Gute Freunde / schlechte Freunde?

Myschkin

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19. Juli 2010
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Ok, das ganze ist etwas kompliziert (und lange). Für etwas über sieben Jahre war ich jetzt in einer Beziehung, bis ich mich vor kurzem getrennt habe. Das kam folgendermassen. Wir hatten eigentlich von Anfang an immer eine offene Beziehung, aber dennoch eine sehr enge und gute. Dementsprechend haben wir die Möglichkeiten unserer offenen Beziehung sehr sehr selten genutzt.

Vor kurzem hat sich meine damalige Freundin (und jetzige Exfreundin) aber mit einem guten Freund von mir eingelassen. Das hat mich auch Anfangs nicht gestört, abgesehen davon, dass er eine Freundin hatte (und keine offene Beziehung) aber das habe ich ihnen auch gesagt. Aber dann hat sie angefangen unsere Regeln für das „Fremdgehen“ zu brechen und auch sonst mich zu vernachlässigen. Es folgte Drama, Geschrei und ich machte Schluss. Mein Freund zwei Tage später auch mit seiner. Meine Ex und er sind aber nicht zusammen.

Ok, das zur Einführung. Kommen wir nun zu meinem Problem. Ich habe eigentlich nur zwei Freunde mit denen ich gut über solche Probleme sprechen kann. Der eine ist der oben beschriebene, dem ich zwar nichts vorwerfe aber mit dem ich - ich glaube verständlicherweise – zur Zeit nicht wirklich darüber sprechen will. Die andere ist eine gute Freundin.

Ich bin warscheinlich etwas anspruchsvoll, was meine Freunde anbelangt. Es fällt mir nicht schwer, uneingeschränkt und praktisch jeder Zeit für meine Freunde da zu sein, weshalb ich nicht daran denke, dass es anderen schwerer fallen könnte. Die oben genannte Freundin war mir in letzter Zeit eine grosse Stütze und ich habe ihr wohl etwas viel abverlangt. Aber ich bin auch ein wenig entäuscht von ihr. Was ich jetzt eigentlich von euch wissen möchte ist, ob ich ihr unrecht tue oder ob sie vieleicht doch keine so gute freundin ist. Anfügen möchte ich noch, dass ich in den acht Jahren, die ich sie kenne, ihre Hilfe kaum jemals in Anspruch genommen habe, nur jetzt in dieser für mich „Extrem“-Situation der letzten 1-2 Monate.

Liste mit pro und kontra

+ Sie hat meine Ex für eine Woche bei sich aufgenommen als ich Freiraum brauchte und sie sogar von unserer gemeinsamen Wohnung abgeholt.

+ Sie hat viele lange Gespräche mit mir und meiner Ex geführt, sowohl am Telefon auch als auf Spaziergängen usw. Dieser + Posten sieht jetzt hier einwenig mikrig aus, war aber unschätzbar.

+ Als es mir an einem Abend sehr schlecht ging, hat sie sich bereit erklärt, mitten in der Nacht mit dem Fahrrad zu mir in die Wohnung zu kommen.

- Sie ist in besagter Nacht nicht gekommen. Sie hatte Angst vor dem Wald und ist wieder umgekehrt. Ich weiss nicht ob man das wirklich als – rechnen kann, da sie wirklich sehr grosse Angst hatte duch den dunklen Wald zu fahren.

- Alle Dinge hatte sie zwar für mich getan, aber nur auf meine direkte Bitte hin. Ich gebe zu, dass ich wohl etwas schwierig zu lesen bin und nicht immer klar ist, was ich gerne möchte. Aber dass man, wenn man sich nach sieben jahren von seine Freundin getrennt hat, um Aufmerksamkeit „betteln“ muss... na ja. Sie hat sich nie von sich aus bei mir gemeldet und nachgefragt.

- Meine Bitte, sie möge mir doch ab und zu einfach eine kleine Nachricht mit Belanglosigkeiten auf facebook oder so schicken, damit ich mich nicht so einsam fühle (ich war gerade im Prüfungsstress und kam nicht viel aus dem Haus) hat sie mehr oder weniger ignoriert.

- Mein guter Freund und Sie haben sich über mich kennen gelernt, sie kennen sich aber noch nicht sehr lange/gut. Sie hat uns alle noch vor meiner Trennung von der Ex zum Abendessen eingeladen. Das Essen trotz der Trennung aber nicht abgesagt. Ich ging an dem Abend extra etwas füher dort hin um noch mit ihr zu reden, aber sie hatte aufgrund der Vorbereitungen für das Essen kaum Zeit für mich. Im Verlauf des Abends kam es dann so, dass mein Freund und meine gute Freundin für längere Zeit für ein Gespräch in der Küche verschwanden. (Ihm ging es auch sehr schlecht, da er sich ja gerade ebenfalls von seiner Freundin getrennt hatte). Aber ich blieb dann eben alleine auf dem Balkon mit meiner Ex sitzen (was prinzipiel nicht so schlimm ist, da wir uns Mühe geben, gute Freunde zu bleiben). Aber nach einer dreiviertel Stunde Warten -oder so- fühlte ich mich einfach von meiner guten Freundin zurückgestellt und bin zornig und enttäuscht gegangen.

- Zurzeit sitze ich alleine in einem Haus fest und sie ist extra zwei Stunden Zug gefahren um mich zu besuchen (ein +). Ich habe sie gefragt ob sie vieleicht nächste Woche noch mal Zeit hätte, was sie jedoch verneinte. Wofür sie allerdings Zeit hat, ist mit meinem guten Freund ins Theater und zum Essen zu gehen. Mir ist klar, dass sie nicht immer Zeit haben kann für mich und auch, dass sie sich lieber mit anderen Leuten treffen will. Aber dass sie sich ausgerechnet mit ihm – den sie noch nicht einmal besonders gut kennt und der ein Grund für meine Trennung war – trifft, verletzt mich und macht mich auch etwas eifersüchtig (was nichts damit zu tun hat, dass sie ein weiblicher Freund ist. Wäre bei einem Mann dasselbe.) Darauf angesprochen, sagte sie nur, da hätte ich kein Recht dazu. Eine halbe Stunde später hat sie mich dann angerufen und mich nach einem Rezept gefragt. Dann hatt es mir „den Nuggi“ rausgejagt und ich habe mich hingesetzt und diesen Text verfasst.

Ich weiss nicht, ob ich vieleicht überzogene und romantische Vorstellungen von Fraundschaft habe. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ich mich in der selben Situation ganz anders verhalten würde und von ihr jetzt enttäuscht bin. Tue ich ihr damit unrecht? Oder ist mein Unmut vielleicht nicht ganz unberechtigt? Vielen Dank für eure Antworten.

 
Es ist seltsam, dass du Freundschaft so aufrechnest.

es ändert nichts an der Tatsache, dass ich mich in der selben Situation ganz anders verhalten würde und von ihr jetzt enttäuscht bin.
Du gehst davon aus, dass sie du ist. Ist sie aber nicht. Sie hat ganz andere Gründe, warum sie in einer ganz bestimmten Situation so handelt und warum nicht. Du kannst erst darüber urteilen, wenn du wirklich alle Hintergründe kennst. Und selbst dann ist es sehr schwer.

Wie wäre der Versuch, wenn du einfach mal das nimmst, was sie dir bietet? Einfach mal ohne Vorbehalt und ohne irgendwas aufzurechnen. Es tut der Freundschaft auf jeden Fall besser.

 
Tylli hat schon richtig gesagt, dass sie nicht du ist.

Nicht jeder versteht es, andere zu "lesen". Wenn du dir also ein bestimmtes Verhalten wünschst, dann solltest du es in einer wirklich guten Freundschaft auch aussprechen können, statt dass du vor dich hin brütest.

Wenn du außerdem nur zwei enge Freunde hast, mit denen du wirklich offen sprechen kannst und einer davon nicht in Frage kommt, vlt warst du dann etwas sehr auf sie als einzige Ansprechpartnerin konzentriert und hast ihr mehr abverlangt als dir bewusst ist.

Sie klingt für mich jedenfalls eh ganz engagiert.

(Will dich jetzt nicht in deinen "Aufrechnungen" bestärken, aber wie sehr hast du ihr denn schon geholfen? Sind da solche immensen Unterschiede, dass man das Gefühl haben müsste, die Freundschaft wäre nicht ausgewogen?)

 
Ich glaube nicht, dass man das hier so als mathematisches "aufrechnen" von Freundschaftspunkten sehen kann, das ist doch mehr eine Auflistung, um Klarheit darüber zu bekommen, wie man jetzt diesem Menschen, der bisher ein guter Freund war und dem man nicht ohne weiteres etwas Schlechtes anlasten will, gegenübersteht.

Ich kenne es von mir, dass ich versuche, Freunden (bzw generell Personen, aber insbesondere engen Freunden) nur das abzuverlangen, was ich auch selber leisten würde. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich in einer bestimmten Situation mehr geben würde, als es dieser Freund bzw Freundin gerade tut, dann fühle ich mich unfair behandelt und vllt ähnlich wie du Dich wohl gerade... Ich glaube darum ehrlichgesagt, dass ich dir nicht besonders viele Tips geben kann ;) aber vielleicht hilft es dir zu hören, dass es auch noch andere Menschen gibt, die offenbar "überzogene/romantische" Vorstellungen von Freundschaft haben.

Naja ich in deiner Situation würde wohl genauso rumrechnen, um in etwa abschätzen zu können, ob es mir in dieser besonderen Situation gestattet sei, mal ganz egoistisch zu sein und zu verlangen, was du verlangst, also dass sie sich mehr um dich kümmern soll etc. Dafür bräuchte ich auch solche Statistiken wie du sie da gerade aufgelistet hast. Ich denke, hohe Ansprüche an eine Freundschaft sind ok, dafür hat man ja schliesslich enge Freunde. Wenn du das Gefühl hast, dass sie das nicht wirklich realisiert wie es dich verletzt, würde ich ihr etwas sagen. An welchem Punkt du das tust, musst du wissen.

Weiss sie denn, wie du darüber denkst? wenn nicht, würde ich es ihr sagen...

:schmatz:

edit: @tylli - ich finde, nicht immer tut es einer freundschaft gut wenn man an sich hält und 'nur' nimmt was einem gerade geboten wird. da geht man unter, selbst in einer freundschaft. manchmal tut es besser wenn man sagt was man braucht...

 
Hallo zusammen. Danke für die Antworten. Das mit dem pro und kontra ist vieleicht ein bisschen unglücklich gewählt. Aber ich wollte tatsächlich nur ein wenig Ordnung in meine Gedanken bringen und euch einen halbwegs fairen Überblick über die situation ermöglichen. Kein Punkte auszählen.

Unsere Freundschaft ist vielleicht ein wenig einseitig. Sie selbst hat gesagt, dass es ihr schwer fällt, mich als den Hilfe Suchenden zu sehen, wo sie es sich doch gewohnt ist, dass ich immer der Starke bin und sie immer zu mir kommen kann. Stört mich aber auch nicht. Nicht jeder kann gleich viel geben.

Die Frage, die mich aber eigentlich am meisten beschäftigt, die aber aufgrund meines vielleicht ewas verwirrlichen Textes etwas untergegangen ist:

Wenn ich mich nach sieben Jahren von meiner Freundin trenne, weil die lieber mit Typ A rumkopuliert als mit mir Zeit zu verbringen. Darf ich dann verschnupft reagieren, wenn zwei Wochen später meine beste Freundin keine Zeit mehr für mich hat (den sie schon seit 8jahren kennt und bei dem sie sich schon öfters ausgeheult hat) aber für den selben Typ A, den sie erst 6-7 mal gesehen hat.

 
So wie es im letzten Absatz ist, darfst du dich etwas "verschnupft" fühlen, aber dann reagier nicht eingeschnappt, sondern sag ihr, was in dir vorgeht. Selbst falls sie nicht einfühlsam und unterstützend genug ist für dich in dieser Zeit, dann kommuniziere das. Es gibt nicht viel Schlimmeres, als wenn man sich eines Fehlers nicht bewusst ist und dann rätseln muss, was der andere hat.

 
Ich habe sie heute nochmal darauf angesprochen und mich diesmal wohl etwas klarer ausgedrückt, dass es mich stört, wenn sie sich mit ihm trifft. Auf jeden Fall hat sie sofort Verständnis gezeigt und sagt jetz das Treffen mit ihm ab. Sie ist doch eine tolle Freundin und ich bin einfach im Moment unsicher und überempfindlich. Jetzt habe ich zwar ein schlechtes Gewissen weil ich ihm und ihr einen vielleicht schönen Abend vermiest habe, trotzdem bin ich froh, dass es so gekommen ist. Na toll. Jetzt habe ich auch noch ein schlechtes Gewissen, weil ich froh darüber bin...

Auf jeden Fall danke ich nochmal für eure Beiträge.