Muss eine Entscheidung treffen

pasdetrois

Neuer Benutzer
30. Sep. 2011
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Hallo,

Ich brauche bei einer schweren Entscheidung eure Hilfe:

Ich (45) lebe seit Jahren in H*** und diese Stadt, auch wenn es nicht meine Heimatstadt (ich bin Französin)ist, ist mir ans Herz gewachsen.

Hier habe ich meine Freunde, meinen Job und seit 6 Jahren einen liebenswerter Partner auf den ich mich 100% verlassen kann.

Er ist eine große Stütze für mich und gibt mir innere Ruhe.

Ich hatte in meinem Leben einige Beziehungen und bei keiner hatte ich so das Gefühl verstanden und akzeptiert zu werden, wie bei ihm.

Wie teilen viele Hobbys, viel Interesse und auch, wenn er nicht unbedingt der Mann ist, der mich zum lachen bringt ist es dennoch nie langweilig zwischen uns.

Ich habe es aber nie geschafft uns richtig zu unsere Beziehung zu bekennen: Ich weigere mich nach wie vor Ihn meiner Familie vorzustellen (er besteht auch nicht wirklich darauf); ich lebe nach wie vor in meiner (sehr kleinen)Wohnung, auch wenn er momentan bei mir wohnt, weil seine zum reinen Arbeitsplatz geworden ist.

Es klappt zwar wunderbar, würde aber trotzdem nicht so gern nach einer gemeinsamen Wohnung suchen.

Vielleicht liegt es daran, dass einiger seine Gewohnheiten mir zu bedenken geben.

Er ist selbständig, arbeitet sehr viel und steht unter permanenter Spannung. So hat er sich zur Gewohnheit gemacht zu trinken, um sich zu entspannen.

Es ist nicht so, dass er täglich über die Maßen trinkt, aber doch täglich.

Es liegt nicht in meiner Natur einen erwachsenen Mann Vorschriften zu machen, die seine Gesundheit treffen(Ich lebe auch nicht ohne Sünde). Ich habe ihm zu verstehen gegeben, dass ich das nicht für richtig halte aber es liegt nicht in seiner Natur Ratschläge über seinen Benehmen zu nehmen.

Über die Jahre habe ich aber es geschafft, dass er akzeptiert, dass ich seine Trinkgewohnheiten missbillige und er hält sich deshalb etwas zurück, wenn ich bei ihm bin. Und er hat es geschafft, dass ich mich fast daran gewohnt habe, dass ich quasi jeden Abend neben einen Mann mit Alkoholfahne einschlafe.

Wahrscheinlich könnten wir noch bis ans Ende unseres Lebens so weiter machen (oder bis eine schwere Leberkrankheit ihn mir nimmt)

Im Sommer habe ich aber, bei einem Besuch bei meiner Familie meine Jungendliebe wieder getroffen!

Und was soll ich sagen.... Es hat wieder total gefunkt zwischen uns!

Er ist ziemlich frisch getrennt, hat einen süßen Sohn (7) und obwohl wir uns über 20 Jahre nicht gesehen hatten, haben wir uns relativ parallel entwickelt, was Hobbys, Interesse und Lebenseinstellung angeht. Und... wir können nach wie vor uns zusammen furchtbar albern benehmen! Wir haben uns 4 Tage lang jeden Tag gesehen und jede Minute genossen.

Als der Abschied kam, haben wir vereinbart, dass wir in Kontakt bleiben, ich war zwar etwas traurig aber auch froh nach Hause, zu meinem Freund zu kommen.

Nach und nach, haben bei mehrwöchigen Videotelefonate meinen Jugendfreund und ich festgestellt, dass wir mehr von einander wollen als einen guten fernen Kontakt.

Er will dass wir unsere Liebe eine neue Chance gebe.

Nun bin ich völlig durcheinander! Soll ich hier meinen Freund, meine Freunde, meinen Job, einfach alles, was ich mir seit über 25 Jahre hier aufgebaut habe aufgeben, um eine völlig neue Stadt 1000km entfernt zu ziehen, zu einem Mann, den ich 20 Jahre nicht gesehen habe?

Ich weiß nicht, welche sind die richtige Fragen, die ich mich stellen soll.

Ich dachte, mit meinem Freund, die richtige, ruhige Anker gefunden zu haben und nun ist alles auf dem Kopf gestellt.

Vielleicht, fühle ich mich deshalb zu meinem Jungendfreund A. hingezogen, weil er einen süßen 7 jährigen Sohn hat, den er jede zweite Woche bei sich hat; Ich selbst wollte immer eine Familie, was mir aber nicht gegönnt wurde.

Nun stehe ich vor der Entscheidung: Alles hier verlassen und ins Ungewisse gehen oder hier bleiben und nie erfahren, wie es ist Teil einer Familie zu sein.

Ich wäre dankbar für eure Anregungen.

 
Hallo pasdetrois,

das ist eine blöde Situation für dich, weil in allen Bereichen "nix Halbes und nix Ganzes" gilt. An deiner Stelle würde es mir auch schwer fallen, erstens den Überblick zu behalten und zweitens auch noch richtig zu entscheiden. Vielleicht hilft es dir ja, wenn du einen Bereich nach dem anderen beleuchtest.

Da wäre zunächst einmal dein Partner.

Wenngleich es seit sechs Jahren gut geht, heißt es nicht, dass das so bleibt. Und wenn ich das da lese:

So hat er sich zur Gewohnheit gemacht zu trinken, um sich zu entspannen.Es ist nicht so, dass er täglich über die Maßen trinkt, aber doch täglich.
... kann ich mir auch denken, warum.

Er arbeitet viel, steht unter Spannung und trinkt regelmäßig zur Entspannung Alkohol. Warum? Es gibt weitaus gesündere Methoden, von der Arbeit abzuschalten, und die bergen nicht dieses heimtückische Abhängigkeitspotential in sich. Was heute noch ein paar Biere sind, kann morgen schon ein halber Kasten plus Hochprozentiges sein. Der Gewöhnungsprozess geht derartig schleichend vonstatten, dass der Betroffene es selber oftmals gar nicht merkt. Und Angehörige, die ihre Sorgen und Bedenken thematisieren, werden als "übertrieben, missgünstig oder verkniffen" diffamiert. Über die Jahre kann so ein festes Trinkmuster einstudiert werden, und so kommt er vom Belohnungstrinken (oder Entspannungstrinken) zum gewohnheitsmäßigen Trinken. Er macht sich sein Bier dann nicht mehr auf, weil er eine nervige, belastende Arbeit fertiggestellt hat, sondern weil es 18 Uhr ist und er um diese Uhrzeit immer sein erstes Bier aufmacht.

Und nun lass noch besondere Umstände dazu kommen, oder verschärfte Arbeitsbedingungen, oder einen Konflikt mit dir - schwupps machen wir uns wieder eine Flasche auf, weil das ja so kein Mensch aushält! Womit wir beim missbräuchlichen Trinken angelangt wären, was dann praktiziert wird, wenn der Betroffene mit der Situation nicht mehr anders umgehen kann. Erst mal'n Schnaps, dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus!

Was ich dir sagen möchte, ist ganz einfach, dass ich an deiner Stelle die Situation sehr genau beobachten würde. Immerhin schreibst du, dass er inzwischen bei dir wohnt, weil seine Wohnung nur mehr ein Büro ist.

Warum? Er arbeitet in seiner Wohnung und lebt aber ansonsten bei dir, soll heißen, er trinkt auch seinen Alkohol in deiner Wohnung, obwohl du ihm gesagt hast, dass du das nicht möchtest? Finde ich nicht okay. Und ich höre ihn förmlich sagen: "Nun stell dich mal nicht so an!"

Wenn du in dieser Hinsicht also klar Schiff machen möchtest, solltest du wieder zu der strikten Trennung von "mein" und "dein" übergehen. Du hast dann nämlich wieder die Möglichkeit zu gehen, wenn er sich das soundsovielte Bier aufmacht. Ob er weiter in die Sucht abrutscht, kannst du ohnehin nicht beeinflussen.

Und er hat es geschafft, dass ich mich fast daran gewohnt habe, dass ich quasi jeden Abend neben einen Mann mit Alkoholfahne einschlafe.
Na bravo...!

Naja, und jetzt kommt deine Jugendliebe ins Spiel...

Im Sommer habe ich aber, bei einem Besuch bei meiner Familie meine Jungendliebe wieder getroffen!

Und was soll ich sagen.... Es hat wieder total gefunkt zwischen uns!

[...] haben wir uns relativ parallel entwickelt, was Hobbys, Interesse und Lebenseinstellung angeht.

Und... wir können nach wie vor uns zusammen furchtbar albern benehmen! .

Er will dass wir unsere Liebe eine neue Chance gebe.
Das dagegen klingt ja fast schon märchenhaft, und ich kann mir lebhaft vorstellen, dass du völlig durcheinander bist! Ist ja auch kein Wunder - du bist zu Besuch bei den Eltern, demzufolge vermutlich herrlich entspannt, es werden schlagartig wunderschöne Erinnerungen wach, und siehe da: Ihr habt euch offensichtlich in 20 Jahren nicht die Bohne entfremdet, sondern entdeckt Gemeinsamkeiten und die Lust und Fähigkeit, miteinander zu lachen. Und das ist sooo wichtig!

(Wir erinnern uns: Dein Partner ist entweder gestresst oder angetrunken...).

Tja, was nun?

Ich glaube, das Wichtigste ist, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Wenn ich du wäre, würde ich zu Hause erst einmal für klare Verhältnisse sorgen und meinem Partner klarmachen, dass er sich bitte wieder komplett in seine Wohnung zurückziehen soll. Du kannst schließlich nichts dafür, dass er selbstständig ist und viel von Hause aus arbeitet, während du vermutlich für deine Arbeit aus dem Haus gehst. Jeder Arbeitnehmer verlässt seinen Arbeitsplatz aufgeräumt, warum sollte er nicht seine Wohnung nach getaner Arbeit aufräumen und gemütlich machen? Das schafft übrigens auch Struktur, diszipliniert und kann bei der Selbständigkeit ungemein hilfreich sein.

Dann würde ich, wann immer es mir möglich ist, nach Frankreich fahren. Und wenn's nur regelmäßig für ein verlängertes Wochenende ist, oder hier und da mal für 'ne ganze Woche. So teuer dürfte das nicht sein, schließlich kannst du bei deinen Eltern wohnen. Und was spricht dagegen, sich regelmäßig mit dem Jugendfreund zu treffen, um in alten Erinnerungen zu schwelgen? Auf jeden Fall würde ich erst einmal viele Besuche einplanen und den Ernstfall proben, ehe ich Hals über Kopf nach Frankreich zurückgehe.

Denn du schreibst ja selber, dass du dir in den letzten 25 Jahren ein komplettes Leben in Deutschland aufgebaut hast, welches du nicht so ohne Weiteres wieder über den Haufen werfen möchtest.

oder hier bleiben und nie erfahren, wie es ist Teil einer Familie zu sein.
Das halte ich für gar keinen guten Grund, wegzugehen.

Der Wunsch nach kompletter Veränderung kommt idealerweise aus dir selber heraus und wird dann auch von dir selber getragen, selbst wenn sich die Entscheidung als falsch erweist. Der 7jährige Sohn mag im Moment ein charmanter Herzensbrecher sein, in spätestens fünf Jahren wird aus ihm eine pubertätsblöde Rotzgöre, die keinerlei Verständnis für deinen Hormonstau hat... :p

Liebe pasdetrois, nimm mir meine spaßigen Bemerkungen nicht übel, ich meine es gut mit dir. Aber nach meiner Einschätzung brauchst du einfach objektve Überlegungen, die dir helfen, dir selber darüber klar zu werden, wie du dein weiteres Leben gestalten möchtest.

Ich wünsche dir die Ruhe für die richtigen Entscheidungen!

Liebe Grüße

Spread your wings