(wieder) keine Freunde und keine Freundin

Plaetzchen

New member
11. Apr. 2017
2
2
0
Hallo, 

warum schreibe ich überhaupt...? 

Es geht mir nicht gut, seelisch gesehen. Ich bin jetzt 22 Jahre alt und studiere, erstmal zu meiner Vergangenheit: lange zeit war ich in der Schule depressiv, da ich gemobbt wurde. Meine Eltern wussten davon und haben nichts getan, bzw. erst zu spät. Es gab keine Freude oder Freunde bis ich 16 oder 17 war (die Details spar ich euch, nur so viel: das ist noch sehr freundlich ausgedrückt). Dann kam ich auf eine andere Schule und dort war man zumindest nett, ich war sogar auf ein paar Geburtstagsfeiern eingeladen (hört sich jetzt komisch an, aber mir hat das was bedeutet). Nach dem Abi habe ich leider den Kontakt zu allen verloren und stand wieder ohne Freunde da. Dann hab ich angefangen zu studieren und lernte ein paar Leute kennen, ja, ich hatte zeitweise sogar Freunde. Eine Kommilitonin (nennen wir sie mal T*) hat mich in ihre Freundesgruppe "integriert", ich hab ein Jahr lang fast jedes Wochenende mit ihnen was gemacht, das ist jetzt vorbei (später mehr), von denen höre ich fast gar nix mehr, vielleicht einmal im Monat trifft man sich, es geht aber immer von T* aus, mit den anderen, die immer dabei sind, habe ich ansonsten nix zu tun. Im nachhinein frage ich mich, ob das überhaupt Freunde waren oder nur Leute die mich zwangsweise akzeptiert haben? 

Bekannte hab ich dagegen sehr sehr viele, fast überall wo ich bin kenne ich Leute, warum daraus nie Freundschaften werden weiß ich auch nicht.

Dummerweise hab ich mich in einen andere Kommilitonin (nennen wir sie mal G*) verschaut - die Tina zwar kennt und hin und wieder was mit uns gemacht hat, aber sie nicht sonderlich mag. Wir verstehen uns wirklich gut, manchmal habe ich das Gefühl das sie mehr als nur Freundschaft will. Seit T* aber gemerkt hat, dass ich mich mit G* verstehe macht sie (fast, einmal im Monat vielleicht) nichts mehr mit mir. Für die Chance auf eine Beziehung habe ich alle "Freunde" verloren, die ich hatte, jetzt sitze ich wieder daheim und denke mehr nach als ich sollte.

Hätte ich nicht darauf eingehen sollen? Hätte ich sagen sollen ich will mit G* nichts zu tun haben? Das hätte ich mir selbst nicht antun können, ich musste es riskieren und jetzt sieht es so aus, als ob ich alles verliere. Mit G* "nur" befreundet zu sein, halte ich nicht aus, das tut mir zu sehr im Herzen weh.

Das ist eigentlich alles, was ich mir wünsche, eine Partnerin, die mich in den Arm nimmt, weil sie will. Ein bisschen Liebe und Zuneigung in meiner trostlosen Welt. Ich hatte noch nie eine Freundin, aber trotzdem das Bedürfnis nach Nähe - ich kann es nicht erklären, es ist einfach... da. Meine Eltern haben mich selten in den Arm genommen und später wollte ich es auch nicht mehr, weil sie mich mit ihren "Ratschlägen" und "Tipps" nur enttäuscht haben. 

Nach "reiflicher" Überlegung, warum ich eigentlich keine Freundin habe bin ich zu einem Ergebnis gekommen: ich bin zu nett und zu schüchtern. Ich sehe nicht so schlecht aus, ich bin nicht arm - meine Eltern zahlen im Prinzip alles - ich bin nicht dick, ich bin nicht arrogant, ich bin lustig, ich bin ehrlich und ich bin nett. Aber Nett will sich wie es aussieht nunmal niemand antun. Wenn ich da die Typen an der Uni sehe, die jedes Semester eine andere anschleppen - muskulös (gut, ich bin einigermaßen muskulös, ich ziehe aber keine hautengen T-Shirts an - wenn man mich nicht wegen meinem Charakter mag, braucht man mich nicht zu mögen), macho-mäßig und draufgängerisch - im Prinzip der genaue Antityp zu mir. Und ich bin schüchtern. Ich bin extrem schüchtern im Bezug auf Frauen. Ich hab fast keine Ängste, aber wenn es darum geht einer Frau körperlich näher zu kommen, stelle ich mich vermutlich unmöglich an. Gut möglich, dass es auch in Zukunft daran scheitern wird, dass ich sie nicht umarme oder küsse oder was-weiß-ich-denn. Das typische Frauen ansprechen, was schüchterne Männer oft haben, kenne ich nicht. Ich komme oft mit Leuten ins Gespräch und es fällt mir auch nicht schwer auf Frauen zuzugehen. Manchmal denke ich mir, die Erfahrungen, die andere mit ihrer ersten Freundin, so mit 16/17 gemacht haben, fehlen mir.

Daraus resultieren enorme Selbstzweifel, die der ein oder andere als unnötig einstufen würde, oder als unangebracht, ich beschäftige mich leider damit. Ihr kennt das "was wäre wenn" Spielchen? Wenn ich tatsächlich eine Freundin hätte, könnte ich sie überhaupt körperlich befriedigen (-> Sex)? Ich weiß es nicht. Und irgendwann wird auch das in einer Beziehung eine Rolle spielen. Bin ich überhaupt liebenswert? Die beiden Fragen stehen für mehrere ähnliche, ich will jetzt nicht alles aufzählen, was mich so beschäftigt, ich denke die beiden reichen um einen groben Eindruck zu erhalten und Selbstzweifel sind ja im Prinzip alle gleich, oder nicht? 

Man hat mir mal gesagt ich wirke stellenweise kalt und unnahbar - ich kann das nicht einordnen, kann sein, kann auch nicht sein...

Irgendwie kommt es mir nicht richtig vor, mich zu beschweren, ich brauche mir um Geld keinen Gedanken machen und körperlich kann ich auch nicht klagen, seelisch bin ich aber so unzufrieden. Ich wünsch mir doch nur ein kleines Stückchen Glück für mich, dass es mal nicht schlecht ausgeht, dass ich mich einfach mal auf den nächsten Tag freuen kann. Wenn ich an die Zukunft denke? Keine Freunde mehr, keine Aussicht auf eine Beziehung. Ich stehe wieder so da wie zuvor. Mein Wunsch nach einer Beziehung hat meine "Freundschaft(en)" zerstört. Ich selbst habe sie zerstört. 

Langsam beginne ich mich wieder zu fragen, ob ich überhaupt für irgendwen etwas bedeute oder bedeutet habe. Manchmal denke ich darüber nach wer nach einem Jahr an mein Grab kommen würde oder an mich denken würde, wenn ich jetzt sterben würde - außer meinen Eltern... Niemand. Nur ganz wenige würden es überhaupt mitbekommen, was ist man denn noch, wenn man nicht mehr ist? Ein kleines Bild in der Zeitung mit einem Satz darunter, man trauere um mich. - oder - die weniger harte Variante: wer an mein Krankenbett kommen würde, wenn ich jetzt im Krankenhaus wäre. Ich war schon ein paar mal im Krankenhaus und ein paar mal sagten die Ärzte meinen Eltern sie müssen damit rechnen, dass ich morgen nicht mehr lebe, außer den üblichen Verwandten war nie jemand da. 

(ihr merkt schon, dass es mit G* was wird, habe ich schon fast abgeschlossen, ich glaube einfach nicht mehr dran.)

Tut mir Leid, wenn das verwirrend geschrieben ist, ich kann meine Gefühlswelt nicht sinnvoll zu Papier bringen.

lg

Plaetzchen 

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Like
Reaktionen: Fegy und Manana
Lieber Plaetzchen,

Du weisst, dass in Wirklichkeit nur ein Sprung ins kalte Wasser Dich sicherer machen wird. Die Erfahrung wird Dich sicherer machen.

Du wirst auch die Erfahrung machen, DASS Du liebenswert bist. Auch wenn Deine Eltern, Deine ehemaligen Mitschüler und andere Dich nicht so aufnehmen und in den Arm nehmen konnten, wie Du es gebraucht hättest, auch wenn mit der einen oder anderen Frau mal was daneben gehen wird: das ändert nichts an der Tatsache, dass Du liebenswert BIST. Das bist Du ganz unabhängig von den Menschen um Dich.

Dass Du manchmal kühl und distanziert, vielleicht sogar unerreichbar wirkst, liegt sehr wahrscheinlich an der schmerzhaften Ablehnung, die Du erleben musstest - zumindest ist es bei mir so. Wenn Du erzählst erkenne ich so vieles von mir wieder, auch die Depressionen, auch das im Stich gelassen werden. Wenn man eine schöne Marmorstatue ist, ist man ja auch ziemlich hart nach aussen, zumindest nehmen sie einen so wahr.

Je mehr Du Dich mit Dir selbst versöhnen kannst, Dir selbst die Liebe schenken kannst, die andere Dir verwehrt haben, desto weniger "brauchst" Du Deine Mitmenschen, und umso mehr kommen sie zugleich auf Dich zu, es bestehen schöne Beziehungen und Freundschaften. Das ist zu einem Teil Arbeit an Dir selbst - das kennst Du ja zu Genüge - und zu einem Teil ein "sich darauf einlassen" was da von anderen Menschen kommt, sich auf sie einlassen.

Die pure Erfahrung, Dich selbst lieben zu können, nimmt Dir genauso die Selbstzweifel wie es die Erfahrung mit anderen Menschen kann.

Wer auch immer mal an Dein Grab treten wird - die Menschen werden NICHT die folgende Inschrift finden: "Hier liegt Plaetzchen, auf seinem Plaetzchen, er war aus Marmor wie der Grabstein auf diesem einsamen Marmorgrabe."

:) Also lass Dich mal drücken!

:trost:

Manana

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Lieber Plaetzchen,

Du weisst, dass in Wirklichkeit nur ein Sprung ins kalte Wasser Dich sicherer machen wird. Die Erfahrung wird Dich sicherer machen.

Ich wollte mich heute eigentlich mit ihr treffen und verdeutlichen, dass ihr mehr will als Freundschaft, aber sie hat mir kurzfristig ohne Angabe von Gründen abgesagt...

Du wirst auch die Erfahrung machen, DASS Du liebenswert bist. Auch wenn Deine Eltern, Deine ehemaligen Mitschüler und andere Dich nicht so aufnehmen und in den Arm nehmen konnten, wie Du es gebraucht hättest, auch wenn mit der einen oder anderen Frau mal was daneben gehen wird: das ändert nichts an der Tatsache, dass Du liebenswert BIST. Das bist Du ganz unabhängig von den Menschen um Dich.

Natürlich, ich meine: wenn nie jemand kommt und dir einen Spiegel vorhält, damit du siehst, dass du noch liebenswert bist, woher weißt du, dass du es nicht irgendwo verloren hast? (sehr bildlich, ich weiß, ich kanns nicht anders beschreiben)

Dass Du manchmal kühl und distanziert, vielleicht sogar unerreichbar wirkst, liegt sehr wahrscheinlich an der schmerzhaften Ablehnung, die Du erleben musstest - zumindest ist es bei mir so. Wenn Du erzählst erkenne ich so vieles von mir wieder, auch die Depressionen, auch das im Stich gelassen werden. Wenn man eine schöne Marmorstatue ist, ist man ja auch ziemlich hart nach aussen, zumindest nehmen sie einen so wahr.

Stimmt, ich vertraue nicht so leicht Leuten. Wie soll ich mir das aber abgewöhnen, wenn trotzdem immer wieder Ablehnung erfolgt und ich damit bestätigt werde?

Je mehr Du Dich mit Dir selbst versöhnen kannst, Dir selbst die Liebe schenken kannst, die andere Dir verwehrt haben, desto weniger "brauchst" Du Deine Mitmenschen, und umso mehr kommen sie zugleich auf Dich zu, es bestehen schöne Beziehungen und Freundschaften. Das ist zu einem Teil Arbeit an Dir selbst - das kennst Du ja zu Genüge - und zu einem Teil ein "sich darauf einlassen" was da von anderen Menschen kommt, sich auf sie einlassen.

Die pure Erfahrung, Dich selbst lieben zu können, nimmt Dir genauso die Selbstzweifel wie es die Erfahrung mit anderen Menschen kann.

Speziell den ersten Satz verstehe ich nicht, wie soll ich mir selbst Liebe schenken? Wie jede/r andere hab ich auch mein Paket wo Liebe drin ist, da steht aber ein Name drauf - und es ist nicht meiner. 

Wer auch immer mal an Dein Grab treten wird - die Menschen werden NICHT die folgende Inschrift finden: "Hier liegt Plaetzchen, auf seinem Plaetzchen, er war aus Marmor wie der Grabstein auf diesem einsamen Marmorgrabe."

Sehr poetisch  8o  Wie ich überhaupt darauf gekommen bin: Es war Allerheiligen, bei uns wird dann noch auf den Friedhof gegangen und der toten gedacht, da ich aus einem sehr kleinem Ort bin, ist der Friedhof nicht sonderlich groß, aber trotzdem gab es etliche Gräber wo niemand da war. Natürlich mag das andere Gründe haben, als den, dass niemand an sie gedacht hat, aber nachdenklich hat es mich auf jeden Fall gemacht. Und ich will nicht in einem Grab liegen, an das eh niemand kommt. 


Danke für deine Antwort, eine Umarmung könnte ich tatsächlich brauchen...

Manchmal denke ich mir, wieso habe ich das verdient? Ich will doch nicht viel, nur etwas was viele andere auch haben, einfach... nicht mehr allein zu sein. Ich bin es irgendwie leid, immer wieder Leute anzusprechen, vielleicht in der Hoffnung, dass es vielleicht ein Freund wird - typischerweise endet es als ein Bekannter mehr. Warum spricht mich nie jemand an und sagt: komm, setz dich doch zu uns?

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Plaetzchen,

Zum Beitrag von Manana gibt es eigentlich nicht mehr viel zu sagen, aber ich beziehe mich gerne auf deine Antwort (die ich zum Teil woanders bereits erwähnte und auch selber erlebt habe):

wenn nie jemand kommt und dir einen Spiegel vorhält, damit du siehst, dass du noch liebenswert bist, woher weißt du, dass du es nicht irgendwo verloren hast? (sehr bildlich, ich weiß, ich kanns nicht anders beschreiben)
Das paradoxe ist, dass jeder für seinen eigenen Spiegel verantwortliche ist, denn der Spiegel ist dein Gegenüber, er ist also bereits vor dir. Sobald du dich mit den Mitmenschen zusammentust, werden deine Ausstrahlung von denjenigen reflektiert.

Stimmt, ich vertraue nicht so leicht Leuten. Wie soll ich mir das aber abgewöhnen, wenn trotzdem immer wieder Ablehnung erfolgt und ich damit bestätigt werde?
Ich hatte auch Situationen, dass ich meine Probleme nach aussen reflektierte und so immer wieder in Umgebung gelangte, wo ich mich selbst negativ bestätigt habe. Die eigene Unsicherheit werden von den Mitmenschen - bewusst oder unbewusst - erfasst und wirken danach distanziert zur eigene Person. Damit kommt man unfreiwillig in einen Strudel, wo nur noch schwer herauszukommen ist.

Mein Tipp: Ich bin mir sicher, du hast Ressourcen. Versuche sie zu finden und zu aktivieren. Mach dich deinen Gefühlen bewusst, nimm sie wahr (oft steckt da das verletzte innere Kind) und versuche über deine Ressourcen diese Gefühle zu bändigen.

Dann würde ich die Erwartung senken, Leute "ansprechen" zu wollen um eventuell einen Freund zu finden. Rede einfach mit den Leuten um Erfahrungen zu sammeln, fröhlich zu sein und deine Ängste werden immer kleiner. Auf einmal ist das "Ansprechen" Routine, du wirst lockerer und das wirkt sich sehr attraktiv auf dein Gegenüber aus :)

LG Adi und alles Gute