Hallo, Rebound,
das tut echt weh, zu lesen, was du über dich schreibst, und weißt du, warum? Weil ich jeden einzelnen deiner Gedanken bis ins kleinste kenne und immer wieder selber durchmache.
Dieses "Ich bin alleine. Niemand interessiert sich für mich. Niemand liebt mich wirklich. Ich bin für niemanden die Nr. 1. Alle sagen, man muß zuerst lernen, sich selbst zu lieben, bevor man jemand anderen lieben kann, bevor andere einen lieben können - aber ich kann es einfach nicht. Man soll lernen, sich selbst glücklich zu machen, aber ich kann es einfach nicht" habe ich ungefähr ein- bis zweimal pro Woche, und meine schlimmste Phase ist schon längst vorbei.
Ich bin ebenfalls in Therapie, wegen Depressionen mit akuter Suizidgefahr, ausgelöst durch die Trennung von meinem Mann nach fast 16 Jahren und einer direkt anschließenden sehr unglücklichen Liebesgeschichte. Ich kenne sogar durch die Therapie die Ursachen für meine Zustände bis ins kleinste Detail: Krasses Liebesdefizit aus der Kindheit, seelische Vernachlässigung, Gewalt. Nur: Es nutzt mir bisher nicht das geringste zu wissen, WORAN es liegt - ich sehe einfach die Lösung nicht. Manchmal habe ich gute Tage, dann kann ich mich auch wieder über Dinge freuen, hab Spaß daran, es mir zu Hause nett zu machen mit Kerzen etc, hab in jedem Zimmer frische Blumen, mach mich hübsche, denke, ich bin über den Berg, nie wieder werde ich an Selbstmord denken, und dann kommt der nächste Rückschlag. Keine Blumen mehr, keine Kerzen, keine Lust, mich zurecht zu machen, ziehe tagelang dieselben Klamotten an, kriege es nicht mehr auf die Reihe, meine Freunde anzurufen, ziehe mich völlig zurück. Stecke meine Ziele ganz klein: Einfach nur durchhalten bis zum nächsten Tag.
Ich war mit ca. 20 schwer depressiv, habe zwei Jahre lang nicht ein einziges Mal gelacht, hatte jede Nacht solche Alpträume, daß ich Angst vor dem Schlafengehen hatte, war bei verschiedenen Therapeuten in Behandlung und sollte in eine Klinik eingewiesen werden. Davor hat es mich total gegruselt, ich hab dann meine 200 Mark genommen und bin nach Spanien getrampt - ohne einen Menschen zu kennen, ohne die Sprache zu sprechen. Es war das beste, was ich hatte machen können. Dadurch, daß ich mich 100prozentig auf alles konzentrieren mußte, mich anstrengen mußte, mit anderen kommunizieren mußte, sei es wegen Unterkunft, Fragen nach einem Weg, essen beschaffen - ich konnte nicht mehr blind in meinem eigenen Sumpf vor mich hindämmern, ich mußte aus mir raus, mich auf die Außenwelt konzentrieren, und das hat mich aus meiner ewigen Abwärtsspirale total herausgerissen. Es hat ganze 14 Tage gedauert, bis ich wieder gelacht habe, und meine Alpträume waren verschwunden. Danach dachte ich, das Thema sei ein für alle Mal erledigt, aber jetzt hab ich wieder damit zu tun und manchmal ist das einzige, was mit am laufen hält, der Gedanke daran, daß auch dieser Zweijahres-Alptraum vorüber gegangen ist und ich phantastische Zeiten voller Glück und Liebe und Spaß am Leben erleben durfte. Was ich damit sagen will: Bitte, bitte, bitte, lieber Rebound, gib dich nicht auf! Gib bitte nicht auf, auch wenn du kein Licht am Ende des Tunnels siehst! Du hast eine ausgewachsene Depression, dabei können dir deine Freunde nicht helfen (was aber nicht heißt, das keiner an dir interessiert ist!), du brauchst die Therapie, und wenn du irgendwann das Gefühl bekommen solltest, mit dieser Therapie nicht weiterzukommen, dann geh zu einem anderen Therapeuten, versuch etwas anderes, nur: mach weiter! NIEMAND bleibt für immer unten, auch auf dich warten noch wunderbare Zeiten. Ich weiß, man kann das manchmal nicht glauben. Dieses Scheiß Gefühl, daß nichts einen Sinn macht, daß es sowieso niemanden interessiert, ob man da ist oder nicht, daß einen sowieso keiner vermißt, also ist eh alles egal - der reine Horror! Ich wünschte, ich könnte dir etwas sagen, wodurch es dir auf der Stelle besser geht, aber ich weiß nichts. Mir fällt für mich selber auch nichts ein, außer daß ich gelernt habe daran zu glauben, daß es IRGENDWANN wieder bergauf geht, und daß ich einfach durchhalten muß, mich zum nächsten Tag durchhangeln, und wenn ich nur reglos auf dem Bett liege und die Decke anstarre und einfach gar nichts tue, um keine Dummheiten zu machen. Mich gruselts manchmal, wenn ich mir selber zuhöre, meinen eigenen Gedanken, dann denke ich manchmal: Mein Gott, noch niedriger kann man seine Ansprüche an das Leben wohl nicht mehr schrauben.
Bitte, laß was von dir hören, ok?
Magdalena