Ich habe aber in diesem konkreten Fall die Befürchtung, dass es sich hier nicht um Selbstreflexion und gesunden Umgang handelt. Dass der TE verzweifelt ist. Er fühlt sich emotional abhängig, in der Ehe fühlte er sich sicher, vor dem Leben alleine mit all seinen Selbstzweifeln und Unsicherheiten hat er Angst. Also nimmt er alles hin, auch wenn es sehr weh tut, in der Überzeugung, ein Leben ohne sie wäre noch schwieriger. Diese Abhängigkeit verwechselt er mit Liebe. Das ist meine Vermutung.
Vielleicht täuschte ich mich. Aber zumindest sollte er sich darüber auch Gedanken machen.
Seine Frau hat ihm klar und deutlich gesagt, dass er ihre Bedürfnisse nicht erfüllen kann, vielleicht würde er sich nach diesem Erlebnis gar nicht mehr trauen, andere Frauen anzusprechen und ist deswegen überzeugt, keine Wahl zu haben, als bei ihr zu bleiben.
Ich habe in diesem Thread bisher "nur" gelesen, dass seine Frau ihr Fremdgehen damit begründet hat, darüber einzig ihre sexuellen Be-
dürfnisse stillen zu wollen, da er ihr das nicht mehr geben kann/ hier
inzwischen eine geminderte Libido usw. hat. Das hat der TE so selbst
bestätigt (eingeräumt). Im Übrigen hat sie nicht gesagt, dass er alle
anderen Bedürfnisse aus derer Beziehung/ Ehe nicht erfüllen könne.
Macht also einen gewaltigen Unterschied. Zumal sie ebenso bei der
offenen Aussprache dann darüber weiter erklärte, dass der andere
ihr sonst weiter nichts bedeute, sie nicht verliebt in diesen sei und
sie ja wohl ebenso an der Ehe festhalten möchte.
Seine Frau lag zudem in ihrer Einschätzung zur Persönlichkeit ihres
Mannes -was der TE ebenso bestätigte- richtig, dass er von dieser
Affaire am liebsten nie etwas erfahren hätte. "Prima", wenn denn ihn
dann ein "Bekannter" oder wer auch immer Dritter, das ungefragt so
stecken musste. Seine Frau hat auf seine Nachfrage hierzu offen
kommuniziert und zugegeben, dass sie diese Affaire habe (also ge-
logen oder abgestritten) und was ihre Beweggründe dafür sind usw.
Haben die Beiden damit also ein "offenes Gespräch" darüber führen
können.
Sicher wäre es hier von Vorteil gewesen (wie weiter an den TE auch
schon mal empfahl), hätte der TE hier direkt oder zumindest nach Be-
denkpause zeitnah, seine Empfindungen dazu mitgeteilt bzw. mit sei-
ner Frau die nun "neue Beziehung/ Beziehungsart" und was seine Be-
denken/ Wünsche / Bedürfnisse sind und gemeinsame Regeln dazu
besprochen. Das kann nun nicht seiner Frau anlasten, sollte er das
unterlassen, obwohl ihm hier etwas am "Herzen liegt".
Ebenso wenig, sollte er "nur"an seiner Ehe festhalten wollen, weil das
für ihn einzig bequemer wäre. Das wäre allein seine Entscheidung, für
die er selbst die Verantwortung trüge.
Und nur, weil er hier Tatsachen anerkennt, seine Frau aber z.B. trotz-
dem liebt, die gemeinsamen Ehejahre dennoch weiterhin wertschätzt
und die Ehe fortsetzen möchte, heißt das lange nicht, dass er das aus
einer ungesunden Abhängigkeit macht.
Zudem hat er auch in seinem Alter die Chance eine neue Partnerin zu
finden. Dazu muss man sich dann aber auch aus seiner Komfortzone
bewegen und Dinge angehen wollen. Hierbei kann er dann genau so
gut auf Frau Treffen, die z.B. ebenso eine eher geringe Libido hat, wel-
cher in diesem Punkt z.B. gar nicht fehlen würde. Wie ich oben schon
schrieb, könnte es bei neuen Frau aber genau so gut kommen, dass
seine Libido und selbst seine Leistungsfähigkeit plötzlich wieder an-
steigt (wenn der Alltragstrott oder z.B. psychische Umstände dafür
verantwortlich waren).
Er kann genau so gut für sich überhaupt erst mal ergründen, weshalb
sich das bei ihm mit den Jahren geändert hat (unabhängig ggf. vom
Alter usw. usf.) und falls er überhaupt den Wunsch dazu hat, danach
entsprechend schauen, ob er sogar etwas dran kann.
Aber genauso ist es eben "nur" verständlich, wie ich persönlich finde,
dass er eine so lange Ehe nicht allein wegen des "Sex" aufgeben mag,
wenn der Rest mit seiner Frau stimmt. Ebenso dürfte der erste Schock
nach so langer Ehe normal sein, denkt man an deren Ende und empfin-
det hierüber Angst (vor dem neuen, danach usw., einem möglichen Al-
leinsein usw.). Solche Ängste kennt doch sicher bald jeder, der sich un-
freiwillig (also nicht aus eigenen Verlust der Liebe) trennt bzw. getrennt
wird. Auch hier finde ich es gut, dass TE sich dieser Gefühle bewusst ist
und offen darüber hier schrieb.
Ich habe mir zum Thema "Fremdgehen" gerade mal so diverse Statisti-
ken zu angesehen. Dabei im Schnitt davon ausgehen, dass zwischen 30
und 45 % der Deutschen ihre Partner "betrügen". Komplett ambivalent
daran ist, dass dennoch ca. 76 % der Eheleute/ Partner angeblich Treue
als das wichtigeste Gut ihrer Beziehung betrachten (wollen). Das klingt
ja nun wirklich rein nach "Wasser predigen, Wein trinken".
Im Übrigen ist es nach solchen div. Statistiken/ Studien auch sehr interes-
sant, dass die meisten Verpartnerten" in den Dreizigern häufig fremd ge-
hen, es danach aber mindestens weiterhin um die 30 % bis in hohe Alter
(>50, > 60-69 usw.) einpegelt, wobei die Frauen hier dann ein bisschen
im Vorsprung zu den Männern liegen sollen.
Frauen gehen hiernach vornehmlich aus emotionalen Gründen fremd, weil
sie hier in der Partnerschaft einerseits erhebliche Mängel empfinden bzw.
weil bei vielen Frauen auch mit den Wechseljahren u.a. das Sexleben befrei-
ter usw. empfunden wird, wohin gegen die "Manneskraft" hier nachlässt.
Männer hingegen gehen vornehmlich allein "aus sich gebotener Gelegen-
heit" fremd und dass dazu mit wechselnden Sexpartnern. Also wo Frauen
sich tendenziell eher einen Lover widmen, der hier emotionale Defizite aus-
gleichen möge. Dennoch scheuen Frauen hier das Risiko ihre sonst gut funk-
tionierende (jahrelange) Beziehung leichtfertig aufs Spiel für "den Neuen"
zu setzen. Demnach müssten also schon mehr Umstände -selbst bei einer
kurzfristigen Neuverliebtheit- dazu treten, wie: dass die alte Beziehung ein-
fach insgesamt nicht gut läuft.
Im Umkehrschluß kann man demnach davon ausgehen, dass alle anderen,
die prozentual nicht fremdgehen, entweder (selbst zumindest) wirklich mo-
nogam leben oder eine wirklich beidseitig gute Beziehung führen bzw. e-
ben auch, sich nur deshalb nicht trennen bzw. fremdgehen, weil sie unge-
sund "abhängig" sind. Das wurde so aber in den von gelesenen Studien/
Statistiken so nicht abgefragt (bei Nicht-Fremdgängern). Mag hinzu kom-
men, dass sich hierunter auch nur "Leugner" befinden, die das offiziell so
nicht zugeben würden, fremd zu gehen.
Entgegen irgendwelcher veralterten, religiösen Ansichten usw. und Treue-
schwüre, muss man also rational sehrwohl davon ausgehen, dass Seiten-
sprünge ein Thema der Beziehung werden können. Hinzu kommt sicher
auch hier die "Vernunft", gesteht man sich ehrlicher Weise ein, im Heute
(beim Eid, Schwur, Versprechen, aktuelle gepflegten vielleicht sogar ernst
gemeinten Ansichten usw. usf.) niemals im Voraus wissen zu können, wie
man sich in der Zukunft mal fühlen, handeln usw. mag.
Da wäre es bei gesunden Beziehungen sicher "besser", solch denkwürdi-
gen Schwüre lieber sein zu lassen und darüber offen zu reden, wie man
im Fall der Fälle sich wünscht, wie damit dann umgegangen werden sollte,
kommt es eben doch mal dazu, ändern sich die Gefühle, die Libido...
Natürlich ist das ein Thema mit hohem Potenzial an Verletzlichkeiten usw.
Das vornehmlich aber dort, wo man Realitäten lieber gegen pures Wunsch-
bzw. Traumdenken austauscht. Kein gutfunktionierendes Paar sollte auf so
etwas "rein Scheinheiliges" seine Beziehung aufbauen wollen. Nur so kann
man echte "Beziehungsarbeit" leisten und echte Intimität miteinander pfle-
gen.
Wenn das eigene Kind Mist baut, würde man diesem auch nicht auf den Fuß
die "Familie" kündigen. Jedenfalls nicht, wer sein Kind wirklich liebt.
Was zur gepflegten "Scheinheiligkeit" hinzu kommt ist, dass genau darüber
etliche u.a. Geschlechtskrankheiten verbreitet werden oder sogar Kinder in
die Welt gesetzt werden (Kuckuckskinder, Halbgeschwister usw. usf.). Ja,
gerade bei u.a. "Halbgeschwistern" gilt dann oft, dass es ein "Liebesbeweis"
sei (für die Partnerin), leugnet man jenes. Kompletter Egoismus also darüber,
was Kindesinteressen angeht. Aber nicht nur das, sondern auch eine gerade
in kleinen Gemeinden usw. erhebliche Gefahr, dass Geschwister sich inein-
ander verlieben, ohne von ihrer gleichen Abstammung zu wissen und sich je-
ne später wundern, weshalb ihre Nachfolger "behindert" usw. auf die Welt
kommen.
Nein, persönlich finde ich, dass solche Lügen einfach nicht mehr "normaler
Bestandteil" einer angeblich gesunden Gesellschaft sein sollten. Weder Lie-
be, noch Treue, kann man erzwingen. Es ist schön, wenn es das wirklich so
gibt und noch viel schönen, kann ein Liebespaar hier wirklich gesund mitein-
ander umgehen. Also auch dann, sollte es mal Abweichungen vom eigent-
lichen Weg geben. Wo man trotzdem nach gesunden Lösungen gemeinsam
sucht.
Eine Freundin von mir (sehr dominant, kontrollsüchtig usw.) litt jahrelang so
u.a. unter div. Harnwegsinfekten und suchte die Schuld hier immer bei sich.
Obgleich allen anderen mehr oder weniger dabei irgendwann klar war, dass
ihr Partner vermutlich hier der "Überträger" usw. ist. Wollte sie so nie wissen,
bis Dauerharnwegsinfektion durch eine lebensbedrohlichere Geschlechts-
krankheit "abgelöst" worden ist.
Ein Bekannter (sehr gutmütiger Mann), verheiratet, 4 Kinder, > 50 kam auf-
grund plötzlicher, böser Erkrankung auf die Intensivstation (es stand über-
haupt nicht gut um ihn, sein Weiterleben), wo man Spender aus der Familie
für ihn suchte. Er erfuhr erst darüber (unfreiwillig zufällig), dass keines sei-
ner Kinder von ihm abstammen könne. Ein paar Monate später verstarb er,
ohne "eigene Stammhalter", wie er zuvor über Jahrzehnte glaubt (hier geht
es nicht darum, dass er diese "fremden Kinder" dennoch liebte, sondern
wie er in seinen eigenen Lebensentscheidungen betrogen und blockiert
worden ist). Vielleicht hätte sich bei "Wahrheit/ Offenheit" heraus gestellt,
dass er gar nicht zeugungsfähig ist und man ggf. Plan B trifft. Aber so ba-
sierte der Hauptabschnitt seines Lebens auf Trug und Lug, was seinen
Nachwuchs angeht. Die Frau blieb ja an seiner Seite.
Wollen wir in der "wahren Liebe" ernsthaft dermaßen belogen werden, nur,
um irgendeinem Schein zu folgen, im Außen angeblich zu entsprechen usw.?
Oder möchte man vielleicht doch lieber so geliebt werden, wie man nun mal
ist?
Wenn Beziehungen u.a. lediglich die "Qualität" haben, bloß nicht allein zu
sein, befindet man sich bereits in der größtmöglichen, ungesunden Abhän-
gigkeit. Ansonsten pflegt jede auch sonstige (gesunde) Beziehung ja wohl
ihre Abhängigkeiten. Sei es, dass ich mich in meiner (!) Familie geborgen
und unterstützt fühlen kann, was ich nicht missen möchte. Sei es, dass das
Kind abhängig von seinen Eltern ist. Sei es, dass man sich auch in Liebesbe-
ziehungen emotional, finanziell usw. -i.d.R. auf Vertrauensbasis- abhängig
macht. Sei es auf Arbeit, dass ich auch mein Gehalt für meine Dienste bekom-
me. Sobald man sich auf einen anderen Menschen in "Beziehung" einlässt,
pflegt man normal auch Abhängigkeiten zu jenem. Die werden sich auch ver-
tiefen und steigern, um so länger jene bestehen. Grundsätzlich sind solche
für alle Seiten von Vorteil. Es sei denn, sie gestalten sich im Ungesunden.
Klar muss der TE für sich abwägen, wie er seine Beziehung im Übrigen empfin-
det. Ob er seine Frau noch liebt, sich von dieser ebenso dennoch geliebt und
wertgeschätzt usw. fühlt. Und was für ihn die beste Lösung hier ist.
Nur, muss er sich dafür eben nicht an Vorgaben anderer usw. halten oder sich
gar dafür "schämen", liebt er seine Frau einfach trotzdem.
Da er über den Rest seiner Ehe hier nicht ins Detail gegangen ist, kann der geneigte Leser hier eh nur drüber "spekulieren", wobei man bei solchen "Lücken" dann natürlich gern eigene Erfahrungswerte einklingen lässt und
jeweils danach -subjektiv eben- urteilt.
Am Ende bleibt er aber eigentverantwortlich für seine Entscheidungen, sein
Handeln, sein Unterlassen... Man sollte m.E.n. nichts bereuen müssen, würde
man z.B. heute direkt noch unerwartet usw. versterben.