Ich zerbreche

Tek

New member
06. Juni 2015
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Hallo zusammen.

Um ehrlich zu sein weiß ich nicht einmal warum ich mich genau hier registriert habe. Vielleicht um einfach alles aufzuschreiben was mich bedrückt und warum ich, nachdem ich die schönsten Monate meines Lebens erfahren durfte, nun die Schlimmsten meines Lebens durchlebe. Warum ich mich fühle, als hätte man mich zerbrochen.

Meine Freundin und ich kennen uns bereits seit mehreren Jahren. Wir lernten uns auf der Arbeit kennen und lieben und ich hatte das Gefühl, dass es bei uns beiden Liebe auf dem ersten Blick war.

Ihr Lachen hat mich immer so verzaubert, ihr Humor, die Art wie sie es fertig brachte zu jedem offen und ehrlich sein zu können und ihre wunderschönen Augen. Wir waren bereits, bevor wir es wagten eine Beziehung einzugehen wie ein altes Ehepaar. Lachten zusammen und weinten zusammen. Und wir blieben über ein Jahr heimlich ein Paar.

Sie hatte es nicht einfach. Zu dieser Zeit lebte sie noch in einer Beziehung, sehr unglücklich wie sie mir immer wieder versicherte. Ihr Mann machte es ihr nicht einfach. Es war Missbrauch. Nicht physisch, er hat sie nie geschlagen. Aber er machte ihr das Leben schwer. Bestimmte über ihre Freunde, ob sie welche haben durfte oder nicht. Ab und zu kam sie zu mir und wir redeten, suchten nach Lösungen und liebten uns.

Ende November letzten Jahres bedrohte er sie und kurze Zeit später erhielt ich abends einen Anruf von ihrem Handy, er war dran und stellte mich zur Rede über unsere Affäre.

Mir lief es kalt den Rücken herunter und Angst überkam mich. Panische Angst. Nicht, weil er es herausgefunden hatte, sondern weil ich befürchtete er hatte ihr nun etwas angetan. Ich fragte ihn wo sie sei, er antwortete nicht. Ich fragte erneut und er wich erneut aus. Dann sagte ich ihm ich werde erst mit ihm reden wenn er mir sagte wo sie sei.

Sie sei im Krankenhaus, sagte er. Sie hatte zuvor bereits Probleme und war öfters stationär aufgenommen also glaubte ich ihm das. Er sagte mir auch welchen. Wir redeten. Er fragte mich warum sie, ich sagte weil ich sie liebe. Er fragte was ich mache wenn sie auch mich verlässt und warum ich seine Familie kaputt mache..

Ich sagte, sie sei erwachsen und für mich sei wichtig, dass sie glücklich ist. Und wenn sie mich dann verlässt dann  ist es so und ich werde damit klar kommen müssen. Es war der 23. November 2014, knapp 1 Uhr. Ich meldete mich auf Arbeit krank weil ich keinen klaren Gedanken mehr fassen, konnte ohne ganz tief in mir Panik zu verspüren. Durchfall, erbrechen. Irgendwann schleppte ich mich ins Bett, schlief ein wenig.

Am nächsten Morgen wachte ich nass geschwitzt auf. Ging an den PC und suchte mir die Telefonnummer des Krankenhauses heraus. Auskünfte über Patienten, bereits kleine, fallen unter dem Datenschutz aber ich arbeite selbst im Gesundheitswesen und kenne Redewendungen und Fragen um diesen Datenschutz zu umgehen. Sie war nicht dort, wie er sagte dass sie dort sei und ich bekam wieder angst. Es folgte eine Recherche über weitere Krankenhäuser, einige konnte ich aufgrund der Entfernung und des Spezialgebietes ausschliessen doch wo ich auch anrief, sie war nirgends. Hatte er seine Drohung war gemacht? Vollkommen panisch, wütend und zornig, zog ich mir meine schweren Schuhe an in dem Gedanken diese alsbald zum Eintreten einer Tür und eines Gesichtes benutzen zu wollen. Doch irgendwas hielt mich auf. Ich ergriff erneut mein Handy und schickte ihr eine SMS. Auf das Handy, von dem er mich nur Stunden zuvor angerufen hatte. "In welchem Krankenhaus bist du?" schrieb ich. Und ich bekam eine Antwort. Er hatte mich belogen, sie lag auf der Intensivstation.

Er musste irgendwann, als die Sanitäter versuchten ihr Leben zu retten, ihr Telefon an sich genommen haben und hatte es noch vor meiner SMS zurück gebracht.

Es dauerte eine Weile um sich ausserhalb der Besuchszeiten auf die Intensivstation durch zu schlagen aber nach knapp zwei Stunden war es dann soweit und ich stand an ihrem Bett. Sie hatten sich wohl heftig gestritten und in der Konsequenz hatte sie versucht sich selbst das Leben zu nehmen. Ich meine, sie hat zwei Kinder. Was, frage ich mich noch heute, treibt eine Mutter dazu ihre Kinder, die sie über alles liebt, zurück zu lassen?!

Ich setzte mich an ihr Bett, küsste und streichelte sie. Man sagte mir ich dürfe höchstens eine halbe Stunde bleiben doch ich hatte nicht vor mich daran zu halten. Wir redeten darüber was passiert sei. Sie hatte Tabletten geschluckt. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Jahr lang versucht eine neue Wohnung für sie zu finden doch die Suche war erfolglos. Also fragte ich sie. Während mir Tränen über das Gesicht liefen und ich in ihre müden, tief traurigen Augen blickte, ob sie mit mir zusammen ziehen wolle. Sie sagte Ja. Und mein Herz hüpfte vor Freude. Ich kann im Nachhinein gar nicht mehr sagen welche Gedanken ich bei diesem Ja hatte sondern weiß nur noch, dass ich sie küsste und dies trotz des schlimmen Anlasses ein schöner Moment war, als wir uns in den Armen lagen.

Wenige Stunden später kam das was ich bereits wusste, die Überweisung in die Psychiatrie. Das ist immer so. Auch wenn der Suizid nur durch einen kurzen emotionalen Zusammenbruch versucht wurde zu begehen wird man immer eingewiesen - ob man will oder nicht. Ich blieb an ihrer Seite als der Arbeiter Samariterbund sie abholte, fuhr mit ihr dort hin. Sie wollte, dass ich sie begleitete. Beim Aufnahmegespräch hielt ich ihre Hand als die Tatsache, dass sie dort erst einmal auf einer geschlossenen Station untergebracht werden würde über sie herein brach. Ich blieb bei ihr, als man sie auf die Station führte. Als sie mit den Pflegern sprach und darauf wartete ein Bett zugewiesen zu bekommen. Ich blieb bei ihr, hielt sie in meinen Armen. Streichelte sie und wir küssten uns. Ich blieb den ganzen Tag an ihrer Seite, versuchte ihr Mut zu machen, sie zu trösten. Mir gegenüber wurden Pfleger und Ärzte der Schweigepflicht entbunden. Ihr Lebensgefährte sollte laut ihr nicht auf die Station.

Und dann machte ich mich daran eine Wohnung für sie, ihre Kinder und mich zu finden. Jeden Tag besichtigte ich eine und jeden Tag besuchte ich sie. Ich brachte ihr Kleidung, Essen, Tee, Süßigkeiten. Ich tröstete sie wenn ihr schwer war ums Herz. Ich umarmte sie wenn sie eine Umarmung brauchte. Und zeigte ihr Bilder von Wohnungen. Wenn ich nicht da war, dann schrieb ich ihr. Ich wünschte ihr eine gute Nacht und einen guten Morgen. Jeden Tag. Ich sagte ihr wie sehr ich sie liebte und sie erwiderte es indem sie mir ihre Liebe gestand, immer und immer wieder.

Ihr Lebensgefährte machte dann wohl nach zwei Wochen Andeutungen was passieren würde wenn sie nicht zu ihm zurück kehren würde und sie schaffte es sich entlassen zu lassen. Zum Wohl der Kinder litt sie weiter und es tat mir so unglaublich weh ihr nicht zur Hilfe kommen zu können ohne einen Krieg zu beginnen.

Ende Dezember fand ich eine Wohnung, wir besichtigten sie heimlich. Wir schrieben ja auch heimlich weiter miteinander. Sie kündigte ihre Wohnung heimlich, sie lief auf ihren Namen. Ich nahm einen Kredit auf und setzte meine Ersparnisse für unsere Zukunft ein. Alles. Und dann, am Freitag dem 30. Januar ging es los. Der Plan war erst meine Wohnung zu leeren und die Sachen in die neue Wohnung zu bringen während sie darauf wartete, dass ihr Lebensgefährte zur Arbeit ging. Um 12 Uhr 53 war es dann soweit. Einer unserer Freunde, der bereits bei meiner Wohnung mitgeholfen hatte und ich, wir stiegen in den Transporter, fuhren zu ihr und räumten in einer Nacht und Nebelaktion die 3 Zimmer-Wohnung innerhalb von 40 Minuten leer. Das war der Tag unseres Umzugs. Unseres Zusammenzugs und der Beginn unseres gemeinsamen Lebens.

Es war eine schöne Zeit. Die wahrscheinlich Schönste meines Lebens an der Seite der Frau, die ich über alles liebe. Ihrer super lieben Kinder (6 und 11 zu diesem Zeitpunkt) und mitten drin ich. Strahlend über beide Ohren.

Ich sammelte die Scherben ihrer selbst ein und setzte sie wieder zusammen. Ich wollte, dass sie glücklich ist. Ich wollte, dass sie die schwere Zeit vergessen konnte, jemanden an ihrer Seite wusste der sie ungeachtet von allem immer wieder auffangen und sie ohne wenn und aber, ohne Vorbehalte, lieben würde.

Und es war schön. Ich liebte ihr Lachen und konnte es nun so oft vernehmen und in ihre wunderschönen Augen blicken und sie umarmen und sie küssen und ihr sagen wie sehr ich sie liebe.

Und dann.... ich weiß nicht wann es angefangen hat, hörte sie auf mich zu lieben. Sie hörte auf zu Lachen, zu lächeln und mich zu berühren. Wenn ich sie küsste, schaute sie weg. Sie sah unglücklich aus. Und vielleicht lag es daran, dass wir zu schnell zusammen gezogen sind. Vielleicht waren wir nicht dafür bestimmt zusammen zu wohnen. Aber wir wollten ein Paar bleiben. Das war es, was sie mir sagte. Wir einigten uns die Wohnung aufzulösen und zu dem zurück zu kehren, was wir früher hatte. Zwei Wohnungen, aber als Paar zusammen. ich konnte damit leben, auch wenn mir schlecht war dabei und ich zunächst sehr traurig darüber war. Doch ich liebe sie und wenn es uns hilft zusammen glücklich zu sein, dann war ich nur zu bereit dafür. Doch sie entfernte sich immer weiter von mir.

Ich fragte sie was los sei und sie wich aus. Irgendwann wurde ich von mir unbekannten Leuten auf offener Strasse angesprochen über Details, die teils wahr waren aber auch teilweise nicht so abgesprochen waren mit ihr.. also zwischen mir und ihr. Ich stellte sie erneut zur Rede. Sie wich aus. Ich versuchte es immer und immer wieder und bekam nie eine Antwort. Geschichten, ja, aber keine Wahrheiten. Sie sagt immer sie sei ehrlich, brutal ehrlich. Und das stimmte auch irgendwann einmal. Das liebte ich an ihr. Doch diese Ehrlichkeit ist nicht mehr für mich bestimmt.

Nun kenne ich die bittere Wahrheit, sie liebt ihren alten Lebensgefährten wieder. Das weiß ich und es ist wahr.

Wir werden die Wohnung, unser gemeinsames Lebens aufgeben und sie wird zurück zu ihm gehen und mich zurück lassen. Und ich werde allein sein und ich spüre innerlich, wie ich zerbreche. Nicht, weil wir uns trennen. Ich stehe zu dem was ich sage und ihr Glück war mir immer genauso wichtig wie mein eigenes. Und wenn sie mit ihm wieder glücklich ist, dann muss ich das akzeptieren. Ich kann da nicht gegen ankämpfen denn ich habe bereits verloren. Doch ich werde daran zerbrechen, wie sie damals zerbrochen ist und niemand wird da sein um die Scherben für mich aufzusammeln. Niemand wird da sein und mich in den Arm nehmen. Niemand wird da sein und mir Mut machen, mich streicheln und trösten. Ich bin so unglaublich traurig und verletzt. Nicht, weil sie mich verlässt, sondern weil sie nicht ehrlich ist zu mir. Sie ist ein Mensch den ich sehr lieb gewonnen habe und ich habe Angst sie für immer zu verlieren. Dass sie aus meinem Lebens vollends verschwindet und ein Loch zurück lässt, dass sich nicht stopfen lässt.

Ich stehe vor den Trümmern meines Lebens, emotional wie finanziell, schreibe diesen Text während sie im Schlafzimmer liegt und schläft. Ich hatte ihr noch gesagt, dass ich sie liebe, bevor wir eingeschlafen waren doch sie hatte nicht geantwortet,

Ich liebe sie, und zerbreche und ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Ich habe in den letzten Tagen und Wochen oft geweint. Ich habe 10 Kilo abgenommen und mein Herz ist nicht nur im emotionalen Sinne angeschlagen.

Ich werde jetzt noch eine rauchen und weinen. Meine Tränen trocknen und vielleicht ein Glas Vodka mit Limo trinken und mich dann wieder zu ihr legen.

Und morgen weiter mit ansehen wie ein neuer Teil von mir zu Boden fällt und in Scherben zerspringt.

Gute Nacht

Micha

 
So viel Einsatz, und dann das!

Zwei Dinge, die mir auffallen:

1.)

Es scheint kein guter Zeitpunkt zu sein, eine Beziehung mit einem Menschen anzufangen, der am Tiefpunkt seines Lebens angelangt ist. Deine Hilfe für sie ist ja sehr lobenswert, aber sie gleich mit dem Aufbau einer Liebesbeziehung zu verknüpfen vermengt zwei ganz unterschiedliche Bereiche: Zum einen hast du ihr geholfen, aus dem Tief herauszukommen, andererseits fühlte sie sich dir gegenüber verpflichtet. Und da kann sie deine Bemühungen mit einer Beziehung zu dir belohnen, die du ihr schmackhaft machst. Dass sie nicht ganz frei war in ihren Gedanken und das Kommende nicht richtig überblicken konnte, ist leicht einzusehen - immerhin wollte sie sich sogar das Leben nehmen, obwohl sie zwei Kinder hat.

Ich würde meinen, dass du dir selber - und ihr auch - mit dieser Verknüpfung von Lebensrettung gegen Liebesbeziehung nichts Gutes getan hast. Wie im Hollywood-Film schweisst höchste Not zusammen. Aber hält es auch? Was passiert, wenn die höchste Not überwunden ist, wenn der Alltag und das richtige Denken wieder zurückkehrt?

Nun, du siehst es: Es funktioniert nicht. Die Grundlage, auf der du die Beziehung aufbauen wolltest, war nur ein temporäres Gerüst, das nach der Rekonstitution ihres Zustandes wieder abgebaut wurde - und damit natürlich verliert auch die Beziehung ihre Grundlage.

2.)

Man kann niemandem wirklich helfen, der sich nicht helfen lassen will. Es ist bitter zu erleben, dass sie wieder zu jenem Mann zurückkehrt, der den Anlass zu ihrem Handeln gab. Ob er alleine die Schuld daran trägt, sei dahingestellt. Als Auslöser durchaus anzusehen, aber Ausführende war sie. Offensichtlich schien ihr alles auswegslos zu sein.

Trotz dieser Erfahrung ist die Macht der Gewohnheiten grösser, als alles andere. Was auch immer hier die bestimmenden Faktoren sind, warum sie zu ihm zurückkehrt, man kann nur feststellen: Die Sucht nach dem, was man kennt, ist grösser, als das Streben nach einem neuen, bessern Leben.

Natürlich hättet du ihr dieses bessere Leben bieten können und wollen, aber sie will es nicht. Sie will es nicht mit dir. Denn die Basis, auf der ihr euch getroffen hattet, war nur sehr brüchig und aus dem speziellen Umstand heraus, dass es keinen andern Weg aus dem Tief gab.

Jetzt, wo sie wieder klar denken kann, stellt sie eben fest, dass das nichts für sie ist, was du gerne mit ihr hättest, und sie nimmt wieder das, was ihr bekannt ist und wo sie sich wohl fühlt. Und das ist leider - und für Aussenstehende - unbegreiflich. Zurück in die Hölle, aber selbstbestimmt und gewollt.

Was kannst du tun?

Nichts.

Du könntest wiederum der gute Freund in der Not sein, bei dem sie sich ausweinen kann, wenn es notwendig sein wird (und das wird es). Aber damit hast du deine Rolle (die du die ganze Zeit inne hattest), mehr gibt es für dich nicht. Der Seelentröster - den Spass hat der andere.

Oder du schaust für dich selber, lässt dich deswegen nicht untergehen (es ist "nur" eine Frau, und mit etwas Abstand betrachtet scheint sie mir doch recht problematisch zu sein, sehr labil, unselbständig - willst du so jemanden auf die Dauer?) und überlässt sie ihrem selbst gewählten Schicksal.

Dann kostest du den Schmerz der Trennung jetzt aus, siehst es als Lehre für deine weitere Beziehungsarbeit zu andern Frauen und versuchst, wieder auf die Seite zu kommen, auf der du das Leben mit Freude geniessen kannst. Das wird dauern, denn nichts ist hartnäckiger, als Liebeskummer.

Besonders, wenn es diese schönen Details gibt (Lächeln, Freude etc. von ihr).

Aber es gibt auch andere Menschen - man muss sie nur finden oder an sich heranlassen...

Lass sie los. Sie hat dich schon losgelassen!

 
Hallo Micha,

Deine Schilderungen haben mich tief berührt.

Es stimmt nicht ganz, dass niemand da sein wird, Deine Scherben aufzuheben und zusammenzubauen. Und Dich in den Arm zu nehmen.

Es ist zwar nur virtuell, aber ich stehe hier mit offenen Armen.

Mit einem kranken Menschen eine Beziehung zu führen bedeutet auch, mit Schwierigkeiten konfrontiert zu sein. Deine Partnerin, und ihr Verhalten, ist so ein typisches Beispiel dafür.

Die sonnigen, hellen Momente, und der Mensch, mit dem du diese teilen durftest, werden immer bleiben. Du kannst sie nach und nach in ein Schatzkästchen legen, dass Du bei bedarf öffnest und wieder schliesst. Dieses Schatzkästchen bleibt nur Dein Schatz, an einem geheimen Ort in Deinem Herzen.

Manana

 
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Hallo Micha,

den einzigen Trost, den ich anbieten kann, ist der, dass das Leben irgendwie weiter geht, mit grossen Schwierigkeiten zuerst, mit Schockstarre und unermesslichen Schmerzen, aber irgendwann (wenn Du Dich nicht zu sehr hängen lässt) wird es besser und leichter, aber die Narben bleiben. 

Trauere, verkriech Dich, bemitleide Dich, alles ok und legitim, aber vergiss nicht, dass das Leben ein Geschenk ist, jeder Tag und eigentlich jede Minute. Daher wird es irgendwann notwendig, Dich dem Ganzen wieder zu zuwenden, denn die Liebe allein ist nicht das ganze Leben, sondern nur ein Teil davon, auch wenn Du das jetzt anders siehst.

Du hast mein grosses Mitgefühl und ich wünsche Dir, dass Du bald wieder ein wenig Stärke und Mut findest, um Dich davon (der Vergangenheit) zu lösen. Ein Prozess, der nur schrittweise erfolgt, leider.

Alles Gute

EswareinmaldieLiebe

 
Hallo.

Meine Verfassung hat sich nicht wirklich verbessert. Ich sitze zuhause rum, bin krank geschrieben da meine körperlichen Beschwerden wohl keinesfalls körperlicher Natur sind. Wenigstens das ist etwas Gutes, denn mit 29 Jahren einen Herzinfarkt zu bekommen kann ich nun beim besten Willen nicht gebrauchen. Tatsächlich merke ich, wie ich tiefer und tiefer in die Depression rutsche und versuche die Scherben meiner Selbst aufzulesen, welche nach und nach von mir abfallen. Ich wünschte, meine Sorgen würden so abfallen wie die Splitter meiner Seele.

Mittlerweile befinde ich mich in einem sehr merkwürdigen Zustand. Ich habe diesen noch nie erfahren und finde es teilweise erschreckend mich mit solchen Augen im Spiegel zu sehen.

Heute wollte ich einen Strich ziehen. Die Seifenblase platzen lassen und den Schmerz und Kummer ein für alle mal vollends über mich herein brechen lassen. Also anstelle jeden Tag, jede Stunde und jede Minute mir meinen Kopf zu zerbrechen es einfach geschehen lassen. Mich in ein emotionales Auto setzen und mit Vollgas gegen eine imaginäre Wand zu fahren.

Ich kenne sie sehr gut, kann sie lesen wie ein Buch. Ein Blick in ihre Augen genügte mir gestern um zu wissen, was sie heute vor hatte. Denn diese Augen hatte ich früher bereits gesehen, als sie noch heimlich mit mir ein Paar war. Sie wollte zur Arbeit gehen, sagte sie. Ich wusste, dass sie log. Sie habe heute viel zu tun dort, auch diese Lüge sah ich in ihren Augen. Ich weiß nicht ob ihr das nachvollziehen könnt wie unglaublich schwer es ist, wenn man die Wahrheit in den Augen des Menschen den man liebte sehen, gar fast ihre Gedanken lesen kann und sich nicht dazu hinreißen lässt den Menschen am Kragen zu packen, zu schütteln und ihr alles ins Gesicht zu brüllen. Die Kinder waren da, ich wollte sie nicht belasten.

Sie ging also zur Arbeit und landete bei ihrem Lebensgefährten. Jenem Mann, den sie einst für mich aufgab. Ich wusste, sie würde da sein. Und ich wusste, ich konnte es nicht weiter ertragen das Eine zu hören und das Andere zu wissen. Also gab ich auf meiner Arbeit meine Krankmeldung ab und machte mich auf dem Weg zu ihnen. Einige Meter vor dem Haus, ich sah bereits ihr Auto, blieb ich stehen da mich die Angst überkam. Zweifel, ob ich es wirklich tun sollte. Ich zitterte, rauchte viel zu viele Zigaretten in viel zu kurzer Zeit während ich auf dem Bordstein saß, die Füße von mir gestreckt und das Gesicht in den Händen vergrub.

Ich konnte nicht weg gehen, ich konnte aber auch nicht weiter. Es tat wieder weh. Mir kam der Gedanke sie anzurufen, ganz salopp zu fragen wie es auf der Arbeit war, doch ich konnte es nicht ertragen diese Maske weiter aufrecht zu erhalten. Dann stand ich auf, schnippte die Zigarette weg und gab meinem Hintern einen letzten Kuss. Ich ging voran, Schritt für Schritt und wollte klingeln, da er aus der Tür kam.

Er sah mich an, ich ihn und eine merkwürdige Ruhe überkam mich. Zum ersten mal seit Wochen zitterten meine Hände nicht mehr. Zum ersten mal seit langem schienen meine Gedanken so klar und fest zu sein, dass ich sie greifen konnte. Es war, als hätte jemand für mich eine Wand eingerissen, welche mir die Sicht versperrte.

Wir redeten. Im Grunde wiederholte er seine Worte aus dem Telefonat vom November letzten Jahres. Jenes abends, als sie im Krankenhaus landete. Und ich, tja ich war für diesen kurzen Augenblick wieder der Mensch, der ich früher einmal war. Ich konfrontierte ihn mit allem, nahm kein Blatt mehr vor dem Mund. ruhig, höflich aber bestimmt. Ich weiß nicht ob er das Gewicht meiner Worte verstand. Dass ich ein Mann bin, der ohne wenn und aber zu seinem Wort steht und dass sich seit unserem Telefonat im November, als er mich konfrontiert hat, nichts aber auch gar nichts geändert hatte.

"Wenn sie sich von mir trennt, dann ist das so. Dann muss ich damit umgehen. Ich bin nur an ihrem Glück interessiert, weil sie mir am Herzen liegt, und wenn sie es mit mir nicht findet, dann soll es halt so sein. Sie ist eine erwachsene Frau und muss ihre eigenen Entscheidungen treffen."

Das waren meine Worte damals wie auch heute morgen. Nur diesmal konnte ich ihm in die Augen sehen. Diesmal konnte ich ihm gegenüber stehen, von Mann zu Mann und musste nicht über Kilometer hinweg durch mein Handy, zu ihrem Handy reden. Und ich fühlte mich gut dabei. Ich sagte, ich wolle sie nicht mehr traurig sehen, nicht mehr leiden sehen. Ich will die Wahrheit. Ich will sie nicht in ihren Augen lesen, sondern aus ihrem Mund hören. Um mich zu befreien. Ich drehte mich um und ging nach Hause, der Große ist krank und ich hatte ihm Brötchen versprochen.

Es dauerte eine Weile, dann klingelte mein Handy, der Große sollte an seines gehen. Sie holte ihn ab, ihr ... Freund hatte ihr offenkundig gesagt, dass ich vor deren Tür stand.

Ich schrieb ihr eine SMS. Ich schrieb, sie solle sich melden, wenn sie endlich reden möchte. Sie antwortete, wir hätten uns nichts mehr zu sagen. Und ich... ich  schrieb ihr alles zurück. Alles was ich ihr sagen wollte, alles was ich IHM gesagt habe. Alles war ich erwartet hatte, alles was meine Gedanken her gaben. Jedes einzelne Wort mit der Ehrlichkeit, welche sie mir verweigert hatte. Ich schrieb ihr wie ich mich fühle und dass dieses Kapitel unseres Lebens nicht in Zank und Streit enden müsse. Nicht von meiner Seite aus.

Dann kam nichts mehr.....

[edit]

Jetzt, drei Stunden später kam sie nach Hause, mit dem Kind. Sie setzte sich in die Küche zu mir und ich konnte in ihren Augen erkennen, dass etwas eingerissen worden ist. Ich weiß nicht was, aber der Schleier, den ich immer wahr nahm wenn sie nicht ehrlich war, er war verschwunden. Ob dies meiner Nachrichten geschuldet war oder der puren Verzweiflung, dass es nun kein Ausweg zum Flüchten und keine Ecke zum verstecken mehr gab, dass mochte ich nicht zu beurteilen. Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas, als sie schrieb es gäbe nichts mehr zu sagen hatte ich mir eine Vodka-Limo Mischung eingegossen, und zündete mir eine Zigarette an. Kurz beobachtete ich sie, wie sie leicht zitternd das Handy aus der Hand legte, dann holte ich tief Luft und begann damit Stein für Stein, Wort für Wort jede Lüge, jede Unehrlichkeit, jedes falsche Wort einzureißen. Ich war ruhig, wählte meine Worte mit bedacht. Ich sagte ihr, dass unser beider Leid schon lange hätte vorüber sein können. Ich erklärte ihr meine Gefühle und meinen Standpunkt. Ich machte ihr klar, was mich verletzt hat - Nicht, dass sie mich verlassen würde, sondern dass sie nicht ehrlich war und genau das verleugnet hatte, was einst ein essenzieller Bestandteil ihrer Persönlichkeit war. Ein Teil den ich lange bevor wir uns liebten bereits gemocht hatte. Sie weinte, und ich legte meine Hand auf ihren Rücken, streichelte sie weil ich wusste, dass sie genau das jetzt brauchte. Dann schwiegen wir und die Stille wurde nur durch ihr seufzen unterbrochen.

Die Last, die auf mir lag ist nun zu einem großen Teil von mir abgefallen. Ich schreibe diesen Text hier um mich selbst daran zu erinnern wer und wie ich bin. Um für mich den Schmerz, den ich empfunden habe zu dokumentieren. Er ist nicht vollends weg und ich bin mir der Tatsache bewusst, dass es noch eine Zeit dauern wird bis ich die letzten Monate verarbeitet habe. Doch ich verspüre jetzt, in diesem Augenblick zu mindestens wieder Hunger. Ich möchte was essen und so etwas wie ein Toast mit Käse sah lange nicht mehr so lecker aus wie jetzt.

Aus dem Headset dröhnt nun ein Lied der Gruppe Megaherz. Ich fand es in den vergangenen Tagen sehr passend und es half mir nicht den Verstand zu verlieren. Es lautet "5. März"

Siehst du mich?
Hörst du mich?
Was hab ich dir getan, warum zerstörst du mich?
Fühlst du mich?
Spürst du mich?
Wenn du mich nicht mehr liebst, warum berührst du mich?

Brauchst du mich?
Sag glaubst du nicht, 
Dass es besser ist, du lebst dein leben ohne mich?
Erkennst du mich?
Verstehst du nicht?
Warum bist du überhaupt noch hier?
Was willst du noch von mir?

[ref]
Augen auf
Wer sieht versteht
Wie gnadenlos die Zeit vergeht
Wie sich der Zeiger dreht
Unentwegt
Er steht nie still

Du weißt nicht was du willst
Du weißt nicht wo du stehst
Weißt nicht woher du kommst, wohin du gehst
Du weißt nicht was dich treibt
Was am Ende für dich bleibt
Warum bist du so blass, so kalt, so herzlos
Du weißt nicht was du tust, 
Weißt nicht woran du glaubst
Sag mir wozu und ob du mich noch brauchst
Wenn's einfach nicht mehr passt
Wenn du mich wirklich nur noch hasst
Warum bist du noch hier?
Wofür?
Was willst du noch von mir?
Was willst du noch?
Was willst du noch?
Was willst du noch?
Was willst du noch von mir?
[/ref]

Siehst du mich?
Erkennst du mich?
Ganz tief in meinem Herz ist noch ein Platz für dich
Ich suche dich
Ich sehne mich
Nach dem was ich geliebt hab, doch ich find es nicht
[ref]
 ​
Vielen lieben Dank für Eure Aufmerksamkeit und Anteilnahme. Es hat mir in der letzten Nacht sehr geholfen hier zu sitzen und eure Posts zu lesen, wo niemand anderes zum Reden da war.

Ich danke euch

Micha

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Man ist ja immer so sehr bemüht, dass der andere glücklich ist (und nur das, nichts anderes) und vergisst, dass man sich besser um sich selber kümmern würde (was eben viel schwieriger ist). Und dann will man den/die andere/n auch gegen seinen Willen glücklich machen und wunder sich, das Gegenüber dieses Glück so gar nicht annehmen möchte...

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Himmel bist du theatralisch ;-)

Ich muss dir ehrlich sagen, dass du ihr gegenüber ganz schön übergriffig bist- du denkst du weisst, was für sie richtig ist, und meines Erachtens bevormundest du sie...sie käme, wenn sie sich von ihrem partner trennt und zu dir ginge vom regen in die traufe, wahrscheinlich weil beide denken, sie können ihr helfen.

FInde du hast dich nicht besonders toll verhalten. Dir geht es in erster linie um dich, und nicht um sie--du meinst es besser zu wissen, du willst die Wahrheit, damit es dir gut geht und nicht, damit es ihr gut geht...

Ich glaube außerdem, dass du dringend hilfe brauchst, sorry, aber was und wie du hier schreibst klingt sehr verwirrt und fast schon unheimlich...

Gruß

B.

 
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Ich persöndlich finde deine Geschichte sehr interessant!

Leider hatte diese kein Happy End.

Es kann dir doch ein Trost sein das du Ehrlichkeit und einen starker Charakter besitzt. Sicherlich ist es schwer dies alles zu verarbeiten.

Ich denke jedoch das du deinen ganzen Einsatz eines Tages zurück erhalten wirst!!

Du hast diese Frau mit Liebe überschüttet!! Diese Frau wird dich 'NIE' ganz vergessen können, ob sie will oder nicht einen Platz in ihrem Herzen wirst du immer haben.

Ich habe echt Respekt vor deiner Persönlichkeit!

Dein Leben kann zukünftig nur besser verlaufen, schlechter geht nicht mehr. Ich hoffe das du bald bereit bist um wieder aufzustehen und nach vorne schauen kannst.

Traure nicht, im Gegenteil sei stolz auf dich und deine Taten. Sei froh das du weisst was du willst in deinem Leben. Keine Phase ist für ewig!

Sich weitere Gedanken über diese Frau zu machen ist Sinnlos, sie hat dir den Sinn genommen. Befreie dich von all den Gefühlen und höhre dir Musik an die motiviert.

Gehe deinen Hobbys nach. Treffe dich mit Freunden. Meide es allein zu sein. Geh hinaus und lebe, geh in die Natur und tanke Kraft, mach Blödsinn, tanze, singe, lebe!!

Stell dich vor einen Spiegel, Kopf hoch und sag dir selbst:

Kein Mensch ist es Wert das ich soviele Gedanken verschwende, vorallem nicht für jemanden der es überhaupt nicht verdient!

Ich bin kein Egoist, das macht mich stolz, ich kann dich vergessen und ich werde dich vergessen!!

Ich bin der coolste und der Beste!!

Du willst mich leiden sehen?

Du wirst mich nicht leiden sehen!

Denn meine Liebe zu mir selbst ist viel stärker.

Du meinst jetzt bin ich schwach?

Du irrst dich, ich bin stärker den ich bin Positiv, das Negative prallt an mir ab.

Leben ich habe dich vernachlässigt, doch ich umarme dich und komme!

 
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Hallo,

Es tut mir leid aber bei dir habe ich das Gefühl, ständig unter einer Gänsehaut leiden zu müssen. Du bist mir zu betont psychisch.

Desolate verletzte Menschen verletzen gerne desolate verletzte Menschen und ich denke, sie hat in dir ihren Meister gefunden und du in ihr. Und der andere Mann sitzt neben lauter verletzten Menschen und denkt sich seinen Teil und versucht wenigstens die eine sich für ihn lohnenswerte verletzte Person aus der ganzen Misere zu retten.

Wenn ich jetzt den 2. Verwarnungspunkt bekomme, stehe ich dazu und trage ihn in Würden.

starrily

 
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