Sexuelles..Trauma?

Safira

Neuer Benutzer
26. Mai 2013
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Hallo :)

Ich bin fast sechzehn und seit 3 Monaten mit meinem Freund (17) zusammen. Ich würde eigentlich gerne mit ihm schlafen und habe oft grosse Lust wenn bei mir ist. Wir kommen uns auch häufig näher und es wird immer schöner bis ich plötzlich nicht mehr will, ganz abrupt und mich furchtbar schmutzig und benutzt fühle. Ich habe mich gefragt woran das liegen könnte und dachte einfach weil es neu für mich ist. Aber dann ist mir ein Erlebnis in den Sinn gekommen, dass ich schon fast verdrängt hatte.

Als ich zehn war habe ich meinen Bruder sehr"verehrt" und wollte unbedingt von ihm geachtet und geliebt werden. Und irgendwie kam es dann in den Ferien dazu, dass er sich mir sexuell angenähert hat. Er war nicht aggressiv und wir hatten auch keinen Sex aber er hat mich halt überall berührt. Ich habe mich nicht gewehrt, einerseits weil ich vermutlich irgendwie dachte, dass er mich dadurch lieber mag und andererseits weil auch nicht so richtig verstanden habe, was das war. Ich bin mir nicht mehr sicher aber möglicherweise habe ich ihn manchmal sogar ohne es zu wollen dazu ermutigt. Ich sollte vielleicht noch sagen, dass er "nur" drei Jahreälter als ich ist, damals also auch erst dreizehn. Es blieb aber nicht bei dem einen Mal, es waren soviel ich weiss drei Situationen, immer in den Ferien. Beim letzten Mal bin ich in Tränen ausgebrochen und er war auch ganz am Boden. Wir haben nie wieder darüber gesprochen und ich schäme mich ganz fürchterlich.

Ich habe es noch nie jemandem erzählt, aber jetzt belastetes die Beziehung zu meinem Freund und das möchte ich nicht. Ich kann es aber auch niemandem erzählen, es ist so schlimm für mich, allein diesen Text zuschrieben kostet mich ein riesige Überwindungskraft. Ich liebe meinen Brudersehr und wir haben jetzt ein sehr gutes Verhältnis und ich könnte es niemalszur Sprache bringen. Aber gleichzeitig scheint mich das Erlebnis immer wieder zu verfolgen. Habt ihr mir vielleicht einen Rat, wie ich das alleinebesser verarbeiten kann, um mich nicht mehr schmutzig zu fühlen?

Ich danke euch schon im Voraus!

 
Im Grunde beginnst Du schon mit der verarbeitung, da zum einen die verdrängten Erinnerungen an die Oberfläche kommen und Du zum anderen beginnst darüber zu reden.

Zumindest handelt es sich ja nicht um Missbrauch im gewalttätigen Sinne. Wobei ich damit jetzt Deine Gefühle nicht verharlomsen oder abwerten will. Eine Verarbeitung für Dich alleine halte ich für schwierig, das Thema ist dafür einfach zu schwierig anzugehen, wenn man eigentlich keine Vorstellung hat wie.

Mit Deinem Bruder darüber reden, macht im Augenblick auch überhaupt keinen Sinn. Aus Scham wird er es vermutlich eher verleugnen, was nur zur Konsequenz hat, daß es Dr eher schlechter geht. Auch mit Deinen Eltern dürfte es erstmal eher kontraproduktiv sein zu reden. Das wirst Du wahrscheinlich eher nicht wollen und auch die könnten aus einer Art falscher Scham heraus, das völlig falsche tun was für Dich alles nur noch schlimmer macht. Solche Gespräche werden in der Regel lange vorbereitet.

Ideal wäre natürlich wenn Du das ganze mit therapeutischer Hilfe angehst. Ausserdem rate ich Dir, Deinem Freund gegenüber zumindest andeutungsweise offen zu sein. Du musst ihm nicht alles erzählen, aber der Druck muss da ganz dringend raus. Das schlimmste was Du Dir antun kannst ist Dich selbst oder indirekt durch ihn, oder auch durch Verlustangst, irgend einem sexuellen Druck auszusetzen. Du würdest damit alles verschlimmern. Es wäre also gut, wenn Dein Freund Bescheid weiss. Dafür musst Du ja nicht alles erzählen. Oder wenn Du ihm vertraust, dann kannst ihm das vielleicht auch schreiben.

Ansonsten gibt es gute Selbsthilfeliteratur. Der Klassiker ist "Trotz allem" von Laura Davis und Ellen Bass. Nicht erschrecken, in der Literatur geht es hauptsächlich um Opfer von sexueller Gewalt in Familien, Inzest usw. - was ja bei Dir zumindest nicht so extrem der Fall war. Dennoch ist das Gefühlserleben zumindest ähnlich und das Buch zeigt Wege zur Heilung und Selbstheilung.

Das ersetzt aber keinen Therapeuten! Evntl. geht auch sozialer Dienst, Vertrauenslehrer oder ähnliches die Dir vielleicht Ansprechpartner vermitteln können, ohne daß das irgendwie bekannt wird.

 
Danke vielmals für die Antwort. Mir kommt nur gerade niemand in den Sinn an den ich mich wenden könnte, aber das kommt vielleicht noch. Jedenfalls danke für den Literaturtipp!

 
Das Buch ist echt Klasse. Es hilft auch dann weiter und zeigt Richtungen, wenn's eben alleine nicht mehr geht.

Ich versteh schon, daß das größte Problem dabei ist sich überhaupt Jemandem zu öffnen, das ist schon okay so. Wenn die Zeit reif ist darüber zu reden, wirst Du Dir Jemanden suchen, bis dahin hilft das Buch schonmal.

Das was ich Dir aber am dringensten rate ist, daß Du selbst aktiv wirst daß Du Dich selbst nicht unter Druck setzt. Das kann sehr ernste Folgen haben. Du hast jetzt selbst gemerkt, daß es mit Jedem versuch eher schlimmer wurde als besser, das ist bis dahin normal.

Nun bist Du noch sehr jung und Dein Freund ebenso, eure Beziehung ist sicher auch noch nicht sonderlich belastbar und das Verständnis Deines Freundes wahrscheinlich auch eher begrenzt, rein aus Unwissen. Das bringt Dich in eine ganz schöne Klemme. Lass Dich von der nicht überrollen. Werd Deinem Freund gegenüber irgendwie tätig. Von mir aus, indem Du ihm sagst, daß Du für Sex einfach noch nicht bereit bist, was auch immer. Je mehr Du ihn natürlich einweihen und in's Boot holen kannst und je mehr er Dir den Rücken dadurch freihält um so optimaler natürlich. Das ist allerdings keine leichte Aufgabe.

Aber auch darüber gibt's in dem Buch ein Kapitel. Ich glaube sogar eins, was man Partnern zum lesen geben kann. Und dann gibt's auch noch ein Buch extra für Partner.

Betrifft das denn nur den Sex oder hast Du dadurch auch sonst psychische Probleme, Ängste etc.?

Wenn's nur der Sex ist, kannst das vielleicht tatsächlich alleine. Dann lösen die Berührungen Flashbacks aus die Dich zurückversetzen und das kann man relativ gut in den Griff kriegen. Da bist Du schon auf dem richtigen Weg weil Du Dich damit auseinandersetzen willst. Verdrängung ist nämlich das größte Problem dabei. Deswegen sind Gespräche mit der Familie auch schnell problematisch. Die neigen aus Unwissen und falscher Scham dann dazu das zu verharmlosen. Hilft Dir dann auch nicht weiter.

 
Ich glaube für unser Alter und die Dauer der Beziehung ist sie erstaunlich stabil, was mir das Ganze auch um einiges leichter macht. Er hat mir schon oftmals zu verstehen gegeben, dass wir mit Sex absolut solange warten können wie ich will. Was dabei vielleicht das Problem ist, ist dass ich eigentlich sehr gern intimer mit ihm werden würde, denn es gefällt mir ja eigentlich. Und irgendwie fange ich dann immer an und breche wieder, für ohne ersichtlichen Grund, ganz plötzlich ab, was ihn glaube ich auch sehr verunsichert. Aber mit ihm über die Erlebnisse zu sprechen traue ich mich absolut nicht, ich habe schon nur Mühe es für mich alleine laut auszusprechen.

Ängste und psychische Probleme habe ich auch, aber ich glaube nicht dass die gross damit zu tun haben. Das einzige, was ich damit in Verbindung bringen könnte wäre die unglaubliche Angst die ich habe, wenn ich alleine irgendwie in der Stadt bin und mich ein Mann schräg anschaut. Aber obwohl das bei mir stark ausgeprägt ist, halte ich es trotzdem für normal. Und "alle anderen psychischen" Probleme verbinde ich eigentlich mit anderen Sachen und über die kann ich auch viel offener sprechen.
 
Solche Sachen hängen oft enger zusammen als man glaubt. Da wirst Du wohl noch einige Aha Effekte haben.

Ganz ehrlich gesagt, mache ich mir aber nicht viele Sorgen um Dich. Das soll nichts verharmlosen, aber Du gehst hier sehr offen damit um und das ist für Dein Alter und Deine bisherigen Erfahrungen verdammt viel und wird Dir enorm helfen. Das sollte Dir Mut machen. Ich denke Du kriegst das hin.

Um Dich dahingehend Deinem Freund zu öffnen ist natürlich viel Vertrauen nötig. Schön wenn ihr eine gute Basis habt. Auch das wird vieles erleichtern.

Es mag komisch klingen, aber meisst setzen sich Betroffene mehr unter Druck als der Partner, wenn der bescheid weiß. Das bemerkst Du ja eher selbst, daß der Druck unter den Du Dich setzt sehr stark von Dir ausgeht. Auch da könnte Dir Dein Freund helfen und Dich 'n bisschen bremsen.

Das belastenste für eine Beziehung sind nie die Probleme, sondern immer das Unsichtbare was zwischen Beiden steht - aber nie ausgesprochen wird.

Ich kann Dir nur raten Deinen Freund nach und nach irgendwie einzuweihen. Das muss nicht alles auf einmal sein und kein direktes Gespräch. Das geht mit einem Brief genauso. Und Du musst längst nicht alles offen legen und kannst ihn dabei um Respekt bitten, daß Du eben nicht soweit bist über alles zu reden, sondern eben nur über Teile. Das kann man mit ein bisschen Fingerspitzengefühl dosieren. Muss ja nun nicht morgen sein, dennoch rate ich Dir den Gedanken nicht so einfach beiseite zu schieben.

 
Lass aber tatsächlich das Reden bei Deinem Bruder oder Deinen Eltern im Moment sein. Das läuft Dir nie weg. Macht erst Sinn wenn Du Dich selbst so gut auskennst, entweder durch Hilfe oder Selbsthilfe und so viel verstanden hast, daß Du in ein solches Gespräch vorbereitet gehst und weißt was Dich erwarten kann und weißt wie Du damit umgehen kannst. Solche Gespräche sind wirklich ultrahart und da kommt Deine Angst nicht von ungefähr.

Allerdings kann ich Dir eins sagen - auch wenn's nicht so wirklich bei Dir ankommt, aber vielleicht hilfts Dir trotzdem. Es gibt nichtmal ansatzweise einen Grund für Dich zur Scham. Auch wenn ich sehr, sehr gut verstehe und nachfühlen kann wie die entsteht, dennoch brauchst Du sie nicht. Mit der Zeit wirst Du das lernen und das wird zurückgehen. Diese Scham die Du fühlst hat was mit Tabuisiierung zu tun. Je mehr Du selbst dieses Tabu brichst, um so mehr verschwindet die Scham. Dann kommt die Schuld weil man "was verbotenes" getan hat und augesprochen hat. Und auch die verschwindet.

Das woran Betroffene wirklich zerbrechen, ist das damit verbundene Redeverbot. Und dafür gibt es tatsächlich eigentlich überhaupt keinen Grund.

Also brauchst Du Dich im Grunde weder schämen noch schuldig fühlen. Es ist alles okay :)