Hallo Raupe,
schön wieder von Dir zu lesen, hatte heute schon ein paar mal wegen einer möglichen Antwort deinerseits hier ins Forum geschaut.
Du sagtest, dass Du Deinen Partner bereits zweimal verlassen hattest. Auch dies ist eine weitere Parallele zu meiner Ex-Partnerin. (Wir waren 8 Jahre zusammen und sie wollte mich bestimmt mehr als 10 mal in dieser Zeit verlassen). Sie war bereits vor 3 Jahren einmal von mir weggezogen, um nur noch für sich und ihre Tochter zu leben. Das brachte sie aber nahe an einen Zusammenbruch und sie hielt es ohne mich nicht aus, so dass wir schon ein halbes Jahr später wieder zusammenzogen. Nach unserem letzten Sommerurlaub hatte sie dann eine Wohnung angemietet, aber es sich kurz vor dem Auszug wieder überlegt und ist schließlich geblieben. So war die Wohnung für vier Monate unbewohnt angemietet. Und in diesem Frühjahr hat sie sich schließlich ein Haus gekauft. Und auch hier wäre sie kurz vor dem Auszug am liebsten doch geblieben. Aber diesmal mußte sie es ja zu Ende führen. Einen Hauskauf kann man schließlich nicht so einfach rückgängig machen.
Und obwohl wir eigentlich wieder zusammen waren und wir uns nach dem Auszug regelmäßig treffen wollten, da die Liebe zwischen uns wieder neu aufloderte, hat sie sich plötzlich und für mich vollkommen unerwartet ganz radikal und zugleich kommentarlos von mir abgewandt. Funkstille! Aber nachdem ich zumindest nach einer Woche eine Reaktion aus ihr herausprovoziert hatte, um nicht völlig in der Luft zu hängen und sie mir mitteilte, dass ich in ihrem Leben keine Rolle mehr spiele und sie mich nicht mehr liebe, habe ich keinen Kontakt mehr zu ihr gesucht. Nur 5 Tage später rief sie mich an und war ganz verzweifelt, wollte mich sehen, aber zu dem Treffen kam es nicht. In den folgenden Tagen hielt sie immer wieder telefonischen Kontakt zu mir und brauchte für wichtige Dinge meine Unterstützung. Ich glaube, das alles zeigt, wie groß ihre innere Zerrissenheit ist. Als es ihr wieder besser ging, ignorierte sie mich erneut.
Ein Leben nach alten Mustern wird es nicht mehr geben. Der Gedanke zurück erscheint schon mir nur ranzig und schal. Wie wird es ihr da erst ergehen, die schließlich aus diesem Leben geflohen ist. Nein, auch ich kenne meine Defizite und werde diese korrigieren, sei es nun mit ihr oder ohne sie. Und ich möchte mit ihr gar nicht mehr so leben wie früher. Diese Beziehung war am Ende doch sehr monoton und eingefahren. Ich würde viel lieber mit ihr das Leben neu entdecken und die vielen aufregenden Möglichkeiten, die es bereithält, auch wirklich nutzen.
Aber sie ist auch sehr stolz, will jetzt alles alleine schaffen. Sie weiß durch unzählige Angebote meinerseits, dass sie jederzeit auf mein Hilfe bauen kann. Aber sie will es nunmal alleine schaffen. Und ich kann das auch verstehen. Ich denke, sie genießt zur Zeit ihre neuen Freiheiten und ein neues soziales Umfeld in einem ganz postiven Sinne. Und sie berichtete mir, dass auch sie Trauerarbeit leisten muß. Aber sie läßt sich keine Sentimentalitäten anmerken. Ja, sie ist stark! Und wenn sie sagt, dass sie im Moment gar nicht weiß was sie fühlt außer Wut, so weiß ich, dass diese Wut alles zudeckt und drunter auch noch viele andere Gefühle sitzen, vielleicht sogar noch die Liebe zu mir. Aber sie sagte, wenn sie zu mir zurückginge, wäre das ihr Untergang. Ich muß das aus ihrer subjektiven Sicht jetzt einfach mal so akzeptieren.
Ich kann im Moment nichts mehr beeinflussen und bin ganz von ihren Aktionen abhängig. Aber diese Passivität, zu der ich verurteilt bin, liegt mir nicht. Ich bin es gewohnt, meine Probleme zu lösen. Ich kann mich einige Zeit damit rumtragen aber entwickle langsam ein mich rettendes Gedankengerüst, das mir einen Weg aus der Misere weist. Und dann kommt der Moment, wo ich dieses Gerüst benutze, um das Problem zu überwinden. Ich will sie nicht aufgeben und da mein Herz noch besetzt ist, besteht auch nicht die Gefahr, dass ich mich einer anderen Frau zuwende, das würde mir absolut nichts geben. Aber ich spüre auch eine aufkommende Wut, weil sie immer wieder Signale aussendet, dass sie mich nicht vergißt, mir gleichzeitig aber auch bedeutet, dass sie nicht bereit ist, mir in zärtlicher Nähe zu begegnen.
Ich will ja geduldig sein und ihr die Ruhe zur Entwicklung geben, und ich bedränge sie auch nicht. Aber gleichzeitig befürchte ich eine zunehmende innere Distanzierung ihrerseits von mir und beargwöhne den Leidens-Abwehr-Mechanismus in mir, der mich mit Gewalt von ihr wegreißen will, um mich ins Leben zurückzuziehen. Verstehst Du, es fällt mir ungeheuer schwer, die Ballance zu halten zwischen Hoffnung und Aufgabe. Dies ist eine waghalsige Gratwanderung und ich drohe mal links, mal rechts in die Tiefe zu stürzen.
Ich spüre sehr genau, dass sie sich trotz ihrer von mir vermuteten Liebe, nur noch dann auf mich zubewegen wird, wenn sich ihre neuen Lebensstrukturen voll und ganz in ein erneutes Zusammenleben integrieren lassen. Und dies geht nur, wenn ich ihr den Raum dafür lasse. Dies soll aber nicht ein Raum sein, wie er einer Falle vorhanden ist. Ich will sie nicht zurücklocken, um dann so weiterzumachen wie vorher. Das widerstrebt nicht nur meinen eigenen Bedürfnissen sondern hätte zudem auch keine Perspektive. Ich glaube, dass in einer neu aufkeimenden Partnerschaft sich ein neues Vertrauen erst langsam entwickeln müßte, ein Vertrauen, das nicht blind glaubt, sondern durch Überzeugung wächst.
Dies alles ist ein langer, langer und ungewisser Prozeß mit offenem Ausgang. Ich glaube, für die folgenden Monate, wenn nicht gar Jahre, muß ich vernünftig und geduldig wie nie zuvor in meinem Leben sein. Eine ungeheure Herausforderung! Ich bezweifle, dass ich sie meistere.
Aber eines steht fest: Auch wenn ich von Wut und Haß schrieb, wenn ich meine Gefühle ergründe, so ist sie als Mensch ein Teil von mir geworden, den ich jetzt hergeben muß, wie eine Mutter auch ihre Kinder schließlich hergeben muß. Deshalb wünsche ich ihr nur das Allerbeste, und wenn ich sie leiden sähe, so würde mich das unendlich traurig machen. Ich meine, kann ich nicht froh sein, dass der Mensch, den ich liebe, jetzt irgendwo lacht und es ihm gut geht? Schlimm wäre es, wenn sie tot wäre oder in irgendeinem Verlies leiden müßte.
Viele Grüße
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