Vielen Dank für die ausführliche Antwort!Liebe Lena,
ich stimme mit Serena überein.
Das Leben besteht aus einer Abfolge von Ereignissen. Dinge kommen und gehen, Lebenslinien werden gelegt.
Es gibt Zeitfenster, in denen man handeln kann, danach sind sie wieder geschlossen.
Was man tun sollte oder nicht, das weiss man manchmal nicht so genau, wenn man vor einer Entscheidung steht. Was geworden wäre, hätte man sich anders entschieden, weiss man auch nicht. Aber im Rückblick weiss man manchmal, dass die vorwärtsgerichteten Entscheide nicht immer die besten waren.
Allerdings lässt sich daran nichts mehr ändern. Ausser: Dass man lernt, sich auf weitere Entscheide vorzubereiten, damit man immer mehr den Weg wählt, den man gehen möchte.
Die Umstände bei dir und deinem Fast-Freund haben sich grundsätzlich geändert. Er ist Vater geworden, lebt mit seiner Freundin und seinem Kind zusammen. Wie gut oder schlecht das sein soll, können Aussenstehende nicht erkennen oder einschätzen. Es ist nicht ihr Leben und was auch immer sie sagen, die Meinungen entspringen aus ihren Gedanken. Wenn sie schlecht reden, dann kommt es daher, dass sie nie so leben wollen würden - und sie tun es ja auch nicht.
Aber wenn er sich entschieden hat, mit der Mutter und dem Kind zusammen zu leben, dann kann man das nur unterstützen. Und er, der alles erlebt und durchlebt, wird sich schon überlegen, ob er das will oder nicht. Und auch wenn das Gefüge für Aussenstehende nicht das ist, was sie sich vorstellen können oder wollten und daher abschätzig darüber reden: Es ist nicht deren Leben. Es ist das Leben dieser kleinen Familie. Sie alleine müssen entscheiden, wie sie ihre Leben leben wollen. Und man kann von aussen nur unterstützend und wohlwollend helfen.
Daher fände ich es keine gute Idee, dass du mit dreijähriger Verspätung ihm deine jetzt erwachte Liebe beichtest. Was soll er denn damit anfangen? Frau und Kind verlassen und zu dir ziehen?
Warum ist es bei dir auf einmal so klar, dass du ihn liebst, während in der Zeit, in der alles möglich war, du dich sogar noch zurückgezogen hast? Könnte es ein, dass gerade der Umstand, dass da eine Frau ist, die ihn tatsächlich will und auch "hat" und sogar noch ein Kind mit ihm bekam, dein ganzes Sehnen so richtig ausgelöst hat? Kann es sein, dass ein Mann, der von einer andern Frau gewollt wird und sogar Vater wird, auf einmal viel attraktiver erscheint als zuvor? Und dann grämt man sich, weil man nicht auch so gehandelt hat, dass man ihn bekommen hätte?
Nun, im Leben wird noch vieles nicht so verlaufen, wie man es gerne hätte. Aber das ist auch nicht weiter schlimm. Man muss sich selber gegenüber auch milde sein, daran denken, dass man stets das tut oder getan hat, was einem möglich war.
Wenn du also nicht ihn als Freund gewinnen konntest, dann war das eben nicht möglich. Und diese Entscheidung lag nicht nur bei dir. Er hätte sich ja auch melden können - hat er aber nicht. Ob nun aus dem Grund, dass du dich nicht gemeldet hast, oder weil er einfach gar kein Interesse hatte, ist einerlei. Was daraus wurde, ist das Entscheidende: Ihr seid nicht zusammen.
Und nach drei Jahren Funkstille und ihn nicht mehr gesehen zu haben, erscheint mir das plötzliche Auftauchen von dir in seinem Leben mit einem Geständnis deiner Gefühle für ihn eine etwas seltsame Sache. Stell dir vor, einer deiner früheren Verehrer würde so etwas tun. Du hättest ihn schon fast vergessen, und dann kommt da ein Brief oder sonst irgendetwas. Wie würdest du darauf reagieren?
Vielleicht hat sich dein Liebeskummer ja schon verselbständigt. Mit dem Kummer ist gar nicht mehr ER gemeint, sondern es bezieht sich auf deine generelle Lage (du alleine, kein Freund). Der Kummer verselbständigt sich und ER ist vermeintliches Ziel.
Vielleicht kannst du ja herausfinden, woher das kommt und dann einen Weg finden, wie du diesen Kummer überwinden kannst. Natürlich wird dir das nicht leichter gemacht, wenn deine eigene Familie immer wieder in die Kerbe schlägt, dass er doch ein toller Schwiegersohn wäre. Prinzipiell muss der Schwiegersohn oder die Schwiegertochter ja nicht den Eltern gefallen, sondern dem/der Partner*in. So haben seine Eltern also wenig Freude an ihr, und sie schottet sich eben ab, um dem Stress auszuweichen, was gut verständlich ist. Aber offensichtlich funktioniert das Gefüge zwischen ihr und ihm, sonst hätte er entsprechend gehandelt.
Bei deiner Nachricht, musste ich mir ein paar Tränen verdrücken. Wahrscheinlich, weil du die Wahrheit aussprichst und es gut tut, von einer außenstehenden Person soetwas zu lesen. Es ergibt alles Sinn für mich, was du schreibst. Ich möchte ihm auch nicht Schaden oder sein Familienglück stören, das war nie meine Absicht. Ich habe eben nur in den letzten Jahren keinen Ausweg aus dem Liebeskummer gefunden und dachte eben der Brief könnte endlich für mich ein Abschluss sein.
Natürlich nagt es an mir, dass er mit dieser Frau zusammen ist. Aber es ist ja nicht meine Aufgabe sie zu mögen oder eben nicht. Es ist einfach schwierig, denke ich zu akzeptieren, dass er (höchstwahrscheinlich) glücklich ist und das eben nicht mit mir. Abgesehen von der Vorstellung, dass zwischen uns niewieder etwas sein wird und ich mich frage ob ich nocheinmal für jemand anderes so empfinden kann, ist es schwierig mein Leben "ohne ihn" weiterzuleben. Irgendwie kann ich mir ein Leben ohne dieses ständige Gedankenkarusell und den Kummer gar nicht vorstellen, denn wenn man berechnet das er meine erste große Liebe war und ich ihn ständig vermisst habe, aufgrund der Entfernung, weine ich ihm fünf Jahre hinterher. Wahrscheinlich ist es alles auch schon eine Gewohnheit geworden.
Achso und auf die Frage warum es mir aufeinmal so klar ist, dass ich ihn liebe, ist dass es nie anders war. Ich habe ihn damals als ich mich dann zurückgezogen habe auch geliebt, nur wollte ich eben nicht, dass er sein Leben für mich hinschmeißt und dachte es sei besser wenn ich "zurückstecke" und wir Freunde bleiben. Und bis heute sind die Gefühle nicht weniger geworden. Jedoch ergibt es auch Sinn, was du geschrieben hast mit dem verselbständigen des Liebeskummers. Sehnen tue ich mich natürlich nach ihm, aber wahrscheinlich ist es auch auf meine ganze aktuelle Lage bezogen. Vielleicht ist es auch nur noch Kummer, nach den Gefühlen von damals, da ich es vermisse so zu fühlen?!
Danke, das hat mir gerade gut getan. Mal eine andere Sicht auf die Sache.