Was meint ihr: Kann ich diesen Brief abschicken?

K

kathy

Guest
Hallo, ihr Lieben hier,

bin froh, dass ich das Forum hier gefunden habe!

Nun mein Anliegen:

Ich bin seit ein paar Monaten mit einem Mann zusammen, er redete immer davon, dass wir einmal zusammenziehen usw., konnte sich vorstellen, mit mirlangfristig zusammen zu bleiben.

In letzter zeit aber habe ich den Eindruck, dass er sich immer weiter von mir entfernt ...Auch davor war ich mir niemals sicher, was wirklich in ihm vorgeht in bezug auf mich (auch wenn er weiterhin dabei blieb, er wolle mit mir zusammenbleiben). Auch verfalle ich aufgrund der unklaren Lage immer wieder in leicht depressive Zustände, wie ich sonst von mir nie gekannt habe ....

Da er ziemlich verschlossen ist, möchte ich ihm per E-Mail nun diesen Brief senden - was meint ihr ... kann ich?

Hier ist der Brief:

Lieber XXX,

ich nehme jetzt meinen ganzen Verstand (soweit

vorhanden, haha) zusammen oder besser gesagt, meine

ganze Vernunft – damit meine ich, dass ich versuche,

mich nicht von irgendwelchen Animositäten leiten zu

lassen, während ich Dir schreibe. Unter Animositäten

verstehe ich zum Beispiel Selbstmitleid,

kindisch-kindliches Gekränktsein, irgendeine komische

Form von Stolz usw. usw. – ich denke, Du weißt schon

...!

Also:

Wenn ich so zurückblicke, in die Zeit als ich Single

war, so weiß ich mit Sicherheit, dass ich keineswegs

eine derart „negative Ader“ hatte, wie sie jetzt

unverzichtbarer Bestandteil meines Wesens geworden zu

sein scheint. Auch zu der Zeit, als ich verheiratet

war, fühlte ich mich nicht so eigenartig wie jetzt –

ich hatte ganz sicher massenhaft Probleme, aber sie

waren „greifbar“, waren nicht nebulos, und ich hatte,

trotzdem absolut scheußliche Sachen dabei waren, immer

das Gefühl, sie irgendwie verarbeiten zu können, weil

es trotz Scheußlichkeit zumindest einen meist klaren

Standpunkt gab, von dem ich ausgehen konnte, um den

„Berg“ zu bewältigen. Soll jetzt aber nicht heißen,

dass ich mir diese Zeit zurückwünsche – sie war ungut

genug.

Natürlich hatte ich schon immer leicht melancholische

Anwandlungen oder auch nachdenkliche Momente, wer hat

sie nicht, aber im Großen und Ganzen war ich als

Single „gut drauf“ und sah mein Leben optimistisch,

ja, ich fühlte mich sogar als ziemlicher Glückspilz.

Soll nicht heißen – natürlich – dass ich stets

trällernd aufgestanden bin, aber ich genoss es, am

Leben zu sein und freute mich über jeden einzelnen

Tag.

Natürlich gab es auch schon immer die Unzufriedenheit

mit meinem Aussehen oder auch mit dem, was ich meine

schaffen und können zu müssen, aber selbst das steckte

ich, glücklich über meine Lebensumstände seit der

Scheidung, zumindest die meiste Zeit relativ locker

weg, wenn ich deswegen einmal niedergeschlagen war, so

konnte ich das doch immer wieder irgendwie in den

Griff bekommen - richtige depressive Einbrüche, wie

Du sie an mir schon hast leider wahrnehmen können,

hatte ich niemals ...

Seit einiger Zeit jedoch vergrabe ich mich immer mehr

in meine Unzulänglichkeiten, bin mit mir und der Welt

höchst unzufrieden, sehe besonders unsere Beziehung

nur noch schwarz ... Gibt das nicht zu denken? Ich

habe das Gefühl, im Ungewissen, im Nebel

dahinzuschwimmen, es ist nichts mehr greifbar, und

selbst der Kummer, den ich habe, scheint immer wieder

auf eine merkwürdige Art auszuweichen –

Aber weil ich weiß, wie schön es ist, halbwegs

zufrieden zu sein, bzw. halbwegs innere Stabilität zu

haben, die mir erlaubt, so manche Hindernisse recht

gut zu bewältigen, würde ich diesen Zustand der

wenigstens annähernden Ausgeglichenheit halt gerne

wiederherstellen.

Der Anlass – vielleicht nicht unbedingt der Grund –

meines Kummers ist nun einmal unsere Beziehung,

leider.

Ich kann es drehen und wenden wie ich will – ich SPÜRE

NICHT VIEL von Dir kommen, und weil ich aber selber

ziemlich an Dir hänge, macht mich das natürlich

unruhig und unsicher.

Ich weiß, ich weiß, Du hast mir schon x-mal gesagt,

dass ich Dir „etwas“ bedeute, Du warst so lieb und

hast mir zu verstehen gegeben, dass Du mich auch attraktiv findest usw.

Das hat mir

auch immer wirklich viel gegeben, hat mich aufgebaut –

aber was sind liebe Worte gegen echte Gefühle? Sicher

sind aufbauende Worte etwas Angenehmes, auch

Notwendiges, das jede/r braucht, aber sie können nicht

Zuneigung ersetzen. (Hm, das soll jetzt nicht

bedeuten, dass ich glaube, Du hättest KEINERLEI

Gefühle für mich – aber, wie ich stark vermute, nicht

die, von denen ich mir vorstelle, dass sie für eine

Beziehung die Grundlage wären).

Auch wenn ich hundertmal dagegen halte, was Du mir

schon gesagt hast – es kommt immer wieder, und zwar

ziemlich umissverständlich, das Gefühl in mir hoch,

dass da eben nicht wirklich etwas kommt von Deiner

Seite. Ich glaube nicht, dass ich mich täusche – man

kann sich nicht monatelang und immer wieder täuschen.

Oder bin ich so unsensibel? So „deppat“??

Ich weiß auch, dass ich Dir das alles schon öfter

gesagt habe, dass ich mich vielleicht schon öde

wiederhole – aber es ändert sich nichts an meinem

Zustand, ich habe ja auch eine Vermutung, warum sich

nichts ändert – dass ich plötzlich ein depressiver

Mensch geworden bin, kann ich nun wirklich nicht

glauben.

Natürlich habe ich immer wieder Hoffnung geschöpft,

wenn wir wieder einmal einen schönen gemeinsamen Abend

hatten, habe darauf gehofft, dass ich nun endlich auch

mein Allerinnerstes davon überzeugen könnte, dass da

mehr als nur freundliche Gefühle bei Dir vorhanden

sind – aber wieder und wieder melden sich nagende

Zweifel, von denen ich nun immer mehr annehme, dass

sie keineswegs allein meinem negativen Denken

entspringen, sondern sehr wohl ihre ganz reale

Begründung haben – sonst wären sie doch wohl nicht so

hartnäckig, oder?

Gestern am Telefon habe ich Dich gefragt, ob Du

überhaupt Lust hast, die Beziehung weiterzuführen –

blöd von mir, natürlich, das ausgerechnet am Telefon

zu fragen, natürlich konntest Du keine andere als eine

positive Antwort geben.... Das wäre ja relativ

„grausam“, am Telefon einfach mit einer vielleicht

bestürzenden Wahrheit herauszurücken. Ich habe mich

also sozusagen selber ausgetrickst, um etwas Positives

zu hören zu bekommen.

Lieber XXX, ich weiß und fühle immer weniger, warum

Du unsere Beziehung, anscheinend sogar recht

hartnäckig (bisher war immer ich es, die einen

Schlusspunkt vorgeschlagen habe), fortsetzen willst??

Starke Gefühle hast Du für mich, meiner Meinung nach,

eher NICHT – also warum dann? Wartest Du darauf, dass

sich bei Dir „irgendwann“ doch noch etwas in der Art

von „tiefer Zuneigung“ einstellt? Mittlerweile gehe

ich Dir ja zeitweise sogar schon auf die Nerven, wie ich bemerkt habe - oder habe ich mir das auch wieder nur eingebildet??? -

also, worauf wartest Du dann? Denkst Du, dass

irgendwann vom Himmel plötzlich ein tiefes Gefühl für

mich herabgeregnet kommt?

Ja-ja-ja, wir haben einiges gemeinsam, ja-ja-ja, wir

sind in vielem einer Meinung, ja-ja-ja, wir sind

verträgliche Menschen und können zeitweise gut

miteinander reden – aber das genügt, finde ich,

genauso wenig wie freundliche Worte Zuneigung ersetzen

können. Das genügt für eine gute Freundschaft, aber

nicht für eine Beziehung, finde halt ich.

Warum, Du Lieber, gestehst Du Dir selber und mir nicht

endlich ein, dass es halt – leider - nicht mehr ist

als Freundlichkeit, was Du für mich empfindest?

Ja, es wird grausam schmerzlich für mich, diese

Wahrheit zu hören, aber ob es nicht vielleicht auf

lange Sicht besser ist, als andauernd zu hoffen, zu

warten und unsicher zu sein? An mir selber und an der

Schönheit und Buntheit des Lebens zu zweifeln??? Im

ständigen unsicheren Dahinschwimmen nur noch das

Dunkle und Negative wahrzunehmen???

Bitte überlege Dir das einmal ganz genau! Ich weiß

schon, dass Dir die Beziehung (natürlich) nicht so

viel bedeutet wie mir und Du nicht allzu viele

Gedanken daran verschwendest, wie ich vermute, aber

das wäre halt doch einmal wichtig – Du würdest mir

sehr damit helfen, einmal ganz klar zu sagen, was Du

von all dem hältst; und scheue Dich nicht, mir weh zu

tun! Es hat keinen Sinn, immer wieder auszuweichen –

und genau das, so habe ich den Eindruck, tust Du aber.

Hm, kann natürlich wirklich sein, dass ich schon so in

meiner Negativspirale drin bin, dass ich das alles

ganz falsch beurteile und sehe – aber, wie schon

erwähnt, alles, was ich an Dir und an mir selber

beobachten kann, spricht meiner Meinung nach eine

deutliche Sprache.

Oder siehst Du das anders?

Ehrlich gesagt, ich hätte gerne, in irgendeiner Form

eine Antwort – bitte nicht wieder schweigen; Du musst

mir nicht mailen, ich weiß schon, dass Du keine Zeit

dazu hast und ich aufgrund dessen, was ich bei Dir

vermute, auch niemals annehme, dass Du Dir die Zeit

dafür nehmen würdest, aber vielleicht können wir das

halt doch einmal irgendwie klären - - auch wenn Du

jetzt die Augen genervt verdrehst, weil ich das schon

hundertmal gesagt habe – aber ich habe es nur deshalb

hundertmal gesagt, weil ich das alles schon so lange

SPÜRE, aber nicht spüren will und deshalb auch immer

wieder gerne die Augen davor verschließe – also ...

gib’ Dir einen Ruck, ärgere Dich nicht über meine

Aufdringlichkeit (die ja auch nur deswegen so

penetrant ist, weil das alles so nebulos usw. ist) und

klären wir das, ja?

********

Hm, ziemlicher hammer, der Brief, ich weiß - aber langsam wäre es mir lieber den Schmerz des Schlussmachens zu ertragen, als dieses ewige Dahindümpeln ...

kathy ;(

 
Du möchtest wissen, was wir von diesem Brief halten, und gibst selbst schon die Antwort: Er ist ein "Hammer", er erschlägt den Empfänger. Und du schreibst, dass du dich wohl in einer "Negativspirale" befindest, die deine Wahrnehmung der Beziehung ins Pessimistische zieht. Das siehst du ganz richtig.

Du bist dir dessen bewusst und möchtest trotzdem den Brief abschicken? :schief:

Eine weitere Sache erscheint mir bedenklich: Du gibst dem Adressaten schon eine Reaktion vor. Du schreibst, dir sei klar, dass er wieder so und so reagieren wird. Du siehst voraus, dass er die Augen verdrehen wird, aber setzt immer noch eins drauf, drehst dich weiter in deiner Spirale. Was glaubst du damit zu erreichen?

Außerdem behagt mir nicht, dass du sämtliche Verantwortung auf ihn abwälzt. Er soll sich gefälligst ändern, damit es dir wieder gut geht. Und wenn er das nicht hinkriegt, soll er doch gleich ganz Schluss machen! Schließlich ging es dir als Single gut und erst "dank" ihm hast du diese depressiven Phasen!

Du bist für dein Leben verantwortlich, nicht er. Also wenn du die Partnerschaft beenden willst (und an manchen Stellen klingt das so), dann beende sie.

Wenn du euch jedoch eine Chance gibst, dann überarbeite den Brief.

Die Wahrheit kann man auch sanft rüberbringen, man braucht keinen Hammer dazu.

 
Klare Antwort, NEIN, den kannste beim besten willen nicht losschicken!

Du redest ja fast ausschließlich nur über Dich! So beim lesen viel mir mal so auf, was willste von dem anderen? Solltest vielleicht ihn mal ansprechen und vorallem nicht soviel schreiben. DAs geht auch knapper und mit mehr Dus anstatt Ichs...

Und gib vorallem keine Antworten vor! Warum sollte er denn nicht am Telefon einen negative Antwort geben? Und Vorwürfe raus oder besser umschreiben, so bekommste bestimmt keine Antwort! Wie wäre es denn mal, ihn selber denken bzw. nachdenken zulassen???

 
Danke für eure Antworten, ich möchte aber doch noch etwas dazu sagen :

1) Nein, ich will ihn NICHT ändern!! Ganz im Gegenteil - ich würde das niemals

erwarten oder fordern - ich finde in meinem Brief nirgends eine Stelle, an der ich ihn um eine Änderung seiner Ansichten/gefühle/Gedanken bitte!

Ganz im Gegenteil - eben weil er so ist wie er ist, versuche ich das zu akzeptieren, und wenn er mich also nicht mehr als Partnerin haben will, dann wünsche ich mir einfach nur, dass er es mir offen sagt und mich nicht ewig im Ungewissen lässt!

Das ist es, was ich ihm sagen wollte - aber doch nicht, dass er sich ändern soll!!

Ich bin verblüfft, dass das anscheinend in meinem Brief irgendwo zum Ausdruck kommen muss, denn derlei habe ich niemals auch nur im Hinterstübchen erwogen!

2) Warum ich in dem Brief anscheinend nur von mir rede:

Er ist ein extrem verschlossener Mensch, gibt mir immer wieder reichlich Rätsel auf, verhält sich sehr oft so, wie sich eher jemand verhält, der sich auf Distanz begeben will - deshalb kann ich auch schlecht schreiben:" Du ... und Du ... und Du ....", denn das würde dann ja nach Vorwürfen klingen oder so, als wüsste ich genau, warum er denn jetzt auf Distanz geht.

Ich habe ja keine Ahnung, was in ihm vorgeht - ja, KEINE AHNUNG! Ich SPÜRE einfach nur, dass er sich nicht wie ein verliebter oder liebender Mann verhält - und da er aber immer wieder behauptet, dass ihm doch was an mir liegt, fängt für mich das Kopfzerbrechen über den Unterschied zwischen dem, was ich wahrnehme und dem, was er sagt, an ... Da ich ihm nicht von vornherein misstrauen will, dass das, was er sagt, nur so dahingesagt ist, frage ich ihn eben, wie es nun steht - warum ich beobachten kannn, dass er sich einerseits so distanziert verhält und er dennoch behauptet, dass ihm was an mir liegt - ist für mich ein Widerspruch, und darüber wollte ich von ihm halt eine Antwort erhalten.

Er sagt zwar, dass er mit mir, wenn es die Umstände (die etwas kompliziert sind bei uns) einmal erlauben, zusammenleben will - nur, verhalten tut er sich so, als wäre er nur äußerst mäßig an mir interessiert.

Und da wollte ich halt einmal eine klare Aussage, was ich ihm denn nun bedeute - und da kann ich ja nur von mir reden, wie ich die Situation empfinde, was ich mir dazu denke - was ER empfindet und denkt, weiß ich ja nicht - würde es aber gerne wissen.

Aber danke für die Antworten, es war auch interessant für mich zu sehen, wie der Brief sozusagen "von außen" wirkt -

LG, kathy