Wo ist die Farbe des Lebens?

newchance

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07. Apr. 2014
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Wie soll ich es beginnen? Am besten in der Mitte...

Vor kurzem, ich bin jetzt endlich 55, konnte ich für mich endlich, nach langem Suchen, das Gefühl von Zuhause finden - es lag nicht etwa am Ort meines Elternhauses oder wo meine Partnerin wohnte oder meine Kinder. Nein, es ist mitten in mir drin! Ich habe es immer dabei.

Ich habe die letzten 45 Jahre danach gesucht, mal mehr, mal weniger. Ohne dieses "Zuhause" wusste ich nichts mit mir anzufangen, deshalb fiel es mir auch schwer, mich für einen Beruf zu entscheiden. Ich habe mehrere Ausbildungen, alle abgeschlossen, mit 42 Abitur nachgemacht und studiert. Doch nirgends fühlte ich dieses Gefühl, dass Ich es bin, der da gefragt ist. Nirgends kam ich wirklich an. Insofern habe ich sehr viele Berufe und Arbeitsstellen kennen gelernt und irgendwann kam der Punkt, dass die Suche danach sinnlos sei. Ich wurde ein Sozialfall.

Ich suchte dann meine Professur im Ehrenamt. Ich half, wo ich gebraucht wurde - nur halt immer, ohne bezahlt zu werden. Damit konnte ich Jahre verbringen. Es war mir sogar möglich länger bei einer Tätigkeit zu bleiben, konnte Konsequenz zeigen. Nur bezahlt werden, das war nicht. Und immer, wenn ich aus einem Hobby einen Beruf machen wollte, scheiterte ich gänzlich, verlor mich in Kleinigkeiten der Umsetzung und war dann nach der Rehabilitation von der Erschöpfung völlig vom Projekt entfernt. Bis ich irgendwann ein Neues begann... mit wieder gleichem Ausgang.

Ich bin heute immer noch nicht in der Lage, meine Existenz, wie die meisten Menschen, zu sichern, obwohl ich weiß, dass ich genügend Fähigkeiten dazu hätte. Das wurmt mich sehr! Zu sehen, wie ich mich einbringen kann, aber nur dort, wo es keine Bezahlung gibt. Für Leistungen nicht ausreichend entlohnt zu werden, empfinde ich als deprimierend. Andererseits sehe ich es als großes Geschenk an, zu Zeiten, wo die meisten Menschen einer Beschäftigung nachgehen, zu einem Therapeuten zu gehen, wo es dann nur um mich geht; nur darum, doch endlich die eigene Existenz zu bekommen.

Inzwischen habe ich in vielen Ansätzen resigniert. War ich vor einiger Zeit noch auf jeder Party zu finden, lockt mich, seit ich das Zuhause in mir gefunden habe, nichts mehr dorthin. Die Menschen, die ich früher dort kennenlernte, sind mir heute fremd geworden, da sie nach etwas suchen, was es so nicht gibt - außer in sich selbst. Ich kann mit diesen Menschen nichts wirkliches mehr anfangen. Leider stelle ich fest, dass es die Mehrzahl der Bevölkerung ist.

Insofern grenze ich mich derzeit selber aus.
Wenn ich Menschen auf der Strase begegne, bin ich zwar recht schnell im Smalltalk mit ihnen. Stelle aber fest, dass sie doch überrascht sind, dass man mit ihnen "einfach so" redet. Was mich wieder dazu verleitet, mich zurückzuziehen.

Früher war ich auf der Suche - nach meinem Zuhause, nach der Liebe meines Lebens, nach meiner Berufung oder einem sinnvollen Dasein. Ich fand es nie, doch war stets angetrieben von der Hoffnung. So war ich eigentlich immer ein aktiver Mensch.

Seit ich mein Zuhause gefunden habe, stockt all dies. Ich genieße die Einsamkeit und finde es nicht mehr schlimm, wie es gerade ist. Doch wenn ich es mit einem normalen Menschen vergleiche, muss ich erkennen, dass ich in einer Depression lebe.

Mehr noch: Kurz nachdem ich dieses Gefühl von Zuhause in mir fand, mich mir selbst dadurch noch mehr zuwenden konnte, kamen von außen Umstände auf mich zu, die mich weit von einem eigenorientierten Leben fort führten: Der Schlaganfall meines Vaters, meine Sorge um ihn (die sich nun bereits über 4 Monate erstreckt) und mich von meinem jungen Sohn (4) trennte, da er im Ausland lebt.

Ich bin also weder bei meinem Sohn, noch bei meiner eigenen Entwicklung, sondern ich bin, was allerdings selbstverständlich für mich ist, bei meinem Vater, der mich jetzt (noch) braucht.

Meine Mutter starb vor dreieinhalb Jahren. Mein Vater hat ihren Tod nicht wirklich verarbeitet, lebte anfangs weiterhin in ihren Sachen und zog später einfach in eine andere Etage seines Hauses. Ich bin nun seit Wochen damit beschäftigt, die Vergangenheit in Form von Sachen aus dem Haus zu schaffen und die Räume einer Vermietung zugänglich zu machen, da mein Vater nun in einem Pflegeheim lebt und das Geld benötigt. Er hat ein schickes neues Appartement mit ausgesuchten Möbeln, neuen Klamotten und Bedienung rund um die Uhr bekommen. So fällt ihm das Loslassen nun hoffentlich leichter.
Ich selbst versinke derzeit in der Renovierung und Vermietung des Hauses für meinen Vater, bekomme natürlich erstmal keinen Cent davon und darf auch noch alles buchführerisch haargenau dokumentieren. Ich darf Hilfskräfte einstellen und diese auch bezahlen, doch meine Eigenleistung darf (wieder Mal) nicht entlohnt werden. Das ist nun mal das Ehrenamt des Bevollmächtigten, sagte man mir. Wiedermal ist alles genauso, wie es immer war. Nur die Umstände sind diesmal so, dass ich sie nicht einfach verlassen kann. Sonst hätte ich es sicher bereits getan.

Denn ich erkenne, dass es mir nicht gut geht mit dieser "Verantwortung". Ich trage sie, weil mein Vater sich Zeit seines Lebens immer um mich mühte, obwohl ich selten einen Vater in ihm sah. Ich war lieber bei ausgesuchten Alternativeltern, die meinem Elternbild mehr entsprachen, im Internat oder in einer therapeutischen Einrichtung. Erst seit ich mich nach dem Tod meiner Mutter verstärkt um meinen Vater mühte, erkannte ich, was er mir alles möglich machte und wie sehr ich einen Vater in ihm hatte. Durch dieses Jahr holte ich mir den Vater in ihm zurück. Als er dann den Schlaganfall bekam, war es ein nahtloser Übergang, dass nun ich die Verantwortung übernahm.

Mir fehlt, dass ich mich spüre.
Ich hab was gefunden, was nicht viele finden, die auf der Suche danach sind. Entweder hatte man es von Zuhause bereits mitbekommen oder man ist auf der Suche danach - so kannte ich es bisher. All meine Partnerinnen waren Suchende. Seit ich bei mir angekommen bin, bin ich Single. Richtiger Single. Früher dauerte es eine Woche und eine neue Partnerin rauschte in mein Leben. Heute rauscht keine mehr rein. Und mir ist auch nicht danach. Ich will keine Beziehung eingehen, nur um ein wenig (oder viel) geliebt zu werden. Das ist nicht mehr nötig.

Dennoch fehlt mir Farbe. Buntheit. Fröhlichkeit und Lachen.
Wenn ich ein Foto meines Sohnes geschickt bekomme, sehe ich, dass er lacht. Er lacht meistens, ein fröhlicher Geist steckt in ihm - es ist ein Genuss!
 

 
Seit ich mein Zuhause gefunden habe, stockt all dies. Ich genieße die Einsamkeit und finde es nicht mehr schlimm, wie es gerade ist. Doch wenn ich es mit einem normalen Menschen vergleiche, muss ich erkennen, dass ich in einer Depression lebe.
Dann ist dein neues zu Hause, von dem du geschrieben hast, die Depression? Was bedeutet für dich, "normal" zu sein?

Mich wundert's nicht, dass dir die Farben fehlen. Du machst so viel, aber nur für die Anderen und gegen das, was du eigentlich willst. Ist es möglich, dass du angst vor deinem eigenen oder dem Erwartungsdruck der Anderen hast?

 
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Wenn Du wirklich was gefunden hast, solltest Du gefunden haben das es nichts gibt was zu finden wäre und die Suche so ein Ende haben kann. Wenn Du aber was gefunden hast von dem Du glaubst es bliebe, dann ist es nicht mehr als eine andere Illusion.

Es gibt kein Ankommen und doch gibt es das Ankommen im Bewusstsein, dass es kein Ankommen gibt.

Bist Du nun depressiv weil irgendwas anders sein muss oder bist Du depressiv weil nichts anders sein braucht?

Beides führt in die Depression. Erstmal.

Hast Du gefunden das es nichts zu finden gibt, hab keine Sorge. Das Lachen und die Farbe kommen von allein wieder sobald die Erkenntnis verdaut ist. Hast Du was gefunden woran Du Dich festhälst, lass es wieder gehen und Lachen und Farbe kommen von allein.

 
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Dann ist dein neues zu Hause, von dem du geschrieben hast, die Depression? Was bedeutet für dich, "normal" zu sein?

Mich wundert's nicht, dass dir die Farben fehlen. Du machst so viel, aber nur für die Anderen und gegen das, was du eigentlich willst. Ist es möglich, dass du angst vor deinem eigenen oder dem Erwartungsdruck der Anderen hast?
Ich weiß nicht, was ich "eigentlich" will. Es ist manchmal da, dann ist es wieder dahin. Und danach ist es was anderes.

Mein Zuhause ist nicht meine Depression, sondern ich erlebe nur diesen Zustand, den ich derzeit habe im Vergleich zu früher als Depression. Früher habe ich zu diesem Zustand Depression gesagt. Früher hatte ich aber noch nicht das Gefühl dieser inneren Gelassenheit und Ruhe. Wahrscheinlich ist es einfach noch zu neu und ich muss mich erst daran gewöhnen. 

Was die Angst betrifft, so denke ich, da sitzt vielleicht was begraben. Aber ich bekomme keinen Kontakt. Es sind nur Vermutungen.

 Hast Du gefunden das es nichts zu finden gibt, hab keine Sorge. Das Lachen und die Farbe kommen von allein wieder sobald die Erkenntnis verdaut ist. Hast Du was gefunden woran Du Dich festhälst, lass es wieder gehen und Lachen und Farbe kommen von allein.
Bei einer Bodytalk Sitzung im letzten Jahr erfuhr ich, dass das Bonding, welches Mutter und Kind kurz nach der Geburt haben, bei mir nicht stattgefunden hatte. Aus welchem Grund auch immer. Deshalb war mir das Gefühl von Zuhause nicht bekannt. Im Nachhinein konnte ich mit dieser Information sehr viel anfangen, es erklärte mir viel von meinem bisher unverständlichen Chaos. Nur änderte es nichts daran.

Bei einem Gespräch mit einem Schamanen in diesem Jahr dann, konnte ich im Anschluss genau dieses Gefühl auf einmal verspüren. Ich habe es im Gespräch mit ihm nicht erwähnt, daher gehe ich davon aus, dass es einfach bei mir dran war, dass ich es entdeckte. Ich spürte in mir eine tiefe Gelassenheit und der Druck, die Sehnsucht nach Liebe, was ich sonst allzu gut kannte, war weg. Ging ich auf eine Party, blieb ich plötzlich nicht mehr bis zum Schluss, sondern ging bereits recht früh. Ich verspürte meine Müdigkeit und ließ es mehr als sonst zu, nahm sie ernst und ging heim. Früher bin ich manchmal auf Parties eingeschlafen, nur weil ich nichts verpassen wollte.

Im vorigen Monat habe ich mich dann der Finsternis in mir drin gestellt.
Ich hatte vor vielen Jahren einen Berater, der warnte mich davor, mich diesen dunklen Mächten ohne (seine) Begleitung hinzugeben. Es könnte sein, dass ich den Folgen nicht gewachsen sei. So habe ich also die letzten 20 Jahre vermieden, mich der inneren Finsternis ernsthaft zu widmen. Bis ich es nun begann. Ich dachte mir, wenn diese Wesen in der Finsternis wirklich gefährlich für mich sind, dann sind sie es immer. Auch wenn ich nichts tue. Aber ich lebe ja noch. Also haben sie mich bisher nicht gefressen. Mich nicht fressen wollen.

Über einen Text, wo man mir die bedingungslose Liebe näherbrachte, kam ich dazu, mich dieser Dunkelheit in mir drin zu widmen. Es war eine Art Trance, ich lag auf meinem Bett mit geschlossenen Augen und kletterte in mir durch dieses riesige Loch im Fusboden, wo die Dunkelheit begann. Am Boden angekommen, tappte ich ein wenig durch die Dunkelheit. Ich spürte etwas sich bewegen, ein riesiges Tier musste es sein, eine Art Echse. Ich hatte mächtige Angst. Wenn es nun der Teufel persönlich ist?

Dann streckte ich meine Hand aus in seine Richtung und berührte es einfach. Es fühlte sich warm an. Ich "sah" plötzlich, wie diese Echse Feuer spuckte, doch war das Feuer grau und eher ein dunkler Nebel. Ich sagte diesem Tier dann, dass ich es so lieben würde, wie es war und auf einmal veränderte sich die Farbe dort, wo ich meine Hand aufgelegt hatte. Es wurde golden gefärbt und ich spürte, es muss sich um einen Drachen handeln. Mein Angst war wie weggeblasen. Dann, als ich weiter meine bedingungslose Liebe über dieses Wesen schüttete, ging plötzlich eine Art Energiering um dieses Tier herum, welcher alle Farben des Regenbogens hatte. Er fuhr über das gesamte Wesen von hinten nach vorn und anschl. sah ich einen Drachen in vollster Schönheit dort stehen, der feuerspuckend meine volle Aufmerksamkeit bekam. Dann holte es mich wieder aus der Trance heraus.

Am nächsten Abend wollte ich gleich wieder "nach unten", die Dunkelheit erhellen. Diesmal spürte ich einen Wurm, einen riesigen Tausendfüßler. Als er durch den Energiering in seiner vollen Farbenpracht erstrahlte, spürte ich auch seine Schönheit, wie die Natur sich in ihm in perfekter Harmonie zeigte, obwohl wir üblicherweise solche Tiere als Ungeziefer betrachten.

Wieder einen Tag später wollte ich hinuntersteigen, da kam mir bereits, ohne mein Dazu tun, ein Schmetterling entgegen geflogen. Ich ging nach unten und alles war bunt, voll der schönsten Farben, die ich bisher so sehr in mir vermisst hatte. Alles, einfach alles war bunt. Es flogen mir alle möglichen Vögel und Schmetterlinge um die Ohren, obwohl ich doch nur zwei Wesen wirklich "befreit" hatte. Es war, als hätte ich mit meinen beiden Trancen etwas in Gang gesetzt, was nun wie ein Lauffeuer in mir fortfuhr. Ich konnte also nur noch zusehen. Auch der Eingang nach unten war nun nicht mehr farblos, sondern zeigte eine Struktur wie eine Rinde oder Kork.

Tage danach war dann dieses bunte Bild plötzlich erstarrt, ich konnte nicht mehr eintauchen in diese Welt. Es war nur noch ein Bild, tot - aber voller Farbe. Ein Stilleben, mehr nicht. Seither habe ich es nicht verändern können. Die Dunkelheit ist (scheinbar) weg, doch ich fühle mich betrogen - komisch. Es fließt nichts mehr, ich spüre auch nichts mehr. Es ist, als hätte ich das alles erlebt, ohne wirklich den Schlüssel dazu gehabt zu haben. Als hätte ich mir durch irgendwelche Vorteile Zugang zu dieser inneren Welt geschaffen, der mir nun wieder versagt ist.

 
Alles nur Illusionen.

Egal was Du findest - stell Dir die Frage - was nützt es mir JETZT? Damit ist jede Illusion sofort zum Teufel. Was bleibt ist das Jetzt. Nur das. Mehr gibt es nicht zu finden.

Wahrscheinlich ist es einfach noch zu neu und ich muss mich erst daran gewöhnen.
Ja, kann durchaus mehrere Jahre dauern, nicht verzagen. Was echt ist stabilisiert sich von selbst ohne Dein Zutun.

Bei dem was Du von Deiner Geschichte schreibst ist es möglich, dass Du irgend'n Trauma geknackt hast. Danach fühlt man sich erstmal lange leer und alles wirkt nicht mehr stimmig. Ist man irgendwie traumatisiert oder hat sonstwie einen Knacks wegbekommen, baut sich über Jahre und Jahrzehnte um dieses Trauma ein Weltbild herum auf. Ist dann plötzlich der Kern weg - bricht zwangsläufig alles aufgebaute drumherum zusammen. Das kann die komischsten Folgen haben. Das alles surreal ist. Oder sich nicht stimmig anfühlt. Oder weiss der Geier. Das ändert sich aber mit der Zeit von allein.

 
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Alles nur Illusionen.

Egal was Du findest - stell Dir die Frage - was nützt es mir JETZT? Damit ist jede Illusion sofort zum Teufel. Was bleibt ist das Jetzt. Nur das. Mehr gibt es nicht zu finden.
Ich glaube, im Jetzt zu leben, ist eine gute Wahl. Denn das Jetzt ist das, was gerade da ist. Vergangenheit und Zukunft sind, wie Du anmerkst, sicher Illusionen, doch prägen sie uns. Und von daher komme ich mit Deiner Antwort auf keinen grünen Zweig.

Wenn ich nur im Jetzt lebe, ist dies zwar, ideell betrachtet, ein Königsmoment und viele solcher Momente ergen sicher ein Königsleben. Doch in der Gesellschaft, in der wir derzeit leben, komme ich mit dieser Einstellung nicht sehr weit. Wenn ich immer zu jedem Zeitpunkt mich nach meinen inneren Werten, nach Bedürfnis und Nichtbedürfnis entscheide, werde ich zB einem klagenden Vermieter, der seine Miete einfordert nur ausweichend gegenübertreten (was sicher auch wieder als ideal bezeichnet werden kann). Ich denke, dass wir derzeit nicht immer in der Lage sind, allein das Jetzt als Maßstab und Orientierungspunkt unseres Seins anzuerkennen.

Und ob das Jetzt zu finden ist, das denke ich, ist auch nur bedingt möglich. Es ist eher immer da und wir dürfen uns ihm hingeben.

 
Vergangenheit und Zukunft sind, wie Du anmerkst, sicher Illusionen, doch prägen sie uns.
Nein. Was uns prägt ist der Glaube an etwas. Zum Beispiel der fest verankerte Glaube dass die Vergangenheit einen prägen würde. Die Vergangenheit ist nicht real. Nur eine Geschichte im Jetzt. Bedeutungslos. Nur der Glaube an eine Bedeutung verleiht ihr dann eben diese. Bau einen beliebigen erfundenen Moment in Deine Vergangenheit ein der Deiner Meinung nach Dein leben grundsätzlich verändert und red es Dir immer wieder ein und mit der Zeit wird sich Dein Handeln dementsprechend verändern solange Du Dich in dem selbst gesteckten Rahmen bewegst, dass simple Geschichten Einfluss auf Dich hätten und Du dem ausgeliefert bist.

Du liest gerade diese Zeile. Selbst dass Du eine Zeile höher ebenfalls eine Zeile gelesen hast ist bereits jetzt schon nicht mehr als nur ein Gedanke. Eine Geschichte. Bedeutungslos.

Diesen Rahmen kann man beliebig verändern. Ist alles nur Spielzeug. Man kann ihn sogar verlassen.

Doch in der Gesellschaft, in der wir derzeit leben, komme ich mit dieser Einstellung nicht sehr weit.
Das hast Du in der Hand. Nicht die Gesellschaft. Du bist der, der entscheidet, ob er sich der Gesellschaft unterwirft bzw. wie weit er das tut.

Und ob das Jetzt zu finden ist, das denke ich, ist auch nur bedingt möglich. Es ist eher immer da und wir dürfen uns ihm hingeben.
Wie ich bereits sagte - das Jetzt ist das Einzige was man überhaupt finden kann denn etwas Anderes ist schlicht und ergreifend nicht da!

 
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Okay, wenn ich das Jetzt finde, dann?

Es ist mir klar, dass das Jetzt das Einzige ist, was es gibt. Aber in all dem Jetzt gibt es doch dennoch Alles. Nur weil das Jetzt der Moment ist, in dem wir überhaupt sind, heißt das doch nicht, dass es nur Nichts ist oder?

 
Was für eine geniale Frage!

Aber in all dem Jetzt gibt es doch dennoch Alles.
Wo sonst.

Nur weil das Jetzt der Moment ist, in dem wir überhaupt sind, heißt das doch nicht, dass es nur Nichts ist oder?
Beides. Es ist sowieso immer Beides. Alles und Nichts. Hell und dunkel. Warm und kalt.

Das Wort Moment passt nicht hin in dem Sinne wie ich es meine. Der Moment gehört in das Zeitkonzept. Und in diesem ist er etwas vergängliches. Wovon ich rede ist das Jetzt als überhaupt das einzige was da ist. Ohne das Zeitkonzept.

Schau Dich um. Such unter dem Tisch. Im Keller. Unter dem Teppich. Siehst Du irgendwo ein gestern? Irgend ein morgen? All das sind nur Gedanken. Selbst der Begriff Moment ist nur ein Gedankenkonstrukt. Der Moment als eine Art erdachter Zeitabschnitt verstreicht. Du kannst ihn nur beschreibend im Jetzt verwenden, aber nicht für das Jetzt. Das Jetzt verstreicht nicht. Du kannst aus dem Jetzt nicht raus, es gibt kein woanders. Wenn Du willst kannst Du sogar soweit gehen, dass Du nichtmal empirisch oder wissenschaftlich nachweisen kannst, dass es jemals ein gestern gab. Nichtmal ein vorhin. Da ist nichts. Nichts zum anfassen. Nichts zum messen. Es ist nur das da, was da ist.

Stell Dir vor Du hast eine Tasse Tee und die ist voll. Und Du trinkst einen Schluck. Einen Moment später ist sie etwas leerer. In diesem späteren Moment ist der vorige Moment aber nicht real. Alles was in diesem späteren Moment real ist ist eine Tasse mit Tee. Und ein gedanke dass sie etwas leerer wäre. Was sie aber nicht ist. Sie ist so voll wie sie gerade ist. Und vielleicht ein Gedanke, das Du es gewesen wärst, der einen Schluck getrunken hätte. Und deswegen das vorhin gewesen sein muss. Doch ist das nur ein Gedanke im Jetzt. Und nichtmal ein Beweis dass es vorhin gegeben haben könnte.

Selbst ein Foto ist eben nur ein Foto. Es gibt keinen Beweis, dass es jemals gemacht wurde. Auch nicht die wissenschaftlichen Beweise. Alle Bezüge zu anderen Objekten, den Menschen auf dem Foto, der Kamera werden gedanklich vorgenommen. In der Realität sind sie nicht vorhanden.

Selbst in der Ballistik. Wenn nachgewiesen wird, dass eine Kugel aus einer bestimmten Waffe gefeuert wurde. Alles nur Phantasie. Was da ist ist eine Kugel. Die eine bestimmte Form hat. Und ein Leuf, der bestimmte Spuren hat. Die exakt ineineander passen. Das ist das was da ist. Alles danach ist Gedanke, Phantasie, Interpretation.

Das spielt durchaus eine Rolle für jeden einzelnen. Denn in all diesen gedanklichen Konzepten liegt eine gewisse Unfreiheit. Weil ich früher mal erlebt habe....blabla...kann ich heute nicht usw.

Selbst die Tasse Tee. Bei der gedanklichen Verknüpfung, dass sie leerer sei als vorhin noch, entsteht eine Illusion die man für real halten kann und die wiederum Einfluss auf mein verhalten im Jetzt haben kann. Sagen wir mal - überspitzt gesagt - ich bin traurig weil meine Tasse Tee leerer ist. Aber die Tasse ist nur die Tasse Tee. Mit Tee. Nicht voller. Nicht leerer. Nur so voll wie sie gerade ist. Sie war nie voller. Oder leerer. Alles nur Gedanken.

Mag vielleicht ein bisschen nach Korinthenkackerei klingen oder sehr schwer nachvollziehbar sein. Im Alltag renn ich auch rum und denk es gäbe Zeit. Ist manchmal eine hilfreiche Idee, Nur ist es cool zu wissen, das das alles nur Mumpitz ist. Das alles hier. Und nur Gedankenkonstrukte. Die Verknüpfung von Ursache und Wirkung findet nur in der Phantasie statt. Man kann das hinter sich lassen zumindest immer wieder. Das kann enorm viel verändern. Zumindest bei mir hat es das.

Ist schon recht entspannend wenn man aufhört Pläne zu machen um irgendwas verändern zu wollen - um vermeintlich glücklich zu werden wenn man merkt, ich bin's doch dauernd. ;)

Mag nach Philosophie klingen, ist es nach meiner Erfahrung aber nicht. Philosophie ist die Auslegung der Realität. Ich meine jedoch die unausgelegte Realität soweit als möglich ohne ein Konzept. Wissenschaft und Phantasie sind auch nur Konzepte und Phantasie. So wie das meisste was wir für real halten. Das macht es dann aber um so witziger. Es macht enorm Laune über die Strasse zu gehen und zu denken es wäre gerade was passiert obwohl man weiss, dass es Schwachsinn ist.

Dein erstes Satz stimmt also. Das Jetzt ist Alles. Mehr ist da nicht. Niemand wird Jemals irgendwas Anderes finden oder irgendwoanders hin können.

Es bleibt dann nur noch die Frage was dieses Alles denn eigentlich ist. Die Atwort lass ich hier mal weg. :D

Okay, wenn ich das Jetzt finde, dann?
Ja gell, Du bist woanders? :D :D :D :D

Das alles, die ganzen phantastischen Geschichten entspringen dem Ego oder dem was wir den Verstand nennen. Der Gute fängt nämlich irgendwann an zu glauben, dass er er wäre oder überhaupt wäre. Irgend ein abgrenzbares vermeintliches Ich was auch nur ein Gedankenknstrukt ist und eine Phantasie. Dieses gedachte Ich sucht dauernd für seine Existenz Bestätigung. Und erfindet so permanent Geschichten dazu. Ich denke - also bin ich. Das braucht der. Die Realität ist - ob ich nun denke oder nicht, ist Jacke wie Hose. Ich bin. Auch ohne Gedanke. Nur der Gedanke, das der Gedanke das Ich wäre, der ist dann nicht mehr und das findet der Gedanke nicht so schön. Der will gerne was sein. Das findet der sexy :D

Dem was ich, Du, jeder wirklich und tatsächlich ist, ist das aber zum Glück alles total egal.

 
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Okay, wenn ich das Jetzt finde, dann?
Na ja, das Jetzt brauchst du gar nicht finden, das ist ja schon da, jederzeit ;)

Nur ist das oft nicht spür- und erlebbar, weil man in Gedanken mit der Vergangenheit oder der Zukunft beschäftigt ist. So geht "Jetzt" vorüber und vorüber und vorüber ohne dass man wirklich gelebt hat.