Mit Koffern voller unerledigter Dinge von Beziehung zu Beziehung......

sadpk

Erfahrener Benutzer
14. Aug. 2003
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Ich hätte nicht gedacht, dass ich eines Tages wieder dieses Forum aufsuchen würde. Was mich hierher zurückgeführt hat, sind meine wie ich sie nenne `Koffer voller unerledigter Dinge`, die ich seit Jahren mit mir rumschleppe.

Ich hatte bis vor fünf Jahren ein unheimlich spannendes Leben, bin monatelang alleine durch die Welt gereist und war ins Universum verliebt. Ich hatte zuvor eine schwere Zeit mit meinen Eltern, ich bin als sehr emotionaler Mensch in einer emotional beinahe invaliden Familie aufgewachsen und ich fühlte mich seit jeher als Problemfall. Meine Eltern konnten mir den Umgang mit meiner emotionalen Natur nicht vermitteln, dennoch hielt ich an ihr fest und alles lief wunderbar, bis mein Leben vor fünf Jahren zu stocken begann. Ich begann eine Beziehung mit einem ebenso emotional total unfähigen Mann, mir scheint als hätte ich damals versucht, das Problem mit meinen Eltern in einer Beziehung zu lösen (bekanntes Verhaltenmuster von Kindern von Suchtkranken, die sich suchtkranke Partner suchen). Die Beziehung war schrecklich und ich verfiel bald in furchtbare Depressionen. Kein Wunder, ich erlebte durch die Beziehung ja alle Situationen wieder, die mich bereits in meiner Kindheit gequält hatten. Irgendwie schaffte ich es mich von der Beziehung zu befreien und ich begann eine Therapie. Trotzdem kam die Leichtigkeit und das Vertrauen in mich nie wieder zu zurück. Ich hätte in der Zeit der Trennung mein Studium beenden sollen und schiebe es nun seit 5 (!) Jahren vor mich her.

Ein halbes Jahr nach meiner Trennung begann ich eine neue Beziehung mit einem tollen Mann. Ich brachte die Koffer in die Beziehung mit und hoffte insgeheim, dass sie eines Tages von alleine verschwinden würden. Ich hoffte, dass mich die neue Beziehung `heilen`würde. Der Mann gab sich wirklich alle Mühe, er hat eine medizinische Ausbildung und viel Ahnung von Depressionen und Lebensängsten. Er hat mich stundenlang weinen lassen und mir nie das Gefühl gegeben, dass ich schwach sei.

Trotz seiner ganzen Liebe habe ich es nicht geschafft, die Koffer auszupacken. Ich habe mein Studium nicht beendet, die Konflikte mit meinen Eltern nicht überwunden, meine Angst vor dem Alleinsein nicht hinter mir lassen können. Wir haben uns vor ein paar Wochen getrennt (seine Initiative) und ich kann es ihm nicht übelnehmen. Wir waren fast drei Jahre zusammen und ich konnte einfach nicht mit ihm in eine gemeinsame Zukunft aufbrechen, weil ich diese verdammten Koffer in meinen Händen halte. Und jetzt sitze ich alleine da mit diesen verfluchten Koffern und mir fehlt jegliche Energie. Mein Ansporn ist weg und die Koffer scheinen so gross und schwer. Ich bräuchte jetzt eigentlich eine Extra Portion Energie, um die Trennung auszuhalten, um die Koffer zu leeren, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Aber da ist nur ein schwarzes Loch.

Ich würde mich gerne mit anderen `KofferträgerInnen` austauschen, bin aber auch für jegliche andere Anregungen/Gedanken Euerseits dankbar. Ich bin mir bewusst, dass ich mich der Koffer entledigen muss, wenn ich in ein funktionierendes Leben zurück will, ich weiss bloss nicht wie. Erschwerend ist auch meine Schwäche für emotionalen Austausch, sprich ich kann nur sehr schwer ohne Beziehung oder ohne intensive zwischenmenschliche Kontakte sein. Zum Glück bin ich im Moment zu fertig, um mich nach neuen Männern umzusehen. Wäre dies nicht der Fall, müsste ich es mir regelrecht verbieten, denn es scheint kurzfristig immer eine so einfache Lösung zu sein. *Seufz*.

 
Hallo sadpk,

ich verstehe dich gut.

Auch mein Koffer ist voll und eigentlich für mich mittlerweile viel zu schwer.

In meiner Familie war ich auch nicht heimisch, hatte nie ein verläßliches Zuhause und einen Menschen, der zu mir hält egal, was passiert.

Wobei, ok, ich muss es einschränken: ich habe Freundinnen und das schon viele Jahre oder sogar Jahrzehnte lang. Die mir geholfen haben, doch mein Loch stopfen, die Leere überwinden, das konnten sie leider nicht.

Ich würde sagen, ich bin auch schon seit ich Jugendliche war, depressiv. Nur keiner hat es gemerkt. Meine Beziehungen sind gescheitert, weil mein Hunger nach Liebe und Anerkennung so groß waren, dass ich auf Männer herein gefallen bin, die z. T. noch kränker als ich waren. So ist mein Lebenstraum, eine eigene Familie, ein Zuhause nicht wahr geworden.

Einmal hatte ich das ... und war überglücklich. Doch mein Mann war depressiv, viel schlimmer noch als ich. Und ich war total überfordert. Zusätzlich war meine Mutter Alkoholikerin, was mich sehr belastet hat, seit 6 Monaten ist sie tot. Ich bin nun seit 2,5 Jahren alleine. Wie gesagt, diesen Mann und das einzigste Zuhause, das ich jemals hatte, habe ich verloren.

Eine Therapie habe ich gemacht ... auch zu Ende. Und gehe zwischendurch immer wieder hin. Ich will da raus! Und ich weiß, nur ich kann den Weg finden. Doch jede Verletzung, die neu dazu kommt, ist wie ein Messer in meinen (alten) Wunden ... und alles ist wieder da.

Wenn ich nur wüßte, was ich tun kann.

Ich mache jetzt drei Wochen Urlaub, deshalb werde ich nun so schnell mich nicht mehr melden können. In drei Wochen melde ich mich wieder. Vielleicht haben sich bis dahin hier noch mehr eingefunden.

Lg,Zipfel

 
Eine Therapie habe ich gemacht ... auch zu Ende. Und gehe zwischendurch immer wieder hin. Ich will da raus! Und ich weiß, nur ich kann den Weg finden. Doch jede Verletzung, die neu dazu kommt, ist wie ein Messer in meinen (alten) Wunden ... und alles ist wieder da.

Wenn ich nur wüßte, was ich tun kann.
Ach jeh, das erinnert mich so an meine Situation.

Ihr sprecht mir beide aus dem Herzen.

Nunja meine Bez. ist auch schon wieder kaputt und ich hab auch grad gar keinen Bock mehr auf etwas neues, obwohl mir das Geborgenheitsgefühl wahnsinnig fehlt.

Leider hab ich durch meine letzte Beziehung auch viele meiner sozialen Kontakte verloren und sitz nun ziemlich einsam rum mit meiner Störung und dem LK rum. Aber wie es halt so ist, es geht irgendwie weiter, egal wie.

LG

 
Hallo zusammen!

Das Bild vom Koffer finde ich sehr eindrucksvoll. Und da Du Dir es ausgesucht hast, liebe sadpk, hat es bestimmt auch viel mit Deiner Situation zu tun.

Also bleibe ich mal bei dem Bild...

Was macht man, wenn man seit Jahren einen unausgepackten, schweren Koffer mit sich herumschleppt?

Man nimmt sich viel Zeit.... ganz alleine!

Dann macht man den Koffer auf. Den Schlüssel oder die Zahlenkombination dafür hat man ja meistens noch.

Und dann nimmt man jedes einzelne Stück aus dem Koffer und betrachtet es.

Zunächst gibt man dem „Gegenstand“ einen Namen, sofern er noch keinen hat... und dann überlegt man, ob man diesen Gegenstand behalten will oder nicht.

Manche Dinge passen nicht mehr und sind so unwichtig, dass man sie gleich entsorgen kann.

Manche Dinge sind schön, wenn man sie entstaubt... vielleicht hat man die Schönheit früher nicht erkannt oder die Sicht auf den Gegenstand hat sich geändert. Dann kann man ihn doch ruhig behalten.

Und dann gibt es noch Dinge, die man nicht so recht beurteilen kann. Mag man sie oder nicht? Will man sie behalten oder nicht? Falls nicht... wie kann man sie entsorgen? Kann man das alleine oder braucht man Hilfe dabei?

Wenn man die „Gegenstände“ erst einmal benannt hat und sie einteilt, sie sortiert, fällt es leichter.

Dann wird der Koffer eines Tages so leicht, dass man ihn ohne Probleme tragen kann. Ihn vielleicht sogar lieb gewinnt.

Nur weil er jetzt so schwer ist, kann man ihn eben nicht in eine neue Beziehung schleppen. Und niemand kann helfen, den Koffer zu tragen und zu entmisten. Woher soll derjenige denn wissen, was dem Besitzer des Koffers gefällt oder nicht? Was man behalten möchte und was nicht? Welche Bedeutung die einzelnen Gegenstände haben?

Das wäre doch etwas viel verlangt.

Diese Verantwortung trägt man allein.

Liebe Grüße

Milestone

 
hallo sadpk

das bild mit den koffern erscheint zwar auf den 1. blick plausibel, aber bei genauerem hinsehen verhält es sich etwas anders.

der mensch verändert sich übers leben und viele dinge aus der vergangenheit verändern vom jeweiligen standpunkt aus in dem man im leben steht ihre bedeutung. meiner ansicht nach verfallen viele menschen (auch ich manchmal) dem gedanken das es keinen weg gibt um aus einer gedankenwelt zu fliehen. meiner persönlichen überzeugung nach hat das jedoch nur etwas mit der art wie unser gehirn arbeitet zu tun und nichts mit dem eigentlichen "problem".

schwierig wird es jedoch, wenn körperliche störungen schuld sind. also z.b. die depression körperliche ursachen hat - stoffwechselstörungen im gehirn oder so.

hinterfrage mal deine "motivationen" warum du bestimmte dinge tust, bestimmte menschen anziehst und andere abstösst. frage mal in dich hinein wieso du dir in der opferrolle so gefällst? immerhin bedauerst du dich ja in deinem posting praktisch nur selbst. versteh mich nicht falsch, ich will dir nicht die übliche leier von wegen "selbstmitleid ist auch keine lösung" unterschieben, aber ich bin mir sicher du kennst das gefühl wenn du in einer positiveren grundstimmung warst.

die dinge die du als "unerledigt" beschreibst sind sicher zum grossen teil dinge die aus einer zeit stammen der du längst entwachsen bist. sobald man sich bewusst macht, dass man selbst immer die wahl hat, erkennt man plötzlich das der nächste schritt eben nur "ein schritt" ist. also warum nicht "machen"?

du kennst die gründe dafür das es vor 5 jahren zum stocken kam am besten also hast du bemerkt wo der absatz ist über den du gestolpert bist. gut, ein schritt ist gemacht - du siehst es geht weiter. beziehungen zwischen menschen scheitern immer wenn die motivationen der beiden personen völlig unterschiedlich sind warum sie eigentlich in einer beziehung sind. du schreibst jetzt, dass du das gefühl hast das die probleme aus deiner vergangenheit daran schuld sind das die beziehungen gescheitert sind. meiner meinung nach war es einfach nur nicht der richtige partner im richtigen moment in diesem abschnitt in deinem leben. das klingt hart, aber das leben ist nunmal hart.

wir alle sind ständigen veränderungen unterworfen somit spielt es überhaupt keine rolle ob du dich nun wieder in eine neue beziehung begibst oder versuchst weiterhin in deiner gedankenwelt zu kreisen.

bei beiden varianten finden veränderungen statt nur die geschwindigkeiten können sich unterscheiden. bei beiden varianten kann es gut gehen oder scheitern. also was solls?

mein rat daher: mach das womit du dich jetzt im augenblick am besten fühlst. gewinne kraft für eine stunde, einen tag, einen monat. nutze diese kraft um das nächste anzugehen was dir dann an diesem punkt in deinem leben am meisten zusagt. hör nicht auf deinen kopf sondern dein herz. streichle die narben in deinem herzen anstatt sie zu bedauern.

ich wünsche dir viel kraft auf deinem weiteren weg!

lg takimo

 
Lieber, Zipfel, lieber Helmet, Milesone und takimo

Vielen Dank für Eure Antworten, ich bin dankbar für Eure Wahrnehmung und Eure Gedanken zu meiner Geschichte.

Es ist wohl wahr, dass ich mich im Moment vorallem bemitleide, wobei ich mir eine solch tranige Zeit nach einer Trennung immer erlaube, denn früher wäre ich einfach losgezogen, um mich in eine Affäre oder in die nächste Beziehung zu stürzen. Daher sehe den Prozess des mich Bemitleidens als Fortschritt und als Teil des Heilungsprozesses an. Das er zeitlich begrenzt sein sollte ist klar.

Ich denke das Schwierige an Depressionen ist, dass sie die eigene Wahrnehmung der Aussenwelt beeinflussen. Ihr kennt das sicher, dass ihr an Tagen, an denen es euch richtig gut geht, viele schöne Dinge sieht. Sitzt man in einer schwarzen Wolke, scheint auch alles andere düster. Ein weiteres Problem von Depressionen ist, dass man das Vertrauen in sich selber verliert und sich nichts mehr zutraut. Und hier beginnt das Kofferproblem. Man kann ihn zwar auspacken, aber irgendwie hängen die einzelnen Dinge die man auspackt alle miteinander zusammen. Man steht augenblicklich vor einem riesigen Berg, denn es hat sich eine Menge angesammelt, und man traut es sich überhaupt nicht zu, diesen Berg bewältigen zu können.

Beispiel: Packe ich meinen Studiumsabschluss aus und will diesen angehen, so sehe ich, dass ich aufgrund meines Nebenjobs kaum Zeit haben werde, um mich zu erholen. Und depressive Menschen brauchen viel mehr Erholung als andere. Und wenn ich darüber nachdenke, weniger zu arbeiten, damit ich genug Erholung habe, dann fallen mir meine ganzen offenen Rechnungen ein. Ich wurde anfang des Jahres fast betrieben, weil ich eine Rechnung für meine Therapie nicht bezahlen konnte (Jahresanfang -> Franchise bezahlen). Also gehe ich im Moment nicht in die Therapie, undsoweiter *teufelskreisdreh*.

Und diese ewige Suche nach Geborgenheit. Mir ist bewusst, dass ich aus meiner Kindheit ein Manko habe, das niemand jemals zu füllen vermögen wird. Man kann das nicht delegieren, man muss es selber auffüllen können. Ist jedoch schwierig wenn man orientierungslos ist. Und mag man den Eltern auch verziehen haben, so hat einem dieses Manko doch Dinge tun lassen, mit denen man sich primär selber verletzt hat.

Ich versuche im Moment an dieser kleinen Lebens-Flamme festzuhalten, die mir zum Glück immer erhalten geblieben ist. Kennt ihr das, wenn irgendwo tief in Euch dieses kleine Feuer weiterlodert, obwohl ihr das Gefühl habt, dass alles den Bach runtergeht? Ich würde gerne wieder einmal Holz nachlegen können, welches ich nicht in einem fremden Wald geschlagen habe. Ich muss grinsen, ich klinge momentan wirklich sehr tranig :) .

Und wegen der Opferrolle. Ich sehe mich nicht als Opfer, ich bin mir bewusst, dass ich Entscheidungsgewalt über mein Leben habe. Und das alles, was wir nicht erledigt haben, uns immer wieder begegnet. Ich weiss auch, dass ich mir je nach Lebensphase bestimmte Männer aussuche, die dann eine Funktion inne haben. Oder sie verkörpern etwas, das mir fehlt und ich versuche es bei ihnen zu beziehen.

Es tut mir leid, dass ich hier ewig vor mich hintippe, aber es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen.

Mich würden Eure Gedanken zum folgenden Thema interessieren: Wie kann man sich selber Geborgenheit geben? Braucht es dafür andere Menschen? Ich meine nicht, dass wir völlig isoliert leben sollten, aber ist es nicht so, dass Menschen sich gegenseitig die Mankos hin- und her reichen, weil man die Geborgenheit vorallem bei anderen sucht?

Wo nehmen wenn nicht stehlen?

Herzliche Abendgrüsse *wochenendmirgraut*

 
Hallo sadpk,

Deine Zeilen sind wieder mir aus dem Herz geschrieben.

Das kann ich nur unterschreiben.

Auch wenn wir es theoratisch wissen und sehr klar da sind, die Praxis ist nicht so einfach.

Ich bin gut, wie reflektiert und klug Du bist.

Lg,

Zipfel

 
lieber zipfel

danke für deine pn, ich werde mir in den nächsten tagen zeit nehmen, dir zurückzuschreiben :) .

es ist als bestehe man aus einer gesunden und einer depressiven person. die gesunde kann alles reflektieren und analysieren und auch pläne schmieden, wobei die depressive person dann alles blockiert, was man sich vorgenommen hat. dieses kampf ist extrem kraftraubend. bei mir dominiert im moment der gesunde teil, aber ich traue dem ganzen nicht, weil ich aus erfahrung weiss, dass der depressive teil meiner persönlichkeit sich irgendwann melden wird, um einen erneuten boykott meiner pläne zu starten.

also gebe ich mich dem stillstand hin und drehe gleichzeitig fast durch, weil ich in alle richtungen blockiert bin.

wie geht es dir nach dem urlaub? welcher teil hat bei dir zurzeit die führung inne?

 
Hallo Sadpk,

bei mir überwiegt gerade auch der gesunde Teil.

Ich sehe vieles klar, doch auch ich kenne das Gefühl, dass der depressive Teil mich oft hemmt. Und ich Dinge, die ich im Kopf klarhabe, nicht angehen kann. Ich fühle mich dann kraftlos, hoffnungslos, irgendwie ist alles zu viel.

Der Urlaub hat mir gut getan. Ich bin froh, es gemeistert zu haben. Allein zu sein im Urlaub ist immer noch ein Problem für mich. Doch ich mußte raus, zu Hause die Wände anstarren macht es nur noch schlimmer.

Wenn ich eher depressiv bin, versuche ich gnädig zu mir zu sein. Es liegt ja nicht daran, dass ich mich nicht zusammen reiße, sondern es ist einfach ein "Nicht-Können", eine Krankheit. Seit ich das für mich akzeptiert habe, denke ich in solchen Momente: ok, heute ist das so. Morgen ist wieder ein anderer Tag.

Im Übrigen mache ich gerade mal wieder ne schlechte Erfahrung mit nem Mann, erzähle ich dir mal in ner PN. Das löst dann auch viele Dinge wieder aus. Ich fühle mich hilflos, ohnmächtig... und dann kommen die Depressionen wieder. Immer so ausgeliefert sich zu fühlen.

Ja, irgendwie geht es nicht richtig vorwärts. Wie geht es Dir denn? Ich freue mich auf Deine PN.

Lg,

Zipfel

 
hallo mädels

bin nun etwas frech, doch eure erlebnisse würden mich auch interessieren....vorallem wie ihr mit dem ganzen umgeht.....etc....

wäre es möglich, dass ihr euch nicht per pn austauscht, sondern gleich hier im theard?

gruss

ibr

 
lieber zipfel

du hast recht, es ist sehr wichtig, sich die depressiven tag zugestehen zu können. wie man das dem umfeld vermitteln soll ist dann eine andere frage, zumal man nicht überall mit seinem gemühtszustand hausieren gehen kann (z.bsp. arbeitsplatz).

wegen deiner aktuellen männergeschichte: stell dir vor, mein ex, mit dem das ganze elend richtig anfing, hat sich vor drei wochen bei mir gemeldet. seither kämpfe ich dagegen an, ihn mir zur aufgaben zu machen nach dem motto `vielleicht könnte ich ihn jetzt dazu bringen mich zu lieben, wer weiss, ob dann nicht viele meiner probleme verschwinden würden`. das schlimme ist, dass ich mich vorallem in gesunden zeiten auf so einen sch*** einlasse, um danach den totalen absturz ins düstere tal zu erleiden.

ich muss jetzt zur arbeit, ich schreibe dir heute abend eine pn. berichte mir per pn über deine männergeschichte falls du magst.

bis dann ;)

 
hallo ibr

ich habe nichts dagegen, die dinge hier im forum zu diskutieren.

@zipfel

was meinst du?

 
Hallo sadpk,

hier meine Geschichte:

Mein Mann, mit dem ich ein Haus gebaut hatte, hat mich vor 2 1/2 Jahren verlassen. Er war ganz schlimm depressiv: der Job war Scheiße (tortz 3 Wechsel in 2,5 Jahren), die Leute waren Scheiße (er ist für uns aus Nürnberg an den Nierrhein gezogen), er fand keine Freunde (die hatte er auch in Nürnberg nicht, es lag meiner Meinung an ihm: keiner machte es ihm Recht) und ich war auch Scheiße, weil ich seine Interessen Skifahren, Mtbiken und Spinning nicht teilte, andere Musik hörte und andere Filme sah. Er nannte es keine Gemeinsamkeiten. Ich weiß, ne Beziehung machen diese Dinge allein nicht aus, er sah das anders. Wir waren gerade in unser Haus gezogen, da hat er sich meiner Meinung nach schon aus unserer Beziehung verabschiedet. Er wollte einfach nicht, gab sich nicht die Chance anzukommen, obwohl er sagte, er wolle das endlich. Schließlich gab er mir für sein Unglück die Schuld, er beschimpfte mich, machte mich nieder, war gemein zu mir und vieles mehr. Er war sehr depressiv und hat sich in seinem Büro verbarrikardiert. Ich kam einfach nicht an ihn heran.

Dieser Zusatand dauerte 2 Jahre. Es wurde schlimmer und schlimmer. Ich sah, dass die Beziehung langsam vor die Wand fuhr, hab ihn gebeten, mit mir nach Lösungen zu suchen: nichts! Ich wurde hilfloser und verzweifelter. Ja, ich wurde depressiv. Der Mann, den ich liebte, ging auf mich los (verbal) und ich hatte Angst, mein Zuhause, das ich so liebte, zu verlieren. Doch ich konnte ihn nicht erreichen, nichts tun. Alles war falsch, was ich sagte, was ich tat.

Heute denke ich, ich hätte mehr Wut entwickeln müssen, mehr Grenzern ziehen müssen und ihn in den Hintern treten sollen (und mir nicht nur sein Gejammer anhören sollen). Ich hatte zuviel Geduld und Verständnis (für diese Krankheit). Eine Therapie hat er übrigens während unserer Zeit angefangen und wieder abgebrochen. Ich habe mir sofort Hilfe gesucht.

Zum Schluß hat er sich, 2 Tage vor Weihnachten, ne andere Frau gesucht, eine Affaire angefangen und mir mitgeteilt, es sei vorbei.

Er hat mich so tyrannisiert, dass ich nach 4 Wochen Hals über Kopf ausziehen mußte. Er nannte es "er hat mich rausgeworfen", genauso hat es sich für mich angefühlt. Er hat in den folgenden Wochen noch so manche miese Nummer abgezogen, um mir das Leben schwer zu machen. Er hat mir gezeigt, wie egal ich ihm war und war noch schlimmer gemein zu mir. Seitdem haben wir keinen Kontakt mehr. Aber er legt auch keinen Wert darauf, das hat er nie getan (auch bei meinen Vorgängerinnen nicht). Ich wußte, dass das passiert.

Heute lebt er ca. 50 km weg und seit 2 Jahren mit einer anderen Frau (nicht mit der Affaire). Ob es der besser ergeht als mir? Ich weiß von seiner Familie, dass er die Schwierigkeiten schon viele Jahre hat. Ich weiß, es lag nicht an mir. Deshalb glaube ich nicht, dass es durch den Wechsel der Partnerin anders wird. Ein schwacher Trost...

Mir hat es das Herz gebrochen, mich in meinen Grundfesten erschüttert. Denn ich hatte noch nie einen Ort, der für mich Zuhause war. Es war das 1. Mal. Und ich habe mich ihm wirklich anvertraut. So sehr, wie niemals vorher.

Erst langsam habe ich das Gefühl, ich komme darüber hinweg. Heimweh habe ich immer noch. Nachdem unser Haus übrigens damals an ihn überschrieben war, hat er es 6 Wochen später ganz verkauft.

Nun zu dem Mann, der mich aktuell beschäftigt:

Ich kenne ihn seit 8 Jahren, seit dem haben wir eine "Beziehung". Damals war ich Single, er verheiratet mit 3 kleinen Kindern. Wir haben uns Hals über Kopf verliebt, nach 4 Monaten hielt er das Doppelleben nicht mehr aus, Trennung. Nach einigen Monaten wieder Kontaktaufnahme, alles ging von vorne los, wieder Trennung. Wieder vergingen Monate. Wir sahen uns wieder, er sagte er wehre sich nicht mehr, ich gehöre zu seinem Leben ... wir waren wieder zusammen. Doch mir wurde in der Zeit klar, dass er seine Familie bzw. seine Frau nicht verlssen würde. Zweitfrau war nicht mein Wunschleben, so machte ich mich offen für was Neues und lernte meinen Mann kennen. Und war sehr glücklich! Der Kontakt zu dem verheirateten Mann blieb, ... als Freundschaft. Wir bedeuteten uns viel und so sahen wir uns alle paar Monate zum Kaffeetrinken und zum Quatschen. Klar war er am Anfang eifersüchtig, kam nicht gut klar damit ... doch schließlich ging es. Doch so einmal im Jahr sagte er mir, er liebe mich und das fühlte ich auch. Doch es war alles gut, so wie es war.

Als mein Mann sich dann trennte, dachte der Verheiratete erst, es hätte mit ihm zu tun. Und hörte sich gar nicht an, was eigentlich passiert war. Das habe ich ihm ziemlich übel genommen. Doch nach 5 Monaten hatten wir Kontakt, er sah ein, dass das totaler Blödsinn war und wir trafen uns immer wieder alle paar Wochen. Im Laufe der Zeit wurde aus der Freundschaft wieder mehr, wir kamen uns näher. Und meiner Meinung nach lief es zwischen uns in den letzten Wochen gut. Wir verstanden uns gut und unsere Treffen waren harmonisch. In den Wintermontaten treffen wir uns immer in einem Cafe. Darauf habe ich keinen Bock mehr. Das habe ich vor 5 Wochen zum Thema gemacht und bat ihn, mit mir zu überlegen, was wir mal anders machen können. Er wehrte sich mit Händen und Füßen, war mein Eindruck. Darraufhin habe ich ihm die Frage gestellt: "Was willst Du eigentlich von mir?" - "Wie steht du gefühlsmäßig zu mir?" Er sagt seit der Trennung von meinem Mann nicht mehr, dass er mich liebt. Letztes Jahr genau 2 Mal, dieses Jahr gar nicht. Das fand ich auffällig. Auch macht er keine Anstalten, mit mir schlafen zu wollen. Bis auf das Wochenende, dass wir mit unseren "Clubs" wegfahren. An einem solchen Wochenende hatten wir uns damals auch kennengelernt.

Zuerst sagte er mir, ich wisse es nicht. Eine Woche später hat er mir gesagt: Ich liebe Dich nicht, dafür reicht es nicht. Und das hieß für mich Trennung.

Er hat mir 2 Tage später einen Brief angekündigt, in dem er über seine Gedanken, Gefühle und seine Situation sprechen wollte, mir auch Antworten geben wollte. Über seine Gefühle wollte er sich 2 Wochen (in seinem Familienurlaub, der gerade anstand) Gedanken machen. Er wollte sich nach seinem Urlaub melden. Der Urlaub ist nun 2 Wochen und 2 Tage her. Und ... er hat sich nicht gemeldet. Es war in 8 Jahren immer so, wenn ihn was belastet hat, er Probleme mit uns hatte, er hat mir immer geschrieben. Er sagt, das kann er besser als reden. Nun kommt zum ersten Mal nichts.

Ich finde das ganz klassisch. Denn mir ist jetzt klar, er meint das ernst. Es ist tatsächlich so, was ich bisher wirklich nicht glauben konnte. Er ist ein wichtiger Teil in meinem Leben, auch wenn er mir nicht das geben kann, was ich mir letztendlich wünsche. Das war aber seit über 6 Jahren kein Thema mehr zwischen uns. Bis auf die Cafetreffen war alles gut, so wie es war.

Nach 8 Jahren beendet nun ein Gespräch von 10 min und 5 Sätze in einer Email mit der Ankündigung, mir zu schreiben, eine Beziehung von 8 Jahren. Ich kann das nicht glauben. Doch ich bin nicht so blöd, nicht realistisch einzuschätzen, was da gerade passiert.

Auch jetzt bin ich wieder sehr enttäuscht. Und verliere schon wieder einen Menschen, der mir am Herzen liegt. Ich melde mich nicht bei ihm, ich will ihm nicht hinterherlaufen. Sonst verliere ich meine Selbstachtung und er wahrscheinlich den Respekt vor mir.

Das ist im Moment meine Situation.

Lg,

Zipfel

 
Ach übrigens,

im Forum "Geschieden" habe ich dazu geschrieben. ich sehe auch gerade, wie lang es geworden ist... Naja, so ist es!

 
lieber zipfel

vielen dank, dass du dir die zeit genommen hast, uns deine geschichte zu erzählen. ich kann dir sehr gut nachfühlen wie es ist, sein erstes und bisher einziges zu hause zu verlieren. mir ist das damals mit meinem ex passiert, ich habe so viel (zu viel) in diese beziehung investiert und bin viel zu spät `ausgestiegen`

dieses aus der kindheit resultierende ewige gefühl des ungeliebtseins lässt einem zu lange in solchen situationen bleiben, man macht zuviele kompromisse und man lässt sich schlecht behandeln, nur um ein bisschen liebe zu bekommen. was man für das bisschen liebe alles einstecken muss verdrängt man, denn die alternative dazu ist ein aufenthalt im schwarzen loch.

die geschichte mit dem verheirateten mann tut mir sehr leid, vieles daran erscheint mir klassisch. du hast ihm über die ganzen jahr wahrscheinlich vorallem als fluchtort gedient, wobei er dir einen solchen nie angeboten hat. zudem fand er dich nur so lange interessant, wie du gebunden warst. sein momentanes verhalten ist total feige doch wie du selber schreibst war es wohl zu erwarten.

wenn ich die allgegenwärtige sehnsucht in meinem leben in einem satz beschreiben müsste, dann würde ich es so formulieren: "ich wünschte mir, dass jemand ein einziges mal für mich in den krieg ziehen würde". denn wir tun dies immer wieder, wenn auch auf ungesunde weise.

in meiner momentanen situation beschäftigen mich zwei themen:

- meine eltern, die vermehrt meiner hilfe bedürfen und mich dadurch in einen gewissenskonflikt stürzen, denn ich habe ihnen so viel noch nicht verzeihen können.

- mein exfreund, der irgendwie meine trennung `gerochen` hat und sich nach vier jahren kontaktpause wieder gemeldet hat. er meint er habe sich geändert aber ich weiss, dass dem nicht so ist. ausserdem ist unsere vorgeschichte dermassen heftig, dass es auf keinen fall funktionieren würde. die verlockung ist dennoch da.

du hast in deinem thread von deinem kinderwunsch geschrieben. ich stelle fest, dass sich diesbezüglich in mir eine leichte panik breit macht. ich bin wohl auch deswegen anfällig auf meinen exfreund. denn ich kann mir beim besten willen nicht vorstellen, dass sich ein mann für mich und meine ganze vorgeschichte begeistern kann. der depressive teil in mir meint, dass ich vieles von meinem exfreund verlangen dürfte, weil er mich damals so schlecht behandelt hat. der gesunde teil weiss, dass er sich dies nicht gefallen lassen würde.

es ist so dämlich, alles klasklar zu sehen und dennoch die fehler zu begehen. ausserdem ist es für das umfeld nur schwer verständlich. manchmal komme ich mir wie in einem paralleluniversum vor. *grmpf*

ich wünsche euch allen einen schönen tag

 
Hi sadpk,

ich kann deine Gedanken und Sehnsüchte gut verstehen.

Auch die Sache mit Deinen Eltern. Mir ist es auch so gegangen. Doch irgendwann merkte ich, meine Eltern haben ihr Bestes gegeben. Mehr konnten sie nicht aufgrund ihrer Erziehung, ihrer Lebenserfahrungen, ihrer Sorgen, Probleme und Grenzen. Ich merkte, Eltern geben immer ihr Bestes, auch wenn es vielleicht nicht unser Bestes war und wir so einen schwereren Start ins Leben haben ... und eben einen Koffer voll Last mitschleppen.

Bei mir wurde es dramatisch, als meine Mutter vor ca. 10 Jahren (ebenfalls) schwer depressiv wurde ... und dann zur Alkoholikerin. Sie ist vor 6 Mon. gestorben. An ihrer Alkoholsucht. Ich habe ca. ein halbes Jahr vorher gemerkt, sie wird sterben. Es war hart für mich, ich war ihr nie wirklich nah. Doch ich habe sehr bewußt Abschied genommen, ihr noch das gesagt, was ich ihr sagen konnte, so gut ich es konnte. Die letzten 5 Wochen war sie im Krankenhaus. Wer das Leben mit einem Alkoholiker kennt, weiß, die sind nicht mehr ansprechbar. Es war einseitig. Im Krankenhaus besser. Ich glaube, ihr hat es auch weh getan, dass sie sowenig "Kontakt" zu ihren Kindern hat. Wir alle und mein Vater haben sie in den letzten, schweren Stunden nicht allein gelassen. Vieles hat mich gnädiger gestimmt, ich habe verzeihen können. Doch ich (und meine Geschwister) träumen heute noch davon, so traumatisch waren die Tage und Stunden bis zum Tod. und ... ich vermisse sie! (Jetzt kommen mir die Tränen)

Und ich hatte keinen Halt, ich saß alleine "zu Hause". Es war wirklich sehr schwer.

Lg,

Zipfel

 
lieber zipfel

das mit deiner mutter tut mir leid, sowas muss die hölle sein. ich finde es jedoch sehr stark von dir, dass du dich auf die situation eingelassen und sie begleitet hast. solche situationen können massgeblich zur eigenen heilung beitragen aber sie können einen auch komplett `aussaugen`.

auch ich habe immer wieder `heilungserlebnisse`mit meinen eltern, auch mir ist bewusst, dass sie damals alles gegeben haben und nur das beste für mich wollten. es gibt übrigens ein tolles buch über depressionen mit dem titel `sie haben es doch gut gemeint: depression und familie`. mir hat es enorm geholfen, die herkunft meiner depressionen genauer zu orten.

mich ärgert es trotzdem immer wieder, dass meine eltern gewisse dinge nicht reflektiert haben und sich nicht bewusst waren, dass all ihre unausgesprochenen ängste und traumatas (meine eltern kamen 1969 als politische flüchtlinge in die schweiz) auf ihre kinder übergehen können. heute tut es ihnen einerseits leid, andererseits haben sie wenig verständnis für meine depressiven zustände. sie behandeln mich die meiste zeit wie einen patienten, der sich einfach nicht heilen lassen will.

der gesunde teil kann ihnen verzeihen und hat das bedürfnis sich um sie zu kümmern, der kranke teil führt sich auf wie das kleine kind von damals, dass diese unglaubliche eiseskälte zu hause spürt.

hat sich denn dein verhältnis zu deinem vater verbessert? seid ihr euch durch den tod deiner mutter näher gekommen?

 
Hallo sadpk,

ja, anfangs hat sich das Verhältnis gebessert, so ein Erlebnis schweißt zusammen. Ohne uns Kinder hätte er es nicht durchgestanden. Doch so langsam habe ich das Gefühl, er wird wieder der "Alte". Macht sein Ding, lebt sein Leben. Auf der einen Seite gut, auf der anderen fehlt uns was. Wir hätten gerne mehr Aufmerksamkeit, auch für die Enkelkinder (meine Geschwister haben Kinder).

Aber es ist, wie es ist.

Meine Therapie hat meinen Eltern Angst gemacht. Ich glaube, sie dachten, es geht um Schuldzuweisung. Ich glaube, davor hatten sie Angst. Mir ging es ehr darum, zu verstehen. Wieso habe ich die Probleme, wo kommen sie her und wie komme ich da heraus. Ich weiß, ich bin für mein Leben verantwortlich. Doch manchmal ist es schwer. Wenn ich selber nichts tun kann und nur einfach zu gucken kann, wie alles kaputt geht. Ich finde, manchmal ist man nicht "der Herr im eigenen Haus".

Ich habe viele Bücher aus dem Pal-Verlag gelesen. Über Depressionen, wenn der Partner geht, über Einsamkeit usw. Das hat gut getan.

Trotzdem ist der Koffer noch nicht leicter geworden. Mir fehlen einfach positive Erfahrungen und Erlebnisse.

Ich wünsche mir nichts so sehr, wie einfach 100%ig auf nen Menschen zu vertrauen und zu wissen, er geht nicht bei Schwierigkeiten. Und er liebt mich so, wie ich bin. Schätzt meine Stärken (denn die habe ich zweifellos) und kann mit meinen Schwächen leben. Dieses umdrehen und weggehen ist das Allerschlimmste für mich.

Und ich bleibe einfach zurück. Und diese Menschen, die mir so nah waren, interessiert es nicht, was mit mir ist, wie es mir geht, was aus mir wird.

Trotz meines Alters habe ich manchmal das gefühl, das Kind in mir schreit. Und doch weiß ich, ich bin eine Frau in den mittleren Jahren. Ich fühle mich nicht so, sehe auch viel jünger aus. Doch es erschreckt mich.

 
hallo sadpk, hallo zipfel

danke, dass ihr euch nicht via pn -, sondern hier öffentlich austauscht.....

das thema interessiert mich sehr, da auch ich mich zum teil wiedererkenne in euren beiträgen. jedoch muss ich gleich vorweg nehmen, dass ich an keiner depression leide....

ich frage mich jedoch, ob nicht ein jeder von uns einen oder zwei koffer zu tragen hat.....ist es denn nicht so, dass man dies automatisch tut, wenn man älter wird?

also ich persönlich denke, dass ein jeder mensch solche koffer mitschleppt.....mit guten wie auch weniger-schönen dingen.....

und doch machen uns diese koffer doch schlussendlich aus, oder?....all die erfahrungen und erlebnisse, welche in diesen koffern sind.....die haben uns geprägt und schlussendlich aus uns auch gemacht was wir sind.........

auch ich habe/hatte eine alkoholikerin als mutter.......sie ist mittlerweile seit gut 10 jahren trocken...und darüber bin ich froh.....doch meine mutter wird mir die erlebnisse - die ich damals hatte - nie mehr nehmen können.....die haben sich eingeprägt.......sie wird das, was damals falsch gelaufen ist, nie wieder zurecht-biegen können.......

auch heute mag ich es noch nicht, wenn sie mich berührt oder umarmen möchte......ich mag das nicht - nicht von IHR......auch mag ich von ihr am wenigsten vertragen.....das hat sich irgendwo in mir drin einfach eingeprägt.....wieso und warum das das so ist?.....weil ich in meiner kindheit doch das eine oder andere erlebnis mit ihr hatte, auf welches ich lieber verzichtet hätte.....

und heute?....heute ist sie (gott-sei-dank) trocken....wir unternehmen ab und zu mal was und sie steht auch da, wenn ich ihre hilfe brauche (ich bei ihr auch).....meine eltern sind heute glücklicher als sie es je waren.....

aber eine richtige mutter-tochter beziehung wird das nie geben zwischen uns....dafür ist zu viel kaputt......

doch ich kann leben damit...ich mache ihr keinen vorwurf, weil ich weiss, dass sie es sich auch anders gewünscht hätte und im nachhinein kann sie sich ja selber nicht verstehen.......das weiss ich und kann ich auch nachvollziehen.......alkohl ist eine verdammt-hartnäckige krankheit und ich bin auch stolz, dass sie den absprung davon geschafft hat......das ist nämlich äusserst hart.....

mit meiner familie habe ich ein gutes verhältnis.....seit ich kind war, ist meine bezugsperson eher mein vater und mein bruder als meine mutter....das ist heute noch so....

wieso erzähle ich euch das?.....

mein ältester bruder hat ein sehr "gestörtes" verhältnis in sachen beziehungen....und immer ist schlussendlich die mutter und der rest der familie schuld.......das kann es nicht sein.....

er ist ein paar jahre älter als ich und ich denke, irgendwann sollte man sein leben selber in die hände nehmen........man kann viel kaputt-machen bei einem kind....doch irgendwann wird das kind gross und selbstständig.....

mein bruder benutzt seine vergangenheit als entschuldigung und als ausrede..und das kann nicht sein.......

auch die traurigen erlebnisse, welche uns alle verzweifeln lassen.......die machen das leben nicht einfacher und sind schon gar keine motivation für einen erneuten versuch........und doch ist es das leben.....

ich finde es gut, dass ihr hilfe angenommen habt........aber verzeiht euren eltern ihre hilflosigkeit mit eurer depression........eine depression kann man nicht sehen, nicht anfassen und schon gar nicht verbinden wie ne schnittwunde........das macht unsicher.....vorallem in der generation, in welcher unsere eltern sind........seid da vielleicht etwas milder mit ihnen.....sie kennen das nicht.......früher gab es auch keine depression, sondern der "andere spinnte einfach rum"........versteht ihr was ich meine?

auch ich brauchte eine weile, bevor ich mich wieder auf einen mann einliess....da die beziehung zuvor alles andere als einfach und schön war......und doch tat ich es und fiel brutal auf die fresse.........ich verstand die welt nicht mehr......nach einiger zeit habe ich gelernt, dass auch mein ex einen koffer hatte, welchen ihn fast zerdrückte.......

er packte einfach alles immer wieder in den koffer - ohne diesen sonst zu öffnen.......irgendwann passte nichts mehr rein und öffnen wollte er ihn eh nicht.......und genau da zerbrach unsere beziehung......

milestone hat was wichtiges geschrieben in seinem post: man sollte diese koffer irgendwann auch mal ausmisten........irgendwas bleibt immer drin in diesem koffer.....doch es gibt dinge, die sollte man aussortieren, weil sie einfach nichts mehr im koffer (also mit euch und eurem leben) zu tun haben.....und so wird der koffer nach und nach leichter........

vielleicht solltet ihr das mal in angriff nehmen.....auch wenn es eine enorme anstrengung und energie bedeutet......so wäre es bestimmt das richtige...und wenn ihr das alleine nicht schafft, dann nehmt hilfe in anspruch.....

so, habe nun einfach mal frisch-von-der-leber getextet.....ich hoffe, es ist nicht allzu wirr.......

wünsche euch alles liebe und gute.......und fangt an mit koffer-auspacken! es erleichtert enorm.......

lg

ibr

 
Hallo ich bin ratlos,

Du hast in vielem Recht, was Du schreibst.

Zu deinem Bruder: Die Erfahrungen in Kindheit und Jugend kann man nicht als Entschuldigung nehmen, um nichts zu tun. Seit ich unabhängig bin und erwachsen, bin ICH nämlich verantwortlich für mein Leben. Und ich verstecke mich nicht dahinter, sondern versuche, Lösungen zu finden.

Diese Erlebnisse erklären vieles, aber, wie gesagt, entschuldigen mein Verhalten oder meine heutigen Probleme nicht.

Du hast auch Recht mit dem Ausmisten des Koffers. Es ist nicht so, dass ich das nciht immer und immer wieder versucht habe. Und dann dachte ich, ich bin einen oder sogar fünf Schritte weiter. Doch dann passiert z.B. eine Trennung... und schon ist alles wieder da. Das wirft mich dann genau diese Schritte wieder zurück. Vielleicht mache ich mich zu abhängig ..., obwohl ich schon sehr eigenstänig bin.

Deshalb habe ich Angst vor einer neuen Beziehung. Bisher war es nichts als Leid. Und es hat mich jedes Mal wieder zurück geworfen. DAS will ich nicht mehr.

Heute weiß ich auch, wieviel Verantwortung ein Kind bedeutet. Wenn es wieder weh tut, keine Familie zu haben, denke ich daran. Ich kann auch kein Kind "krank" machen, d.h. weil ich nicht "mehr" geben konnte, hat womöglich mein Kind einen schlechteren Start ins Leben. Damit könnte ich wirklich nicht leben.

Ich arbeite mit kleinen Kindern und ich sehe heute schon, wer es mal schwerer haben wird. Und auch, welches Kind heute eigentlich schon verloren hat. Hört sich hart an, ist aber so.

Find ich gut, dass Du Dich (ich bin ratlos) an unserem Austausch beteiligst.

Viele Grüsse,

Zipfel