Meine Geschichte

Sarowie

Neuer Benutzer
02. Jan. 2008
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Ich habe einen Sprechfehler, der mir kurz gesagt in der Schule aber auch noch in der Lehre sehr viele Probleme mit Mobbing und ähnlichen einbrachte.

Rückblickend muss ich sagen, das ich die letzten so etwa 6 oder mehr Jahre Depressiv war, also nichts fühlte.

Und jetzt fühle ich mich einsam und auch irgendwie von der Welt direkt aber auch indirekt wegen meinem Sprechfehler verarscht.

Ich meine, ich will nicht viel, nur etwas Zuwendung und Verständnis aber...

Ich weiss auch nicht, ich will mich nicht bei den Leuten beschweren die mir zuhören, die mir was bedeuten, denn die behandeln mich ja eigentlich Gut und gerade sie können nichts dafür wie es mir geht. Ganz im Gegenteil, dank diesen Leuten geht es mir ja einigermassen Gut.

Aber denoch...

Viele Leute behandelten mich auch richtig Mies, was mich damals wie Heute fertig macht.

Ich wurde zum Beispiel im zweiten Lehrjahr von "meinen" Mitschülern mit Radiergummistücken beworfen. Anfangs hielt ich es für Zufall, dann versuchte ich es zu ignorieren, aber ich hielt es nicht mehr aus. Wieso ausgerechnet ich? Hab ich es irgendwie verdient? Bin ich selber irgendwie schuld? Es tat mir richtig in der Seele weh, ich hoffte auf ein Ende der Stunde wurde aber immer verzweifelter. Irgendwann schlug meine Verzweiflung zu Wut um, ich sah keinen anderen Ausweg mehr. Ich stand auf, schrie rum und schlug gegen den Schulsack von einem der mich sicher beworfen hatte. (Im nachhinein erlaubte sich der auch noch so halb hinter meinem Rücken, so das ich es hören, zu sagen, das er es nicht verstehe sein Schulsack könne ja nichts dafür).

Der Lehrer bemerkte die ganze Zeit nichts von dem Treiben, erst als ich rumschrie handelte er und zwar in dem er mich erstmal raus stellte. Was drinnen dann abging weiss ich nur Ungefähr, soviel ich weiss mussten die anderen die Radiergummistücke zusammen wiesen, Das war schon alles...

Mich liess er aber in der Zwischenzeit einfach vor der Schulzimmertür stehen. Ich war noch immer verzweifelt und deshalb kochte in mir noch immer eine Wut. Schliesslich holte er mich wieder rein und liess mich gehen.

Doch er kümmerte sich in keiner Form um mich, redete nicht mit mir, fragte nicht ob ich Hilfe brauche, wie es mir geht noch sonst was und die Strafe für die anderen war ja wohl ein Witz.. Ich meine, wenn er mich gefragt hätte ob ich viele brauche hätte ich sicher Nein gesagt, aber wahrscheinlich vor seinen Augen angefangen zu weinen, ich hatte ja schon draussen vor der Tür geweint was aber zum Glück oder auch leider niemand mit bekam. Ich hätte in dem Moment wirklich nicht viel gebraucht, nur etwas Verständnis, etwas Bestätigung das ich mir sowas nicht gefallen lassen muss, das meine Reaktion nicht ganz falsch war...

Was ich sicher nicht wollte, das wurde mir aber erst viel später wirklich klar, war eine drastische Strafe für die Täter. Ich meine, ich hätte ein Anrecht darauf gehabt, doch ich wollte nicht das jemand wegen mir Ärger bekommt oder gar leiden muss, das will ich ganz und gar nicht. Aber dennoch... Gerecht(er) wäre es gewessen.

Am nächsten Tag ging ich noch immer mit so einer geladenen Gefühlsmischung zu arbeit und bei der kleinsten Provokation ging meine Wut hoch. Der Ausbilder schritt ein und holte mich und den der mich Provoziert hatte zu einem Gespräch.

Ich begann mit dem Erzählen, mir war völlig klar das ich überregiert habe und das es nur im Zusammenhang irgendwie verständlich war. Der Ausbilder hörte mir zu und am Ende weinte ich, es tat mir echt gut darüber zu reden und das Gefühl von Verständniss; es tat echt gut, sowas hatte ich schon lange nicht mehr erlebt.

Der Ausbilder hatte nachher auch den Hauptverantwortlichen meines Lerhbetriebes informiert.

Das Gespräch mit dem Hauptverantwortlichen war dann wie schläge ins Gesicht...

Erstmal gab er mir mit seiner Liste über Mobbing das Gefühl das ich überregiert habe, Mobbing sei es erst ab 3 mal die Woche über 3 Monate und überhaupt steht mit Radiergummistücken bewerfen nicht auf seiner Liste...

Eine wahrscheinlich als Witz gemeinte Anspielung, ob er sich keine sorgen machen müsse das ich Amoklaufe machte mich dann richtig fertig.

An sowas hatte ich nicht gedacht, ich frage mich wieso er sowas über mich denkt oder ob ich vielleicht doch zu sowas fähig bin?

Im nachhinein muss ich sagen, das Gespräch war wirklich miess für mich, noch schlechter als die Passivität des Lehrers... Das bewerfen mit Radiergummistücken geht klar zuweit, das kann man auch nicht wie Worte missverstehen oder sonstwas. Das ist ganz klar eine böswillige Absicht.

Naja... ich belasse den Teil mal lieber dabei.

Ich weiss jetzt nicht mehr wie weiter.

In den letzten anderthalb Jahren ging es mir eigentlich ganz gut, ich wurde in eine gute Abteilung versetzt wo mich bis heute niemand auf meinen Sprechfehler ansprach. Man behandelte mich einfach ganz normal, so wie man eben mit einem Lehrling umgeht. Also ganz klar Anforderungen, Kritik, aber auch Lob und Kompetenzen, eigene Argumente werden berücksichtigt. Vorallem aber auch keinerlei Mitleid, man stellte an mich, meine Arbeit und meine Leistungen begründete Kriterien, Kritik war immer sachlich und begründet.

Es tat echt gut, normal behandelt zu werden. Zuvor stach ich entweder mit meinem Sprechfehler oder durch mein Engament (zuvor waren wir etwa 15 Lehrlinge zusammen und mindestens 10 bewegten sich nur bei konkretter Aufforderung, Leistung war in der Gruppe also nicht anerkannt) hervor.

Doch mir fehlt auch jetzt noch was, ich fühle mich in tiefsten Innern Einsam. Ich habe nur wenige Freunde oder genauer nur Kollegen und das auch nur in der Berufschule, mit denen ich in der Freizeit nichts mache.

Ich sehne mich echt danach, irgendwo dazu zu gehören, mit Menschen zu reden und als Mensch anerkannt zu werden.

Ich muss hier noch sagen, das ich eine technische Lehre mache, also während der Arbeit kaum mit Menschen in Berührung komme.

Was ich vorallem suche ist Verständnis, irgendwelche Leute die mein Schicksal teilen. Ich weiss, das es einige solche Leute gibt, Mobbing ist kein seltenes Phänomen...

Naja, ich weiss jetzt nicht wie weiter erzählen, also setzte ich jetzt einen Punk.

 
Hallo Sarowie!

Mobbing ist ein sehr ernstes Thema und wenn du in deinem Ausbildungsbetrieb nicht ernst genommen wirst solltest du mit Leuten darueber sprechen die dich ernst nehmen! Eine Freundin von mir hat massive Probleme mit Mobbing auf ihrer Arbeitsstelle und leidet deshalb an Depressionen. Ich habe ihr geraten eine Therapie anzufangen (damit sie ihre Gefuehle jemand unbeteiligten anvertrauen kann) und sich bei Verdi anzumelden (damit sie im Haertefall rechtliche Unterstuetzung hat). Ihr geht es mittlerweile besser... vielleicht waere das auch eine Moeglichkeit fuer dich.

Warum viele Menschen so grausam sind ist schwer zu sagen. Ich denke in erster Linie ist es fehlendes Selbswertgefuehl dass man meint dadurch aufbessern zu koennen indem man auf "Schwaecheren" rumhackt. Das ist ziemlich jaemmerlich und diese Leute werden das irgendwann mal kapieren. In meiner Grundschule gab es ein Maedchen dass immer geargert wurde und ich habe kraeftig mitgemacht. Ich frage mich heute oft warum ich so fies war und kann es nicht wirklich beantworten. Ich habe mich vor kurzem (nach fast 15 Jahren) bei dem Maedchen entschuldigt. Sie hat mich ausgelacht aber ich habe mich trotzdem besser gefuehlt...

Du meintest du wuenschst dir dazu zu gehoeren... Hast du denn keine Freunde ausserhalb der Arbeit? Ich kann dir nur sagen, versuch du selbst zu sein und die Beleidigungen dieser Idioten nicht an dich ranzulassen. Leichter gesagt als getan... ich weiss, aber du bist ein toller, liebenswerter Mensch und es ist es nicht wert dass du traurig bist. Es ist schon ziemlich arm und charakterlos sich ueber die "Schwaechen" anderer Menschen lustig zu machen. Du solltest froh und stolz darauf sein dass du Charakter hast im Gegensatz zu diesen Mitschuelern.

LG

Engelchen

 
Lieber Sarowie,

das Mobbing ist doch vorbei - also Du mußt da zwar noch was aufarbeiten, aber es hat nix damit zu tun, dass Du jetzt einsam bist - woher kommen, denkst Du , Freunde? Von allein? Nein - nur in der Kindheit und Schulzeit - später muss man sich da selbst drum kümmern. Dieses "ich hab keine Freunde" ist ein typisches Symptom des Erwachsen werdens. Damit kämpfen sehr viele, auch die, die nicht gemobbt wurden. Das Forum ist voll davon -

Mein Tipp wäre da immer: such Dir etwas, wo Du regelmäßig hingehen kannst, z.B. ein Verein:

Sport, Chor, Fremdsprachkurs, Tanzkurs, .....

Und dann gib mal ne Party und lad Leute, die Du magst, dazu ein. Oder wenn Du ins Kino willst, ruf Leute an, die Du magst, ob sie mitkommen.

Ich hab nen inzwischen lieben Freund, der rief mich mal an:

"Du ich hab schon alle angerufen, aber keiner hat Zeit. Hättest DU vielleicht Lust heut abend in ne Bar mit zu gehen?"

- seine Ehrlichkeit in Ehren ;) aber das war schon heftig ....

ich hab mich entschieden herzhaft zu lachen und in die Bar mizukommen - war ein superlustiger Abend :)

Also, untenimm was - zeitweise war der Chor mein einziger sozialer Kontakt außerhalb der Arbeit ... aber dieses Minimum hat schon geholfen, sich nicht einsam zu fühlen.

Kopf hoch,

Du bist da echt nicht allein,

S.

 
PS:

Ich hab vor dem Kino oft bis zu 20 Leute angerufen, und manchmal hatte eben niemand Lust und Zeit - aber wir sind doch hart im Nehmen, oder?! Du wirst sehen, Beharrlichkeit zahlt sich aus. Und wenn dann mal wer DICH anruft, dann mußt Du mitgehen, denn wenn man absagt, wirs man so schnell nicht mehr angerufen ..... also es ist eben Arbeit Freundschaften zu pflegen - doch es lohnt sich!!!

 
Original von EngelchenIn meiner Grundschule gab es ein Maedchen dass immer geargert wurde und ich habe kraeftig mitgemacht. Ich frage mich heute oft warum ich so fies war und kann es nicht wirklich beantworten.
Ehrlich gesagt, habe war ich die Schule auch nicht Unschuldig, auch ich habe einige Mitschüler schlecht behandelt.

Mittlerweile sehe ich den Grund, ich versuchte dadurch mein eigenes durch Mobbing geschädigtes Selbstbewusstsein durch Mobbing anderer zu kompensieren. Zudem gehörte ich damit irgendwie dazu und war (zumindest in dem Moment) nicht ganz Unten in der Hackordnung.

Das ist keinerlei Entschuldigung, was einem selbst passiert ist ist keine Rechtfertigung was man anderen an tut, ganz im Gegenteil, wenn man selbst solche Erfahrungen gemacht hat sollte man eingreifen, helfen weil man weiss wie weh sowas tut.

Nun ja, die Schule ist ja vorbei, das ganze passiert und nicht mehr zu ändern.

Original von spaziergängerinDieses "ich hab keine Freunde" ist ein typisches Symptom des Erwachsen werdens. Damit kämpfen sehr viele, auch die, die nicht gemobbt wurden. Das Forum ist voll davon -
Tröstend das zu wissen.

Das hat mir auch ein Kollege in der Berufsschule mal ähnlich gesagt, doch so deutlich formuliert leuchtet es mir ein.

Ich frag mich im Moment einfach selbst, was ich denn will oder wohin ich passe.

Original von spaziergängerinMein Tipp wäre da immer: such Dir etwas, wo Du regelmäßig hingehen kannst, z.B. ein Verein:Sport, Chor, Fremdsprachkurs, Tanzkurs, .....
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