Einfach zu einfach

Schoki68

New member
29. Jan. 2015
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Hallo.

Ich melde mich hier als Neuling und im Gegensatz dazu ist mein Anliegen vermutlich Oldschool. Es geht einmal mehr um die Frage, ob für eine Beziehung Liebe alleine ausreicht. Am besten, ich erzähle einfach mal was los ist und was mich gerade extrem beschäftigt.

Vor bald vier Monaten habe ich einen Mann auf einer Party im Ausland kennen gelernt bzw. wir haben uns nur flüchtig gesehen und ein paar belanglose Worte gewechselt. Danach verschwand er wieder von der Bildfläche. Einen Tag später kam dann die Freundschaftsanfrage via FB. Wir fingen an uns kurze Nachrichten zu schreiben, eher oberflächlich und unwichtig. Der Kontakt wurde dann aber immer intensiver und persönlicher. Irgendwann, gute zwei Monate später, haben wir uns dann das erste Mal getroffen. Meine Angst, dass er gar nicht so sein könnte, wie ich mir das vorgestellt habe, bewahrheitete sich nur zur Hälfte. Zwar ist er nicht wirklich mein Typ Mann, rein äusserlich betrachtet, aber er hat ein extrem gutes Herz. Das habe ich sofort gespürt und hat sich dann auch bestätigt. Jedenfalls ist dieser Mann gute sechs Jahre jünger als ich, lebt im Ausland, in Scheidung und hat eine siebenjährige Tochter die im Augenblick sehr unter der Trennung ihrer Eltern leidet. Seine Tochter habe ich nicht kennen gelernt, wohlgemerkt. Ich bin der Ansicht, dass dies keine gute Idee wäre im Moment. Es ist jetzt so, dass wir uns bereits einige Male getroffen haben. Mal bin ich zu ihm gefahren, mal er zu mir. Das klappt aber nicht regelmässig und nicht für längere Zeit, denn er hat alle zwei Wochen seine Tochter und ich noch andere berufliche Verpflichtungen und Termine. Es kam also öfters vor, dass wir uns nur wenige Stunden sehen konnten und dafür viele Kilometer gefahren sind. Nicht gerade befriedigend die Situation. Erschwerend dazu kommt, dass ich bereits etliche Jahre Single bin, weil meine Ex-Beziehung sehr unschön und dramatisch war. Ich brauchte meine Zeit, um das alles zu verdauen und wieder Vertrauen zu fassen. So gesehen ist er der erste Mann der es geschafft hat, mich wieder aus der Reserve zu locken. Ich kann wieder Gefühle zulassen und bin sogar fähig mehr zu geben. Eigentlich wunderschön, wenn da das Wörtchen Wenn nicht wäre.

Wir kennen uns jetzt doch schon etwas besser und näher. Wir telefonieren und schreiben sehr oft. Die erste Verliebtheit ist bei mir vorbei und ich sehe die Dinge jetzt wieder mit klareren Augen. Was mir jetzt besonders stark auffällt ist die Tatsache, dass wir absolut nicht auf der gleichen Höhe stehen. Mit anderen Worten: Er ist mir intellektuell um Welten unterlegen. Sein Leben bestand aus Hauptschule, Arbeiten, Haus umbauen, Familie planen und Ehe führen. Ich hingegen bin in der Welt herumgereist, bilde mich ständig weiter, bin sehr selbständig, auch jobmässig, und bin primär intelligenter (ich kann es leider nicht anders ausdrücken). Das nagt extrem und ich merke, dass ich auf Dauer nicht damit umgehen kann. Im Moment habe ich das Gefühl, ein Kind an meiner Seite zu haben. Er findet mich und mein Leben extrem spannend und ist stolz, wenn ich an seiner Seite bin. Ich hingegen fühle mich nicht wohl, weil ich mit ihm auch nicht über Themen diskutieren kann, wo mehr Fleisch am Knochen sind. Um es auf den Punkt zu bringen: Er ist einfach einfach.

Jetzt frage ich euch, kann so was gutgehen auf Dauer? Ich möchte nicht seine Mutter sein, sondern seine Partnerin, wenn überhaupt. Wo kann ich von ihm profitieren (nicht materiell)? Er ist in meinem Herzen, definitiv. Aber reicht das wirklich aus, um eine Beziehung auf Distanz und mit Baustellen zu bewältigen. Noch dazu, wenn man keinen gleichen Nenner hat? Ihr meint, die Antwort ist einfach? Ich finde nicht, Nein.

 
Doch, die Antwort ist einfach in meinen Augen.

Nein, es wird nicht reichen / funktionieren auf Dauer. Die Frage ist, wie lange diese Dauer dauert :)

1) wenn es keine Rolle spielen würde, hättest Du nicht schon solche Zweifel. Diese Zweifel werden immer größer werden, je mehr Du ihn in Dein Leben lässt und kennenlernst.

2) noch merkt er nicht, wie Du zu ihm stehst. Wenn seine "erste Verliebtheitsphase" vorbei ist, wird er spüren, dass da was ist. Und irgendwann kommen die Selbstzweifel bei ihm. "Bin ich gut genug?" Und dann wird's eklig. Unterbewusst spürt man mehr, als man zugibt. Wer weiß, vielleicht geht's im sogar schon so.

Aber andere Frage: muss es denn immer gleich die große Liebe sein? Der Mann fürs Leben? Alles muss perfekt sein für de Ewigkeit?

Genieß doch die schöne Zeit mit ihm, so lange sie dauert und wenn Du merkst, für Dich passt es nicht mehr, kannst Du immer noch gehen...

 
Hallo Schoki68

Geben kann dir jemand mit einem guten Herzen viel. Wenn du dich darauf aber nicht wirklich einlassen kannst, weil du dich an seinem Bildungsstand störst, dann sehe ich wenig Hoffnung, dass du dafür auch empfänglich wärst.

Solltest du dir nicht eher die Frage stellen, ob du diesen Mann wirklich liebst?

 
Liebe allein reicht völlig aus, wenn man den Anderen so akzeptieren kann, wie er ist. Sobald aber Ansprüche zu der Liebe hinzukommen, wird es schon schwieriger.

Den einen genügt es, wenn sie "nur" Lieben, anderen aber ist der Status, das Materielle, der Intellekt, die Schönheit usw. so wichtig, dass sie ohne diese Voraussetzungen keine Beziehung eingehen wollen oder können.

 Im Moment habe ich das Gefühl, ein Kind an meiner Seite zu haben.
Weil du dich über ihn stellst

Wo kann ich von ihm profitieren (nicht materiell)?
Liebe ist kein Geschäft. Warum willst du von ihm profitieren?

 
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Aber andere Frage: muss es denn immer gleich die große Liebe sein? Der Mann fürs Leben? Alles muss perfekt sein für de Ewigkeit?

Genieß doch die schöne Zeit mit ihm, so lange sie dauert und wenn Du merkst, für Dich passt es nicht mehr, kannst Du immer noch gehen...

 
Erst Mal danke für eure Feedbacks.

Nein, leider reicht Liebe alleine nicht aus, wenn die Umstände nicht stimmen. In meiner letzten Beziehung habe ich drei Jahre nur gelitten wie ein Hund, weil ich den Mann geliebt habe, aber alles andere mit und um ihn herum mich kaputt gemacht hat (Gerichtsverfahren, massive Schulden etc.). Bis zu einem gewissen Punkt hat man die Kraft als Partner zu helfen und zu unterstützen, aber irgendwann leiden die Gefühle, da es sich nur noch um Baustellen dreht. Also reicht Liebe alleine definitiv nicht aus, eine Beziehung zu führen.

Wenn ich davon rede, von einem Partner zu profitieren, hat das nichts mit Geschäften zu tun. Womöglich gibt es Menschen, die einfach jemanden an ihrer Seite brauchen, ohne Anforderungen zu stellen. Es ist ihnen egal, ob ihr gegenüber auf der gleichen Ebene steht, ob man mit ihm über Gott und die Welt diskutieren kann und Gemeinsamkeiten lebt. Starke Frauen ticken da anders. Ich brauche jemanden, der mir auf gut Deutsch Paroli bieten kann (definitiv nicht negativ gemeint). Der mit mir umgehen kann und der selber auch auf eigenen Füssen steht. Dass jeder von uns seinen Rucksack mitbringt, ist absolut klar, davon rede ich gar nicht. Aber es gibt einfach Umstände oder Eigenheiten, die einem stören und mit denen man nicht umgehen kann. Eine davon ist für mich Faulheit und Dummheit. Mag sein, dass das jetzt brutal und hart klingt, aber es ist ehrlich. Für mich ist es wichtig einen Mann auf Augenhöhe zu haben.

Dass ein gutes Herz sehr viel gibt, weiss ich und geniesse jeden Moment. Er hat mir aus meiner Beziehungs-Lethargie geholfen und dafür werde ich ihm ewig dankbar sein. Genau für sein gutes Herz liebe ich ihn auch, aber seine ganzen Lebensumstände sind für mich kaum handelbar. Dazu kommt die Distanz und dass wir uns nur selten und wenige Stunden sehen. Wie soll da eine Bindung entstehen oder gar die Möglichkeit, den anderen wirklich kennen zu lernen. In seine Scheidung möchte ich mich auch nicht einmischen, genau so wenig in die Probleme mit seiner Tochter. Ich kenne weder seine Frau noch sein Kind. Also bin ich hier, einige hundert Kilometer weiter weg und kriege absolut nichts mit. Darauf soll man eine Beziehung aufbauen?

 
Ich brauche jemanden, der mir auf gut Deutsch Paroli bieten kann (definitiv nicht negativ gemeint). Der mit mir umgehen kann und der selber auch auf eigenen Füssen steht
Das ist doch ok. Nur dann reicht Liebe allein für diese Beziehung nicht aus, denn dir fehlt etwas für Dich sehr wichtiges.

 Darauf soll man eine Beziehung aufbauen?
Wenn's für Dich nicht stimmt, dann ganz sicher nicht.

 
Jetzt frage ich euch, kann so was gutgehen auf Dauer?
Ja, es kann. Tut es übrigens auch in zahlreichen Fällen. Ihr habt nämlich - eigentlich - eine völlig klassische und beinahe schon altmodische Beziehungsgrundlage. Eine Person ist sehr häuslich mit dem Fokus auf Familie und Haus, die andere Person ist ein Arbeitstier, bildet sich weiter und hebt Selbständigkeit in diversen Bereichen als Stärke hervor. Klingt wie eine Bilderbuchfamilie aus den 50er Jahren. Funktioniert auch heute noch, sieh Dich nur mal um. Das ist so normal, da macht sich nicht mal einer Gedanken drüber. Kleine Knacknuss am Rande: Bei Euch sind die Rollen vertauscht.

Auch das kann prima funktionieren - ich kenne eine sehr erfolgreiche und gebildete Dame (u.a. zwei Dr. Titel). Sie ist mit einem Schlachthofmitarbeiter zusammen. Seit fast 30 Jahren. Glücklich. Vor 5 Jahren haben sie doch noch geheiratet.

Noch dazu, wenn man keinen gleichen Nenner hat?
Da scheint mir Euer Problem zu liegen. Keine der beiden Lebensweisen ist per se verkehrt. Nur kann es sein - so wie jetzt bei Euch - dass sich der eine in der Beziehung mehr Gemeinsamkeiten, auch bezüglich der Lebenseinstellung, wünschen würde, um glücklich zu sein.

Auch jemand mit einer "einfachen" Arbeit/Aufgabe kann neugierig, begeisterungsfähig und lernwillig sein. Neugier auf's Leben bringt Erfahrungen, Erfahrungen neue Sichtweisen und Selbstvertrauen, alles zusammen eine interessantere Gesprächskultur - kurz, man wird wohl zu einem spannenderen Menschen. Fehlt Dir sowas bei ihm? Egal was man anpackt, dümmer wird man nie dabei. Auch Familie, Kindererziehung und Hausbau sind Erfahrungen, die man nicht unterschätzen sollte.

Faulheit hingegen kann zu einem Beziehungskiller werden. Da geb ich Dir absolut recht. Auch (zu) unterschiedliche Charakterzüge können eine Beziehung in den Ruin bringen - wo da die jeweilige Grenze liegt, muss jeder für sich entscheiden.

Ihr meint, die Antwort ist einfach?
Ja. Wenn Du glücklich bist, geniess die gemeinsame Zeit und hör auf zu überlegen. Wenn es Dir unmöglich ist, ihn als Dir ebenbürtig zu respektieren, wird dies wohl noch lange zwischen Euch stehen und Du wirst Dich in der Beziehung nicht wohl fühlen. Wenn Du nicht glücklich bist, wäre eine Trennung wohl angebrachter.

 
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