Ihr Lieben!
Hier erwartet euch ein langer Text,über eine komplizierte Beziehungsgeschichte und ein noch komplizierteres Stück Lebensweg! Ich danke schon im Vorfeld jedem, der sich die Zeit nimmt ihn zu lesen, vielleicht soagar die Mühe macht mir einen produktiven Rat zu erteilen. Danke!
Wie alles begann:
Ich lernte meinen heutigen (Ex) Freund über meinen damaligen Mitbewohner kennen, der nach meiner letzten, bodenlos gescheiterten Beziehung einsprang, damit ich die Wohnung halten konnte. Schon als ich seinen Freund das erste mal sah war ich von seiner Erscheinung überaus angetan, viel mehr Gedanken verschwendete ich aufgrund meiner angespannten Lebenssituation allerdings nicht. Ich hatte gerade begonnen, mich aus meiner Beziehung zu lösen, die mich ganz einfach fast restlos zerstört hatte. Sie war geprägt von Gewalt, körperlich, sowie emotional und meiner krankhaften Abhängigkeit. Trotz unmenschlicher Szenen (zuletzt Rippenbrüche etc. und auch nächtliche Rausschmisse aus der gemeinsamen Wohnung, weil er mal wieder eine Neue aufgerissen hatte) brachte ich lange nicht die Kraft auf, zu gehen. Vermutlich liegt dass in der Tatsache begründet, dass meine Familie weit fort gezogen war, meine Mutter sich geweigert hatte, mich mitzunehmen, meine Großeltern kurz hintereinander verstorben waren und ich körperlich und seelisch seit längerem schon absolut instabil war etc. etc. etc. In meinen Augen war er jedenfalls der einzige Mensch, den ich auf der Welt hatte. Ein Teufelskreis- je mehr ich mir gefallen ließ, jeh öfter ich zurück kehrte, desto mehr Menschen wanden sich auch tatsächlich von mir ab, weil sie es nicht mehr ertragen konnten. Nebenbei hatte mein damaliger Psychopathen Freund auch erheblich an meiner Abhängigkeit gearbeitet. Wie auch immer, zuletzt zeigte ich ihn an, eher aus Pflichtgefühl gegenüber derer wenigen, die noch zu mir standen, als aus Stärke und dem ehrlichen Wunsch mich zu lösen. Er zog also aus und dort saß ich, am Ende meiner Kraft, völlig versteinert und emotional verkrüppelt.
Ich beschloss mich abzulenken und schickte dem Freund meines Mitbewohners eine sms, in der ich ihm anbot, man könne gelegentlich gemeinsam etwas trinken gehen. Wir trafen uns auf einer Party und es wurde eine wunderschöne Nacht, in der wir uns endlos unterhielten. Dennoch, als ich erfuhr dass er noch in einer Beziehung steckte, unglücklich zwar, wie er sagte, aber immerhin, warf ich alles sofort hin. Mein Bedarf war absolut gedeckt, ich hatte panische Angst vor neuen Verletzungen. Einige Tage später hatte er sich getrennt und bemühte sich derart konsequent um mich, dass ich zaghaft Vertrauen fasste. Ich bat ihn, mir Zeit zu geben. Lange genug war mein Leben aufgrund meiner Unvernunft katastrophal verlaufen, meine Wunden waren längst nicht verheilt, ich wollte dem Müll aus der letzten Beziehung nicht mit in die nächste schleppen. Ich wusste ich würde nicht fähig seine, eine gesunde Beziehung zu führen, eine gute Partnerinn zu sein. Aber wie verliebte Männer so sind, er beschwor mich, dass er alles ausgleichen würde, dass ich an seiner Liebe gesunden würde und er sich mein Vertrauen mit absoluter Ehrlichkeit erarbeiten würde.
Ich konnte nicht anders, ich brauchte Geborgenheit, Trost, Liebe, Anerkennung. Daher überhörte ich meinen Verstand und ging diese Beziehung ein. Er ist ein völlig anderer Mensch, als Dein Exfreund, sagte ich mir immer wieder, vielleicht gibt er Dir zurück, was Du verloren hast. Obwohl ich im Grunde wußte, dass es absolut nichts mit ihm zu tun hatte, sondern nur mit mir.
Die erste Zeit war ein Fiasko. Überall witterte ich Betrug, die Anfänge von desillusionierung, Schmerz. Ständig beendete ich die Beziehung, lief einfach davon, weil ich wußte, dass ich nichts, nicht das kleinste bisschen Schmerz mehr würde ertragen können. Aber mein Freund bemühte sich mit stoischer Liebe und Geduld darum, dass ich mich ernsthaft auf ihn einließ. Und irgendwann glaubte ich seine fortwährenden Beteuerungen-NIEMALS würde er mich belügen, Niemals würde er mir Schmerzen bereiten. Dumm wars, etwas zu glauben, dass kein Mensch versprechen kann. Schon gar nicht ein 19 jähriger (ich war 21), der von menschlichen Abgründen keine Ahnung hatte und auch nicht einschätzen konnte, was auf ihn zu kommen würde. Er war immer behütet gewesen, ein absolter Optimist, hoffnungsloser Utop, wie ich im Laufe der Beziehung immer wieder fest stellen musste.
Dennoch begann ich ihm zu Vertrauen und klammerte mich an ihm fest, an seiner Liebe, an seiner Zuversicht. Letztendlich beging ich den Fehler, den ich nie im Leben hatte wieder tun wollte, gleich ein zweites Mal- ich machte mich abhängig. Ich beruhigte mein Gewissen damit, dass man von lieben Menschen ruhig abhängig sein darf, dass er sich dafür wertvoll zeigen würde und so weiter...
Aber alles kam, wie es kommen musste. Weder er, noch ich konnten wirklich aus unserer Haut. Ich kämpfte immer und überall mit Verlustängsten, er mit seinen Charakterschwächen, die ganz und gar nicht ehrlich und verantwortungsbewusst waren. Trotz meinen Depressionen, den Angstzuständen, wegen denen ich oft kaum die Wohnung verlassen konnten, hatten wir eine schöne, intensive Zeit. Wir lernten einander kennen, wir profitierten voneinander. Ich konnte von seiner Wärme, seiner Zuversicht, seinen Träumen nicht genug bekommen, er schätzte meine Lebenserfahrung, mein Verantwortungsbewusstsein, meine Ansichten.
Ein neuer Abschnitt:
Nach ein einhalb Jahren wurde ich unbeabsichtigt schwanger. Für mich eine Katastrophe. Ich war nicht bereit, nicht stark genug, hatte meine Ängste und mich selbst nicht im Griff. Aber mein Freund strahlte wie immer Gelassenheit und Zuversicht aus. Letztendlich war es wohl die fatale Sehnsucht, nach einer heilen Familie, nach Geborgenheit und Halt, der mich den Termin verstreichen ließ, zu dem noch eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Nun begannen die wirklichen Sorgen. Ich musste meine Ausbildung abschliessen und hart arbeiten, auch noch mit riesigem Bauch. Eine Wohnung musste her, trotz geringem Einkommen. Ich musste mich in den Griff bekommen, begann eine Therapie. Unter den Anforderungen zeigten sich neue Seiten, an meinem Freund. Er war unfähig anzupacken, die Dinge zu organisieren, dass was getan werden musste, in die Hand zu nehmen. Das Kinderzimmer baute ich im neunten Monat allein auf, nachdem ich wochen lang gefleht, gebettelt und auch getobt hatte, er möge es endlich tun. Er war liebevoll, zärtlich, gewiss. Aber Sicherheit, die konnte er in keiner Weise bieten. Er ließ mich immer öfter allein, feierte, besuchte Freunde. Was für mich zuvor schon schwierig zu ertragen war, da ich mit jedem allein hocken schlimmste Erinnerungen verband und wohl auch unfähig war, loszulassen, Freiheit zu lassen, war unter den nun gegebenen Umständen kaum erträglich. Mich befiel die reine Panik! Ich lag dort und zitterte und weinte über meine eigene Unfähigkeit, für mein Ungeborenes stark zu sein, Gefühle zu unterdrücken, die es vielleicht spüren konnte. Die Angst allein zu sein, nun bald mit Kind, war beinah mehr, als ich ertragen konnte.
Wir zogen um, in eine Wohnung, die seine Eltern für uns gekauft hatten. Ich beendete meine Ausbildung und harrte der Dinge, die kommen mochten. Immer öfter zeigte sich, dass mein Freund der Verantwortung, für eine Familie zu sorgen, Ihr ein Heim zu schaffen, mich zu stabilisieren, nicht gewachsen war. Er schob Dinge auf die lange Bank, was mich, nach Sicherheit und Anlehnung trachtend, zur Weißglut trieb. Er war schon immer so gewesen, zweifellos. Das Abitur hatte er abgebrochen, eine begonnene Ausbildung ebenfalls. Sein Motto "hat nicht geklappt? Was solls, mach ichs Morgen......" Dennoch blieb dass, was ich an ihm liebte- seine Wärme, seine Liebenswürdigkeit, seine Zärtlichkeit. Unser Sohn wurde geboren, wir wurden von Liebe für das kleine Wesen überflutet, verbrachten Wochen lang in trauter Dreisamkeit, schenkten uns Liebe und Geborgenheit, waren glücklich. Er begann sich selbstständig zu machen, meine Depressionen und Angstzustände verschwanden, als hätten sie nie existiert. Aber mit der Verantwortung, mit den Ansprüchen, die wir an uns hatten, begann das normale Leben wieder nach uns zu greifen. Mich nervte sein Chaos, alles liegen und stehen zu lassen, die Unfähigkeit unsere Finanzen zu organisieren, sein Aufgeschiebe, wenn etwas repariert, oder erledigt werden musste. Dabei verlor ich seine guten Seiten, der liebevollste Freund und Papa, der redlich bemüht war, sein inneres Chaos in den Griff zu bekommen, wohl aus den Augen. Vielleicht war es der Tribut der Überforderung, oder nur die Rückkehr der Eigenschaft, die ihn immer schon begleitet hatte, jedenfalls tat er dass, was er nie hatte tun wollen, was ich nie wieder ertragen wollte- er begann, mich zu belügen. Kleinigkeiten, dann Dinge, die keine Kleinigkeiten mehr waren. Vermutlich trage ich eine Mitschuld, denn ich denke, ich habe ihm zu wenig Freiheiten gelassen. Dennoch erschütterte mich sein Verhalten. Ich fand kein Ende, in meinen Vorwürfen. Ich nahm mir das Recht heraus, ihn grundlegend zu kritisieren und war fast dauerhaft wütend. Es wird wohl erheblich an seinen Gefühlen gezehrt haben...
Der letzte Abschnitt:
Wir sind gute Eltern. Wir haben eine wundervolle Wohnung. Mein Freund hat sich recht erfolg versprechend selbstständig gemacht. Unser Kind ist glücklich, viele die ihn kennen behaupten gar, er sei eins der glücklichsten, sonnigsten, aufgeschlossenen Kindern, die ihnen jeh begegnet seien. Wir sind uns einig, in unserer Liebe zu unserem kleinen, in unserem Stolz, auf unser Kind. Und dennoch ist nichts in Ordnung.
Meine Ängste sind zurück gekehrt. Ich kann kaum einkaufen gehen, geschweige denn Freunde treffen, Dinge, die ich gern tun würde. Die Depressionen waren zuletzt so heftig, dass ich nicht mehr Leben wollte. Ich bin körperlich kaum in der Lage, einen normalen Tagesablauf zu bewältigen. Ob dafür eine organische Ursache existiert, oder alles psychosomatisch bedingt ist, konnte bis heute nicht geklärt werden.
Ich bin abhängig wie eh und jeh. Mein Freund muss für mich einkaufen gehen, sorgt für unser Einkommen, hilft mir, den Kleinen zu versorgen, damit er nicht von meinen Einschränkungen geprägt wird. Es ist furchtbar für mich. Ich habe mich zu einer Therapie durchgerungen. Ab Montag besuche ich täglich die Tagesklinik, während seine Eltern den Kleinen versorgen. Ich möchte für mein Kind wieder gesund werden. Möchte wissen, dass ich in der Lage bin, mein Leben allein zu Leben, wenn es sein muss.
Meine derzeitige Situation:
Mein Freund hat sich von mir getrennt. Er sagte, ihm sei alles zuviel geworden, er hätte sich zum Schluss selbst nicht mehr gemocht. So wie er zu mir gewesen ist, nur noch genervt, angespannt, verlogen, obwohl es mir so dreckig geht. Er zog aus und ich blieb mit dem Kleinen zurück. Ich bemühte mich, alles allein zu schaffen. Den Kleinen zu versorgen, für ihn fröhlich zu sein, den Haushalt zu schmeissen. Nach einigen Tagen brach ich zusammen. Ich stand vor dem Einkaufsladen, wollte Mittagessen kaufen und konnte es nicht. Ich hatte nächtelang nicht geschlafen, konnte nicht essen. Ich ging zum Arzt und weinte, er gab mir ein Medikament gegen die Angstzustände und die Depression. Ich nahm es und fuhr zu meinen Eltern, die mittlerweile wieder hier wohnten. Ich musste mich übergeben, konnte nicht mehr aufstehen, meine Arme und Beine nicht mehr bewegen. Ich schlief dort und klammerte mich in furchtbarer Panik an mein Kind. Ich hatte innerhalb der letzten zwei Wochen sieben Kilo abgenommen, erkannte mich selbst nicht mehr. Meine Eltern brachten mich ins Krankenhaus. Als ich nach einer Infusion entlassen wurde, war mein Exfreund zurück gekehrt. Meine Eltern hatten ihn in schierer Verzweiflung gebeten, wieder einzuziehen, damit ich nicht allein und unser Kleiner versorgt war. Er saß an meinem Bett und weinte. Dass er nur das richtige hatte tun wollen. Dass er für uns da sein wolle, besser als er es als mein Partner war. Als Freund und Papa, bis wir beide an uns gearbeitet hätten. Er sagte mir, dass er mich liebe, dass er Angst hatte, alles zu zerstören, sodass wir nicht mehr als Familie für unser Kind da sein könnten. Teilnahmslos hörte ich zu, während in meinem Kopf hämmerte, dass es erbärmlich sei, ihn zurück zu holen, weil ich allein nicht zu Recht kam.
Nun bin ich völlig, völlig abhängig. Unsere finanzielle Situation ist ein Desaster.
Wie verhält man sich, in so einer Situation? Zusammen leben ohne Beziehung? Überhaupt, was soll ich tun, in Bezug auf ihn? Ich fange Montag die Therapie an, hoffe, dass alles besser wird.
Wir küssen uns, kommen gut miteinander aus. Nur zusammen sind wir eben nicht, dass ist schwierig für mich, aufgrund meiner Ängste. Ich sollte ihm wohl jede Freiheit lassen. Fällt euch irgendwas zu meiner Situation ein? Ich weiß selbst nicht, was ich eigentlich erwarte. Vielleicht hat auch Jemand Erfahrung mit Abhängigkeit, Depressionen, psychosmatischen Problemen?
Hier erwartet euch ein langer Text,über eine komplizierte Beziehungsgeschichte und ein noch komplizierteres Stück Lebensweg! Ich danke schon im Vorfeld jedem, der sich die Zeit nimmt ihn zu lesen, vielleicht soagar die Mühe macht mir einen produktiven Rat zu erteilen. Danke!
Wie alles begann:
Ich lernte meinen heutigen (Ex) Freund über meinen damaligen Mitbewohner kennen, der nach meiner letzten, bodenlos gescheiterten Beziehung einsprang, damit ich die Wohnung halten konnte. Schon als ich seinen Freund das erste mal sah war ich von seiner Erscheinung überaus angetan, viel mehr Gedanken verschwendete ich aufgrund meiner angespannten Lebenssituation allerdings nicht. Ich hatte gerade begonnen, mich aus meiner Beziehung zu lösen, die mich ganz einfach fast restlos zerstört hatte. Sie war geprägt von Gewalt, körperlich, sowie emotional und meiner krankhaften Abhängigkeit. Trotz unmenschlicher Szenen (zuletzt Rippenbrüche etc. und auch nächtliche Rausschmisse aus der gemeinsamen Wohnung, weil er mal wieder eine Neue aufgerissen hatte) brachte ich lange nicht die Kraft auf, zu gehen. Vermutlich liegt dass in der Tatsache begründet, dass meine Familie weit fort gezogen war, meine Mutter sich geweigert hatte, mich mitzunehmen, meine Großeltern kurz hintereinander verstorben waren und ich körperlich und seelisch seit längerem schon absolut instabil war etc. etc. etc. In meinen Augen war er jedenfalls der einzige Mensch, den ich auf der Welt hatte. Ein Teufelskreis- je mehr ich mir gefallen ließ, jeh öfter ich zurück kehrte, desto mehr Menschen wanden sich auch tatsächlich von mir ab, weil sie es nicht mehr ertragen konnten. Nebenbei hatte mein damaliger Psychopathen Freund auch erheblich an meiner Abhängigkeit gearbeitet. Wie auch immer, zuletzt zeigte ich ihn an, eher aus Pflichtgefühl gegenüber derer wenigen, die noch zu mir standen, als aus Stärke und dem ehrlichen Wunsch mich zu lösen. Er zog also aus und dort saß ich, am Ende meiner Kraft, völlig versteinert und emotional verkrüppelt.
Ich beschloss mich abzulenken und schickte dem Freund meines Mitbewohners eine sms, in der ich ihm anbot, man könne gelegentlich gemeinsam etwas trinken gehen. Wir trafen uns auf einer Party und es wurde eine wunderschöne Nacht, in der wir uns endlos unterhielten. Dennoch, als ich erfuhr dass er noch in einer Beziehung steckte, unglücklich zwar, wie er sagte, aber immerhin, warf ich alles sofort hin. Mein Bedarf war absolut gedeckt, ich hatte panische Angst vor neuen Verletzungen. Einige Tage später hatte er sich getrennt und bemühte sich derart konsequent um mich, dass ich zaghaft Vertrauen fasste. Ich bat ihn, mir Zeit zu geben. Lange genug war mein Leben aufgrund meiner Unvernunft katastrophal verlaufen, meine Wunden waren längst nicht verheilt, ich wollte dem Müll aus der letzten Beziehung nicht mit in die nächste schleppen. Ich wusste ich würde nicht fähig seine, eine gesunde Beziehung zu führen, eine gute Partnerinn zu sein. Aber wie verliebte Männer so sind, er beschwor mich, dass er alles ausgleichen würde, dass ich an seiner Liebe gesunden würde und er sich mein Vertrauen mit absoluter Ehrlichkeit erarbeiten würde.
Ich konnte nicht anders, ich brauchte Geborgenheit, Trost, Liebe, Anerkennung. Daher überhörte ich meinen Verstand und ging diese Beziehung ein. Er ist ein völlig anderer Mensch, als Dein Exfreund, sagte ich mir immer wieder, vielleicht gibt er Dir zurück, was Du verloren hast. Obwohl ich im Grunde wußte, dass es absolut nichts mit ihm zu tun hatte, sondern nur mit mir.
Die erste Zeit war ein Fiasko. Überall witterte ich Betrug, die Anfänge von desillusionierung, Schmerz. Ständig beendete ich die Beziehung, lief einfach davon, weil ich wußte, dass ich nichts, nicht das kleinste bisschen Schmerz mehr würde ertragen können. Aber mein Freund bemühte sich mit stoischer Liebe und Geduld darum, dass ich mich ernsthaft auf ihn einließ. Und irgendwann glaubte ich seine fortwährenden Beteuerungen-NIEMALS würde er mich belügen, Niemals würde er mir Schmerzen bereiten. Dumm wars, etwas zu glauben, dass kein Mensch versprechen kann. Schon gar nicht ein 19 jähriger (ich war 21), der von menschlichen Abgründen keine Ahnung hatte und auch nicht einschätzen konnte, was auf ihn zu kommen würde. Er war immer behütet gewesen, ein absolter Optimist, hoffnungsloser Utop, wie ich im Laufe der Beziehung immer wieder fest stellen musste.
Dennoch begann ich ihm zu Vertrauen und klammerte mich an ihm fest, an seiner Liebe, an seiner Zuversicht. Letztendlich beging ich den Fehler, den ich nie im Leben hatte wieder tun wollte, gleich ein zweites Mal- ich machte mich abhängig. Ich beruhigte mein Gewissen damit, dass man von lieben Menschen ruhig abhängig sein darf, dass er sich dafür wertvoll zeigen würde und so weiter...
Aber alles kam, wie es kommen musste. Weder er, noch ich konnten wirklich aus unserer Haut. Ich kämpfte immer und überall mit Verlustängsten, er mit seinen Charakterschwächen, die ganz und gar nicht ehrlich und verantwortungsbewusst waren. Trotz meinen Depressionen, den Angstzuständen, wegen denen ich oft kaum die Wohnung verlassen konnten, hatten wir eine schöne, intensive Zeit. Wir lernten einander kennen, wir profitierten voneinander. Ich konnte von seiner Wärme, seiner Zuversicht, seinen Träumen nicht genug bekommen, er schätzte meine Lebenserfahrung, mein Verantwortungsbewusstsein, meine Ansichten.
Ein neuer Abschnitt:
Nach ein einhalb Jahren wurde ich unbeabsichtigt schwanger. Für mich eine Katastrophe. Ich war nicht bereit, nicht stark genug, hatte meine Ängste und mich selbst nicht im Griff. Aber mein Freund strahlte wie immer Gelassenheit und Zuversicht aus. Letztendlich war es wohl die fatale Sehnsucht, nach einer heilen Familie, nach Geborgenheit und Halt, der mich den Termin verstreichen ließ, zu dem noch eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Nun begannen die wirklichen Sorgen. Ich musste meine Ausbildung abschliessen und hart arbeiten, auch noch mit riesigem Bauch. Eine Wohnung musste her, trotz geringem Einkommen. Ich musste mich in den Griff bekommen, begann eine Therapie. Unter den Anforderungen zeigten sich neue Seiten, an meinem Freund. Er war unfähig anzupacken, die Dinge zu organisieren, dass was getan werden musste, in die Hand zu nehmen. Das Kinderzimmer baute ich im neunten Monat allein auf, nachdem ich wochen lang gefleht, gebettelt und auch getobt hatte, er möge es endlich tun. Er war liebevoll, zärtlich, gewiss. Aber Sicherheit, die konnte er in keiner Weise bieten. Er ließ mich immer öfter allein, feierte, besuchte Freunde. Was für mich zuvor schon schwierig zu ertragen war, da ich mit jedem allein hocken schlimmste Erinnerungen verband und wohl auch unfähig war, loszulassen, Freiheit zu lassen, war unter den nun gegebenen Umständen kaum erträglich. Mich befiel die reine Panik! Ich lag dort und zitterte und weinte über meine eigene Unfähigkeit, für mein Ungeborenes stark zu sein, Gefühle zu unterdrücken, die es vielleicht spüren konnte. Die Angst allein zu sein, nun bald mit Kind, war beinah mehr, als ich ertragen konnte.
Wir zogen um, in eine Wohnung, die seine Eltern für uns gekauft hatten. Ich beendete meine Ausbildung und harrte der Dinge, die kommen mochten. Immer öfter zeigte sich, dass mein Freund der Verantwortung, für eine Familie zu sorgen, Ihr ein Heim zu schaffen, mich zu stabilisieren, nicht gewachsen war. Er schob Dinge auf die lange Bank, was mich, nach Sicherheit und Anlehnung trachtend, zur Weißglut trieb. Er war schon immer so gewesen, zweifellos. Das Abitur hatte er abgebrochen, eine begonnene Ausbildung ebenfalls. Sein Motto "hat nicht geklappt? Was solls, mach ichs Morgen......" Dennoch blieb dass, was ich an ihm liebte- seine Wärme, seine Liebenswürdigkeit, seine Zärtlichkeit. Unser Sohn wurde geboren, wir wurden von Liebe für das kleine Wesen überflutet, verbrachten Wochen lang in trauter Dreisamkeit, schenkten uns Liebe und Geborgenheit, waren glücklich. Er begann sich selbstständig zu machen, meine Depressionen und Angstzustände verschwanden, als hätten sie nie existiert. Aber mit der Verantwortung, mit den Ansprüchen, die wir an uns hatten, begann das normale Leben wieder nach uns zu greifen. Mich nervte sein Chaos, alles liegen und stehen zu lassen, die Unfähigkeit unsere Finanzen zu organisieren, sein Aufgeschiebe, wenn etwas repariert, oder erledigt werden musste. Dabei verlor ich seine guten Seiten, der liebevollste Freund und Papa, der redlich bemüht war, sein inneres Chaos in den Griff zu bekommen, wohl aus den Augen. Vielleicht war es der Tribut der Überforderung, oder nur die Rückkehr der Eigenschaft, die ihn immer schon begleitet hatte, jedenfalls tat er dass, was er nie hatte tun wollen, was ich nie wieder ertragen wollte- er begann, mich zu belügen. Kleinigkeiten, dann Dinge, die keine Kleinigkeiten mehr waren. Vermutlich trage ich eine Mitschuld, denn ich denke, ich habe ihm zu wenig Freiheiten gelassen. Dennoch erschütterte mich sein Verhalten. Ich fand kein Ende, in meinen Vorwürfen. Ich nahm mir das Recht heraus, ihn grundlegend zu kritisieren und war fast dauerhaft wütend. Es wird wohl erheblich an seinen Gefühlen gezehrt haben...
Der letzte Abschnitt:
Wir sind gute Eltern. Wir haben eine wundervolle Wohnung. Mein Freund hat sich recht erfolg versprechend selbstständig gemacht. Unser Kind ist glücklich, viele die ihn kennen behaupten gar, er sei eins der glücklichsten, sonnigsten, aufgeschlossenen Kindern, die ihnen jeh begegnet seien. Wir sind uns einig, in unserer Liebe zu unserem kleinen, in unserem Stolz, auf unser Kind. Und dennoch ist nichts in Ordnung.
Meine Ängste sind zurück gekehrt. Ich kann kaum einkaufen gehen, geschweige denn Freunde treffen, Dinge, die ich gern tun würde. Die Depressionen waren zuletzt so heftig, dass ich nicht mehr Leben wollte. Ich bin körperlich kaum in der Lage, einen normalen Tagesablauf zu bewältigen. Ob dafür eine organische Ursache existiert, oder alles psychosomatisch bedingt ist, konnte bis heute nicht geklärt werden.
Ich bin abhängig wie eh und jeh. Mein Freund muss für mich einkaufen gehen, sorgt für unser Einkommen, hilft mir, den Kleinen zu versorgen, damit er nicht von meinen Einschränkungen geprägt wird. Es ist furchtbar für mich. Ich habe mich zu einer Therapie durchgerungen. Ab Montag besuche ich täglich die Tagesklinik, während seine Eltern den Kleinen versorgen. Ich möchte für mein Kind wieder gesund werden. Möchte wissen, dass ich in der Lage bin, mein Leben allein zu Leben, wenn es sein muss.
Meine derzeitige Situation:
Mein Freund hat sich von mir getrennt. Er sagte, ihm sei alles zuviel geworden, er hätte sich zum Schluss selbst nicht mehr gemocht. So wie er zu mir gewesen ist, nur noch genervt, angespannt, verlogen, obwohl es mir so dreckig geht. Er zog aus und ich blieb mit dem Kleinen zurück. Ich bemühte mich, alles allein zu schaffen. Den Kleinen zu versorgen, für ihn fröhlich zu sein, den Haushalt zu schmeissen. Nach einigen Tagen brach ich zusammen. Ich stand vor dem Einkaufsladen, wollte Mittagessen kaufen und konnte es nicht. Ich hatte nächtelang nicht geschlafen, konnte nicht essen. Ich ging zum Arzt und weinte, er gab mir ein Medikament gegen die Angstzustände und die Depression. Ich nahm es und fuhr zu meinen Eltern, die mittlerweile wieder hier wohnten. Ich musste mich übergeben, konnte nicht mehr aufstehen, meine Arme und Beine nicht mehr bewegen. Ich schlief dort und klammerte mich in furchtbarer Panik an mein Kind. Ich hatte innerhalb der letzten zwei Wochen sieben Kilo abgenommen, erkannte mich selbst nicht mehr. Meine Eltern brachten mich ins Krankenhaus. Als ich nach einer Infusion entlassen wurde, war mein Exfreund zurück gekehrt. Meine Eltern hatten ihn in schierer Verzweiflung gebeten, wieder einzuziehen, damit ich nicht allein und unser Kleiner versorgt war. Er saß an meinem Bett und weinte. Dass er nur das richtige hatte tun wollen. Dass er für uns da sein wolle, besser als er es als mein Partner war. Als Freund und Papa, bis wir beide an uns gearbeitet hätten. Er sagte mir, dass er mich liebe, dass er Angst hatte, alles zu zerstören, sodass wir nicht mehr als Familie für unser Kind da sein könnten. Teilnahmslos hörte ich zu, während in meinem Kopf hämmerte, dass es erbärmlich sei, ihn zurück zu holen, weil ich allein nicht zu Recht kam.
Nun bin ich völlig, völlig abhängig. Unsere finanzielle Situation ist ein Desaster.
Wie verhält man sich, in so einer Situation? Zusammen leben ohne Beziehung? Überhaupt, was soll ich tun, in Bezug auf ihn? Ich fange Montag die Therapie an, hoffe, dass alles besser wird.
Wir küssen uns, kommen gut miteinander aus. Nur zusammen sind wir eben nicht, dass ist schwierig für mich, aufgrund meiner Ängste. Ich sollte ihm wohl jede Freiheit lassen. Fällt euch irgendwas zu meiner Situation ein? Ich weiß selbst nicht, was ich eigentlich erwarte. Vielleicht hat auch Jemand Erfahrung mit Abhängigkeit, Depressionen, psychosmatischen Problemen?