, wenn du sagst dass wir eine wunderbare Zeit verbracht haben. Dabei kam es natürlich auch öfters zu kleinerern Konflikten, aber niemals irgendetwas sehr grosses. Sie hat auch viele Sachen in sich "reingefressen", wie ich später bemerkte, weil sie mich nicht damit belasten wollte...

Nach meinem Abschluss habe ich sehr schnell eine Anstellung gefunden. Da ich nur noch einen Job hatte, habe ich mich ziemlich schnell gelangweilt. Genau da kam das "Bedauern" nach und nach immer mehr auf. Wenn ich die Tür öffnete, war niemand da, der sich freut, mich zu sehen. Ich habe mit zwei, drei neuen Sportarten begonnen und mich auch sonst in verschiedene Freiwilligenarbeit engagiert, aber das Bedauern bleibt.

Mittlerweile habe ich eine andere, kürzere Beziehung hinter mir. Diese Frau entspricht ziemlich genau derjenigen, welche du im letzten Abschnitt vorstellst: Vergangenheit, Lebensumstände und Werthaltungen sind beinahe gegensätzlich zu meinen. Wo ich nur eine richtige Beziehung gehabt hatte, hatte sie bereits ~ 10 andere Beziehungen hinter sich. Während ich ziemlich gut überlege, wofür ich Geld ausgebe, hatte sie kaum Geld in "Reserve". Während ich ein 100% Pensum mehr als nur knapp erfülle, möchte sie nicht mehr als 80% arbeiten. Und so weiter. Ich habe mich wirklich in sie verliebt, und mich Hals über Kopf ihr angepasst. Bis ich eben bemerkte, dass ich oftmals die Ex in sie projieziert habe.

Die Frage mit der Unzufriedenheit ist für mich sehr schwer zu fassen... War ich zufrieden? unzufrieden? Ich denke, dass ich in beiden Beziehungen eigentlich sehr zufrieden war. Ob ich zufriedener oder unzufriedener war in einer kurzen Zeit nach den Beziehungen kann ich kaum sagen, aber längere Zeit nach den Trennungen war ich auf jeden Fall sehr unzufrieden...

Lieber Gruss,

Stefan