Offene Liebe

Ich habe heute mit meinem Ex gechattet, wahrscheinlich das letzte Mal. Er hat sich in eine andere Frau verliebt. Es sei für ihn so, wie bei uns am Anfang, ein gutes Gefühl im Bauch etc. - in einem Satz ein Kompliment an mich und gleichzeitig ein Schlag ins Gesicht. Es ist tatsächlich vorbei, sogar wenn er sich bei der Neuen auch so schnell entlieben sollte wie bei mir. Er ist nicht mehr in mich verliebt. Wenigstens war er es einmal, aber jetzt ist es vorbei. Es ist nicht nur Bindungsangst etc, sondern einfach verlorene Verliebtheit. Das ist die Antwort, die er mir nie gegeben hat, jetzt hab ich sie. Ich kann mir nichts mehr vormachen. Ich muss Abschied nehmen von ihm.

Auf eine gewisse Weise bin ich doch auch froh, denn nun kann ich einen Mann suchen, der wirklich so ist wie ich, der fühlt wie ich. Ich muss mich nicht mehr verbiegen und anpassen, kann wieder ganz mich selbst sein. Meine Wahrnehmungswelt ist viel reicher als seine, mit vollen Gefühlen. All das, was mir etwas bedeutet, empfand er als irrelevant, meine Liebe zu ihm, meine Liebe zu meinem Neffen, all das ist irrelevant für ihn, für mich jedoch die Essenz des Lebens. Es wäre nie gut gegangen mit ihm, ich wäre mir selbst untreu geworden, hätte mich völlig verloren in seiner poetischen aber oberflächlichen Ich-Welt. Durch ihn war ich die ganze Zeit total durcheinander, als wäre ich diejenige, die komisch ist.

Jetzt fühle ich mich wieder leichter, noch nie waren meine inneren Bilder so intensiv und gefühlvoll wie in der Zeit des Liebeskummers, als täte ich etwas Verbotenes, als wäre es mir nicht erlaubt, eine Seele zu haben, denn all das, was ich sagte, wurde von ihm derart als nichtig angesehen.

Wenn mein Neffe Gitarre spielt, erzähle ich ihm hin und wieder die Geschichte von einer Frau, die in Venedig am Ufer steht und weint um ihren ertrunkenen Sohn. Spiele für sie und tröste sie, sage ich dann immer zu meinem Neffen. Dann spielt mein Neffe so wunderschön, die Musik erhält Seele und tröstet auch mich. Mein Ex hat nichts davon verstanden, doch für mich bedeutet es alles.

 
Es klingt abgedroschen, doch die Zeit hilft dir dabei alles etwas abklingen zu lassen und der Richtige wird noch kommen. Schön das du dich etwas trösten kannst und es relativ gut verarbeitest. Hauptsache nicht allein oder einsam sein!

 
Diese Geschichte hat mich heute aufgestellt, weil es zwei Dinge vereinigt, mein Hobby, die Astronomie, und meine Vorstellung von Seelensex und echter Liebe:

Es war einmal eine Frau, die war sehr gut darin, Männer sexuell zufriedenzustellen. Sie kannte alle Tricks und genoß es, die Männer wild zu machen. Aber sie fühlte nie etwas dabei. Eines Tages lernte sie einen Mann kennen, der nicht wollte, dass sie ihn befriedigte. Statt dessen schlug er ihr vor, ihm einfach in die Augen zu schauen.

Sooo berührten sie sich mit Blicken stundenlang auf liebevolle Art und Weise, die fast sexuell war, aber nicht ganz.

Wann immer sie versuchte, ihn so zu befriedigen, wie sie es bei den anderen getan hatte, sagte er: "Nein, es geht jetzt nicht um Sex, es geht darum, einfach zusammen zu sein". Und so ging ihr merkwürdiges Liebesspiel weiter. Und dann geschah etwas: Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte die Frau - als sie endlich den ersten Sex hatten -, dass die Sonne um Mitternacht aufging und sie zusammen zu den Kratern auf dem Mond reisten. Sie fühlte etwas von ihrer gewaltigen Tiefe und Süße von äußerster Schönheit. Sie wußten beide, das Erlebnis war vollkommen.

(aus "Das wundervolle kleine Sexbuch" von William Ashoka Ross)

Ich hab mir tatsächlich schon überlegt, mich bei den (Hobby-) Astronomen/Astrophysikern umzuschauen, da wär das mit dem Kosmos nicht so abwegig und vielleicht schon unbewusst angelegt. Ein Teleskop hab ich schon *lach*

 
Irgendwie bewundernswert, wie du es immer wieder schaffst neue Energie und Hoffnung zu schöpfen... es ist so und du hast völlig Recht, es ist keine Illusion, die du um dich aufbaust, es ist Realität, doch manch einer zieht sich lieber zurück und verkriecht sich in seinen Schmerz, nur weil er nicht loslassen kann, nicht loslassen will... Ich weiß, dass es dich immernoch bedrückt und so viel Hoffnung und Erleichterung (im Sinne von Gewissheit zu haben) du auch hast, irgendwie wird es dich immernoch bedrücken, ob nun wegen ihn als Person, die du liebtest oder wegen der Liebe selbst.

Ich hab mir tatsächlich schon überlegt, mich bei den (Hobby-) Astronomen/Astrophysikern umzuschauen, da wär das mit dem Kosmos nicht so abwegig und vielleicht schon unbewusst angelegt. Ein Teleskop hab ich schon *lach*
Naja, vielleicht solltest du dich anstatt noch Astronomen/Astrophysikern umzuschauen, dich einfach nach Möglichkeiten umschauen, Hobby und Interessen weiter auszubauen (Club der Sternengucker oder so ;) ) Ich habe inzwischen den Eindruck gewonnen, dass man den Lebenspartner meistens nur indirekt findet (über Freunde, Hobbys, Ausbildung, Beruf usw.).

Viel Glück :super:

 
Ja, Du hast Recht, trauri.

Gefühle lassen sich nicht so leicht abstellen und wenn die Situation nicht so eindeutig hoffnungslos wäre, dann stände es ev. schlimmer um mich. So aber muss ich versuchen, das alles irgendwie zu verdauen und für mich zu ordnen.

An Heilig Abend feierte ich u.a.mit meinem Bruder, der ebenfalls Aspie ist wie mein Ex. Ich dachte zuerst, es könnte mich belasten, wenn ich die Ähnlichkeiten mit meinem Ex erneut sehe etc., doch war ich einfach nur müde. Der Abend war okay, trotz der dumpfen Gedanken, die um ihn und meinen Ex kreisten.

Ich lese gerade die Autobiographie des Asperger-Autisten Axel Brauns/Buntschatten und Fledermäuse. Dadurch klärt sich das gesamte merkwürdige Verhaltensspektrum meines Ex auf, sogar das schnelle Desinteresse am Schluss. Es rührt alles von diesem Handicap her, ist also nicht persönlich gemeint. Dadurch kann ich ihm vollauf verzeihen, er kann nichts dafür. Vieles, was ich an ihm feststellte und von ihm bestätigt bekam, kann ich erst jetzt richtig glauben, wo ich es in diesem Buch wiederfinde.

Irgendwie ist nun alles enträtselt an ihm, ich hoffe, ich kann mich nun ganz von ihm lösen. Ich glaube, ich bin jetzt im letzten Liebeskummerstadium. Ich falle nicht mehr so oft in das alte Gedankenmuster zurück, das jetzige objektiv reale Bild von meinem Ex wird immer stabiler, wackelt nur hin und wieder etwas. Ich kann sein Aspie-Sein und die Trennung immer mehr realisieren und fassen. Und ich sehne mich nun mehr nach dem richtigen Mann, der noch nicht da ist, aber hoffentlich im nächsten Jahr oder so auftauchen wird. Aber ich werde mir Zeit lassen und nichts forcieren. Es soll ja der Richtige sein und nicht der Nächstbeste.

Danke auch für das Daumendrücken! :]