Grundlose Aggressivität

Navinia

Neuer Benutzer
30. Okt. 2002
6
0
0
53
Hallo zusammen!

Habe mich nun mal wieder dafür entschieden, Euch mein derzeit größtes Problem zu schildern und hoffe, dass der ein oder andere vielleicht einen Tipp für mich hat.

Mir geht es zur Zeit eigentlich (!) sehr gut: ich habe seit 5 Monaten einen neuen Job, die Probezeit läuft Mitte Januar aus und mir wurde heute bereits mitgeteilt, dass ich auf jeden Fall übernommen werde. Und es ist ein wirklich toller Job, der mir sehr viel Spaß macht und bei dem ich zudem noch sehr gut verdiene. Wenn ich um mich herum schaue, ist es eine sehr große Ausnahme und ein echtes Geschenk, nicht nur überhaupt irgendeinen Job zu haben, sondern auch noch einen, der einem Spaß macht und bei dem man vernünftig verdient!

Vom Job abgesehen geht es mir auch privat sehr gut: ich habe einen Freund, den ich sehr liebe und der auch mich sehr liebt - wir sind jetzt über ein Jahr zusammen, haben viel durch gemacht und inzwischen eine wirklich wunderschöne, gefestigte Beziehung. Klar kracht es ab und zu, aber ich wäre kein Widder, wenn dem nicht so wäre! :]

Ich verstehe mich auch mit meiner Familie sehr gut, als da wären meine Schwester samt Familie (Mann, fast zwei Kinder [eins ist unterwegs :klatsch: ]) und meine Mutter und auch weitere Verwandtschaft.

Und trotz alledem, scheine ich nicht wirklich glücklich zu sein. Wenn man mich fragt, sage ich, dass ich es bin, denn ich müsste es sein, aber ich fühle mich nicht glücklich... Ich bin aggressiv, behandle meinen Freund manchmal nicht gut indem ich ungerecht bin oder einfach nur gereizt. Ich raste beim Autofahren regelmäßig aus und auch sonst über alles mögliche ... Warum ist das so??? Ich überlege ernsthaft, eine Therapie zu machen, das wollte ich schon lange mal tun. Ich leide noch immer unter dem Tod meines Vaters vor inzwischen 11,5 Jahren und es gibt noch ein paar kleinere unerledigte Baustellen in meinem Leben, die aber eigentlich keinen Einfluss mehr auf mich haben sollten, da sie zu unwichtig sind und längst vergessen sein sollten. Ach ja, und dann ist da noch meine allzu kurze Ehe, die vor über zwei Jahren bereits nach einem Jahr Ehe geschieden wurde. Ich habe meinen Ex-Mann vor kurzem wiedergesehen und es war wider erwarten schlimm: er ist mir noch immer nicht gleichgültig, sondern ich hasse ihn noch immer für das, was er mir angetan hat und wünsche ihm alles schlechte. Auch das ist nicht gut, aber ich weiß nicht, wie ich mich davon lösen kann.

Aber die genannten "Geschichten" sind in meinem täglichen Leben nicht so präsent, als dass sie für meine aggressive Stimmung verantwortlich sein könnten, denke ich....

Vielleicht hat ja jemand von Euch einen Tipp oder sogar Erfahrungen (positiv/negativ) mit einer Gesprächstherapie gemacht, auch dafür wäre ich sehr dankbar. Ich gebe zu, dass ich ein wenig Angst vor einer solchen Therapie habe. Nachdem ich das letzte Mal intensiver darüber nachdachte, habe ich in der Nacht darauf von meinem Vater geträumt - zum ersten Mal nach seinem Tod!!! Ich kann diesen Traum noch immer niemandem erzählen und selbst beim Tippen dieser kurzen Information kommen mir wieder die Tränen.

So, jetzt werde ich Euch erlösen und hoffe, dass sich nicht allzu viele Tipp-Fehler eingeschlichen haben.

Danke schon mal und viele Grüße,

Navinia

 
Also mit Therapiene habe ich leider keine Erfahrung, trotzdem denke ich, dass du es vielleicht sogar ohne schaffen könntest. Vielleicht beschäftigen dich die "unerledigten Baustellen" doch mehr, als du denkst, wenn auch nur tief in deinem Unterbewusstsein. Ich weißt jetzt nicht, was das für unerledigte Sachen sind, aber versuche dich doch mal darauf zu konzentrieren und wenn es geht, sie zu beenden, damit abzuschließen. Wenigstens würdest du dann auch mal etwas Ablenkung bekommen... Kann auch sein, dass ich mir das jetzt zu einfach vorstelle :rolleyes: Ansosnten versuche mal deine Aggressionen zu steuern, suche dir ein schönes Hobby, bei dem du dich auch mal sozusagen austoben kannst, die ganze Wut und den angestauten Stress rauslässt. Oft sind es die Kleinigkeiten, die das Fass zum Überlaufen bringen und ich denke, dass sich da bei dir auch einiges angestaut hat, wodurch du nun wieder etwas gereizt bist, vielleicht sogar über dich selber verärgert bist, dass du dich nicht besser unter Griff hast, was das ganze wieder verstärkt...

Viel Glück :super:

 
hallo navinia,

ich denke, dass deine alten "baustellen" eben doch sehr wichtig für dich sind - und nicht wirklich abgeschlossen. zu unwichtig? wer sagt das? nicht präsent ist nicht gleich nicht wichtig! im gegenteil - nicht präsent kann auch heissen, dass du bislang vieles einfach bloss verdrängt hast. und irgendwann kommt es halt raus... :heulen:

du merkst es selbst: der tod deines vaters ist nicht überwunden. deinen ex hasst du für das, was er dir angetan hat. anscheinend ist noch viel wut in dir - das ist ein zeichen, dass es nicht richtig verarbeitet wurde. aber den ersten schritt hast du schon gemacht: du hast erkannt, dass da was nicht in ordnung ist in deinem "system". du hast gefühlt, dass wut und hass in dir sind :tongue: - aber das ist positiv :) ). ich schätze, du wirst nicht umhin kommen, dich irgendwann mit den themen auseinander zu setzen, die diesen gefühlen zugrunde liegen. ob du dazu eine therapie brauchst, kann ich dir nicht sagen - das musst du für dich selbst rausfinden.

ich selbst mache seit rund 15 monaten eine therapie (sowas wie ne mischung aus tiefenpsychologischer psychotherapie und gesprächstherapie), und mir tat und tut sie sehr gut. allerdings habe ich davor fast 3 jahre gebraucht, um mich für die therapie zu entscheiden. ich musste erst ganz unten sein, um diesen schritt zu tun. schade eigentlich, denn es ist ja schliesslich keine schande, eine therapie zu machen. viele leute haben halt angst davor. psychotherapie hat für sie was mit "psychisch krank" zu tun, mit persönlichem versagen, und weil sie angst haben, haben sie vorbehalte (die sie meist nicht mal zugeben :D )

wichtig ist, falls du eine therapie beginnst, dass du erst mal die für dich richtige therapieform findest: verhaltenstherapie, tiefenpsychologische therapie, kognitive therapie, gesprächstherapie, ... - verwirrend für den anfang. die schnellsten erfolge liefert wohl die kognitive verhaltenstherapie. mach dich schlau - das internet bietet eine fülle von infos zu den vor- und nachteilen der verschiedenen therapieformen.

im nächsten schritt - und der ist noch viel wichtiger! - musst du den richtigen therapeuten finden - das ist wohl gar nicht soooo einfach, wie ich schon von vielen leuten hörte, die einen "griff ins klo" getan haben. ich persönlich hatte das glück, gleich auf anhieb eine sympathische und sehr einfühlsame therapeutin zu finden, vielleicht klappt das ja bei dir auch, und wenn´s im ersten anlauf nicht klappt, dann vielleicht beim zweiten oder dritten versuch. ausserdem gibt´s zum schnuppern die sogenannten probatorischen stunden (zumindest in D - wie das in A und CH ist, weiss ich leider nicht).

wichtig ist auch, dass du dir von einer therapie keine wunder erwartest: auch eine psychotherapie kann nicht innerhalb von ein paar wochen alles heilen. es ist halt ein prozess, und oft einer, der sich über viele monate, ja meist sogar jahre hinzieht. du wirst also geduld mit dir brauchen... :) ) - manche "macken" wird man nie wegtherapieren können - aber man lernt, besser damit klar zu kommen. man lernt sich selbst besser kennen - und akzeptieren. eine therapie ist auch kein zuckerschlecken in form von "ich gehe da mal hin, labere ein bisschen und dann wird das schon" - sie ist im gegenteil harte arbeit. aber arbeit, die sich imho lohnt. es gibt auch phasen, da denkst du "ich lass das wieder, es bringt mir nix", und es gibt phasen, da kommst du in gewaltigen schritten voran.

angst musst du jedoch nicht haben. eine therapie rührt zwar ziemlich tief, oft kochen alte sachen hoch, alte schmerzen, alte wunden, an denen man lieber gar nicht rühren mag. aber ich denke, ein guter therapeut wird dir nichts zumuten, was du nicht ertragen kannst. bei meiner therapeutin ist das zumindest so: manchmal zwingt sie mich regelrecht, auf punkte zu gucken, denen ich lieber aus dem weg gehen würde. manchmal sagt sie aber auch "darum kümmern wir uns später mal" - wenn sie merkt, dass ich einfach noch nicht bereit bin, bestimmte themen anzugehen. drum ist "der richtige" therapeut imho auch so wichtig: er muss wissen, wie viel er dir zumuten kann und muss.

fazit: für mich war und ist die therapie sehr positiv. ich stehe heute, rund 15 monate nach ihrem beginn, ganz anders da als damals. ich bin glücklicher, zufriedener, ich kenne mich selbst besser. ich bin dabei, manch alte baustelle zu schliessen, konnte viel altes loslassen. vieles liegt natürlich noch vor mir, aber das ist in ordnung - der liebe gott hat die welt schliesslich auch nicht an einem einzigen tag erschaffen... :]

wie auch immer du dich entscheidest: ich wünsch dir alles gute!

 
Meine Person wird auch sehrt aggressiv (bin auch wieder) ich halte meine aggressionen unter kontrolle mit musik ^^

mich sieht man selten ohne einen kopfhöhrer oder so.

Ich sage es immer wieder Musik ist balsam für die Seele