Einsamkeit, obwohl viele Menschen um mir sind

Silvie

Benutzer
07. Juni 2007
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Ich muss heute endlich mal was loswerden, eigentlich wollte ich nichts schreiben, da ich Angst habe, das es hier jemanden gibt, der mich erkennen könnte, aber ich denke, es ist so gering und ich muss das einfach loswerden, da ich einfach nicht weiter weiß.

Ich bin schwerhörig, trage 2 Hörgeräte, die mir das Hören erleichtern, aber so bald ich in Gesellschaft bin, wo es lauter ist, kann ich leider nicht immer alles verstehen. Da geht es dann los mit der Isolation, fühle mich da wie in einer Flasche eingesperrt. Ich versuche ernsthafte Gespräche zu führen, die mich kennen, die wissen es auch und geben sich Mühe, aber das nervt sicherlich auch mit der Zeit.

Wenn ich mal alleine unterwegs bin und neue Leute kennenlerne, klappt es leider nicht immer, dass sich welche mit mir unterhalten. Sobald ich nichts verstehe, denken alle ich hätte kein Interesse oder will sie nur auf dem Arm nehmen und sie drehen sich einfach um. Viele wenden sich von mir ab, obwohl sie mich ja noch nicht mal kennen. Ich sage ja schon oft bei den ersten Gesprächen, das ich Schwerhörig bin, aber manchen schreckt es ab oder andere wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Man kann sich normal mit mir unterhalten, aber es ist halt für mich nicht so leicht wie bei Hörenden. Deshalb suche ich mir immer wieder leisere Umgebungen aus, wo ich auch was mitbekomme, aber auch da ist es oft wie verhext.

Was mache ich nur falsch? Sind Schwerhörige zu blöd für diese Welt? Haben wir nicht auch ein Recht auf ein schönes Leben und auf viele Freunde, auf die man sich verlassen kann?

Ich habe einen tollen Job im sozialen Bereich, was mir unheimlich viel Spaß macht. Ich werde da von jedem angenommen und respektiert, aber sobald ich in der "Öffentlichkeit" bin, sieht die Realität anders aus.

Ich habe kaum Freunde, nur mit einer Kollegin, die mir oft zur Seite steht, wenn etwas ist. Eigentlich sind alle meine Kollegen tolle Freunde, aber ich möchte auch eigene Freunde finden, mit denen ich einfach alles machen kann, aber durch die Schwerhörigkeit werde ich immer wieder ausgebremst und meistens finde ich mich dann immer wieder alleine vor meinem Laptop und surfe im Internet, besuche sehr viele Foren. Da habe ich wenigstens Freunde, mit denen ich schreiben kann. Aber kann das auf Dauer gut gehen? Nein!

Mir tut es in der Seele weh, wenn in der Stadt eine Clique durch die Stadt läuft und viel Spaß hat und sich gut versteht. Ich versuche ja immer wieder Kontakte herzustellen, treffen uns paar Mal und auf einmal kommt keine Reaktion mehr. Werde dann wieder im Stich gelassen und ich überlege dann dich ganze Zeit was das soll. Ich bin doch auch eine Mensch wie jeder andere auch.

Ich hoffe, ihr könnt mein Kauderwelsch hier verstehen und vielleicht hat jemand einen besonderen Rat. Ich brauche einfach ein paar muntere Worte und ich hoffe, ihr seht mich jetzt nicht anders als vorher. Ich bin ein Mensch, der gerne zuhört und für jeden da ist, egal wer es ist. Meine Kollegen schütten oft ihr Herz aus, ich bin einfach für jeden da. Das mache ich ja auch gerne, aber wer ist denn für mich da? Darf ich nicht auch mal weinen und mein Herz ausschütten?

Wisst ihr, es ist schön, das es so ein Forum gibt, wo man seine Ängste, seine Gefühle oder seine Sorgen aufschreiben kann und meistens gibt es auch ganz tolle Antworten.

Hoffe, das euch meine Schwerhörigkeit jetzt nicht abschreckt.

Ach Gott, jetzt ist es ja bald ein halber Roman geworden, aber das musste jetzt einfach mal raus ... Danke fürs Zuhören/Lesen!

Liebe Grüße, Silvie

 
ich kann dich gut verstehen....

aber das wird besser!!!..... du scheintst witzig und mutig zu sein und wenn du so weiter machst, schaffst du das ganz bestimmt! :super:

Du wolltest einen rat und vielleicht hilft es dir wenn du dich im internet mit anderen verabredest (natürlich sagst das du schwerhörig bist) und dann könntet ihr euch ja nicht unbedingt unterhalten, ihr könnetet euch auch einfach zettel schreiben (ich weiß ist keine so tolle idee und es wird auch schnell langweilig, aber für eine weile macht das echt spaß! =)

Und das du schwerhörig bist, ist kein weltuntergang. es findet auch nicht jeder schlimm. Manchmal ist das nur einbildung, weil man denkt das andere besser sind weil sie etwas besitzen das man selber nicht hat. Aber das stimmt nicht

Trotzdem ist man deswegen nicht wengier wert als andere!!!

Ich hoffe du kannst verstehen was ich damit sagen will ^^

Viel glück!!! :super:

 
Hallo lena,

vielen Dank für deine lieben Worte! Hilft echt ungemein, wenn man von jemandem aufmunternde Worte bekommt!

Das stimmt schon, nicht jeder denkt so, aber im Moment fühlt es sich so an. Ich habe schon angefangen mir im Internet ein paar neue Freunde zu suchen, habe mich mit einigen auch schon getroffen, aber leider blieb es nur bei einem Treffen. Sie meinten, das meine Schwerhörigkeit kein Hindernis ist, aber dennoch melden sie sich dann nicht mehr. Was soll ich davon halten?

Jedenfalls lasse ich mich nicht unterkriegen und versuche weiter durchs Leben zu gehen und versuche ich selber zu sein, aber es ist nicht so einfach, wenn man eben ein Handicap hat.

Danke, den Satz "Trotzdem ist man deswegen nicht weniger wert als andere!" finde ich echt Klasse und ich fühle mich dazu gleich viel besser! Danke!!

 
hallo silvie

leider ist es in unserer gesellschaft schon mehrheitlich so, das viel oft gewertet wird. das macht leider auch vor behinderten menschen nicht halt....egal wie stark eine solche beeinträchtigung auch ist. merken tust du dies ja am eigenen leib, sobald sich die menschen wieder von dir abwenden.

man kann über solche personen eigentlich nur ein urteil fällen; unreif. von daher wünsch ich dir, das du auch wieder an menschen geratest, welche dich sehen wie du bist und nicht was dich beeinträchtigt. ich weiss, solche sätze wie "das kommt schon", hört man nicht so gerne. aber so wie du die welt lebst. so strahlst du auch nach aussen. lass dich nicht unterkriegen und zeig dies auch nach aussen. die richtigen läute werden dich erkennen.

lg

roger

 
Danke roger!

Leider ist es wirklich so, das in der heutigen Zeit und eigentlich schon immer, die Menschen nur einen "gesunden" Menschen annehmen und nicht einen mit Handicap und ich denke auch, das solche Menschen einfach unreif sind. Aber es tut halt weh, wenn man so abgewiesen wird.

Für meine Schützlinge bin ich stark und versuche sie so gut es geht zu unterstützen, aber ich selber habe auch damit zu kämpfen. Ich arbeite in einer sozialen Einrichtung für Menschen mit einer geistigen & körperlichen Behinderung. Viele sagen, das dieser Job meine Berufung wäre, da ich so herzlich mit denen umgehe. Aber ich denke, ich kann sie einfach nur zu gut verstehen und da denk ich auch immer "mein Gott, die sind bei weitem ärmer dran als ich, ich bin doch nur Schwerhörig und sonst bin ich normal, habe sonst kein anderes Handicap und stehe mit beiden Beinen im Leben" .... aber trotzdem wird man von vielen abgewiesen und blöd angemacht, nur weil man nicht alles versteht.

Nun ja, ich werde mein bestes geben ...

 
hey Silvie :)

mach ich doch gerne.

ja das kann sein aber auch diese momente gehen vorbei, ganz ganz sicher!

Naja es kann viele Gründe geben warum sie sich nicht mehr gemeldet haben, dass muss nicht an deiner Schwerhörigkeit liegen! =)

Weißt du, es gibt ein Sprichwort: "Zu jedem Topf gehört ein Deckel". Das soll heißen zu jeden Menschen gehört ein zweiter der den anderen unterstützt und zuhört.

Und genau das trifft auf JEDEN Menschen zu. :]

Ich finds echt klasse von dir, dass du weiter machst und versuchst du selber zu bleiben. :super:

glg lena12 :klatsch:

 
hallo silvie

ich kann eigentlich nur das wiederholen, was bereits gesagt wurde. in der heutigen gesellschaft gibt es leider die normen, da passen nicht mehr 80% rein, sondern nur noch 50. viele menschen gehören zu diversen kreisen nicht dazu, und fühlen sich auf die eine oder andere art ausgeschlossen und alleine.

was deine engen freunde angeht, so kann ich dir nur sagen, dass ich genau vier freunde habe, auf die ich immer zählen kann. und diese wiederum haben auch nicht mehr wirkliche freunde. mein vater hat deren 2, seine frau hat 2 wahre freundinnen, ich könnte fast endlos aus meinem bekanntenkreis erzählen, niemand davon braucht mehr wie eine hand, um die wahren freunde zu zählen.

heutzutage ist es halt wirklich schwierig, tiefe freundschaften zu schliessen, das liegt nicht nur an deinem handicap, sondern vor allem an unserer gesellschaft. und vielleicht auch an uns selber, weil wir lange brauchen, um das eis der scham zu brechen, was zwingend nötig ist, um eine freundschaft entsprechend zu intensivieren.

du solltest es auch so sehen, dass leute die sich an deiner schwerhörigkeit stören, nie wahre freunde sein werden, da sie nicht aufs innere schauen.

ein schönes zitat dazu habe ich noch gefunden, es ist von ralph waldo emerson

„Ein Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann.“
 
Hallo Silvie,

man sagt, dass der Mensch Situationen und Probleme, die er nicht selbst erlebt hat, nicht wirklich verstehen kann. So können sich vermutlich auch die meisten Menschen nicht in die Problematik des Schwer-Hörens hineinfühlen. Ich kann es zumindest ein Stückchen weit. Ich hab es längst nicht so heftig wie du, aber ich höre auf dem rechten Ohr so gut wie nichts.

Das ergibt zwei Hauptprobleme: erstens habe ich kein Richtungsgehör. Ich irre mich häufig, wenn ich annehme, ein Geraüscht kommt z.B. von rechts. Wenn ich meine Frau rufe: Wo bist du? (wir haben ein Haus mit vielen Zimmern), dann ruft sie "Hier" und es nützt mir gar nichts. Obwohl sie mich wirklich liebt, denkt sie nicht immer dran, dass ich kein Richtungsgehör habe.

Das zweite Problem ist in Gesellschaft. Da versuche ich stets, den rechtesten Platz zu ergattern, was aber nicht immer gelingt. Wenn mir dann jemand von rechts etwas in normaler Lautstärke sagt, verstehe ich es nicht. Und es ist wirklich blöd, jemandem, der rechts sitzt, das linke Ohr hinzudrehen. Wenn an einem Vierertisch die Gespräche hin und her und über Kreuz gehen, bin ich bald ganz still, weil ich nicht mitkriege, was abgeht.

So Silvie, das sind meine Probleme. Problemchen würde ich sagen, wenn ich weiß, dass du beidseitig schwerhörig bist. Nun, was kann ich dir raten? Nicht so viel, ohne zu wissen, wie alt du bist, in welchem Umfeld du dich bewegst, wie deine zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten sind. Denn: ich meine, um Verständnis und Anschluss zu finden, brauchst du ein anderes Feld, als das, in dem du dich bewegst. Du musst zumindest ab und an unter Menschen sein, die vorsortiert sind: offene Menschen, die gelernt haben, auf den anderen zu achten, sich für seine Probleme zu interessieren. Ich kenne da einiges. Aber, wie gesagt, ohne mehr von dir zu wissen, kann ich nichts Konkretes vorschlagen.

Ich will dir zum Abschluss nur eine kleine Begebenheit erzählen, die im letzten November stattfand. Ich war auf einem Seminar - Thema tut hier nichts zur Sache - wo ich mich in einer liebevollen aufmerksamen Umgebung befand. Es wurden viele Übungen zu zweit, zu dritt oder in einer kleinen Gruppe gemacht. Alles easy. Dann plötzlich sollten wir uns alle (immerhin so fünfzig Menschen) im großen Kreis aufstellen und ein Spiel vorschlagen, das wir in der Kindheit gern gespielt haben. Oh, da gab es viele viele Vorschläge und fast immer kannten viele Teilnehmer das betreffende Spiel - ich sage nur als Beispiel "Fischer wie tief ist das Wassser". Und dann wurde es mit viel Hallo gespielt bis das nächste Spiel dran war. Viel Lachen, gelöste Stimmung. Nur einer stand am Rand, wurde immer stiller, wurde stocksteif, kämpfte mit den Tränen: ich.

Was war passiert? Ich erinnerte mich plötzlich an ein Ereignis, als ich sieben Jahre alt war. Da gab es im Dorf einen Kinderfasching. Meine Mutter beschloss, dass ich da hin müsse, obwohl ich gar nicht wusste, was das ist. Sie fertigte mir eine Verkleidung als Mexikaner und auch eine Maske. So brachte sie mich hin. Es war ein Gastaussaal voller freudig kreischender Kinder, die dim Kreise liefen. Meine Mutter schubste mich in den Kreis und ich lief mit. Dann wurde von Erwachsenen irgendetwas angesagt, die Kinder schrien freudig auf und machten etwas. Nur ich hatte es nicht verstanden. In meinem rechten Ohr, das durch eine Kunstfehler bei einer OP kein Trommelfell hatte, brodelte laut der Eiter und ich kapierte gar nicht, was abging. Es war die Hölle. Und in dem Gefühl dieser Hölle war ich plötzlich in diesem Seminar und wollte am liebsten zu meinemAuro laufen und nach Hause fahren.

Aber dies war nicht irgendein Seminar. Dies war ein Seminar, wo immer wieder Gelegenheit war, über seine Eindrücke und Gefühle zu sprechen. Irgendwann schaffte ich es, mir genug Mut zu fassen und vorzutragen, was mir geschehen war. Als ich anfing, kamen die Tränen erst richtig und ich brauchte eine Weile, bis ich alles erzählt hatte. Und was glaubst du, welche Sympathie mir ab dem Zeitpunkt entgegenschlug, welches Verständnis, welche Zuwendung. Herrlich.

So etwas gibt es, liebe Silvie. Vielleicht hast du diese Chance - oder etwas Ähnliches - auch einmal. Ich wünsche es dir von Herzen.

Alles Liebe

Till-Andy

 
Hallo Till-Andy,

danke für deine lieben Worte und das du mir aus deinen Begebenheiten

erzählt hast. Ich lese gerne, was andere so mitmachen mit ihren Handicaps

und was sie draus machen. Daraus kann man nur lernen.

Im Moment fühle ich mich wieder einsam, obwohl alle auf der Arbeit um

mich sind. Irgendwie will es sich nicht einstellen. Meine Kollegen geben

sich echt Mühe und so, aber ich habe irgendwie das Gefühl, sie sind

nicht anwesend. Spinn ich? Nun ja, wird schon wieder werden sag ich

mir immer. Muss heute wieder zur Arbeit, mal sehen, wie es wird.

Die Arbeit ist das einzigste, was mich aufleben lässt.

Liebe Grüße,

Silvie

 
Hallo Silvie,

bei Gesprächen mit den Kollegen, beim Mittagessen in der Kantine oder auf der Party dabei und irgendwie doch nicht dabei - diese Situationen kenne ich nur zu gut. Den Menschen, die sich nicht immer auf unsere Belange einstellen können oder wollen, Unreife zu attestieren würde ich allerdings nicht immer - eher ist es Bequemlichkeit oder auch schlichte Unsicherheit. Der Kommunikation mit einem Hörgeschädigten fehlt wohl die Leichtigkeit, die den zwischenmenschlichen Umgang ausmacht und an die meisten Menschen gewohnt sind. Schnell zugeworfene Flapsigkeiten oder adäquate Erwiderungen bei Diskussionen in größerem Kreis sind mit uns ja kaum möglich. Ist ein Gespräch unter mehreren Menschen richtig in Gang, wird der immer stiller werdene Hörgeschädigte leicht vergessen. Hinzukommen mag, dass auch für den Gesprächspartner eine Kommunikation mit Schwerhörigen nicht immer einfach ist - das stete Nachfragen mag irgendwann nur nervig sein. Ich habe auch mal gehört, dass das durch das Lippenlesen bedingte ständige auf-den-Mund-schauen als verwirrend empfunden wird. Irgendwann wird der Umgang mit dem Hörgeschädigten als mühsam empfunden, und dann lassen es viele Menschen eben ganz - so jedenfalls meine Erfahrung. Wenn man sich dann nicht gänzlich in die Isolation reinreiten will, muss man immer wieder aufs Neue auf die Menschen zugehen. Das zu beherzigen, fällt mir im Moment aber auch alles andere als leicht...

Vielleicht lässt Du ja noch etwas von Dir hören - würde mich freuen!

Liebe Grüße

Tempest