Was macht eine Freundschaft aus?

Das sind deine Gefühle und ich kann mir vorstellen, wie schwer es sein muss. Gibt es etwas, was du dir vorwirfst? Oder sind es eher nur Antworten von ihm, die du nicht mehr bekommen wirst?
Sich zu verabschieden ist anscheinend für viele sehr wichtig, aber wäre es nicht extrem bedrückend? Vielleicht sogar traumatisch? Und wenn er dir nichts davon gesagt hätte, was du von ihm erwartet hast, man hat oft falsche Vorstellungen davon, was andere in Krisensituationen tun würden. Auch Menschen, die man sehr gut kennt.
Mit wem sprichst du über die Situation, kannst du jemanden alles erzählen?
 
Ich weiß nicht, ob ich Dich ganz verstehe.
Ein Abschied kann ja verschieden aussehen. Mir geht es um Ungesagtes.
Wenn man mit schlechten Gefühlen oder Streit auseinander geht, ist das der worst case in einer sonst guten Beziehung / Freundschaft / familiären Bindung.
Wenn man dann nichts mehr (er-)klären kann, ist es schlimm.
Als Beispiele (ich habe viele ...): Mein Opa starb zwei Wochen nach meiner Jugendweihe. Ich sehe ihn und uns heute noch winkend, als der Zug mit ihm ausfährt ... Eine schöne Erinnerung. Ich hätte ihm gern noch gesagt, was ich bedauere. In dem (meinem damaligen) Alter ist man zickig, und ich war ungerecht zu ihm ...
Aber alles in allem war alles gut mit uns, denke ich. :)
Meine Mutti sehe ich heute noch stehen, als sie mir nachschaut, während ich wegfahre ... So gern hätte ich ihr noch gesagt, wie sehr ich sie liebe. Mir mehr Zeit genommen für sie ... :cry:Heute sage ich oft in Gedanken zu ihr: Jetzt weiß ich, wie Du das gesehen hast / gemeint hast / Dich gefühlt hast.
Als sie im Koma lag, habe ich sie tgl besucht, ihr vorgelesen. Als es zu Ende ging, um Verzeihung gebeten und ihr verziehen. Alles, was sich aufgestaut hat im Leben. Aber sie konnte eben nicht mehr antworten / reagieren.
Mein Vati - da war noch so viel offen, ungeklärt. Auch er wollte reden, das habe ich allerdings erst danach erfahren ... Als Kinder haben wir die Scheidung nie wirklich aufgearbeitet, und er ging ganz schnell. :(
Wir hatten und haben noch so viele Fragen über "damals", denn das hat unsere gesamte Kindheit überschattet ... Unsere Entwicklung.
DAS ist traumatisch. Keine Aufarbeitung, keine Versöhnung, keine Geste des Verständnisses. Im Geben, aber auch im Empfangen. Vielleicht sogar im Streit ...

Mein Freund hatte mir ja nun nur diese Nachricht geschickt, und seitdem haben wir uns nicht mehr gesprochen.
Angeblich hatte er Interesse an einem Gespräch, aber er ist nicht auf mich zugekommen. Ich selbst hatte einen Brief im Konzept, aber ihn sehen, das hätte ich nicht ertragen. Er ist die Liebe meines Lebens. Er sagte einmal, wenn wir es verkacken und uns mit 80 nochmal treffen, sind unsere Gefühle wie immer ... So war es ja auch, nachdem wir uns nach über 20 Jahren wieder begegnet sind. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde ...
Er war immer mit all seinen Ex' noch befreundet 😬🙄, aber für mich kam das nicht in Frage, weil ich es nicht ausgehalten hätte, ihn zu sehen, und nur als "Freund" betrachten zu dürfen. Das habe ich früher auf Arbeit schon kaum ausgehalten.
Ich kann und konnte diese Liebe nie erklären, er auch nicht, aber dennoch haben wir unterschiedliche Auffassungen von "Liebe" gehabt. Deshalb hat er sich ja auch getrennt. Ich hätte das nie getan, denn ich hatte ja meine Liebe, ich war mit meiner Liebe zusammen, auch wenn viel nicht gepaßt hat, aber das verspricht die Liebe auch nicht. Ich hatte die Liebe meines Lebens an meiner Seite, was kann es besseres geben? Und bedingungslos lieben heißt eben, ohne Bedingung lieben. Ohne Bedingung, dies oder jenes zu erfüllen ...
Es ist nicht erklärbar, was auch immer das zwischen uns war, aber es war und ist einzigartig.
"Es ist, was es ist ...".

Das alles hätte ich ihm gern gesagt bzw geschrieben, natürlich auch meinen Schmerz und mein Unverständnis über sein Verhalten zur Trennung. Ich hätte ihn auch gern nochmal in den Arm genommen, auch bzw trotz neuer "Schnickse". Als wir uns vor inzwischen 14 Jahren wiedersahen, bin ich auf ihn zugestürzt und wir lagen uns in den Armen. Da dachte ich dann, sorry, falls jetzt eine Frau auftaucht, die mit ihm zusammen ist, das muss sie ertragen. 😀

Ein Abschied ist nicht immer verbunden mit dem Wissen, man sieht sich nie wieder. Das meinte ich nicht. Sondern das alles, was schwer auf dem Herzen liegt, gesagt ist. Man "im Guten" Tschüss sagt, immer in der Erwartung, sich wieder zu sehen. Manchmal kommt dann der Tod dazwischen, aber im Grunde war alles wesentliche gesagt.
Und bei uns war nichts gesagt. Bei uns war viel zu viel offen durch diese Trennung aus der Ferne.
All meine Gefühle und Fragen waren ungeklärt.
Vermutlich hätte er, wie Du schon sagst, nicht das gesagt, was ich hätte hören wollen. Das ist mir auch klar. Aber ich denke, ich hätte dennoch mit der Zeit ein paar Dinge besser verstanden, mit ihnen umgehen können. Wichtig wäre mir aber auch gewesen, dass ich ihm meinen Standpunkt dargestellt hätte, ihm gesagt hätte, wie verletzt ich bin, und dennoch voller Liebe zu ihm ...
Ich hätte ja gar nicht gewusst, dass er so nahe am Rande des Todes steht, aber das, was uns 40 Jahre verbunden hat, das hätte es erklärt, warum ich ihn in seiner Krankheit gern besucht hätte. Ich bin mir sicher, er hätte das auch verstanden ( wenn auch nicht erwidert gefühlsmäßig). Er war ja schließlich neu vergeben.

Als er nach seinem schrecklichen Entschluß im Koma lag, hat aber auch niemand etwas zu mir gesagt.
Das Abschied-nehmen-wollen verstehen viele Menschen nicht. Weil sie, so vermute ich, nicht in solche Situationen geraten. Noch was erklären wollen, noch einmal Freundschaft / Zuneigung / Liebe bekräftigen wollen. Bei manchen ist vielleicht tatsächlich soweit alles gesagt, dass sie in Frieden leben können.
Das häufigste Argument, denjenigen so in Erinnerung behalten zu wollen, wie sie ihn kennen, bringen die Menschen meist hervor. Auch ich habe das bei meinem Schwager z. Bsp. damals getan. Ich konnte ihn nicht tot sehen ... 😢
Aber darum geht es (mir) gar nicht. Es geht nicht darum, diesen Menschen noch einmal ansehen zu wollen, vielleicht sehen zu wollen, wie er zum Schluss aussah ...
Nein, das ist es überhaupt nicht.
Es ist das, was man gern noch gesagt hätte, irgendwann. Was man fühlt(e), was einen bewegt hat.
Ich habe es ihm gesagt, als ich Abschied genommen habe, als er längst tot war. Es war so schwer. Und ja, sein Anblick war schlimm für mich, weil die Tat natürlich Spuren hinterlassen hat. Und ich war entsetzt, wieso im KH niemand 🧽🧴... ach, so viele Fragen dazu. Und dennoch war es gut, und er war so vertraut für mich wie immer ...
Doch das ist kein Vergleich zu einem Gespräch, zu einem Treffen, an dem beide aktiv teilnehmen können. Es war einfach nur das, was ich als einziges noch tun konnte. Was übrig blieb.🥺

Hast Du, Leela, noch niemanden verloren und gedacht, schade, dies oder das hätte ich gern noch gesagt? Ihm gewünscht? Oder ein Streit war das letzte, was ihr gemeinsam hattet?

Ich habe es einer gemeinsamen Bekannten und Ex von ihm erzählt, die mich überhaupt erst informiert hat über seinen Tod. Wir verstehen uns gut. Ich musste es jemandem erzählen in diesem Moment (außer meinen Kindern, aber die quatschen nicht). Sie hat es aber weitererzählt, obwohl sie wusste, es darf niemand sonst wissen, aber sie dachte auch nicht, derjenige erzählt es ... hat er aber ... Und so fiel ich in Ungnade in seiner Familie, die Schwägerin meines Freundes hat mir dann den Kontakt untersagt. Da sein Bruder sehr darunter leidet (er hat ihn zudem gefunden), akzeptiere ich das. Außerdem bleibt mir ja nichts weiter übrig.
Einen Fehler sieht niemand bei sich, und ich stehe nun da und bin ausgeschlossen. Deshalb kann ich auch mit niemandem weiter darüber reden. Auch mit der Bekannten nicht mehr, es wurde ihr zuviel. ... Sie verstehen mich auch nicht, aber mit ihnen (seinen Ex') hat er eben auch irgendwann nach einer Trennung wieder gesprochen, von sich aus. Nur ausgerechnet mit mir nicht.

Ich bin in einer Gruppe von Betroffenen, das hilft im Austausch.
 
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Ich wünschte, ich könnte dir helfen 😪 Jeder trauert anders, es lohnt sich trotzdem, darüber zu lesen. Nicht unbedingt die Trauerphasen, nicht aus psychologischer Sicht, sondern darüber, was die Trauer und der Verlust in deinem Gehirn verändern.
Du schreibst, er lag im Koma, du hättest ihn trotzdem besucht, auch wenn er dich nicht mehr hätte hören können.. du hättest keine Antworten auf deine Fragen bekommen, hättest dich aber trotzdem verabschieden können. Es ist dann wie ein Ritual und deswegen so wichtig, weil du es für so wichtig erklärt hast.
Ich empfinde das tatsächlich anders, ja,,es sind in meinem Umfeld Menschen gestorben, aber ich habe nicht das Gefühl, dass es etwas verändert hätte, wenn ich ihnen noch etwas kurz vor dem Tod gesagt hätte, was ich ihnen ggf. sagen wollte. Wenn das, was ich ihnen zu sagen hatte, sie irgendwie berührt oder beeinflusst hätte, wäre es nur ein kurzer Augenblick, ich finde es wichtig, dass man solche Gespräche mit Menschen führt, die noch eine Weile mit einer Belastung zu leben haben, wenn ich jemandem verzeihen möchte oder um Verzeihung bitten, dann jetzt, nicht erst kurz vor ihrem Tod.
Er hat dich auch kein einziges Mal darum gebeten, ihm zu verzeihen, hat sich kein einziges Mal bei dir gemeldet. Er hätte dir deine Fragen auch nicht so beantwortet, wie du es dir gewünscht hast. Alles, was dich jetzt belastet, kannst du mit dir selbst klären. Du hattest das Bedürfnis, ihm etwas mitzuteilen, er hat es aber gar nicht verlangt. Du hast ihm nichts geschuldet. Du hast wegen der Trennung gelitten und der Art , wie er dich behandelt hat, das kannst du auch jetzt noch verarbeiten, solange du akzeptierst, dass man dafür keinen Abschied und kein Gespräch braucht, dass es ausschließlich deine Gefühle, dein Schmerz und deine Trauer sind.
Wenn du dauernd denkst, dass dieses fehlende letzte Gespräch den Abschied nicht möglich macht, wird es auch so bleiben, du wirst nicht abschließen können. Aber es gab doch nichts, was er von dir hätte noch unbedingt hören müssen, er hat keine Bitten geäußert.
Nur deine Gedanken werden es dir erschweren, mit der Trauer klar zu kommen, die Bedingung, die du dir selbst gesetzt hast.
Versuch dich umzuschauen, wo du professionelle Hilfe bekommen könntest. Oft tun wir selbst alles, um nicht loslassen zu können, weil die Trauer an die Stelle des Menschen tritt, ohne den wir uns unvollständig fühlen. Die Trauer nimmt diesen Platz ein und wir wollen gar nicht, dass sie weggeht.
Bei dir dauert es schon lange, du hast nicht mal die Trennung verarbeitet und akzeptiert.
Du musst jetzt etwas dafür tun, sonst wird es noch lange so weh tun, wie jetzt.
Ein solcher Schmerz vergeht vermutlich nie, aber er soll langsam nachlassen, sonst ist dein Körper die ganze Zeit im Ausnahmezustand und so kann man auf die Dauer nicht leben. Dein Leben geht weiter und es darf nicht nur aus Trauer und Erinnerungen bestehen.
Hast du schon mal Antidepressiva genommen?
 
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aber ich habe nicht das Gefühl, dass es etwas verändert hätte, wenn ich ihnen noch etwas kurz vor dem Tod gesagt hätte, was ich ihnen ggf. sagen wollte.
Für den Verstorbenen vielleicht nicht, aber für denjenigen der noch etwas hätte sagen wollen ev. schon. Ich kann die Gefühle von ChMaus nachvollziehen, was dies anbelangt. Mein Vater ist auch ganz plötzlich verstorben resp lag noch 2 Tage im Koma, bevor die Geräte abgestellt werden mussten. Ich hätte vieles dafür gegeben wenn ich auch nur noch 5 Minuten mit ihm bei Bewusstsein gehabt hätte. Um ihm zu sagen, dass ich ihm alles was er mir und uns als Familie mit seiner Sucht angetan hat, verziehen habe. Und dass ich ihn über alles liebe.. vielleicht hätte er so auch leichter gehen können und nicht noch stundenlang kämpfen müssen.. auch ohne Unterstützung der Maschinen..
Du musst jetzt etwas dafür tun, sonst wird es noch lange so weh tun, wie jetzt.
Ein solcher Schmerz vergeht vermutlich nie, aber er soll langsam nachlassen, sonst ist dein Körper die ganze Zeit im Ausnahmezustand und so kann man auf die Dauer nicht leben. Dein Leben geht weiter und es darf nicht nur aus Trauer und Erinnerungen bestehen.
Das sehe ich wie Leela - such dir Hilfe (es muss gar nicht unbedingt medikamentös sein).
 
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Ich glaube, dieser Abschied ist etwas kulturelles, eine Tradition, mit der wir aufwachsen und der wir dadurch einen bestimmten Wert zuschreiben und den nie in Frage stellen. Vielleicht hätte deinen Vater deine Worte berührt, vielleicht nicht, vielleicht wäre er noch in der Lage, die zu verstehen, vielleicht waren seine Gedanken nicht mehr klar genug. So oder so, solltest du dir aber deswegen keine Vorwürfe machen und Frieden damit schließen, dass es nicht dazu gekommen ist.
Ich übrigens bin überzeugt, dass nichts hätte anders ablaufen können, als es abgelaufen ist.
Zu Medikamenten: es ist manchmal hilfreich und kann in der ersten Phase sehr helfen, man muss die Medis nicht ewig nehmen, manchmal hat man nicht die Kraft, alleine Fortschritte zu machen und man braucht kleine Fortschritte, wenn man stark leidet.
 
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Ja, meistens, aber jeder braucht manchmal eine Pause. Trauer tötet viel in dir, wenn man ununterbrochen trauert, ist man irgendwann geistig halbtot und körperlich völlig erschöpft.
 
Mein Verhältnis zu meinen Eltern war schwierig. Meine Kindheit hab ich mit Streit, Gewalt, Alkoholexzessen und lieblosigkeit in Errinnerung. Als mein Vater nach mehreren Herzinfarkten und Schlaganfällen starb, war ich zuerst einfach nur erleichtert. Bei seiner Beerdigung hab ich mir dann die Augen ausgeheult. Mir wurde klar, das er garnicht der böse war. Das die Umstände, er Kriegskind, heimatlos, ganz einfach die falsche Frau geheiratet hat. Das es meine Mutter war, die ihn auch dazu getrieben hat, zu diesen Gewaltausbrüchen. Aber ich, das ungewollte Nesthäkchen, nichts damit zu tun hatte. Es tat mir unglaublich weh das ich es nicht früher erkannt habe und darunter habe ich sehr gelitten. Es hat mich verfolgt. Bis ich tatsächlich vom ihm geträumt habe. Er ist mir im Traum erschienen, er kam mir irgendwie geläutert vor. Hat mir mitgeteilt das alles gut ist. Nach diesem Traum hatte ich abgeschlossen. Ich brauche mir keine Vorwürfe zu machen.
So einfach war es nach dem Tod meiner Mutter nicht. Da hat es wirklich eine Therapie über fast 2 Jahre benötigt um mit ihr abzuschließen.
 
Ich danke euch sehr für eure Antworten.
Um zusammenfassend an den letzten Post #30 anzuknüpfen: Was meine Kindheit / Mutti ... betrifft, so dachte ich mein Leben lang, eine Therapie wäre, was ich machen müsste und wollte. Zur Aufarbeitung, denn meine Kindheit war recht kompliziert für mich. Als meine Mutti dann starb, und ich ihr am Sterbebett das mit dem ggs. verzeihen sagte, da war es nicht nur so gesagt, um es später zu bearbeiten, sondern nach ihrem Tod, als ich durch andere Umstände "wie die Jungfrau zum Kind" zu einer Therapie kam, und es hätte aufarbeiten können, mit der Kindheit angefangen, da wollte ich das gar nicht mehr. Zum einen, weil ich aufkommende Fragen nie hätte klären können, weil niemand mehr da war, der es aus der Familie beantworten könnte, oder seine Sichtweise darstellen, es wäre also alles nur aufgewärmt worden, und zum anderen, weil ich tatsächlich in mir nicht mehr den Wunsch verspürte.
So ist es bis heute geblieben.
Da auch das Scheidungsurteil meiner Eltern ausgegraben werden musste für die Behörden nach ihrem Tod, habe ich das dann erstmalig gelesen, und es hat im großen und ganzen bestätigt, was meine Eltern uns, unabhängig voneinander, erzählt haben. Man zweifelt ja gern ... Das hat mir irgendwie einen gewissen Frieden gebracht. Und da ich selbst Mutti bin, weiß ich heute auch, manchmal weiß man etwas nicht besser in bestimmten Situationen. Man vermeidet ja so gern die "elterlichen Fehler", um dann seine eigenen zu machen bei seinen eigenen Kindern ...

chouchou01, Du schreibst es mit den richtigen Worten. Man hätte es noch zu Lebzeiten ausgesprochen ...
Leela, gern hätte ich ihn im Krankenhaus besucht, als er seine OP hatte, das war einige Wochen, bevor er seinen Entschluß in die Tat umgesetzt hat. Da war er ja noch ganz normal ansprechbar.
Ja, er hätte vermutlich nicht gesagt, was ich am liebsten gehört hätte, aber ich hätte ihm noch sagen können, was mir auf dem Herzen lag. Da wir schon immer ein besonderes Verhältnis zueinander hatten, habe ich nie begriffen, wieso wir dann, als Paar, nicht so glücklich gewesen sind, wie wir es m. M. nach hätten sein können. Aber die Liebe ist geblieben. Vielleicht hätte er gelogen, auf meine Fragen, aber ich nicht. So liegt so viel Unausgesprochenes in der Luft, mit dem ich leben muß und mit dem, was er mit ins Grab genommen hat. Bewusst.
Er war einerseits eine sehr verlorene Seele, und diese Seite hat mich verstehen lassen, wieso er ebenso mit meiner Vorgängerin und Nachfolgerin nicht richtig glücklich gewesen ist.
Man lernt aus Fehlern, bzw sollte es.
Vielleicht ist es auch die (meine) recht neue Erkenntnis, das man zwar daraus lernen kann, aber der nächste Mensch ist wieder ganz anders als der vorher, und deshalb macht man neue Fehler. Man hat zwar aus den alten gelernt, diese im Idealfall nicht wiederholt, aber die waren ja auch Thema aus der vorherigen Beziehung, und nicht aus der aktuellen ...
Ich dachte immer, ich habe aus meinen Fehlern NICHT gelernt, aber das stimmt so nicht, denn ich habe viel anders gemacht in dieser Beziehung. Nur war es eben für diese Beziehung nicht richtig ...

#25 Leela, das denke ich nicht so. Es gibt viele Menschen, die sehen es wie Du, oder ganz anders ... Die Trauer"kultur" ist in meinen Augen eher eine ganz persönliche, charakterliche Angelegenheit. Auch innerhalb der Familien ist es ja unterschiedlich. In unserer Gesellschaft ist eher das Modell: Schnell wieder zur Tagesordnung übergehen populär.
Ich habe Mal einen Beitrag gesehen von der Schauspielerin Dennenesch Zoudé , in der sie über den Verlust ihres ersten Partners spricht und über die Rolle von Klageweibern. Sehr informativ, wie ich fand. Dieses "offene" Haus in den ersten Tagen und die Klagen, die immer und immer wieder aufleben in anderen Kulturen, das spielt eine große Rolle in der Trauerbewältigung (oder kann es zumindest).
In unserer Kultur ist eher das Stille, Versteckte, Verborgene erwünscht ... Gern weinen und trauern, aber bitte zu Hause. Und am nächsten Tag frisch zur Arbeit erscheinen ...
Auch am Grab anstoßen 🥂 mit einem (Lieblings-)Getränk zum Geburtstag, Essen hinstellen, einen Keks zu Weihnachten oder ein angezündetes Räucherkerzchen, bei Rauchern eine "gemeinsame" 🚬 usw wird argwöhnisch beäugt und schon auch als seltsam und Kult ausgelegt ... Im Laufe der Jahre vielleicht etwas besser geworden, 1996, als wir das machten, fand es wenig Verständnis bei Außenstehenden. Ordentliche Linealgräber sind immer noch am liebsten gesehen, zumindest auf städtischen Friedhöfen.

#30 Sonnenschein - solche Träume kenne ich auch. Ich finde, das ist etwas wunderschönes.
So hat sich meine Mutti gezeigt, und ja, sogar von "ihm" habe ich schon geträumt, nachdem er gegangen ist. In dem Moment war ich glücklich.

Es wäre leicht, einfach nur für meine eigenen Gedanken, für meine empfundene Liebe, Platz zu machen in meinem Herzen und letztenendes auch in meinem Kopf, denn wer will das alles widerlegen? Ich habe allerdings noch viele Rückschläge, z. B. wenn ich den Namen meiner "Next" höre (oh Gott, wie ich diesen neuerdings hasse, aber das geht hoffentlich vorbei). Oder bei den vielen Gedanken und bei dem nichts-mehr-hören von irgendwem, ausgeschlossen in den sozialen Medien usw usf.
Keiner der sogenannten Freunde, der mir von sich aus die Hand gab zur Beisetzung, nur die, die auch nach der Trennung noch mit mir gesprochen haben. Diese "Freunde" bedeuten mir nichts mehr, aber auch das will "abgearbeitet" sein im Kopf, so richtig und gründlich ...
Oft kommt ja der berühmte Moment, der das Gras wieder abfrisst, was gerade gewachsen ist.
Aber #29 ❣️ - genau in diesem Sinn.

💊 möchte ich nicht nehmen. Zum einen spreche ich sehr schnell auf Medis an, wo andere (inkl. Ärzte) sich totlachen wegen der geringen Dosis, zum anderen befürchte ich, wenn die Welt einmal schön bunt wird in Wolkenkuckucksheim, dann möchte ich die andere gar nicht mehr zurück ...
Ja, ich habe vor Jahren ganz kurz probiert, und da dürfte ich nicht raus müssen früh, weil das gar nicht geklappt hat. Ich empfinde es zudem als "nicht echt", wie im Dauersuff oder so, man lebt am Leben vorbei. Das ist derzeit nicht anders, aber fühlt sich zumindest irgendwie "echt" an.
Und leider kenne / kannte ich zudem Menschen mit Medi-Abhängigkeit.
 
Es wird dir, mit deinem "Riesenpacket" das du mit dir schleppt, in absehbarer Zeit nicht gelingen "normal" zu denken. Schade das du denkst das du deine Kindheit abgehakt hast, das hast du nicht. Du hältst an deiner großen Liebe fest die es von seiner Seite nicht war. Verwechselt du Freundschaft mit Liebe? Oder Fürsorge für ihn mit Liebe? Es bleibt unerfüllt. Du hast ein Kind. Es leidet ebenfalls unter deinem Leid. Um den Schalter im Kopf umzugehen, sehe ich nach wie vor nur eine professionelle Therapie.
 
20 Minuten
Der Podcast sprach mir tlw aus der Seele.
Ich habe sogar schon Sachen gemacht, die das erste Mal alleine waren ... "Unsere" Brötchen zum Frühstück geholt. Alleine in einem Hotel übernachtet, alleine die Stadt erkundet.
An seiner Wohnung vorbeigefahren, da war alles noch so, als würde er gleich wiederkommen (Balkon usw). Das alles war so unendlich schwer. Für die Brötchen habe ich 2x Anlauf gebraucht.
Ich werde Spazierwege gehen, die wir zusammen gegangen sind ... Und er wird in meinem Herzen dabei sein.

Es wird dir, mit deinem "Riesenpacket" das du mit dir schleppt, in absehbarer Zeit nicht gelingen "normal" zu denken. Schade das du denkst das du deine Kindheit abgehakt hast, das hast du nicht. Du hältst an deiner großen Liebe fest die es von seiner Seite nicht war. Verwechselt du Freundschaft mit Liebe? Oder Fürsorge für ihn mit Liebe? Es bleibt unerfüllt. Du hast ein Kind. Es leidet ebenfalls unter deinem Leid. Um den Schalter im Kopf umzugehen, sehe ich nach wie vor nur eine professionelle Therapie.
Vielleicht sollte ich mich damit versöhnen, nie "normal" zu denken. Aber ich versuche, durch diese Erfahrung jetzt, einiges zu ändern, Endlich mein Leben zu leben, nicht mehr, wie es anderen gefällt oder was sie erwarten.
Ja, ich halte an meiner (!) großen Liebe fest. Auch wenn nur ich so empfunden habe (und empfinde), auch wenn nur ich ihn bedingungslos geliebt habe(n sollte). Denn es ist meine Liebe.
Die Gegenseitigkeit ist dann die nächste Frage ... Seine Liebe war anscheinend nicht so, wie ich gedacht habe. Vielleicht anders. Ich werde es nicht mehr erfahren.
Ja, diese Liebe war irgendwie immer unerfüllt. "Es ist, was es ist ...". Die Gegenliebe ist schon eine Bedingung, dann wäre es nicht mehr bedingungslos.
Aber : Es waren immerhin 40 Jahre, die wir uns kannten, so oder so. Vergisst man denn einen Menschen, mit dem man in seinem Leben zu tun hatte, so schnell?
Ich finde es immer traurig, wenn jemand so schnell vergessen wird.
Eine Kollegin von mir ist z. B. vor einigen Jahren plötzlich gestorben, nach einer OP, und unsere Chefin hat nie ein Wort darüber verloren. (Wir waren nur 4 Mitarbeiter zu dem Zeitpunkt.) Einfach weg, fertig. Sie mochte diese Kollegin nicht besonders, aber die haben fast ihr Leben lang mehr oder weniger gemeinsam gearbeitet (Kleinstadt). Ich fand das einfach sehr schäbig.
Was ich mir sagen sollte:
Er hat ja nicht nur mich so verlassen, sondern auch alle anderen. Ohne Brief. Was ich (darüber) von ihm weiß, weiß ich nur aus unseren früheren Gesprächen.

Aufarbeitung der Kindheit - das bringt unendlich viel nach oben, und es kann niemand auffangen, mich kann niemand auffangen, oder Fragen beantworten, weil niemand mehr da ist. Meine Erinnerungen fangen beim zweiten Mal plötzlich verlassen werden an - als mein Vati durch die Tür ging. Da war ich 4 Jahre alt.
Was soll ich damit anfangen? Ich habe mich mit dem Gedanken versöhnt, dass er es nicht besser konnte / wußte, meine Mutti in dem Moment ebenso wenig.
Das Thema Abschiede ohne Vorlauf, ohne zu verstehen, ohne Erklärungen, ohne nachfolgende Versöhnungen, einfach weg und fertig - das spielte schon immer eine Rolle in meinem Leben, in Beziehungen, so groß, dass ich nie Vertrauen fassen konnte, nicht einmal zu Freundinnen aus Kindertagen. Das verstand ich erst viele Jahre später, warum es so ist, warum ich so bin.
Zu "ihm" hatte ich von Tag eins an unendliches Vertrauen. Leider nicht ganz berechtigt, aber es war so. Keine Ahnung, wieso. Doch es hat sich all die Jahre gut angefühlt.
Es heißt nicht, ich strebe keine Therapie mehr an. Aber in der Kindheit wühlen, das kann auch leicht paar Jahre dauern, alles auf den Kopf stellen ... und ich bin bald 60! 🫣😅
Nein, das gehört nicht mehr zu meinen Prioritäten.

Der Podcast stimmt mir tlw zu. 😅
Die Trauer bleibt, aber sie wird anders. Wandelt sich. "Trauer ist einfach Liebe ... die nirgendwo hin kann."
 
Das Thema Abschiede ohne Vorlauf [...]

"Sag' mir rechtzeitig Bescheid, bevor Du ..., damit ich besser planen kann..."
Ne, so ist es natürlich nicht gemeint... denn schon das "Thema" ist gar nicht so gemeint... es lautet nämlich:
Abschied nehmen.
Nicht: bekommen, planen, vorbereiten, damit zurechtkommen, etc.

"Der beste Abschied ist der, den keiner bemerkt." (Günther Kraftschik)
...und davon gibt es viele. Wie viele, weiß ich nicht... bemerke ja die meisten davon gar nicht... warum nicht? Na, weil ich mit den anderen beschäftigt bin...

Kraftschik schrieb auch: "Lerne Abschied nehmen, von allem!"
Thema "Abschied" - oder "nehmen"?
 
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...
Es heißt nicht, ich strebe keine Therapie mehr an. Aber in der Kindheit wühlen, das kann auch leicht paar Jahre dauern, alles auf den Kopf stellen ... und ich bin bald 60! 🫣😅
Nein, das gehört nicht mehr zu meinen Prioritäten...


Glaub mir, darum geht es garnicht.
Nachdem Tod meiner Mutter habe ich keine Ruhe gefunden. Auf eine andere Art wie du. Unser "Verhältnis" ließ zu wünschen übrig. Trotzdem hab ich sie gepflegt und war erleichtert als sie mich damit "erlöste". Aber ich bin nicht zur Ruhe gekommen. Ich konnte mit dieser Erleichterung nichts anfangen. Ich hab einen Schatten mit mir rumgetragen der meinen ganzen Tagesablauf belastete und mich fast in die Depressionen getrieben hat. Und natürlich wird in der Therapie mit die Kindheit aufgearbeitet. Und natürlich nur aus einer Sicht, da der Rest nicht da ist um sich in irgendeiner Weise dazu zu äußern. Das ist auch nicht notwendig, da die Vergangenheit sowieso nicht zu ändern ist. Aber ich habe eine Anleitung bekommen loszulassen und anzunehmen. Ich war willig und bereit mich darauf einzulassen. Alles was ich wollte war mein Leben zurück und wieder vorwärts zu gehen. Nicht mehr an der Vergangenheit festzuklemmen.
Das ging nicht von heute auf morgen. Ich wollte es und es ist mir gelungen. Aber was ist dann passiert? Es folgte die Leere. Statt aufzuatmen hab ich mich in eine Affaire gestürzt. Ich habe das eine gegen das andere ausgetauscht. Heute weiß ich das. Deshalb möchte ich im Grunde dir deine Trauer auch nicht nehmen. Denn, was bliebe dann? Leere!
 
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Zitat : Es heißt nicht, ich strebe keine Therapie mehr an. Aber in der Kindheit wühlen, das kann auch leicht paar Jahre dauern, alles auf den Kopf stellen ... und ich bin bald 60! 🫣😅
Nein, das gehört nicht mehr zu meinen Prioritäten...
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Ja - das stimmt!
Ich hab das selbe erlebt - und los lassen ist das Wichtigste, was man lernen kann. In der Tat
 
Ich frage mich momentan ständig, was wohl geschehen wäre, wie ich reagiert hätte, was ich gesagt hätte - wenn, ja, wenn wir uns gesprochen hätten, als er krank war. Weil ich ja wusste, was er zu so einem (seinem) Zustand gesagt hatte. Ich hätte nichts verhindern können. Aber: Hätte ich ihn damit konfrontiert? Mit der Frage danach? Oder ihm, natürlich umsonst, ein Versprechen abgerungen, was er nicht gehalten hätte?
Ich weiß nicht - in meinem Kopf macht die Frage Sinn, hier aufgeschrieben klingt sie nach nicht viel ... :unsure:

Nicht: bekommen, planen, vorbereiten, damit zurechtkommen, etc.

"Der beste Abschied ist der, den keiner bemerkt." (Günther Kraftschik)
...und davon gibt es viele. Wie viele, weiß ich nicht... bemerke ja die meisten davon gar nicht... warum nicht? Na, weil ich mit den anderen beschäftigt bin...

Kraftschik schrieb auch: "Lerne Abschied nehmen, von allem!"
Thema "Abschied" - oder "nehmen"?
Ernst Ramhofer: "Der schlimmste Abschied ist der, der nie zustande kam."

Ja, ich verstehe, was Du meinst.
Hätten mein Freund und ich uns damals nicht wiedergetroffen, nach so vielen Jahren, wäre es so ein unbemerkter Abschied geworden. Als auf Arbeit alles auseinanderfiel, unsere Arbeitsstelle damals platt gemacht wurde, wurden wir alle in andere Ämter (Technik) versetzt. Zwei oder drei Mal lief man sich durch Zufall über den Weg, wir waren jung, jeder hatte andere Sorgen und bastelte an seinem Leben. Mit 25 denkt man noch nicht drüber nach, oder denkt, irgendwann trifft man sich schon noch einmal. Man glaubt, man hat sooo viel Zeit.
Nun jedoch waren wir ein Paar, er flog in den Urlaub, ich wünschte ihm eine schöne Zeit mit seinem Kind ... Und dann sehe ich ihn nicht wieder, er schreibt eine schäbige Nachricht, und ich überlege sehr viel später, wie es wohl werden wird im Laufe der Jahre, wenn wir uns vielleicht über den Weg laufen ... Aber beim nächsten "Wiedersehen" schon ein reichliches Jahr später liegt er tot und unendlich vertraut vor mir. 🥺 Wie soll man das denn verstehen können? Frieden damit schließen können?

Mit meinem Vati wollten wir immer noch aufarbeiten, reden, aber wir haben nie Zeit gefunden. Und dachten, wir hätten noch welche. Dann wurde er plötzlich so krank und wenige Tage später war er tot. So alt wie ich demnächst werde ... Niemand hätte damit gerechnet. Bei meiner Mutti dachte ich auch, wenn sie mal ernstlich was hat ... Aber auch da war das ernstlich von jetzt auf sofort. Sepsis. Ich hätte ihr einfach nur noch einige schöne Jahre gewünscht und dass ich mir mehr Zeit für sie genommen hätte. Und ihr gesagt, wie sehr ich sie liebe.
Meine Omi hatte Demenz - da konnte man den Abschied ahnen. Mein Schwager - Knie-OP, da stirbt man eigentlich auch nicht dran. Er schon. 🥺 Und hat mein zweites Kind nicht mehr gesehen, das gerade geboren war ...
Auch ohne Tod gibt es Abschiede: Der Vater meines zweiten Kindes, mit ihm habe ich gesprochen, wir haben uns getrennt und waren uns einig darüber. Auch der Vater meiner Tochter sprach mit mir. Danach ist er über die Grenze geflohen, als sie gerade noch zu war, aber ich kann sagen, das Gespräch war ein annehmbarer Abschied für mich. Auch wenn ich nichts von seinen Plänen wußte und überrascht war. Dachte, er besucht sein Kind wenigstens hin und wieder ... 😏

Ich tue mich auch schwer mit Freunden (die neutralen Freundschaften), renne ewig hinterher, melde mich wieder und wieder, gebe nicht auf ... Immer wieder bin ich enttäuscht, aber das nächste Fest kommt bestimmt, da schreibe ich Jahr für Jahr erneut ... Irgendwann kapiere ich es, aber es dauert. Oder erfahre vom Ableben eines Menschen und bekunde mein Mitgefühl, weil ich das wertvoll finde und mir selbst wünschen würde. Zu mir kommt niemand von denen, das habe ich schon beim Tod meiner Mutti erfahren, und jetzt nach diesem Schlag, wo ich bei den meisten überhaupt nicht mehr stattfinde, jetzt lerne ich hoffentlich dauerhaft, dass es manchmal besser ist, sich umzudrehen und zu gehen.



Was für ein berührendes Zitat.

gefällt mir! Was sind denn jetzt deine Prioritäten? Magst du etwas dazu sagen?
Kurz nach dem Tod meiner Mutti las ich ein Zitat: "An den Gräbern der meisten Menschen trauert, tief verschleiert, ihr ungelebtes Leben."
Ich habe es nicht gleich verstanden, aber irgendwann schon.
Bildlich sehe ich ihr Leben, all das, was ich ihr noch gewünscht hätte, an ihrem Grab stehen. Ebenso bei den meisten anderen Menschen, und erst jetzt, nach dem Tod meines Freundes, habe ich mir vorgestellt, wie MEIN Leben an meinem Grab eines Tages stehen wird ...
Ich habe eigentlich immer nur für andere gelebt, wollte es recht machen, und habe dabei versäumt, mir ein eigenes Leben aufzubauen. Das bemerke ich jetzt allzu deutlich.
Mitleiden bei den Unglücken anderer, mitfühlen, ständig daran denken, wie es "denen" wohl geht, wie sie zurecht kommen ...
Bsp.: Als eine Freundin meiner Tochter mal abends nicht nach Hause kam, habe ich 3 Uhr nachts mein Auto aus der Garage geholt, um mit zu suchen. Inzwischen war sie dann zu Hause.
An mich dachte ich kaum, und für mich hat auch (fast) niemand so etwas gemacht, meine Sorgen wollte niemand hören.
Als "Dank" redete sie später schlecht über uns. Usw usf.

Und auch als ich vor wenigen Tagen ein Foto entdeckte, da war ich sehr jung, im Alter der ersten Schwärmereien, und das Foto zeigte einen Schwarm meiner (älteren) Schwester, den ich für sie fotografieren sollte ... Für sie!! Wieso nicht für mich? Sowas wird mir erst jetzt klar, über 40 Jahre später! 🤦‍♀️
Und da fing es scheinbar irgendwie schleichend an, das: "Die anderen haben mehr Priorität als ich", denn ich erinnere mich weiter, wie ihr Liebeskummer mich immer berührt hat. Leider war das umgekehrt nicht so ...

Da meine Mutti seit der Scheidung allein war, und ich auch eine Kinderbetreuung 😌 brauchte, ergänzten wir uns ganz gut, trotz aller Missverständnisse. Das führte dazu, dass ich irgendwie nie in ein eigenes Leben fand. Ich hatte ja sie. Und ich hing damit auch irgendwie fest, z. B. fühlte ich mich dadurch nicht frei genug, wegen der Arbeit in ein anderes Bundesland zu gehen.

Meine Priorität soll jetzt sein, auf mich zu achten, "nein" sagen zu lernen, keine Gedanken mehr an Menschen zu verschwenden, denen ich nichts bedeute, einzig und allein meine Kinder spielen eine Hauptrolle, ansonsten niemand mehr, der nicht auch für mich da ist. Ich möchte nicht, dass eines Tages an meinem Grab mein ungelebtes Leben trauert. Und nur die Leben von anderen durchlebt wurden von mir. So viel habe ich schon versäumt. Zumindest ab jetzt möchte ich sagen, ich habe mich bemüht, und nicht nur bei anderen deren Leben "mitgelebt".
Im Moment stehe ich nur auf, um bissel zu arbeiten, und versuche, den Tag zu überstehen. Was daran anders ist als bisher: Es ist mir egal, was andere sagen oder denken. Und ich frage mich kaum noch, wie es x oder y wohl gerade geht ...
...
Es heißt nicht, ich strebe keine Therapie mehr an. Aber in der Kindheit wühlen, das kann auch leicht paar Jahre dauern, alles auf den Kopf stellen ... und ich bin bald 60! 🫣😅
Nein, das gehört nicht mehr zu meinen Prioritäten...


Glaub mir, darum geht es garnicht.
Nachdem Tod meiner Mutter habe ich keine Ruhe gefunden. Auf eine andere Art wie du. Unser "Verhältnis" ließ zu wünschen übrig. Trotzdem hab ich sie gepflegt und war erleichtert als sie mich damit "erlöste". Aber ich bin nicht zur Ruhe gekommen. Ich konnte mit dieser Erleichterung nichts anfangen. Ich hab einen Schatten mit mir rumgetragen der meinen ganzen Tagesablauf belastete und mich fast in die Depressionen getrieben hat. Und natürlich wird in der Therapie mit die Kindheit aufgearbeitet. Und natürlich nur aus einer Sicht, da der Rest nicht da ist um sich in irgendeiner Weise dazu zu äußern. Das ist auch nicht notwendig, da die Vergangenheit sowieso nicht zu ändern ist. Aber ich habe eine Anleitung bekommen loszulassen und anzunehmen. Ich war willig und bereit mich darauf einzulassen. Alles was ich wollte war mein Leben zurück und wieder vorwärts zu gehen. Nicht mehr an der Vergangenheit festzuklemmen.
Das ging nicht von heute auf morgen. Ich wollte es und es ist mir gelungen. Aber was ist dann passiert? Es folgte die Leere. Statt aufzuatmen hab ich mich in eine Affaire gestürzt. Ich habe das eine gegen das andere ausgetauscht. Heute weiß ich das. Deshalb möchte ich im Grunde dir deine Trauer auch nicht nehmen. Denn, was bliebe dann? Leere!
Ich muss loslassen, weil mich alle losgelassen haben. Dieser Schock hat mir endlich einmal in aller Deutlichkeit und länger als einen Tag gezeigt, woran ich mich geklammert habe.

"Ich will ja loslassen, aber woran halte ich mich dann fest?" Das passt so gut zu mir.
Zurück in mein Leben wäre für mich nicht der Weg, um voranzukommen. Ich habe ja, wie gesagt, gar nicht so richtig für mich / uns gelebt. Es kann nur noch vorwärts gehen. Weil alles andere vergangen ist. Nicht im Sinne von "gestern", sondern weil ja mit meinem Freund nun auch alle Menschen gegangen sind, die mir viel bedeutet haben. Und die, die noch da sind, wie sein Bruder samt Freundin, die wollen keinen Kontakt mehr.
Meine Kinder zählen, aber gerade auch für sie kann es nur "vorwärts" heißen.

Zitat : Es heißt nicht, ich strebe keine Therapie mehr an. Aber in der Kindheit wühlen, das kann auch leicht paar Jahre dauern, alles auf den Kopf stellen ... und ich bin bald 60! 🫣😅
Nein, das gehört nicht mehr zu meinen Prioritäten...
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Ja - das stimmt!
Ich hab das selbe erlebt - und los lassen ist das Wichtigste, was man lernen kann. In der Tat

Man kann es ja nicht mehr ändern ... DAS muss ich verinnerlichen.
 
Ja, ich verstehe, was Du meinst.

Na, mal schau-en...
...wenn ich Dein Ramhofer-Zitat "Der schlimmste Abschied ist der, der nie zustande kam." etwas abändere:

Der schlimmste Abschied für ChaosMaus ist der, der nie so zustande kam, wie sie ihn sich jetzt vorstellt - und wenn er so zustande gekommen wäre, dann würde sie ihn sich jetzt anders vostellen.

...was hältst Du dann davon?

Von Ramhofer ist übrigens auch:
"Man verabschiedet sich von Freunden, als würde man sie gleich wieder sehen. Umso zerbrechlicher wird das Herz, wenn man weiß, dass es nicht so ist."
"Manchmal muss man sich aus dem Leben anderer Menschen davonstehlen, weil man sie so sehr liebt und der Abschied unglaublich schmerzen würde."
und ein - wie ich finde - passendes Gedicht:

Schwarz senkt die Nacht sich nieder
Mit dem Geruch von süßem Flieder.
Die Tränen fallen mir zu Füßen
als hätte ich es wissen müssen.
Der Tod, er kam so schnell zu Dir
und brachte Dich weit weg von mir.
Zum Grab ging ich um Mitternacht
und hab Dir ein Geschenk gebracht.
Ein Gedanke, der "Vermiß Dich" heißt
Ein Wunschtraum der Dich zu mir reißt.
Hinauf sah ich zum Mondenschein
und muß mich fragen:" Ganz allein?"
Die Antwort auf sich warten läßt
nur die Tränen mein Gesicht durchnäßt.
Mit Engeln singst Du nun im Chor
doch mich die Einsamkeit erfror.
Zurück bleibt nur ein traurig Herz
und mit ihm großer Weltenschmerz.
 
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