Gefühlschaos nach Borderline-Beziehung

späterhase

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09. Feb. 2012
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Hallo zusammen,








ich bin 27 Jahre alt und gerade in meiner 4. Beziehung.


Von 15-20 war ich mit meinem ersten Freund zusammen. Er hat die Beziehung aus heiterem Himmel beendet damals.


Ich lenkte mich mit dem Studium ab und lernte ein halbes Jahr später meinen nächsten Freund kennen. Mit ihm wohnte ich 4 Jahre lang zusammen, 5 Jahre waren wir insgesamt ein Paar. Dann beendete ich das Ganze, weil wir bezüglich unserer Zukunft völlig unterschiedliche Pläne hatten. Ich habe mich lange Zeit als Hausfrau gefühlt, eigene Bedürfnisse und Freundeskreis vernachlässigt. Dazu war ich mir mit 26 Jahren dann irgendwann zu schade, alles Reden brachte nichts.





Als das Ende sich anbahnte, lernte ich einen Menschen (36 Jahre) kennen, der mich sofort faszinierte. Ich fühlte mich unglaublich wohl bei ihm und er signalisierte mir Interesse. Die Anziehung war riesig und in mir erwachten ungeahnte Gefühle und eine ganze Menge an Hoffnungen. Als wir dann nach wenigen Wochen zusammenkamen (Juli 2011), zog er sich zurück. Die Realität war ihm zu heftig, er kam mit seinen Gefühlen nicht klar. Wenn ich ihn darauf ansprach, zog er sich weiter zurück bzw. rechnete es seiner Jobbelastung zu. Als ich dann auf Abstand ging, zog er mich wieder heran. Es war eine Beziehung mit unglaublich intensivem Sex und emotionaler Verschmelzung. Einerseits vereinnahmte er mich (große Eifersucht), andererseits war es nicht möglich, konkrete Absprachen zu treffen, wann man sich treffen könne. Ich beendete die Beziehung insgesamt zwei Mal, weil ich die Unsicherheit und die Schwankungen nicht aushielt. Das Ganze dauerte etwa 3 Monate (und von der Intensität her fühlte es sich an wie erlebte 3 Jahre). Im Nachhinein wunderte mich nichts. Nach der Trennung (September 2011) offenbarte er mir in einem der letzten Gespräche beiläufig „Borderline“. Auch wenn ich mich tagelang schon distanziert hatte von ihm, waren - im Nachhinein erkannt - doch noch recht krasse Gefühle für ihn da.





Emotionale Distanz herzustellen, fiel mir unglaublich schwer und gelang nur durch vollständigen Kontaktabbruch und schrittweise dadurch, dass ich mich an meinen jetzigen Freund, den ich in jener Phase kennenlernte, anlehnen konnte. Trotzdem stelle ich immer wieder in Frage, ob ich überreagiert habe oder ob ich mit etwas Geduld eine funktionierende Beziehung hätte herstellen können. Nie habe ich jemanden vergleichbare Gefühle entgegengebracht wie ihm. Aber die Vernunft sagt nach wie vor, dass es der helle Wahnsinn gewesen wäre. Ich war nach wenigen Wochen schon so fix und fertig.








Umso schwieriger ist es mit meinem jetzigen (seit November 2011) Freund (33). Ihn lernte ich ja in der Trennungsphase vom Borderliner kennen. Charakterlich passen wir gut, wir haben auch immer Themen, über die wir uns unterhalten konnten. Auch ähnliche Hobbys. Er verwöhnt mich mit kleinen Aufmerksamkeiten. Er unterstützt mich, wo er nur kann. Körperliche Anziehung gab es anfangs, aber vielleicht resultierte das auch noch aus der übrigen Sehnsucht der Ex-Geschichte. Wir haben zwei, drei Mal miteinander geschlafen, aber es fühlte sich seltsam an. Ich habe mich nicht wirklich frei gefühlt und auch ihn habe ich als gehemmt empfunden. Trotzdem sind so viele Gemeinsamkeiten vorhanden (und er liebt mich sehr!), dass ich es einfach wagen wollte. Aber in meinem Kopf ist auch immer so eine Art Verpflichtungsgefühl, Dankbarkeit, dass ich mich anlehnen konnte und als Revanche diese Beziehung führe.


Beim Kennenlernen entwickelten wir einen großen Plan: wir wollen im Mai zusammen den Jakobsweg gehen. Ein Lebenstraum von uns beiden, der uns einander irgendwie nahe brachte und auch schon komplett geplant ist.


Leider bin ich emotional nicht wirklich bei ihm bzw. entferne mich gerade. Statt Nähe suche ich zunehmend Distanz und eigene Freiheiten (die ich ja auch Jahre zuvor durch meine Beziehungen nie genossen habe). Ich vermisse eine Verliebtheitsphase (im Trennungszeitraum vom Borderliner war ich doch ziemlich neben der Spur) Das fällt ihm auf, macht ihn traurig und führt immer wieder zu Diskussionen. Er ist ein toller, liebenswerter, hilfsbereiter Mensch und ich möchte ihm nicht weh tun. Vor allen Dingen möchte ich den Jakobsweg nicht gefährden.


Ständig versuche ich, meine jetzigen Gefühle mit Gefühlen aus den vorherigen Beziehungen zu vergleichen und mir fehlt irgendwie das "Innige". Das war eben in der Borderline-Beziehung zuvor so sehr spürbar.





Mit ihm habe ich das alles schon besprochen und er ist sich auch im Klaren darüber, wie schwierig die Situation für mich ist…und dass ich mich als Persönlichkeit nach überstandener Trennung vom Borderliner auch noch ein Stück weit verändern würde. Was ich ja gerade tue.


Ich habe ihn lieb, ja. Aber es hat irgendwie nicht richtig "geknallt" bisher.








Ich bin gerade ziemlich verzweifelt und würde gerne mal ein paar Kommentare von euch dazu lesen.

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Was wäre denn, wenn Du ne Weile einfach nur Single wärst, ohne Verpflichtung, ohne Gefühlschaos, ohne Blickwinkel auf einen anderen Menschen zu richten, sondern nur auf Dich selbst ?

Evtl. würdest Du dann an Dir ganz neue Seiten entdecken, die Du nur entdecken kannst, wenn Du (mal) alleine auf Dich selbst gerichtet bist.

Hast Du Angst vor dem Alleinsein ? Brauchst Du unbedingt einen Mann an Deiner Seite ? Auch wenn Du merkst, es ist nicht das gelbe vom Ei aber besser als keiner ?

Den Jakobsweg begehen kann man besser alleine. Dieser Weg dient dazu, sich selbst wieder spüren zu können und manchen geht auf diesem Alleingang so manches Licht auf.

 
Hallo hase

wozu möchtest du Kommentare haben? Zu deinem Ex? zu deiner jetzigen Beziehung?

lg isuza

 
@isuza

Danke für deine Frage. Eigentlich geht es mir um einen etwas objektiveren Blick von Unbeteiligten auf das "Gesamtkonstrukt". Schreib einfach, was dir einfällt.

@starrily

Nach jeder Beziehung habe ich mich ursprünglich auf das Alleinsein irgendwie "gefreut". Warum ich zum Nächsten nicht "nein" sagen konnte - vielleicht aus Gewohnheit / weil mir familiärer Background/Stabilität aus dem Elternhaus fehlt / weil ich schnell eine Bindung zu einer männlichen Person entwickle, wenn es charakterlich passt und man sich ergänzt.

Den Jakobsweg würde ich auch alleine gehen, auch wenn es so ursprünglich nicht geplant war

@Mafalda

Im Gesamten hast du absolut Recht.

Die Pause zwischen den fünfjährigen Beziehungen sehe ich im Nachhinein aber doch als ausreichend an. Alles, was im letzten halben/dreiviertel Jahr passiert ist, war dennoch außer Kontrolle. Da habe ich mich immer zu schnell einfangen lassen...

 
Ok. Du hast es nicht anders gewollt. ;)

Bei extrovertierten dominanten BL- Betroffenen gibt es das Phänomen, daß sie auf eine unerklärliche Art und Weise eine intensive Anziehungskraft ausstrahlen. Viele Ex- partner berichten, daß danach nichts mehr so war wie vorher. Durch die phasenweise intensive Liebe bekommt man plötzlich eine Art der Liebe präsentiert, die man vorher nicht kannte. Du kennst den Spruch, Je höher man fliegt, umso tiefer wird man fallen. Manche Partner werden süchtig danach, das nennt man dann Co- Abhängigkeit.

Wenn nun etwas "Festes" im Entstehen ist, bekommt derjenige eine unfaßbare Angst. Die Grundlage von BL ist eine komplette Ablehnung von sich selbst. Hat viele Facetten, ich halte es kurz.

Du liebst einen Menschen, der sich selbst abgrundtief haßt. Das ist schlecht greifbar. Drum mach ich ein Bsp.

Stell dir vor, du haßt jemanden, der dir etwas schlimmes angetan hat. Das empfindet ein BLér für sich.

Da kommt eine andere Person und will dir einreden, der, den du haßt, ist ein toller liebenswerter Mensch.

Glaubst du das?

Ich weiß nicht, ob Wahnsinn im Spiel wäre, wenn du weiter gemacht hättest oder ob Geduld dich ans Ziel gebracht hätte. Es gibt verschiedene Ausprägungen und Varianten von BL.

Es hängt von vielen Faktoren ab, manchmal Winzigkeiten, die niemand beeinflussen kann.

Ich entnehme aus deinen Worten, daß du den Kick vermißt. Denn nichts anderes ist es. Weil du dich in der vorherigen Beziehung immer unsicher gefühlt hast. Es ist wie eine langersehnte Antwort auf eine langgestellte Frage.

Ihr trefft euch. Alles gut. Du fragst nach nächsten Treffen, er weiß es nicht. Also mußt du ausharren. Dann kommt die Antwort und du kriegst den Adrenalinstoß.

Freust dich. Jetzt fühlst du Sicherheit.

In einer "gesunden" Beziehung, folgt nun Schritt auf Schritt. Man kommt sich näher. Man wird sich des anderen sicherer. Man geht gemeinsam voran.

In deiner Beziehung passiert das nicht. Man kommt sich näher. Aber nur, um wieder in die Unsicherheit zurückzufallen. Du startest ständig von vorn. Und du weißt, ständig ein Auto starten verbraucht unheimlich Benzin und Energie.

Ich kann dir natürlich nichts raten, du mußt für dich entscheiden. Ich denke nur, es ist einfach Entzug von der Sucht, vom fehlenden Kick. Du scheinst einen wunderbaren Mann an deiner Seite zu haben und es wäre fatal, ihn deswegen zurückzustoßen.

Weißt du, der bessere Weg ist von beiden ist der, den dein jetziger Freund dir bietet. Sicherheit. Nähe. Zuwendung. Liebe. Halt.

Das ist der Weg, den gesunde Menschen beschreiten.

lg isuza

 
@isuza

Ich danke Dir für die ausführliche Antwort! Dein Denkanreiz, dass ich vielleicht den "Kick" vermissen könnte, hat mich sehr viel weitergebracht.

Ich denke, es fehlt nicht nur die Spannung, sondern es war einfach viel zu früh, diese neue und doch sehr konträre Beziehung so schnell einzugehen. Als ich mich in der Trennungsphase vom Borderliner an meinem jetzigen Freund angelehnt habe, schweißte uns die Situation irgendwie zusammen und es fühlte sich wie verliebt an.

Nun komme ich mehr und mehr in den Verarbeitungsprozess, beanspruche viel Zeit für mich, ziehe mich zurück und fühle mich emotional einfacht total ausgepowert.

Manchmal denke ich, dass jetzt gerade erst alles richtig hochkommt und ich einen Schutzpanzer hochziehe.

Vielleicht ist es besser, die jetzige Beziehung erstmal auf Eis zu legen, um mich von der Erwartungshaltung in diese Beziehung zu befreien.

Aber zurück zum Borderliner - NEIN. Trotzdem vermisse ich ihn als Mensch und seine Freundschaft (Wir waren zuvor befreundet und ich hatte gehofft, wir könnten es hinterher auch noch sein - das erwies sich aber als unmöglich, weil er ständig hoffte, dass ich mich wieder in ihn verlieben würde und wir nochmal zusammenkämen und davor hätte ICH Angst. Denn die Anziehung ist groß, er ein großartiger Manipulator...).