Hallo ihr Lieben,
ich habe lange überlegt ob ich mich anmelden soll und euch meine Geschichte erzähle. Ich weiß, dass reden und schreiben hilft. Vielleicht hilft es mir vieles klarer zu sehen, mich mit euch auszutauschen und kleine Schritte in eine hoffnungsvollere Zukunft zu machen.
Ich sage jetzt schon Danke fürs Lesen
Ich hatte bisher zwei Beziehungen in meinem Leben. Eine, die erste große Liebe, begann mit 17 und dauerte 8 Jahre. Es war eine tolle Beziehung über viele Jahre, nie Streit, Geborgenheit, Sicherheit, Zusammenpassen. Doch irgendwann wollte er ein anderes Leben, sich selbst entfalten, finden. Ich habe in der Beziehung sehr vieles immer so gemacht wie ich wollte und er ließ mich. Es setzte mir keine Grenzen und wie ein kleines Kind drückte ich so lange meine Vorstellungen durch, bis er irgendwann genug hatte. Ich wäre gerne kompromissbereiter gewesen, sah das in diesem Moment aber noch nicht. Mittlerweile ist einiges an Zeit vergangen, ich habe andere Erfahrungen gesammelt und vermisse diese wunderbare Beziehung immer noch. Vielleicht weil ich einfach immer meinen Kopf durchsetzen konnte, vermutlich aber weil er einfach ein toller Mensch ist/war. Wir haben ab und an Kontakt und wissen, dass was auch immer kommt, wir immer für einander da sein werden. Nicht im alltäglichen Leben, aber bei Schicksalsschlägen etc. Und wenn in 30 Jahren.
Das war meine erste große Liebe. Ich bin bis heute wohl nicht wirklich über diesen Verlust hinweggekommen. Es tut immer noch ein bisschen weh, aber ich trauere der Beziehung nicht nach. Es sollte so kommen und ich war und bin bereit weiter zu gehen. Ich werfe mir auch nicht vor etwas falsch gemacht zu haben. Ich habe immer nach meinem besten Wissen und Gewissen gehandelt, alles für die Beziehung aus meiner Sicht getan. Aber irgendwann hat es einfach nicht mehr gepasst, von seiner Seite aus.
Die Trennung war sehr schmerzhaft. Ich habe lange gelitten und über ein halbes Jahr ging es mir sehr schlecht. Aber ich habe mich gefangen und bin nach London gegangen. Diese Stadt hat mich aufgefangen. Ich war so happy wie selten zuvor. Die letzten 2 Jahre meiner ersten Beziehung waren schwierig und kräfteraubend, da er sich immer mehr und mehr zurückgezogen hat. Ich habe gekämpft, ich bin eine echte Kämpfernatur - ob im Sport, dem Beruf, der Uni. Ich bin gewohnt, hart um alles zu kämpfen und es dann auch zu bekommen. Leider musste ich feststellen, dass Beziehungen so nicht funktionieren.
Aber in London angekommen fühlte ich mich unbeschwert, befreit, glücklich - zum ersten Mal ohne Beziehung, ohne Partner. London war mein Partner geworden. Allerdings konnte ich mit dem Alleinesein und dem Stigma keinen Partner zu haben nur schwer umgehen. Damit hatte ich nach der Trennung schwer zu kämpfen, ich fühlte mich als halber Mensch, dass andere mich bemitleiden, ich in deren Augen weniger Wert bin ohne Partner. Ich fühlte mich nicht komplett. Eigentlich sehr merkwürdig, da ich eigentlich ein tough cookie bin. Aber wenn es um das Singledasein geht, sehe ich hauptsächlich Negatives.
In London lernte ich dann meine zweiten Freund kennen. Ich war voller Begeisterung für mein Leben dort und strahlte das auch sicher aus. Er war "head over heals" und es ging alles sehr schnell. Er fand mich superklasse, alles toll und pipapo. Ich war mir am Anfang etwas unsicher, da er deutlich älter war (7 Jahre) und eigentlich auf der Suche nach der Frau zum Heiraten, eine Familie zu gründen. Da war ich mit meinen 25 Jahren aber noch nicht. Wenn ich damals gewusst hätte, dass man mit 25 im UK schon zum alten Heiratseisen gehört, wäre ich vielleicht vorsichtiger gewesen. Wir hatten und haben die gleichen Lebensvorstellungen: Ein bisschen Karriere, ruhiges Landleben, Familie, Garten, Reisen, Haus, Natur, Sport.
Eigentlich passte alles sehr gut und doch war die Beziehung eine einzige Achterbahnfahrt. Ich hatte oft irgendwie das Gefühl, dass wir aneinander vorbeireden. Ob es nun die Sprachbarriere war, der kulturelle Unterschied, die sehr gegensätzlichen Elternhäuser - ich weiß es nicht.
Es war nie wirklich leicht und super unbeschwert, mal abgesehen von den superverliebten ersten Monaten. Aber es war gut, wir funktionierten als Paar und einen Funken gemeinsamer Zukunft habe ich auch gesehen.
Ich musste nach einer gewissen Zeit aus London eigentlich wieder zurück nach D, macht es aber möglich immer wieder längere Zeiten bei ihm in England zu sein (ich schrieb meine PhD thesis). Ich flog sehr viel hin und her, lebte bei ihm, wir hatten das nette ruhige Leben. Aber ich war von ihm abhängig. Ich hatte kaum Geld in der Zeit der Diss, kannte vor Ort auf dem Land niemanden, fühlte mich ein bisschen abgeschnitten von der Welt und lebte so gar nicht das Leben das ich gewohnt war - eigenständig, selbstbestimmt. Ich purzelte in eine Art Hausfrauenrolle. Und war damit nicht wirklich glücklich. Er fand es grs ganz gut, eine Karrierefrau an der Seite, die aber trotzdem viel Zeit mit ihm zu Hause verbringt. Doof aber, dass ich damit nicht happy war. Ich muss dazu sagen, dass er in Sachen Ausbildung und Karriere mir nicht ganz das Wasser reichen konnte und auch teilweise merkwürdige Vorstellungen in Sachen Gott und Gesellschaftspolitik hatte. Ich hatte nicht immer das Gefühl, dass wir auf Augenhöhe waren. Aber insgesamt war es noch ok. Womit ich mehr zu kämpfen hatte, war seine Schwester, die er vergötterte.
Naiv, doof, selbstgefällig, verzogen und faul. Sie hatte mit Anfang 20 geheiratet und nun vor kurzem ihr erstes Kind mit 23 bekommen. Sie lebt genau das Leben, das er gerne hätte. Er hatte keine einfache Kindheit und wohl da diese Lebensvorstellung entwickelt, der kleinen heilen Familie mit früher Hochzeit, Kindern, einem gefestigten Leben. Und er dachte wohl, dass das mit mir zu haben sei.
Ich bin sehr wertekonservativ aber sonst liberal. Ich habe lange und hart studiert und möchte nun auch entsprechend die Lorbeeren einsammeln bevor ich mich Windeln und Schnullern widme. Einerseits findet er das total toll, aber andererseits ist es ihm nicht wohl dabei eine unabhängige Frau zu haben.
In jedem Fall trennten wir uns in 2011 nach vielen Problemen, wir konnten beide nicht mehr. Ich war mittlerweile in einer bemitleidenswerten Position: ich liebte ihn, war in England von ihm abhängig, wollte mein englisches Leben nicht verlieren, nicht zurück nach D, also ertrug ich sehr viel. Er wollte dann irgendwann nicht mehr. Nach ca. 3 Monaten Trennung kam er zurück, wollte mich zurück. Aber die Wunden blieben, das Vertrauen war weg, er wollte testen, ob es nochmal was werden könnte. Ich wartete unterschwellig immer auf den Knall. Er gab uns keine wirklich Chance, er beobachtete mich anscheinend unentwegt und bewertete insgeheim ob ich passe oder nicht.
Es mag sich komisch anhören, aber wir passen wirklich gut zusammen. Wir lachten viel, teilten die gleichen Hobbies, hatten die gleichen Lebensvorstellung und noch bis vor kurzem dachte ich, es wird. Ich konnte mir sogar vorstellen zu heiraten. Keine Beziehung ist leicht, sagte ich mir.
Wegen eines neuen Jobs musste ich dann zurück nach D. Er bestärkte mich sehr darin den Job anzunehmen, da es DIE Chance für mich war. Wir sagten am Flughafen good bye und ich war voller Zuversicht, dass wir das packen, pendeln und alles gut wird. Denkste.
Kurz nach meiner Rückkehr verstarb meine geliebte Oma. Am Tag bevor ich den neuen Job in einer neuen Stadt weit weg von Freunden und Familie antreten sollte. Es war die Hölle auf Erden. Ich sah meine Oma sterben, ich war am Boden zerstört. Ich musste im neuen Job mich sofort beweisen, durchsetzen, Ellenbogen ausfahren. Und wer war nicht da: er. Er kam nicht zur Beerdigung, er kam mich nicht besuchen, er gab mir nicht einmal einen Strohhalm zum festhalten. Ich wusste nicht, wann ich ihn wieder sehen würde. Ich sagte ihm wie sehr ich ihn brauche - und er kam nicht.
Ich war zutiefst verletzt und hätte in diesem Moment die Beziehung beenden sollen. Doch wie ihr sicher versteht, ich konnte nicht noch eine Konstante in meinem Leben verlieren. Meine Oma war der erste Mensch in meinem Leben, der verstarb und ich stand unter Schock. Und er war einfach nicht da. Keine 2 Wochen nach dem Tod meiner Oma beendete er die Beziehung. Das Pendeln sei ihm zu stressig, ich wäre nun in einer guten Position mein Leben selbst zu leben und ja, er habe jede Menge Gefühle für mich, aber all das macht einfach keinen Sinn.
Ich denke, er schafft es einfach nicht sich von seiner Lebenstraumvorstellung zu verabschieden. Zumindest für den Moment. Und er muss es auch nicht. Jeder hat das Recht auf sein Leben so wie er/sie es will. Das Problem ist nur dies mit einem Partner zu vereinbaren, der auch seine/ihre Lebensvorstellung hat. Beide müssen Kompromisse schließen damit es funktioniert. Und dazu war er nie bereit. So lange ich alles für die Beziehung tat, ging es. Jetzt war er am Zug und - nichts.
Mir ist klar, dass so eine Beziehung keinen Sinn macht. Aber es tut sehr weh einen Menschen gehen lassen zu müssen, mit dem man auf eine spezielle Art und Weise toll zusammenpasst. Ich hatte vielleicht zu lange auf einen Kompromiss gehofft.
Ich bin unfassbar enttäuscht. Ich hätte niemals gedacht, dass er mich so hängen lassen würde. Er hat die Beziehung via E-Mail beendet. Noch so ein Punkt, den ich unsäglich finde. Seither habe ich nichts mehr von ihm gehört. Das war wohl Anfang Juni. Ich habe kein Zeitgefühl mehr.
Was soll ich davon halten?
Ich gebe zu, dass die Trennung kein riesiger Schock mehr war. Es tut verdammt weh, ich bin körperlich wie geistig ziemlich am Ende nach dem emotionalen Stress der letzten Wochen. Aber ich habe mein Leben im Griff. Der Job läuft, ich behalte mein englisches Leben da ich mir ein Zimmer in London zugelegt habe, ich weiß meine Familie mehr zu schätzen als jemals zuvor. Es geht - auch ohne ihn. Ich fühlte mich sogar teilweise befreit und hatte das Gefühl Ketten zu sprengen, nur im gleichen Moment wieder tieftraurig zu sein, von der Angst vor dem Alleinsein überfallen und auch mit der Angst vertraut niemanden mehr zu treffen, wieder Ausschau halten zu müssen etc.
Ich bin es so leid ich will ein ruhiges Leben, eine beständige, gute Beziehung.
Mir geht es nicht schlecht, ich kann deutlich besser mit dem Alleinsein umgehen als bisher und sehe es auch als eine Aufgabe jetzt daran und an mir zu arbeiten. Ich habe jetzt die Chance diesen Partner fürs Leben zu finden, hoffentlich nicht mehr die gleichen Fehler zu machen. Vermutlich musste auch der Tod meiner Oma und sein Nicht-kommen passieren, damit ich verstehe, dass er nicht der Richtige ist. Dass ich mich nicht auf ihn verlassen kann, wenn es ernst wird. Es tut einfach nur weh, so enttäuscht zu werden.
Tut gut, diese Gedanken nieder zu schreiben. Ohne Ziel, einfach nur ein bisschen Aufarbeitung. Falls sich jemand bisher hierher durchgekämpft hat, vielen Dank fürs Zuhören
ich habe lange überlegt ob ich mich anmelden soll und euch meine Geschichte erzähle. Ich weiß, dass reden und schreiben hilft. Vielleicht hilft es mir vieles klarer zu sehen, mich mit euch auszutauschen und kleine Schritte in eine hoffnungsvollere Zukunft zu machen.
Ich sage jetzt schon Danke fürs Lesen
Ich hatte bisher zwei Beziehungen in meinem Leben. Eine, die erste große Liebe, begann mit 17 und dauerte 8 Jahre. Es war eine tolle Beziehung über viele Jahre, nie Streit, Geborgenheit, Sicherheit, Zusammenpassen. Doch irgendwann wollte er ein anderes Leben, sich selbst entfalten, finden. Ich habe in der Beziehung sehr vieles immer so gemacht wie ich wollte und er ließ mich. Es setzte mir keine Grenzen und wie ein kleines Kind drückte ich so lange meine Vorstellungen durch, bis er irgendwann genug hatte. Ich wäre gerne kompromissbereiter gewesen, sah das in diesem Moment aber noch nicht. Mittlerweile ist einiges an Zeit vergangen, ich habe andere Erfahrungen gesammelt und vermisse diese wunderbare Beziehung immer noch. Vielleicht weil ich einfach immer meinen Kopf durchsetzen konnte, vermutlich aber weil er einfach ein toller Mensch ist/war. Wir haben ab und an Kontakt und wissen, dass was auch immer kommt, wir immer für einander da sein werden. Nicht im alltäglichen Leben, aber bei Schicksalsschlägen etc. Und wenn in 30 Jahren.
Das war meine erste große Liebe. Ich bin bis heute wohl nicht wirklich über diesen Verlust hinweggekommen. Es tut immer noch ein bisschen weh, aber ich trauere der Beziehung nicht nach. Es sollte so kommen und ich war und bin bereit weiter zu gehen. Ich werfe mir auch nicht vor etwas falsch gemacht zu haben. Ich habe immer nach meinem besten Wissen und Gewissen gehandelt, alles für die Beziehung aus meiner Sicht getan. Aber irgendwann hat es einfach nicht mehr gepasst, von seiner Seite aus.
Die Trennung war sehr schmerzhaft. Ich habe lange gelitten und über ein halbes Jahr ging es mir sehr schlecht. Aber ich habe mich gefangen und bin nach London gegangen. Diese Stadt hat mich aufgefangen. Ich war so happy wie selten zuvor. Die letzten 2 Jahre meiner ersten Beziehung waren schwierig und kräfteraubend, da er sich immer mehr und mehr zurückgezogen hat. Ich habe gekämpft, ich bin eine echte Kämpfernatur - ob im Sport, dem Beruf, der Uni. Ich bin gewohnt, hart um alles zu kämpfen und es dann auch zu bekommen. Leider musste ich feststellen, dass Beziehungen so nicht funktionieren.
Aber in London angekommen fühlte ich mich unbeschwert, befreit, glücklich - zum ersten Mal ohne Beziehung, ohne Partner. London war mein Partner geworden. Allerdings konnte ich mit dem Alleinesein und dem Stigma keinen Partner zu haben nur schwer umgehen. Damit hatte ich nach der Trennung schwer zu kämpfen, ich fühlte mich als halber Mensch, dass andere mich bemitleiden, ich in deren Augen weniger Wert bin ohne Partner. Ich fühlte mich nicht komplett. Eigentlich sehr merkwürdig, da ich eigentlich ein tough cookie bin. Aber wenn es um das Singledasein geht, sehe ich hauptsächlich Negatives.
In London lernte ich dann meine zweiten Freund kennen. Ich war voller Begeisterung für mein Leben dort und strahlte das auch sicher aus. Er war "head over heals" und es ging alles sehr schnell. Er fand mich superklasse, alles toll und pipapo. Ich war mir am Anfang etwas unsicher, da er deutlich älter war (7 Jahre) und eigentlich auf der Suche nach der Frau zum Heiraten, eine Familie zu gründen. Da war ich mit meinen 25 Jahren aber noch nicht. Wenn ich damals gewusst hätte, dass man mit 25 im UK schon zum alten Heiratseisen gehört, wäre ich vielleicht vorsichtiger gewesen. Wir hatten und haben die gleichen Lebensvorstellungen: Ein bisschen Karriere, ruhiges Landleben, Familie, Garten, Reisen, Haus, Natur, Sport.
Eigentlich passte alles sehr gut und doch war die Beziehung eine einzige Achterbahnfahrt. Ich hatte oft irgendwie das Gefühl, dass wir aneinander vorbeireden. Ob es nun die Sprachbarriere war, der kulturelle Unterschied, die sehr gegensätzlichen Elternhäuser - ich weiß es nicht.
Es war nie wirklich leicht und super unbeschwert, mal abgesehen von den superverliebten ersten Monaten. Aber es war gut, wir funktionierten als Paar und einen Funken gemeinsamer Zukunft habe ich auch gesehen.
Ich musste nach einer gewissen Zeit aus London eigentlich wieder zurück nach D, macht es aber möglich immer wieder längere Zeiten bei ihm in England zu sein (ich schrieb meine PhD thesis). Ich flog sehr viel hin und her, lebte bei ihm, wir hatten das nette ruhige Leben. Aber ich war von ihm abhängig. Ich hatte kaum Geld in der Zeit der Diss, kannte vor Ort auf dem Land niemanden, fühlte mich ein bisschen abgeschnitten von der Welt und lebte so gar nicht das Leben das ich gewohnt war - eigenständig, selbstbestimmt. Ich purzelte in eine Art Hausfrauenrolle. Und war damit nicht wirklich glücklich. Er fand es grs ganz gut, eine Karrierefrau an der Seite, die aber trotzdem viel Zeit mit ihm zu Hause verbringt. Doof aber, dass ich damit nicht happy war. Ich muss dazu sagen, dass er in Sachen Ausbildung und Karriere mir nicht ganz das Wasser reichen konnte und auch teilweise merkwürdige Vorstellungen in Sachen Gott und Gesellschaftspolitik hatte. Ich hatte nicht immer das Gefühl, dass wir auf Augenhöhe waren. Aber insgesamt war es noch ok. Womit ich mehr zu kämpfen hatte, war seine Schwester, die er vergötterte.
Naiv, doof, selbstgefällig, verzogen und faul. Sie hatte mit Anfang 20 geheiratet und nun vor kurzem ihr erstes Kind mit 23 bekommen. Sie lebt genau das Leben, das er gerne hätte. Er hatte keine einfache Kindheit und wohl da diese Lebensvorstellung entwickelt, der kleinen heilen Familie mit früher Hochzeit, Kindern, einem gefestigten Leben. Und er dachte wohl, dass das mit mir zu haben sei.
Ich bin sehr wertekonservativ aber sonst liberal. Ich habe lange und hart studiert und möchte nun auch entsprechend die Lorbeeren einsammeln bevor ich mich Windeln und Schnullern widme. Einerseits findet er das total toll, aber andererseits ist es ihm nicht wohl dabei eine unabhängige Frau zu haben.
In jedem Fall trennten wir uns in 2011 nach vielen Problemen, wir konnten beide nicht mehr. Ich war mittlerweile in einer bemitleidenswerten Position: ich liebte ihn, war in England von ihm abhängig, wollte mein englisches Leben nicht verlieren, nicht zurück nach D, also ertrug ich sehr viel. Er wollte dann irgendwann nicht mehr. Nach ca. 3 Monaten Trennung kam er zurück, wollte mich zurück. Aber die Wunden blieben, das Vertrauen war weg, er wollte testen, ob es nochmal was werden könnte. Ich wartete unterschwellig immer auf den Knall. Er gab uns keine wirklich Chance, er beobachtete mich anscheinend unentwegt und bewertete insgeheim ob ich passe oder nicht.
Es mag sich komisch anhören, aber wir passen wirklich gut zusammen. Wir lachten viel, teilten die gleichen Hobbies, hatten die gleichen Lebensvorstellung und noch bis vor kurzem dachte ich, es wird. Ich konnte mir sogar vorstellen zu heiraten. Keine Beziehung ist leicht, sagte ich mir.
Wegen eines neuen Jobs musste ich dann zurück nach D. Er bestärkte mich sehr darin den Job anzunehmen, da es DIE Chance für mich war. Wir sagten am Flughafen good bye und ich war voller Zuversicht, dass wir das packen, pendeln und alles gut wird. Denkste.
Kurz nach meiner Rückkehr verstarb meine geliebte Oma. Am Tag bevor ich den neuen Job in einer neuen Stadt weit weg von Freunden und Familie antreten sollte. Es war die Hölle auf Erden. Ich sah meine Oma sterben, ich war am Boden zerstört. Ich musste im neuen Job mich sofort beweisen, durchsetzen, Ellenbogen ausfahren. Und wer war nicht da: er. Er kam nicht zur Beerdigung, er kam mich nicht besuchen, er gab mir nicht einmal einen Strohhalm zum festhalten. Ich wusste nicht, wann ich ihn wieder sehen würde. Ich sagte ihm wie sehr ich ihn brauche - und er kam nicht.
Ich war zutiefst verletzt und hätte in diesem Moment die Beziehung beenden sollen. Doch wie ihr sicher versteht, ich konnte nicht noch eine Konstante in meinem Leben verlieren. Meine Oma war der erste Mensch in meinem Leben, der verstarb und ich stand unter Schock. Und er war einfach nicht da. Keine 2 Wochen nach dem Tod meiner Oma beendete er die Beziehung. Das Pendeln sei ihm zu stressig, ich wäre nun in einer guten Position mein Leben selbst zu leben und ja, er habe jede Menge Gefühle für mich, aber all das macht einfach keinen Sinn.
Ich denke, er schafft es einfach nicht sich von seiner Lebenstraumvorstellung zu verabschieden. Zumindest für den Moment. Und er muss es auch nicht. Jeder hat das Recht auf sein Leben so wie er/sie es will. Das Problem ist nur dies mit einem Partner zu vereinbaren, der auch seine/ihre Lebensvorstellung hat. Beide müssen Kompromisse schließen damit es funktioniert. Und dazu war er nie bereit. So lange ich alles für die Beziehung tat, ging es. Jetzt war er am Zug und - nichts.
Mir ist klar, dass so eine Beziehung keinen Sinn macht. Aber es tut sehr weh einen Menschen gehen lassen zu müssen, mit dem man auf eine spezielle Art und Weise toll zusammenpasst. Ich hatte vielleicht zu lange auf einen Kompromiss gehofft.
Ich bin unfassbar enttäuscht. Ich hätte niemals gedacht, dass er mich so hängen lassen würde. Er hat die Beziehung via E-Mail beendet. Noch so ein Punkt, den ich unsäglich finde. Seither habe ich nichts mehr von ihm gehört. Das war wohl Anfang Juni. Ich habe kein Zeitgefühl mehr.
Was soll ich davon halten?
Ich gebe zu, dass die Trennung kein riesiger Schock mehr war. Es tut verdammt weh, ich bin körperlich wie geistig ziemlich am Ende nach dem emotionalen Stress der letzten Wochen. Aber ich habe mein Leben im Griff. Der Job läuft, ich behalte mein englisches Leben da ich mir ein Zimmer in London zugelegt habe, ich weiß meine Familie mehr zu schätzen als jemals zuvor. Es geht - auch ohne ihn. Ich fühlte mich sogar teilweise befreit und hatte das Gefühl Ketten zu sprengen, nur im gleichen Moment wieder tieftraurig zu sein, von der Angst vor dem Alleinsein überfallen und auch mit der Angst vertraut niemanden mehr zu treffen, wieder Ausschau halten zu müssen etc.
Ich bin es so leid ich will ein ruhiges Leben, eine beständige, gute Beziehung.
Mir geht es nicht schlecht, ich kann deutlich besser mit dem Alleinsein umgehen als bisher und sehe es auch als eine Aufgabe jetzt daran und an mir zu arbeiten. Ich habe jetzt die Chance diesen Partner fürs Leben zu finden, hoffentlich nicht mehr die gleichen Fehler zu machen. Vermutlich musste auch der Tod meiner Oma und sein Nicht-kommen passieren, damit ich verstehe, dass er nicht der Richtige ist. Dass ich mich nicht auf ihn verlassen kann, wenn es ernst wird. Es tut einfach nur weh, so enttäuscht zu werden.
Tut gut, diese Gedanken nieder zu schreiben. Ohne Ziel, einfach nur ein bisschen Aufarbeitung. Falls sich jemand bisher hierher durchgekämpft hat, vielen Dank fürs Zuhören