Trennung nach fast 10 Jahren...

Ziska

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11. Jan. 2017
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Hoi zäme

Vor 9.5 Jahren kam ich mit meinem damaligen Klassenkameraden zusammen. Alles lief wirklich wunderbar (typisch Jugendliebe halt ;-)). In diesen Jahren kamen wir uns immer näher, unterstützten uns gegenseitig während dem Studium, erste Arbeitsstelle, Auszug bei den Eltern. Seit Mai 2013 lebten wir in einer gemeinsamen Wohnung. Im letzten Jahr haben wir uns verlobt, unser Hochzeitstermin war der 1.7.17. Im November 2016 haben wir die Zusage erhalten, dass wir sein Elternhaus zu sehr günstigen Bedingungen übernehmen können. Wir sprachen davon, ab nächstem Sommer zu versuchen, eine Familie zu gründen. Das war unsere aktuelle Situation. Doch nun ist plötzlich alles anders...

Ich weiss bereits seit Februar 2012, dass er bisexuell ist. Erst äusserte sich das in Phasen, während derer er kein Bedürfnis nach körperlicher Nähe irgendwelcher Art zu mir hatte. Er sagte mir immer, dass er nicht sagen könne, wie sich das entwickeln werde. 2015 kam er plötzlich und sagte "ich bin mir so sicher wie noch nie: Ich will einen Mann". Für mich brach eine Welt zusammen... Er konnte sich damals aber trotzdem nicht für eine Trennung entscheiden, sondern entschied sich für mich. Wir beschlossen, dass er sich mit einem Mann einfach "nur" für Sex treffen werde. Dies hat er aber dann nie wirklich in Tat umgesetzt.

Im Sommer letzten Jahres kam dann sein Heiratsantrag (nicht überraschend, wir hatten den Termin schon früher festgelegt, er bestand aber auf einen offiziellen Antrag). Er meinte, er sei sich so sicher, dass er mit mir glücklich werden könne, dass ich für ihn die einzig richtige Frau sei, dass er mit mir sein Leben verbringen wolle - egal wie stark seine Bisexualität ausgeprägt sei oder nicht. Alles war perfekt...

Im November 2016 hat er dann begonnen, auf einer Internetplattform für Sextreffen mit einem Mann zu schreiben und wollte das dann auch wirklich durchziehen (ich wusste davon!). Und plötzlich kam für mich der Hammer: Am 4. Dezember abends haben wir noch Hochzeit geplant, am 5. Dezember sagt er mir, dass er eigentlich die Trennung möchte, sich aber noch nicht ganz sicher sei. Es folgte 1 Monat hin und her (inkl. 2 Wochen räumlicher Trennung, 1 gemeinsamen Weihnachtswochenende nur zu zweit). Am 4. Januar kam er dann und sagte, dass er die Trennung nun definitiv möchte "Die Beziehung bedeutet mir nichts mehr. Ich will sie nicht mehr. Ich brauche meine Freiheit, um herauszufinden, welches Leben ich führen möchte." und "Es kann sein, dass ich in einem halben Jahr oder in einem Jahr merke, dass ich wieder zurück will - aber ich glaube es nicht und ich will nicht, dass du wartest."

Nun ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Meine ganze Zukunft ist dahin... Ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll. Die Trennung ist eine Woche her und ich habe das Gefühl, daran zu zerbrechen. Immer noch spüre ich das starke Gefühl "Er ist der Richtige. Wir gehören zusammen." und dann wieder die leisen Hoffnungen "Er wird mich irgendwann vermissen. Er kommt zurück". Wie kann man diese Hoffnungen/Gefühle abstellen/loslassen?? Wie kann ich diese Beziehung verarbeiten ohne dass es mich in nächsten Beziehungen "blockiert"?

Das Problem ist, dass wir uns immer noch sehr häufig sehen. Ich bin Dirigentin und er singt in beiden meinen Chören mit (in einem nur noch für 2 Wochen, als Aushilfe fürs Konzert). Wir sehen uns SA/SO/MO/DI. Wenn ich sehe, wie er nach den Proben "nach Hause" geht, schmerzt es mich so stark zu wissen das sein Zuhause nicht mehr unser Zuhause ist (er ist vorübergehend zu seiner Mutter gezogen, ich "musste" in der gemeinsamen Wohnung bleiben).

Ich habe das Gefühl, ich habe keine Kraft mehr, damit klarzukommen. Ich weiss nicht, wie ich mit all diesen schmerzhaften Gefühlen klarkommen soll. Und ich habe keine Ahnung, wie es weiter gehen soll...

Tut mir leid, dass dieser Beitrag jetzt so lange geworden ist. Ich hoffe, es liest ihn jemand und kann mir helfen. Ich bin wirklich verzweifelt. :-(

Liebe Grüsse

Ziska

 
Hallo Ziska!

:trost:

Ich finde es absolut fantastisch, wie Du das Thema mit seinen Neigungen in der Beziehung gehandelt hast! Riesen Respekt!

Es tut mir Leid, dass ER seine Neigungen nicht so gut handeln kann. Und dass er noch offenbar erst herausfindet, wer er tatsächlich ist, was er tatsächlich will. Ich hätte auch, so wie Du, erwartet, dass er das spätestens beim Antrag wusste! Das war ja auch eine be-wusste Entscheidung!

Er hätte auch Sexkontakte pflegen dürfen. Dennoch gibt er die Beziehung auf. Kann es sein, dass er sich in einen Mann verliebt hat?

Oder kann es sein, dass seine Liebe zu Dir nach den Jahren nachgelassen hat, abseits der Homosexualitätssache?

Ich bin wirklich verzweifelt. :-(


Klar bist Du verzweifelt! Lass Dich drücken wenn Du magst! Hast Du Freunde, mit denen Du vertraulich plaudern kannst? Gibt es vielleicht die Möglichkeit, mit ner Kollegin oder Freundin ein Auszeit-Wochenende zu machen, Therme, Städtetrip oder Ähnliches? Gibt es Menschen, die Dir jetzt bei einem Tapetenwechsel helfen könnten?

Hast Du ein festes Ritual nach den Dirigentenstunden? Was könnte ein fixes Ritual sein, das Dir danach hilft, wieder "frei von ihm" zu werden im Anschluss?

Alles Liebe, Manana

 
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Liebe Manana

Danke für deine Antwort! 

Dass er sich verliebt hat, glaube ich nicht. Wir hatten am Schluss wirklich sehr viele offene und ehrliche Gespräche. Er hat mir ein paar Tage nach der Trennung sogar das Mail gezeigt, das er seiner Familie geschickt hat (mit der Erklärung, was zwischen uns vorgefallen ist). Ich vertraue ihm, dass er mir das gesagt hätte.

Was die Liebe angeht, da hätte ich bis vor 2 Monaten gesagt: "Nein, die Liebe hat nicht nachgelassen". Auch von Aussenstehenden hörten wir immer wieder (zuletzt im Oktober), dass wir wie ein frisch verliebtes Pärchen wirken. Ich glaube es eigentlich auch jetzt nicht, dass seine Liebe zu mir weg ist. Mein Gefühl sagt mir, dass sie im Moment einfach unter einem Berg von Problemen von seiner Seite aus begraben ist und dass er sie nur wieder "freischaufeln" muss. Mein Bauchgefühl sagt mir einfach, dass er zurückkommen wird/will, sobald er herausgefunden hat, was er will. Und dass er plötzlich "ganz" schwul sein soll, das glaube ich ihm nicht - er selbst aber auch nicht.

Ja, ich habe eigentlich viele Personen, mit denen ich offen reden kann. Doch ich merke langsam, wie sie alle an ihre Grenzen stossen. Da unsere Krise Anfang Dezember begann und ich dann auch noch wegen der Überarbeitung einen Nervenzusammenbruch hatte, ist es wie langsam einfach zu viel für sie. Ich höre jetzt immer wieder die Sätze "du musst endlich loslassen", "du musst dir jetzt eine eigene Zukunft aufbauen", "du musst offen sein für neues"... Nur weiss ich nicht, wie ich das alles machen soll. Ich strenge mich an, gebe mir alle Mühe, aber es kann nicht schneller gehen. Ich bin unterdessen so weit, dass ich sogar stolz bin auf mich, dass ich ab und zu wieder lachen kann - auch wenn es mir zwischendurch immer wieder richtig mies geht. Auch das alleine sein meistere ich unterdessen einigermassen. Am Anfang war es für mich grauenhaft. In meiner Familie und in meinem Bekanntenkreis gibt es nur langjährige Beziehungen und eigentlich niemanden, der eine Trennung nach so langer Zeit durchgemacht hat. Ich fühle mich einfach nicht so ganz verstanden...

Mein grösstes Problem ist jedoch dieses:

Wie werde ich vor allem die Hoffnung/Gewissheit los, dass er wieder zurück kommt? Was kann ich dagegen tun?? Ich versuche es mir immer wieder auszureden und bin mir bewusst, dass es sehr wahrscheinlich nicht so sein wird. Doch das Gefühl bleibt trotzdem...

Das mit dem Ritual finde ich eine super Idee! Danke für den Tipp! :)

Liebe Grüsse

Ziska

 
Liebe Ziska

Es tut mir unendlich leid was dir widerfahren ist, du hast mein ganzes Mitgefühl. Aber ich muss dir ganz ehrlich sagen, dass ich nicht denke, dass du mit diesem Mann glücklich werden kannst, bzw. er dir auf Dauer nie das geben kann was du verdient hast. Du scheinst eine sehr starke Frau zu sein und gehst mit diesem Thema bravurös um. Kompliment.

Er wird immer diese 2 Seiten haben. Ihr habt einander jung kennen gelernt und mit der Zeit verändert sich man eben auch, bzw. er bemerkt immer mehr seine Neigungen, dass er sich auch zu Männern hingezogen fühlt. Und dies wird nie mehr weggehen, diese Seite wird immer bleiben. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Kurzzusammenfassung: ich war 20 Jahre mit einem Mann verheiratet inkl. 2 Kindern. Vor 3 Jahren hat er mir dann eröffnet, dass er einen Freund hat. Ganz am Anfang als ich ihn kennen lernte, erwähnte er einmal, es könnte sein, dass er sich auch für Männer interessiert. Dies war alles.... Nun lebt er sein schwules Leben, womit ich mittlerweile mehrheitlich klar komme, aber es war ein langer, harter und trauriger Prozess und wenn Kinder im Spiel sind, wird es noch kompliziert. Daher sei froh, seit ihr noch nicht verheiratet und habt keine Kinder.  Und auch wenn er nie ganz schwul werden wird, er wird immer beide Seiten in sich haben.

Ich drücke dir ganz fest die Daumen und wünsche dir viel Kraft. Alles Liebe, Lost