Liegt es an Weihnachten, wenn die Nostalgie zur Sentimentalität wird?
Mir geht es oft so, dass besondere Tage gut verborgene Gefühle und Geheimnisse ungewollt und daher umso heftiger blosslegen.
Das ist auch ein Grund, warum ich Weihnachten nicht mag.
Liebe >jenetaimeplus< wie lange - oder anders gefragt - wie oft passiert es dir, dass du nicht in deinem Leben, sondern in seinem Leben lebst?
Es ist nicht dein Leben, dass du da beobachtest, woran liegt das?
Ich kann dir gut nachfühlen, dass du die Scheidung nie verkraftet hast. Das habe ich auch nicht, obwohl es Jahre her ist. Da geht es nicht um Liebe und es geht auch nicht um Beziehung, es geht nicht um Macht oder um das letzte Wort.
Es geht um Wertschätzung, den Umgang miteinander. Es geht um die Tatsache, was man erträgt und was man mit sich machen und wie sehr man andere über sein eigenes Leben bestimmen lässt - aber ich schreibe natürlich immer nur von mir.
Aber von dir hätte ich den Eindruck, du hältst dich fest an diesem Leben, das nicht (mehr) deines ist - so als ob du Angst hättest, wenn du es loslässt, dass nichts mehr übrig bleiben könnte.
Es stimmt: du müsstest ein ganz neues Leben und ganz von vorn beginnen. Ein Leben, das mit dem vorherigen nichts gleich hat, damit es auch als neu empfunden wird. Das ist sehr schwierig und verlangt viel Kreativität und Selbstvertrauen.
Und woher sollte man das nehmen, wenn es erst von anderen weggenommen wurde?
Es ist - meiner Meinung nach - ein fataler Irrglaube, eine neue Partnerschaft könnte die Wunden der alten heilen. Ich weiß schon, dass das viele so machen und eine Zeit lang geht es auch gut, weil es so gut tut und weil es sich so gut anfühlt, frisch verliebt zu sein - so lange, bis dich die Vergangenheit wieder einholt.
Ich glaube, ein völliger Neubeginn gelingt erst, wenn man alles verarbeitet hat, was einem belastet. Und wenn das stimmt, dann müsstest du alles los werden, was dich belastet.
Was ist es, das dich belastet? Dieser Weg zur Arbeit, dieses Küchenfenster, das Auto vor dem Haus? Oder sind das alles nur Symptome?
Ich bin damals weggezogen. Mir hatte man vorgeworfen, ich laufe davon. Ich habe mich daraufhin von denen zurückgezogen, die mir etwas vorgeworfen haben. Sind das Freunde in der Not, die dir etwas vorwerfen, wenn es dir nicht gut geht? Mancher sagt jetzt vll ja, ich denke nicht.
Mir tat diese Flucht gut, es war gut, nicht täglich die Scherben sehen zu müssen, die zwangsläufig entstanden sind und die ich nicht mehr kitten konnte. Es hat meiner Meinung nach gar keinen Sinn, sich die Scherben permanent vor Augen zu halten, wenn man darunter leidet - sondern sie erst dann zu betrachten, wenn es emotionslos möglich ist. Dann, wenn es verheilt ist. Täglich in der Wunde zu graben, lässt sie nicht vernarben.
Alles Beste :trost: für ein neues Jahr, das ein neuer Anfang für dich werden soll
wünscht