Wie geht ihr mit Sehnsucht/Ängsten um?

Morrissey

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02. Juli 2008
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Liebe Gemeinde,

wenn ich mich hier so durch die einzelnen Threads lese, kommt mir mein kleines Problem furchtbar lächerlich und banal vor. Ich mag euch aber dennoch mal damit behelligen, da vielleicht der eine oder die andere von euch Erfahrungen mit meiner Thematik hat und mir ein wenig davon erzählen kann.

Nun, vor ziemlich genau drei Monaten lernte ich eine Frau kennen, die mir auf Anhieb sympathisch war. Dies beruhte auf Gegenseitigkeit. Nach drei Wochen der gelegentlichen "platonischen Treffen" beschlossen wir, beide seit Anfang des Jahres Single, gemeinsam für ein Wochenende nach Paris zu fahren und uns auf die Spuren unseres gemeinsamen literarischen und philosophischen Helden, Jean-Paul Sartre, zu begeben. Dort kamen wir uns näher, und seit zwei Monaten definieren wir uns als Paar. Die Beziehung ist bis jetzt unglaublich harmonisch, wir verbringen unter der Woche (fast) jeden Abend/jede Nacht und -soweit es die Zeit erlaubt, da wir beide unsere Freundschaften pflegen wollen- Teile der Wochenenden zusammen. Beide haben wir das Gefühl, eine derartige emotionale Intensität noch nie erlebt zu haben. Wir sind uns in vielem sehr ähnlich, haben gemeinsame Interessen, gleiche Vorstellungen von der Zukunft, usw. Alles aufzuführen würde hier den Rahmen sprengen.

Nun hatte sie bereits seit einem halben Jahr einen Urlaub mit einer Freundin geplant. Beide waren damals Single und beschlossen, dass sie, sofern zum Reisezeitpunkt wieder verpartnert, ihre Partner mitnehmen würden. Sollte aber nur eine von beiden wieder in einer Beziehung leben, so müsse der entsprechende Mann daheim bleiben. Nun ist ihre Freundin noch Single, und so fahren die beiden der Absprache gemäß allein. Heute, vor etwa einer Stunde, sind sie gefahren, am kommenden Sonntag kommen sie zurück.

Ich muss sagen, dass mich der Gedanke an diese Woche schon seitdem ich von der Reise weiss unglaublich quält. Da wir sehr offen miteinander reden, habe ich ihr das auch gesagt. Ihr geht es ähnlich, und sie äusserte, mich wohl sehr vermissen zu werden und sich unglaublich auf die Rückkehr zu freuen. Die Reise absagen wolle sie jedoch nicht, da es ihrer Freundin derzeit sehr schlecht geht und sie diese Reise sehr brauche. Eine Absage der Reise hätte ich auch nie verlangt, das hätte mein Gewissen nicht mitgemacht. Naja, dennoch habe ich es meiner Freundin in den letzten Tagen nicht gerade leicht gemacht, da meine Stimmung oft recht gedrückt war und ich auf Nachfragen gestehen musste, dass diese gedrückte Stimmung aus dem Gedanken an die Reise resultiere. Ich merkte auch, dass dies meine Freundin etwas belastete. Sie sagte mir, dass sie selbst sich ungern für die Woche von mir trenne, gerade zu Anfang der Beziehung und über die Weihnachtstage, die wir natürlich sehr gern zusammen verbracht hätten. Sie warb aber um Verständnis für die Situation, was ich ihr auch zugesichert habe.

Nun kam ich gerade, nachdem ich mich von ihr verabschiedet habe, in meine Wohnung zurück und bin erst einmal auf dem Sofa zusammengesackt. Ich vermisse sie jetzt schon sehr! Und das Verrückteste ist, dass ich mich so gar nicht kenne: in allen Beziehungen, die ich bisher führte, war ich stets froh, mal einige Tage oder ein, zwei Wochen meine Ruhe zu haben und mich um mich selbst kümmern zu können. Gegenwärtig wünsche ich mir aber nichts sehnlicher, als sie bei mir zu haben- gerade an den Feiertagen. Ich habe ja selbst ab Mittwoch für zwei Wochen frei (meine zweite Urlaubswoche verbringen wir gemeinsam, da sie ja dann zurückkommt).

Nun habe ich vor zweierlei Angst:

1. dass ich meine Sehnsucht nur schwer ertragen kann und ständig hoffe, dass sie sich meldet (tägliche SMS oder Anruf hat sie mir zugesichert, da sie selbst dieses Bedürfnis habe). So würde ich mich in meinen freien Tagen kaum erholen können (was ich aber wegen beruflichem Stress sehr bräuchte) und ständig nur schlecht gelaunt und voller Sehnsucht sein.

2. da ich es ihr wie oben beschrieben in den letzten Tagen nicht gerade einfach gemacht habe, habe ich ein wenig Angst, dass sie in ihrem Urlaub nachdenkt und entscheidet, die Beziehung doch nicht zu wollen. Diese Angst ist völlig absurd, da sie mir heute vor der Abreise noch gesagt hat, sich sehr auf ihre Rückkehr und unsere gemeinsamen freien Tage zu freuen. Aber ich denke ein wenig an eine Situation vor zwei Jahren: damals lebte ich in einer Beziehung, in der ich nicht glücklich war. Als ich zwei Wochen ins Krankenhaus musste, hatte ich dort Zeit, nachzudenken. Das mündete darin, dass ich die Beziehung beendete.

Ich weiss, dass der Vergleich hinkt. Aber er drängt sich mir auf.

Soweit zu meiner Situation.

Kommentare von euch würden mich freuen!

 
hallo Morrissey...

vielleicht solltest du versuchen es aus einer anderen Richtung zu sehen...

wie sehr du dich auf sie freuen kannst...wenn sie wieder da ist...du könntest dir ja auch in dieser Woche etwas besonderes überlegen...für ihr zurück kommen....

weißt du...du solltest dir ins Bewusstsein rufen...das das nur "eine Woche" ;) ist....das vergeht so schnell...

liebe Grüße

die ilmy

 
Ich versteh gar nicht, wieso Du so unsicher bist. Woher kommen diese negativen Gedanken?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich noch nie in einer festen Beziehung war, in der eine Woche getrenntes Urlaubmachen so ein Drama gewesen wäre. Für mich ist ne Woche Killefit, sorry.

Kannst Du mir, der mit dem mangelnden Einfühlungsvermögen in dieser Situation, also vielleicht mal erklären, wieso es Dich so in Panik versetzt? Warum Du ihr nicht vertraust, nicht an Eure Beziehung glaubst?

 
Sei doch froh, dass ihr euch gefunden habt und euch liebt. Zeit zum Nachdenken und ev. Schluss machen hätte sie doch immer. Ein paar Tage sind doch so schnell um. Nutz die freie Zeit für dich und freu dich auf sie. Überrasche sie mit was Tollem, wenn sie wieder da ist und genieße die Zeit dann mit ihr und grübele nicht so viel nach. Das kannst du machen, wenn es Anlass dazu gibt. Das Leben ist viel zu kurz um sich um alles Gedanken zu machen. Genieße und liebe in vollen Zügen. Viel Glück euch beiden.

 
Genau! Es gibt keinen Grund für deine Zweifel... Und da Du sehr gebildet bist (seh ich an deiner Ausdrucksweise) könntest Du sogar aus der Sehnsucht was positives rausschlagen! Lass deine Phantasie spielen... Mach aus deiner Sehnsucht etwas produktives...

 
Ich danke euch herzlich für eure Kommentare (und freilich für die Bauchpinselei, dass meine Ausdrucksweise auf einen hohen Bildungsstand schliessen lasse =) ).

Ihr habt ja alle recht:

eine Woche Trennung ist "Killefitz", und selbstverständlich habe ich genügend Möglichkeiten und Ideen, diese Woche für mich gewinnbringend zu nutzen. Leider, leider bin ich gedanklich so belastet, dass ich ein wenig befürchte, diese Woche nur mit trüben Gedanken und schwerem Herzen zu verbringen. Wisst ihr, ich kenne mich ja selbst nicht mehr. Bevor ich diese Frau kennenlernte, war ich ein eher distanzierter Mensch, der sich auf allzu emotionale und enge Bindungen nie eingelassen hat. Ich habe im Laufe der Zeit festgestellt, dass diese Weigerung, sich fest zu binden, nicht etwa darauf zurückzuführen ist, dass ich "absolut frei" sein will (das habe ich mir lange eingebildet), sondern auf meine unterschwellige Angst, verletzt zu werden. Naja, da entwickelte mein Unterbewusstsein wohl folgende Strategie: liebe niemanden zu sehr, dann kann dich auch niemand verletzen. Aber jetzt ist alles anders: ich habe mich unglaublich verliebt und bin auf dem besten Wege, diese Frau zu lieben. Ihr geht es nach eigenen Worten übrigens genauso. Und vor einer Stunde schrieb sie mir sogar schon eine SMS von der Autobahnraststätte. Kein Grund zur Sorge, sollte man meinen. Und objektiv gibt es wohl auch keinen- da habt ihr völlig recht.

Ich weiss selbst nicht, weshalb ich so viel grüble. Gerade war ich bei einer Freundin zu einem Gläschen Wein und habe auch ihr mein Herz ausgeschüttet. Auch sie hat mich gefragt, worin genau sich eigentlich mein Problem bzw. meine Sorgen manifestieren. Ihr könnt es euch vielleicht schon denken: ich hatte keine Antwort darauf.

Wisst ihr, meine Emotionen spielen meinem Verstand gerade einen ziemlich bösen Streich. Rein sachlich betrachtet stimme ich euch zu, dass es mir doch eigentlich gut gehen sollte, ich mich über diese Beziehung freuen, die Rückkehr meiner Freundin freudig erwarten, mich entspannen, die Zeit nutzen sollte. Aber: meine Gefühle können/wollen meinen rationalen Gedanken nicht folgen. Ich leide und habe Ängste, ohne zu wissen, warum eigentlich.

Vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich mich wegen Depressionen (zu jenen gehört eben diese Grübelneigung) in Psychotherapie befinde. Letzte Woche habe ich mit der Psychologin auch über das hier behandelte Thema gesprochen. Sie meinte, wörtlich: "Diese Sehnsucht werden Sie aushalten. Machen Sie sich immer wieder klar, dass ihre Ängste keinerlei Grundlage haben."

Tja, vom Verstand her weiss ich das. Warum also spielen meine Gefühle derart verrückt?! :eek:

 
ich kann dir nur noch einmal den Tip geben positiv zu denken...

denn, vielleicht hast du das ja schon mal gehört...

Positives zieht auch Positives an...und Garantieschein wird sie dir wahrscheinlich auch nicht vermitteln wenn sie wieder da ist...

und wenn du die ganze Zeit nur in deinen Ängsten schwelgst...dann veränderst du dich und deine Persönlichkeit und auch dein Schreiben und dein Sprechen...also...versetze deinem Kopf ein Lächeln ;) ...

die ilmy

 
hallo Morrissey!

Du weißt, dass es sicher keinen Grund zur Sorge gibt. Also, denk doch bitte positiv!

Ich kann mir das nur so erklären:

Zwischen euch läuft alles gut, und du suchst nach nem Grund, der dieses Glück trüben könnte. so nach dem Motto "Wieso hab ich sowas verdient? Das muss doch einen Haken haben!" Jetzt, wo ihr euch ein paar Tage nicht seht, haben deine Gedanken natürlich genug Zeit, sich irgendwas zusammenzuspinnen, begünstigt durch deine frühere Erfahrung.

Ich kann meinen Vorpostern demnach nur zustimmen: Denk nicht zu viel nach, lenk dich mit anderen Dingen ab und freu dich auf die Zeit, in der ihr euch wiederseht! sonst ziehst du dich nur unnötig runter. Ich weiß, sowas is leichter gesagt als getan... viel Erfolg!

LG, For3ver

 
Hallo Morrisey,

ich habe in diesem Forum noch nie einen Beitrag geschrieben, sondern immer nur aktiv gelesen. Deine Worte haben mich tief in meinem Inneren berührt. Du scheinst einen besonderen Menschen gefunden zu haben, der momentan Dein ganzes Lebensglück auszumachen scheint und der mit Dir in Resonanz ist. Ich kann Deine Ängste gut verstehen und ich empfinde mit Dir, wenn Dir eine Stunde vorkommt wie eine undefinierbare Ewigkeit.

Deine Psychologin ist "nett", wenn sie Dich mit den Worten entlässt, dass Du die Sehnsucht aushalten wirst und Deine Ängste keine Grundlagen hätten. Ich denke jedoch, dass sich unsere Emotionen nicht so billig reinlegen lassen, wenn wir ihnen nicht auf den Grund gehen - aber das hebst Du Dir besser für die nächste Sitzung auf.

Falls Du Lust hast, Dir einen Weg in die positiven Gedanken zu bahnen und aus dem Grübelrad zu fliehen, lies mit mir "Robin und das Positive Fühlen" (von Ella Kensington / www.ella.org). Ich bin noch nicht sehr weit, aber wenn es mir hinterher so gut geht wie nach dem Buch "Mary" (ebenso von Ella Kensington), dann hat es sich gelohnt.

Liebe Grüsse

Debbie

 
Danke!

Ja, auch du hast völlig recht. Gerade hat sie mich angerufen, um mir von der Fahrt zu erzählen und mir eine "gute Nacht" zu wünschen. Kaum zehn Minuten nach dem Gespräch kam dann noch eine wirklich schöne SMS von ihr. Ach, ich merke auch daran mal wieder, wie dämlich meine Sorgen sind.

Naja, aber ich werde sicher nochmal im Laufe der nächsten Tage in diesem Thread hier schreiben. Schliesslich kommen noch sechs Tage des "Getrennt-seins" auf mich zu, und ich weiss noch nicht, was sie emotional bei mir anrichten...

 
"Update"

Heute morgen rief mich meine Freundin kurz an. Ihre Begleiterin habe beim Frühstück gefragt, warum ich eigentlich nicht nachreise, damit wir zu dritt Weihnachten feiern können. Meine Freundin habe völlig verdutzt entgegnet, das hätten wir beide ausgeschlossen, da wir nicht wöllten, dass die Begleiterin als Singlewesen einen Urlaub mit zwei Verliebten verbringen muss. "Ach", habe diese entgegnet, "wir haben doch nun einige Tage zu zweit, und ausserdem finde ich deinen Freund sehr sympathisch und kann mir gut vorstellen, mit ihm zusammen Weihnachten zu feiern".

Tja, und so kam die gemeinsame Entscheidung zustande, dass ich am 1.Weihnachtstag nachreise. Den ICE habe ich soeben gebucht.

Ich freue mich natürlich sehr darüber- das ist wohl die schönste Weihnachtsüberraschung, die mir bisher gemacht wurde. :)