verliebt, verheiratet, und doch alleine...

Jessi_be

Erfahrener Benutzer
19. Juli 2005
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Hallo

eigentlich habe ich nicht direkt Liebeskummer. Und ganz so einsam bin ich auch nicht. und doch...

Mein Mann und ich lieben uns, seit vier Monaten sind wir auch stolze Eltern von einem wirklich süssen Sohn.

Der Kleine ist ein absolutes Wunschkind, und wir haben uns sehr auf ihn gefreut.

Mein Problem ist, mein Mann ist sehr aktiv. Er ist aktiv in der Politik, betreut diverse Gremien, hat wöchentlich Sporttrainig sowie regelmässig Turniere, spielt Musik in einer kleineren Musikgesellschaft.

Neben der Arbeit, die auch schon genug Zeit "wegnimmt", ist er also sehr viel unterwegs.

Meine Hobbys habe ich seit der Schwangerschaft sehr reduziert. Viel war es eh nicht.

Aber seit der Geburt sitze ich fast Abend für Abend zuhause. Alleine.

zB ist mein Mann in den nächsten 4 Wochen genau acht Abende zuhause!

Wenn ich mit ihm spreche sagt er, er tue es für uns. Politisch hat er Ambitionen (und auch Chancen), es auf Bundesebene zu schaffen.

Die Arbeit in den Gremien braucht er dazu.

Dass er den Sport aufgibt kann ich auch kaum verlangen.

Und die Musik? Dass sind alle zwei Wochen ein Abend, also ein Tropfen auf dem heissen Stein.

Ich arbeite selber auch wieder 50%, der Kleine ist mal bei meinen Eltern, mal bei den Schwiegereltern.

Da getraue ich mich kaum noch zu fragen, wenn ich mal etwas machen möchte abends.

Auch fehlt mir mein Mann, wir sehen uns echt nur noch selten, so zwischen Tür und Angel.

Irgendwie kommt und geht er wie er will, schliesslich bin ich ja da um zum Kleinen zu schauen. und irgendwie bin ich eifersüchtig darauf.

Sorry, etwas viel gejammere für dass es mir eigentlich gut geht.

Aber es hilft mir, es mal von der Seele zu schreiben.

Danke an alle, die's gelesen haben.

Jessi

 
Fühl Dich erst mal feste gedrückt.

Nicht nur die große Umstellung, sondern Dein Mann läßt Dich auch noch alleine mit Eurem Kind.

Ich verstehe, dass Du Dich allein, einsam und tottraurig fühlst. Tut mir so leid.

Ist das Kind Euer beider Wunschkind?

Wenn auch Dein Mann sich auf das Kind gefreut hat und es wollte, dann mache mit Ihm einen "Gesprächstermin" und sprich über Deine Gefühle und Gedanken. Und über Deine Einsamkeit. Denn das kann es in einer Partnerschaft doch nicht sein. Fordere seine Pflichten als Vater ein.

Vielleicht hat er gar keine Ahnung, dass etwas an seinem Verhalten für Dich nicht in Ordnung ist oder dass Du Dir was anderes wünscht.

Du weißt, sprechenden Menschen kann man helfen. Also, versuche es!

Ich drücke Dir feste die Daumen.

Liebe Grüsse,

Zipfel

 
Hallo Zipfel

Danke für deine Worte. Es tut gut, Mitgefühl zu erhalten.

Ich habe mit ihm gesprochen, und er versteht es auch.

Nur, eine Lösung dazu finden wir halt nicht.

Ich möchte ihm ja nichts verbieten, und gewisse Sachen macht er halt um "weiterzukommen".

und ja, er hat sich den Kleinen genauso gewünscht wie ich. Er liebt ihn genau so und ist ein toller Vater (wenn er denn mal da ist... :beten: )

Alles Gute

Jessi

 
Hallo "Jessi_be".

Nun, ich finde, es gibt absolut keinen Grund, Dein Problem herunterzuspielen. Nicht dass Du (oder "Zipfel") dies täten, sondern weil langfristig die Gefahr dazu besteht. Besondes seitens Bekannhter oder Deines Mannes.

Du möchtest ja nicht gerne mit Deinem mann zusammen sein trotz des Kindes und seines Erfolges, also trotz dass es Euch soweit gut geht, sondern gerade weil.

Die Zeit miteinander zu verbingen ist offenbar nicht nur einfach Beschäftigung für Dich. Nein, ich finde es gar warmherzig wie Du dies beschreibst. Und dies wäre ja auch der tiefere Grund dafür, das Ihr ein Kind habt.

Ja, gerade weil ja die Umstände so gut sind, wäre es schön und belebend für Dich, könntet Ihr mehr gemeinsame Zeit miteinander verbringen. Soweit entnehme ich das Deinen Zeilen.

Nun, was Dein Mann betrift : Seine zeit ist ja quasi verplant. Doch eine verplante Zeit ist planbar. Das ist ja logisch. Also lässt sich solche Zeit auch umplanen.

Nun lässt dies die Frage nach der Priorität aufkommen. Politik ist ja auch immer etwas Ideologisches. Dass heisst, es geht ihm nicht bloss darum genügend Geld für Eure Familie zu verdienen.

Klar sind auch politische Ambitionen löblich.

Worauf ich hiaus will : all seine beruflichen/politischen Bemühungen sind freiwillig. Es klingt etwas hart, jedoch setzt er offensichtlich mehr Priorität auf seine Karriere, als auf eure Familie.

Klar, alle zwei Woche einen Abend für den Sport reserviert zu haben, mag im Gesammten nicht viel ausmachen. Dennoch : es wäre ein Anfang, den Sport zugunsten der Familie aufzugeben.

Es fragt sich darüber hinaus auch, was der Sinn von Erfolg ist, wenn man die Vorteile davon nicht nutzt. In der Pension ist dann diese Erkenntnis etwas zu spät. Etwas sehr zu spät . . .

Was ist zB mit spontanen Ferientagen? Auch das nicht?!

Es ist ein Trugschluss, anzunehmen, er hätte bei mehr Erfolg in der Karrierentreppe mehr Zeit für die Familie. Nein, es wären dann Ämter welche noch mehr verpflichten.

So bleibt also die Frage wie sich Dein Mann in Zukunft verhält und ob und wie Du damit umgehen wirst.

Aber von der Erwartung, damit umgehen zu können, würde ich nicht ausgehen.

Es geht ja schliesslich nicht nur um Recht. Wer was tut, wer was aufgab, wer wie verzichtet. Es geht auch um Sinn. Und all dies verlangt nach Priorität und folglich Handeln.

Ich möchte jedoch hier nicht schwarzmalen und eine düstere Zukunft prophezeien! Alles womit Du Dich beschäftigen kannst, ist schlussendlich Ersatz. Dennoch gibt es auch Dinge die beschäftigen und gleichzeitig grosse Freude sind. Es kommt ganz auf Deine Interessen drauf an.

Doch vielleicht findest Du darunter etwas, was Dir das Sehnen nach Deinem Mannn erträglicher macht.

Andererseits ist man als berufstätige Mutter auch sehr beschäftigt. Doch dies sind ja meist keine Beschäftigungen, welche wirklich ausfüllen, höchstens zeitlich.

 
Hallo Credo

ich danke dir für deine Worte, und darum, dass du dir für eine fremde Person soviele Gedanken gemacht hast.

Die Frage um die Priorität haben wir auch schon diskutiert. Natürlich haben ich und der Kleine erste Priorität. Zumindest sagt er dies, und ich glaube das auch, irgendwie.

Was die Zukunft bringt, ist wirklich die Frage, an der soviel hängt.

Sollte er es politisch wirklich bis Bundesbern schaffen, was sein (unser) Ziel ist, dann wäre er Vollblutpolitiker, könnte seine Arbeitsstelle aufgeben und hätte so mehr Zeit für uns.

Nur, wenn dies bei den Wahlen 2011 soweit ist, wäre es ein grosser Erfolg. Realistisch wäre es aber erst 2015 soweit.

Bis dahin ist es, wie du ev. weisst, schwierig in der CH, ohne riesigen zeitlichen Aufwand irgendwohin zu kommen.

Wahrscheinlich ist mein Problem eher, dass ich nicht verlangen kann, dass er etwas aufgibt. Weil ich das Gefühl habe, ich bin "nicht in der Position" , darum zu bitten. Dass er etwas für mich aufgibt.

Ein wenig schwingt die Angst mit, dass irgendwann der Vorwurf kommt, dass wegen mir dies, und wegen mir das etc.

Scheisse.

Danke dir, und alles Gute

Jessi

 
Hallo Jessi,

ich verstehe sein Verhalten nicht: Ihr habt ein Wunschkind und für die Betreuung bist du verantwortlich? Allein? Und eure Eltern?

Wieso wollte er ein Kind? Weil es auf der Karriereleiter dazugehört, natürlich auch eine Bilderbuchfamilie vorweisen zu können?

Er ist Hauptdarsteller in einem Film mit nur einer Hauptrolle: Sein Beruf, seine politische Ambitionen, seine Frau, sein Kind.

Und du?

Ich stehe auf Filme mit 2 Hauptrollen und hätte ein Problem damit, nur Statistin in der Erfolgsstory meines Mannes zu sein.

Nee.

Echt nicht.

Er ist ziemlich egoistisch. Wenn er das nicht selber schnallt, dann musst du ihn darauf hinweisen. Denn es ist ja für dich nicht ok, sonst wärst du nicht hier.

Red mit ihm. Wenn du nach 4 Monaten schon die Nase voll hast. Entweder lebt ihr irgendwann aneinander vorbei und jeder macht seins oder ihr ändert was.

Viel Glück.

V

 
Die unmissverständlichen und anklagenden Worte von "Vorbei" sind berechtigt.

Ich denke, das zentrale Wort worauf es in Eurer Beziehung drauf ankommt, heisst Entfaltung.

Entfaltung gründet auf Interessen, auf Vorstellungen, gerade was die gemeinsame Zeitplanung betrifft müssten diese kohärent, also vereinbar sein. Das ist ja offensichtlich nicht der Fall. Also geht die Frage tiefer und lässt die des Sinn's aufkommen.

Dein Mann sollte Dir also nicht nur sagen, wie er all dies managen will, sondern Dir die Frage nach dem Sinn beantworten.

Denn dies ist er Dir schuldig.

Abert wie gesagt : nicht "nur" schuldig im Sinne des Recht's, sondern des Sinn im Allgemeinen.

Was man natürlich eingestehen muss : ein politisches Amt nimmt je mehr zeit in Anspruch, je höher es ist. Diese Faustregel gilt. Gerade in der Schweiz, wo wir ja kein Berufsparlament haben ist man also auch im Parlament beruflich gebunden.

So wie es aussieht, wird sich die Entwicklung linear entwickeln, das heisst ,fortlaufend, gar steigernd. Darauf musst Du Dich einstelllen und gefassst machen.

All dies drängtv Dich in Zugzwang. Denn Du möchtest die Gemeinsamkeit, das Schöne, das Familiäre bewahren, erhalten.

Beruflich ambitionierte Männer neigen dazu, Versprechungen abzugeben, so wie Du es im letztzen Beitrag schildertest. Doch mach' ich auf Ernüchterung gefasst!

Du bist nun gefordert, damit umgehen zu können, wie ich es schrieb. Doch, was meinst Du, scheint Dir dies überhaupt möglich? Bist Du bereit, Dich abzufinden?

Ja, Du müsstest für diese Einsamkeit bereit sein. Für diese Beziehung, welche als Priorität ein politisches Amt hätte.

Wie steht es um Deine eigene Freizeitgestaltung?

Auf Deinen mann zu warten, wird Dich mit grosser Wahrscheinlichkeit enteuschen. Doch siehst Du Möglichkeiten, diese Einsamkeit zu kompensieren?

Ja, dies klingt unmissverständlich und gar ein wenig egoistisch. Egoistisch ist es aber keineswegs! Denn vergiss nicht : Du trägst ja auch das Kind!

Jeh früher Du Dir solche Gedanken zugestehst und sogar umsetzt, desto eher, wird es Dir möglich, Dich in diesem engen Rahmen zu entfalten.

Denn das wünschen wir Dir schliesslich ja.

Abgesehen davon : eine Mutter die sich entfalten kann, davon profitiert auch das Kind. Und hier sind wir wieder beim Sinn . . .

 
hallo jessi,

natürlich KANNST du verlangen dass er etwas aufgibt und du BIST in der position dazu!

ich wünsche dir viel mut!