Kann ich mich in sein Leben integrieren

m.lepri

New member
08. Juni 2020
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Hallo zusammen...

Leider bin ich gerade sehr verzweifelt und weis nicht was ich noch tun kann... Zuerst zu meiner Vorgeschichte, damit man alles versteht. Ich bin sehr lieblos aufgewachsen. Mir wurde absolut nichts geschenkt und ich musste immer für alles kämpfen... Meine Mutter war psychisch krank und war mit der Erziehung von uns 3 Kindern völlig überfordert... Ich würde von ihr psychisch misshandelt... Während mein Bruder und meine Schwester in die Drogen abgerutscht sind, habe ich weiter gekämpft und bin mit 16 von Zuhause weg gegangen. Eine kurze Zeit hatte ich kein Zuhause nichts. Bis ich in ein Heim gekommen bin... Ich konnte mit 18 meine Ausbildung beginnen... Leider war es eine Ausbildung die ich nicht unbedingt wollte. Ich wusste aber das ich danach gut verdienen werde und keine Geld sorgen mehr hatte. Diese Ausbildung habe ich mit Bravour bestanden. Ich mache jetzt mit 22 Jahren die 2 Ausbildung... leider halt immer noch im gleichen Beruf... Ich habe eine Wohnung und halt das nötigste was es zum leben braucht. Geld habe ich keins und werde auch nie vermögend sein. Als Kind hatte ich einmal viel angespart. Jedoch hat das meine Mutter für ihren Urlaub ausgegeben... Vor einem Jahr lernte ich meinen Freund kennen... Er sieht gut aus und ist ein Herzensguter Mensch. Könnte er, würde er mir die Sterne vom Himmel holen. Leider sind wir sehr unterschiedlich. Er wollte mich schnell in sein Familienleben integrieren. Ich muss sagen, dass er in perfekten Verhältnissen aufgewachsen ist. Ein grosses Haus, Pferde, Geld, liebende Eltern etc. Seine Geschwister sind alle erfolgreich... haben studiert... teure Autos, Firme. Seine Eltern sind völlig liebevoll zu mir und versuchen es mir auf alle möglichen weisen recht zu machen... Aber wenn sie mir Videos und Fotoalben zeigen, von der perfekten Familie... Könnte ich manchmal weinen... An Familienfeiern, wenn sein Vater wieder eine Rede hält wie wichtig Familie ist... Es fühlt sich an als würde mir jemand einen Nagel ins Herz rammen. Jedes Mal wenn mich Angehörige auf mein Leben ansprechen und ich erzähle, sehe ich jedes mal diesen verwirrten Blick... Irgendwie redet dann auch keiner mehr mit mir. Seine Freunde sind alle wohlhabend. Ich fühle mich als würde ich da absolut nicht hineinpassen. Mich überfordert das alles sehr und ich gehe allem aus dem Weg. Für mich ist die Vorstellung auch sehr verwirrend so viel Zeit mit der Familie zu verbringen... Ich empfinde eine Familie so eher als Klotz am Bein.

Leider führt das immer wieder zum Streit zwischen uns... Meine Freund ist auch sehr erfolgreich im Reitsport. Seine Eltern haben ihn auch wahnsinnig gefördert und alles getan. Leider war es auch mein Wunsch erfolgreich zu sein. Als kleines Mädchen bin ich schon viel geritten und wäre auch sehr talentiert gewesen. Leider wollte meine Mutter meine Träume und Talente nicht fördern. Da sie keinen Sinn darin gesehen hatte.. So hat es leider nie für mich gereicht... Ich begleite Ihn sehr oft auf seine Turniere und unterstütze ihn auch dabei... Jedoch ist es für mich immer schwierig... Manchmal scheint es als hätte er alles, was ich mir eigentlich sehnlichst gewünscht habe... Ich bin durch das leider sehr gefrustet und oft extrem traurig. Ich weis eigentlich sollte ich ihm seinen Erfolg gönnen... Das tue ich auch... Warum fühle ich mich dann so? Leider gehe ich wegen diesen Dingen gerade sehr auf abstand. Ihn macht das sehr traurig und wir reden auch oft über alles... Jedoch wurde es nach einem Jahr nicht besser... Ich liebe ihn sehr... aber jetzt gerade weis ich nicht ob Liebe alleine ausreicht... Ich möchte ihn auch nicht verletzen. Ich bin gerade sehr durcheinander und weis nicht ob diese Beziehung so nicht das übersteht und ob wir so weiter machen können... Vielleicht bin auch ich einfach noch nicht so weit für so eine Beziehung. Leider fühlt es sich manchmal so an, als würde man mir alles vorführen was ich mir immer gewünscht habe... das verletzt mich jedes mal sehr...

P.S Mit meiner Mutter habe kaum noch kontakt. Wir sehen uns einmal im Jahr aus Pflicht an Weihnachten. Das aber auch nur weil wir beide zum gleichen Fest eingeladen sind.  

 
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Hallo l.mepri,

da könntest du schon mal denken, jetzt habe ich doch alles. Einen Freund und eine liebevolle Familie....doch als ich deine Geschichte gelesen haeb, konnte ich gut verstehen, das du dich eben

nicht glücklcih fühlst. Du wirst ja ständig an deine Kindheit erinnert , deine alten Wunden brechen immer wieder auf.

Ich glaube, das es gut wäre genau an diese Wunden zu gehen, d.h. diese zu heilen, bearbeiten. Gegebenfalls mit Hilfe ( evtl. Therapie). Das du dich immer wieder zurückziehst, ist einfach ein Schutz .  Ich glaube auch, das eure Beziehung auf eine harte Probe gestellt wird., denn du brauchst Verständnis für deine Sizuation. Hast du mit deinem Freund über deine Kindhiet gesprochen? Und auch darüber, wie es dir im Moment geht?

GLG

 
Liebe lagatar

Vielen Dank für deine nette Antwort.

Ich versuche sehr viel mit ihm darüber zu sprechen... Leider fühle ich mich sehr zerbrechlich gerade... und manchmal möchte ich nicht über diese Dinge mit ihm sprechen... Ich habe das Gefühl das mich alles das nur noch mehr traurig macht. Zusätzlich möchte ich ihn auch nicht mit meinen Problemen belasten. Ich habe schon einmal eine Therapie angefangen und ich ziehe das in Erwägung, wieder erneut eine zu starten und wieder regelmässig meinen Therapeuten zu besuchen...

 
Eine Beziehung ist nicht der Ort, an dem man seine psychischen Defizite kurieren kann.

Es ist offenbar vielmehr der Ort, an dem sie erst recht aufscheinen, besonders in der Weise, wie du es gerade erlebst. Auf der einen Seite ein Mensch, der alles hat, was du in deinen Traumvorstellungen immer gewünscht hast - auf der andern Seite du, die nicht einmal einen Bruchteil von "normalem" menschlichem Umgang erlebt hat.

Du siehst zwar die Diskrepanz zwischen dir und ihm, wie es hätte sein können, wie es in seiner Familie ist. Und obwohl du dir genau das so sehr gewünscht hättest, kommst du damit nicht klar, wenn es nun wirklich stattfindet. 

Das Lob seines Vaters auf die Familie, die heile Welt, die du zu sehen meinst - alles löst in dir kein Glücksgefühl aus, sondern Unbehagen und Verwirrung. Denn du kennst diese Welt nicht. Du bist vom Gegenteil geprägt und dein Wesen und Verhalten kann nur adäquat auf Situationen reagieren, wie du sie in deiner eigenen Familie erlebt hast.

Da helfen auch keine netten Gesprächen mit deinem Freund, seiner Familie. Ermunterungen wie "das wird schon", "werd' einfach lockerer...", "du musst da eben halt mal so sein lassen und nur das und jenes tun..." nützen gar nichts. In deiner Gedankenwelt, in deine, Empfinden, in deinem Reagieren und Handeln sind die Spuren deines lieblosen Aufwachsen eingegraben. Sie steuern dein Handeln, Denken und Empfunden fundamental. Und auch diese Herausforderung deines Freundes und seiner Familie, dich auf den Weg des Glücks zu bringen, ist zwar eine schöne Aufgabe, die man sich sollen kann, aber man wird daran scheitern, weil man einen Menschen nicht einfach so ändern kann - es ist für einem selber ja schon schwierig genug wenn nicht gar unmöglich.

Willst du also etwas an dir ändern, braucht es grundsätzliche Ansätze, die an die Wurzeln gehen. Und diese Änderungen kommen nicht einfach so von einem Tag auf den andern (du siehst es ja, du bist ein Jahr mit deinem Freund zusammen, es hat sich nichts geändert) und schon gar nicht, wenn man einfach mal ein wenig in die eine Richtung oder in die andere zu gehen versucht. Hier brauchst du professionelle Hilfe, Anleitung vom Profi, wie man seine Seele, sein Wesen an den Punkt bringen kann, den man gerne hätte.

 
Hallo m.lepri

Ja, ihr seid in 2 verschiedenen  Welten aufgewachsen. Da ist es nicht einfach immer den Kopf hochzuhalten. Man ist versucht, diesen einzuziehen und sich klein zu machen. Du hast dich, deine Familie, dein Leben, sehr negativ beschrieben. Hast deine Erfolge da auszubrechen zwar erwähnt, setzt sie aber gleich wieder herab. Der Grund ist sicher, weil du das krasse Gegenstück, mit deinem Freund und dessen Familie, jetzt kennst. Und damit hättest am liebsten nichts zu tun. Weil du denkst, das Die anders sind. Was besseres sind. Aber es ist die Familie deines Freundes. Sicher haben die auch ihre Probleme, aber andere. Er kann nichts dazu. Auch kannst du nicht verlangen das er, dir zuliebe, Abstand zu seiner Familie nimmt. Durch den Reitsport ist er sicher auch noch extrem mit ihr verbunden. Mit euch beiden klappt es doch gut. Du musst dich nicht verstecken. Er steht zu Dir. Er möchte dich wie du bist.

Wichtig ist, das du aufhörst dich herabzusetzen. Was du alles schon erreicht hast! Dir hart erarbeitet hast! Das ist bewundernswert und zeigt schon eine gewisse Stärke. Mach dir das öfter mal bewusst. 

Ich lese sehr viel. Und zu deinem Problem fällt mir auch ein interessantes Buch ein, das ich vor kurzem gelesen habe. Das empfehle ich dir sehr. Vielleicht kennst du es sogar? Von Stefani Stahl, Das Kind in dir muss Heimat finden. 

 
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Du hattest es nicht leicht, es tut mir sehr leid für dich. Ich kann mir das nicht wirklich vorstellen, obwohl auch meine Kindheit nicht schön war: mein Vater war ein gewalttätiger Alkoholiker und ich denke an diese Zeit nicht gerne zurück.

Ich denke auch, dass du es mit professioneller Hilfe besser verarbeiten und vergessen könntest.

Denk bitte daran, dass es nicht wichtig ist, was andere von dir denken und wie sie dich sehen. 

Es gibt immer Menschen,  denen man nicht gefallen wird, egal woher man kommt. Dass sie nicht sinnvoll und emphatisch auf deine Geschichte reagieren können, zeigt,  dass sich dieser Wohlstand und Unbekümmertheit auf deren emotionale Entwicklung negativ ausgewirkt haben. Aber du schreibst,  dass sie dich grundsätzlich warm empfangen haben?

Die Familie deines Freundes scheint zumindest nach Außen hin eine Bilderbuchfamilie zu sein, es erleichtert sicherlich den Start, wenn man in so einer Familie aufwächst,  aber es ist weder eine Garantie noch eine notwendige Bedingung für Glück und ein erfülltes Leben.

Als meine Mutter 5 war, ist ihr Vater gestorben,  sie war eins von 5 Kindern, aber das einzige,  das meine Großmutter nie geliebt hat. Sie war das 3..Mädchen und sie haben sich endlich einen Jungen gewünscht und meine Großmutter war wohl auch depressiv. Sie fand ihr Baby hässlich und wollte meine Mutter sogar weggeben. Sie hat sie gleich nach der Geburt nicht angenommen,  ihre Schwiegermutter hat sich die ersten 9 Monate um meine Mutter gekümmert. Meine Mutter konnte später nie ihrer Mutter recht machen, egal wie sie sich bemüht hat und sie hat um ihre Liebe als Kind gebettelt. Als meine Mutter  mal als Kind 5 Wochen lang im Krankenhaus lag, eine Straße weiter, wurde sie kein einziges Mal von ihrer Mutter besucht und  nur von Geschwistern abgeholt,  auch zur Einschulung ist sie alleine gegangen,  hat sich selbst die Haare geschnitten,  wurde als einzige von 5 Kindern nur beschimpft und ignoriert, bekam sogar nicht genug zu essen, war ein vernachlässigtes Kind. Sie musste sich dauernd anhören,  dass sie dumm und hässlich ist. Meine Großmutter wollte, dass sie nach der 8. Klasse als Verkäuferin arbeiten geht,  obwohl die anderen 4  Kinder studieren sollten. Es gibt noch 1000 Beispiele von diesen Ungerechtigkeiten, ich könnte noch lange erzählen.

Meine Mutter war als Kind also total vernachlässigt und ungeliebt, hat es also völlig alleine geschafft, ohne jegliche Hilfe, auch ihre Geschwister haben gelernt, sie so zu behandeln wie meine Oma es tat und tun es bis heute noch. Meine Mutter ist mit 15 ausgezogen, hat von der Waisenrente gelebt, hat trotzdem studiert und hatte bis vor Kurzem einen verantwortungsvollen Job.

Aber je älter sie wird, desto mehr beschäftigt sie diese Geschichte und sie kann nicht aufhören,  nach dem Warum zu fragen, und was wäre, wenn ihr Vater damals nicht gestorben wäre (da glaubt sie, sie hätte eine andere Kindheit gehabt,  er hätte es nicht zugelassen,  er war ein gebildeter Mensch,). Und es geht ihr jetzt in der Rente immer schlechter, ich merke es deutlich,  weil sie das über Jahrzehnte verdrängt hat und es ist jetzt zurück gekommen und lässt sie nicht los. Das zeigt mir, wie wichtig es ist, sich mit so einer Geschichte so früh wie möglich auseinanderzusetzen. Das fehlt ihr, das hat sie nie richtig gemacht, aber sie verweigert es, ich bin jetzt quasi ihre Therapeutin. Sie ist jetzt 65 und wird wohl schon immer darunter leiden. Und ich glaube,  dass es nicht sein müsste. Das sind tiefe seelische Verletzungen,  die man ernst nehmen muss. 

Bitte kümmere dich darum. Mach es nicht wie meine Mutter, weil es wichtig ist, irgendwann mit der Vergangenheit abzuschließen.

Die Familie deines Freundes scheint etwas spießig zu sein, gönne ihnen ihre Unbekümmertheit. Lächle nett und mach dir keine Gedanken darüber,  was sie denken. Es sind nie alle zufrieden. Wärest du eine verwöhnte Göre aus einer reichen Familie,  wären einige bestimmt auch nicht glücklich. Es ist nur wichtig,  was Menschen denken,  die du liebst,  allen anderen sollen wir die Meinungsfreiheit gönnen. Das Leben wird viel leichter, wenn man sich von diesen Gedanken befreit, sei einfach nett zu ihnen, egal wie sie sind. Wenn sie sich doof verhalten,  dann haben sie doch ein Problem, nicht du. Und es ist wichtig zu erkennen, dass niemand anders handeln kann, als er ist. Wir müssen unsere Mitmenschen so nehmen,  wie sie sind.

Auch ich habe ein tolles, aufbauendes Buch für dich, die Autobiographie eines Mannes, der als Kind schon arbeiten musste,  in Armut, zum Teil in Kinderheimen gelebt hat, dessen Mutter geisteskrank war. Und der trotzdem die Lebenslust und Motivation nicht verloren hat und einiges in seinem Leben erreicht hat, trotz Widrigkeiten, völlig ohne fremde Hilfe, ein wunderbares Buch: Die Geschichte meines Lebens von Charles Chaplin.? 

Und denk auch daran: wir sehen diese perfekten Menschen mit ihren perfekten Familien und Geschichten,  aber oft sieht man den Menschen nicht an, was sie bedrückt,  mit welchem Kummer sie leben müssen. Es ist oft einiges überhaupt nicht so perfekt,  wie es nach Außen aussieht. Auch mir sehen Leute, die ich nur flüchtig kenne, (in der Regel) nicht an, wie es mir wirklich geht...

 
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Zusätzlich möchte ich ihn auch nicht mit meinen Problemen belasten.
Es ist ganz  wichtig nicht zu oft über deine Probleme zu reden,  jedoch geht es nicht nur darum, ob du dich in sein Leben integrieren kannst, sondern auch er in deins.  Soll heissen, es ist wichtig, das er Verständnis für deine Probleme hat, aber er ist nicht dein Therapeut!!!!!

GLG