Beziehungsprobleme/ Rollenannahme/ Reizbarkeit/ Ablehnung/ Hilflosigkeit

miaflorentine

Erfahrener Benutzer
01. Juli 2009
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Ihr Lieben!

Hier erwartet euch ein langer Text,über eine komplizierte Beziehungsgeschichte und ein noch komplizierteres Stück Lebensweg! Ich danke schon im Vorfeld jedem, der sich die Zeit nimmt ihn zu lesen, vielleicht soagar die Mühe macht mir einen produktiven Rat zu erteilen. Danke!

Wie alles begann:

Ich lernte meinen heutigen (Ex) Freund über meinen damaligen Mitbewohner kennen, der nach meiner letzten, bodenlos gescheiterten Beziehung einsprang, damit ich die Wohnung halten konnte. Schon als ich seinen Freund das erste mal sah war ich von seiner Erscheinung überaus angetan, viel mehr Gedanken verschwendete ich aufgrund meiner angespannten Lebenssituation allerdings nicht. Ich hatte gerade begonnen, mich aus meiner Beziehung zu lösen, die mich ganz einfach fast restlos zerstört hatte. Sie war geprägt von Gewalt, körperlich, sowie emotional und meiner krankhaften Abhängigkeit. Trotz unmenschlicher Szenen (zuletzt Rippenbrüche etc. und auch nächtliche Rausschmisse aus der gemeinsamen Wohnung, weil er mal wieder eine Neue aufgerissen hatte) brachte ich lange nicht die Kraft auf, zu gehen. Vermutlich liegt dass in der Tatsache begründet, dass meine Familie weit fort gezogen war, meine Mutter sich geweigert hatte, mich mitzunehmen, meine Großeltern kurz hintereinander verstorben waren und ich körperlich und seelisch seit längerem schon absolut instabil war etc. etc. etc. In meinen Augen war er jedenfalls der einzige Mensch, den ich auf der Welt hatte. Ein Teufelskreis- je mehr ich mir gefallen ließ, jeh öfter ich zurück kehrte, desto mehr Menschen wanden sich auch tatsächlich von mir ab, weil sie es nicht mehr ertragen konnten. Nebenbei hatte mein damaliger Psychopathen Freund auch erheblich an meiner Abhängigkeit gearbeitet. Wie auch immer, zuletzt zeigte ich ihn an, eher aus Pflichtgefühl gegenüber derer wenigen, die noch zu mir standen, als aus Stärke und dem ehrlichen Wunsch mich zu lösen. Er zog also aus und dort saß ich, am Ende meiner Kraft, völlig versteinert und emotional verkrüppelt.

Ich beschloss mich abzulenken und schickte dem Freund meines Mitbewohners eine sms, in der ich ihm anbot, man könne gelegentlich gemeinsam etwas trinken gehen. Wir trafen uns auf einer Party und es wurde eine wunderschöne Nacht, in der wir uns endlos unterhielten. Dennoch, als ich erfuhr dass er noch in einer Beziehung steckte, unglücklich zwar, wie er sagte, aber immerhin, warf ich alles sofort hin. Mein Bedarf war absolut gedeckt, ich hatte panische Angst vor neuen Verletzungen. Einige Tage später hatte er sich getrennt und bemühte sich derart konsequent um mich, dass ich zaghaft Vertrauen fasste. Ich bat ihn, mir Zeit zu geben. Lange genug war mein Leben aufgrund meiner Unvernunft katastrophal verlaufen, meine Wunden waren längst nicht verheilt, ich wollte dem Müll aus der letzten Beziehung nicht mit in die nächste schleppen. Ich wusste ich würde nicht fähig seine, eine gesunde Beziehung zu führen, eine gute Partnerinn zu sein. Aber wie verliebte Männer so sind, er beschwor mich, dass er alles ausgleichen würde, dass ich an seiner Liebe gesunden würde und er sich mein Vertrauen mit absoluter Ehrlichkeit erarbeiten würde.

Ich konnte nicht anders, ich brauchte Geborgenheit, Trost, Liebe, Anerkennung. Daher überhörte ich meinen Verstand und ging diese Beziehung ein. Er ist ein völlig anderer Mensch, als Dein Exfreund, sagte ich mir immer wieder, vielleicht gibt er Dir zurück, was Du verloren hast. Obwohl ich im Grunde wußte, dass es absolut nichts mit ihm zu tun hatte, sondern nur mit mir.

Die erste Zeit war ein Fiasko. Überall witterte ich Betrug, die Anfänge von desillusionierung, Schmerz. Ständig beendete ich die Beziehung, lief einfach davon, weil ich wußte, dass ich nichts, nicht das kleinste bisschen Schmerz mehr würde ertragen können. Aber mein Freund bemühte sich mit stoischer Liebe und Geduld darum, dass ich mich ernsthaft auf ihn einließ. Und irgendwann glaubte ich seine fortwährenden Beteuerungen-NIEMALS würde er mich belügen, Niemals würde er mir Schmerzen bereiten. Dumm wars, etwas zu glauben, dass kein Mensch versprechen kann. Schon gar nicht ein 19 jähriger (ich war 21), der von menschlichen Abgründen keine Ahnung hatte und auch nicht einschätzen konnte, was auf ihn zu kommen würde. Er war immer behütet gewesen, ein absolter Optimist, hoffnungsloser Utop, wie ich im Laufe der Beziehung immer wieder fest stellen musste.

Dennoch begann ich ihm zu Vertrauen und klammerte mich an ihm fest, an seiner Liebe, an seiner Zuversicht. Letztendlich beging ich den Fehler, den ich nie im Leben hatte wieder tun wollte, gleich ein zweites Mal- ich machte mich abhängig. Ich beruhigte mein Gewissen damit, dass man von lieben Menschen ruhig abhängig sein darf, dass er sich dafür wertvoll zeigen würde und so weiter...

Aber alles kam, wie es kommen musste. Weder er, noch ich konnten wirklich aus unserer Haut. Ich kämpfte immer und überall mit Verlustängsten, er mit seinen Charakterschwächen, die ganz und gar nicht ehrlich und verantwortungsbewusst waren. Trotz meinen Depressionen, den Angstzuständen, wegen denen ich oft kaum die Wohnung verlassen konnten, hatten wir eine schöne, intensive Zeit. Wir lernten einander kennen, wir profitierten voneinander. Ich konnte von seiner Wärme, seiner Zuversicht, seinen Träumen nicht genug bekommen, er schätzte meine Lebenserfahrung, mein Verantwortungsbewusstsein, meine Ansichten.

Ein neuer Abschnitt:

Nach ein einhalb Jahren wurde ich unbeabsichtigt schwanger. Für mich eine Katastrophe. Ich war nicht bereit, nicht stark genug, hatte meine Ängste und mich selbst nicht im Griff. Aber mein Freund strahlte wie immer Gelassenheit und Zuversicht aus. Letztendlich war es wohl die fatale Sehnsucht, nach einer heilen Familie, nach Geborgenheit und Halt, der mich den Termin verstreichen ließ, zu dem noch eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Nun begannen die wirklichen Sorgen. Ich musste meine Ausbildung abschliessen und hart arbeiten, auch noch mit riesigem Bauch. Eine Wohnung musste her, trotz geringem Einkommen. Ich musste mich in den Griff bekommen, begann eine Therapie. Unter den Anforderungen zeigten sich neue Seiten, an meinem Freund. Er war unfähig anzupacken, die Dinge zu organisieren, dass was getan werden musste, in die Hand zu nehmen. Das Kinderzimmer baute ich im neunten Monat allein auf, nachdem ich wochen lang gefleht, gebettelt und auch getobt hatte, er möge es endlich tun. Er war liebevoll, zärtlich, gewiss. Aber Sicherheit, die konnte er in keiner Weise bieten. Er ließ mich immer öfter allein, feierte, besuchte Freunde. Was für mich zuvor schon schwierig zu ertragen war, da ich mit jedem allein hocken schlimmste Erinnerungen verband und wohl auch unfähig war, loszulassen, Freiheit zu lassen, war unter den nun gegebenen Umständen kaum erträglich. Mich befiel die reine Panik! Ich lag dort und zitterte und weinte über meine eigene Unfähigkeit, für mein Ungeborenes stark zu sein, Gefühle zu unterdrücken, die es vielleicht spüren konnte. Die Angst allein zu sein, nun bald mit Kind, war beinah mehr, als ich ertragen konnte.

Wir zogen um, in eine Wohnung, die seine Eltern für uns gekauft hatten. Ich beendete meine Ausbildung und harrte der Dinge, die kommen mochten. Immer öfter zeigte sich, dass mein Freund der Verantwortung, für eine Familie zu sorgen, Ihr ein Heim zu schaffen, mich zu stabilisieren, nicht gewachsen war. Er schob Dinge auf die lange Bank, was mich, nach Sicherheit und Anlehnung trachtend, zur Weißglut trieb. Er war schon immer so gewesen, zweifellos. Das Abitur hatte er abgebrochen, eine begonnene Ausbildung ebenfalls. Sein Motto "hat nicht geklappt? Was solls, mach ichs Morgen......" Dennoch blieb dass, was ich an ihm liebte- seine Wärme, seine Liebenswürdigkeit, seine Zärtlichkeit. Unser Sohn wurde geboren, wir wurden von Liebe für das kleine Wesen überflutet, verbrachten Wochen lang in trauter Dreisamkeit, schenkten uns Liebe und Geborgenheit, waren glücklich. Er begann sich selbstständig zu machen, meine Depressionen und Angstzustände verschwanden, als hätten sie nie existiert. Aber mit der Verantwortung, mit den Ansprüchen, die wir an uns hatten, begann das normale Leben wieder nach uns zu greifen. Mich nervte sein Chaos, alles liegen und stehen zu lassen, die Unfähigkeit unsere Finanzen zu organisieren, sein Aufgeschiebe, wenn etwas repariert, oder erledigt werden musste. Dabei verlor ich seine guten Seiten, der liebevollste Freund und Papa, der redlich bemüht war, sein inneres Chaos in den Griff zu bekommen, wohl aus den Augen. Vielleicht war es der Tribut der Überforderung, oder nur die Rückkehr der Eigenschaft, die ihn immer schon begleitet hatte, jedenfalls tat er dass, was er nie hatte tun wollen, was ich nie wieder ertragen wollte- er begann, mich zu belügen. Kleinigkeiten, dann Dinge, die keine Kleinigkeiten mehr waren. Vermutlich trage ich eine Mitschuld, denn ich denke, ich habe ihm zu wenig Freiheiten gelassen. Dennoch erschütterte mich sein Verhalten. Ich fand kein Ende, in meinen Vorwürfen. Ich nahm mir das Recht heraus, ihn grundlegend zu kritisieren und war fast dauerhaft wütend. Es wird wohl erheblich an seinen Gefühlen gezehrt haben...

Der letzte Abschnitt:

Wir sind gute Eltern. Wir haben eine wundervolle Wohnung. Mein Freund hat sich recht erfolg versprechend selbstständig gemacht. Unser Kind ist glücklich, viele die ihn kennen behaupten gar, er sei eins der glücklichsten, sonnigsten, aufgeschlossenen Kindern, die ihnen jeh begegnet seien. Wir sind uns einig, in unserer Liebe zu unserem kleinen, in unserem Stolz, auf unser Kind. Und dennoch ist nichts in Ordnung.

Meine Ängste sind zurück gekehrt. Ich kann kaum einkaufen gehen, geschweige denn Freunde treffen, Dinge, die ich gern tun würde. Die Depressionen waren zuletzt so heftig, dass ich nicht mehr Leben wollte. Ich bin körperlich kaum in der Lage, einen normalen Tagesablauf zu bewältigen. Ob dafür eine organische Ursache existiert, oder alles psychosomatisch bedingt ist, konnte bis heute nicht geklärt werden.

Ich bin abhängig wie eh und jeh. Mein Freund muss für mich einkaufen gehen, sorgt für unser Einkommen, hilft mir, den Kleinen zu versorgen, damit er nicht von meinen Einschränkungen geprägt wird. Es ist furchtbar für mich. Ich habe mich zu einer Therapie durchgerungen. Ab Montag besuche ich täglich die Tagesklinik, während seine Eltern den Kleinen versorgen. Ich möchte für mein Kind wieder gesund werden. Möchte wissen, dass ich in der Lage bin, mein Leben allein zu Leben, wenn es sein muss.

Meine derzeitige Situation:

Mein Freund hat sich von mir getrennt. Er sagte, ihm sei alles zuviel geworden, er hätte sich zum Schluss selbst nicht mehr gemocht. So wie er zu mir gewesen ist, nur noch genervt, angespannt, verlogen, obwohl es mir so dreckig geht. Er zog aus und ich blieb mit dem Kleinen zurück. Ich bemühte mich, alles allein zu schaffen. Den Kleinen zu versorgen, für ihn fröhlich zu sein, den Haushalt zu schmeissen. Nach einigen Tagen brach ich zusammen. Ich stand vor dem Einkaufsladen, wollte Mittagessen kaufen und konnte es nicht. Ich hatte nächtelang nicht geschlafen, konnte nicht essen. Ich ging zum Arzt und weinte, er gab mir ein Medikament gegen die Angstzustände und die Depression. Ich nahm es und fuhr zu meinen Eltern, die mittlerweile wieder hier wohnten. Ich musste mich übergeben, konnte nicht mehr aufstehen, meine Arme und Beine nicht mehr bewegen. Ich schlief dort und klammerte mich in furchtbarer Panik an mein Kind. Ich hatte innerhalb der letzten zwei Wochen sieben Kilo abgenommen, erkannte mich selbst nicht mehr. Meine Eltern brachten mich ins Krankenhaus. Als ich nach einer Infusion entlassen wurde, war mein Exfreund zurück gekehrt. Meine Eltern hatten ihn in schierer Verzweiflung gebeten, wieder einzuziehen, damit ich nicht allein und unser Kleiner versorgt war. Er saß an meinem Bett und weinte. Dass er nur das richtige hatte tun wollen. Dass er für uns da sein wolle, besser als er es als mein Partner war. Als Freund und Papa, bis wir beide an uns gearbeitet hätten. Er sagte mir, dass er mich liebe, dass er Angst hatte, alles zu zerstören, sodass wir nicht mehr als Familie für unser Kind da sein könnten. Teilnahmslos hörte ich zu, während in meinem Kopf hämmerte, dass es erbärmlich sei, ihn zurück zu holen, weil ich allein nicht zu Recht kam.

Nun bin ich völlig, völlig abhängig. Unsere finanzielle Situation ist ein Desaster.

Wie verhält man sich, in so einer Situation? Zusammen leben ohne Beziehung? Überhaupt, was soll ich tun, in Bezug auf ihn? Ich fange Montag die Therapie an, hoffe, dass alles besser wird.

Wir küssen uns, kommen gut miteinander aus. Nur zusammen sind wir eben nicht, dass ist schwierig für mich, aufgrund meiner Ängste. Ich sollte ihm wohl jede Freiheit lassen. Fällt euch irgendwas zu meiner Situation ein? Ich weiß selbst nicht, was ich eigentlich erwarte. Vielleicht hat auch Jemand Erfahrung mit Abhängigkeit, Depressionen, psychosmatischen Problemen?

 
Hallo miaflorentine,

eine traurige und schwierige Geschichte hast du.

Bevor ich auf das eingehe, was du geschrieben hast, eins vorweg:

Leider habe ich viel Erfahrung was Abhängigkeit, Depression und psychosomatische Beschwerden angeht.

Ich weiß also, wie verdammt hart das ist.

Dein Bericht zeigt, dass du deine Situation gut erkannt und reflektiert hast, du weißt wo es bei dir brennt, das ist ein ganz wichtiger Schritt.

Ein Satz ist mir allerdings besonders aufgefallen und hat ein Stirnrunzeln verursacht:

Immer öfter zeigte sich, dass mein Freund der Verantwortung, für eine Familie zu sorgen, Ihr ein Heim zu schaffen, mich zu stabilisieren, nicht gewachsen war.

Die Verantwortung für die Familie zu sorgen und ihr ein Heim zu schaffen, tragt ihr beide. Die Verantwortung dich zu stabilisieren, trägst du alleine.

Kein Wunder, dass er alldem nicht gewachsen war. Das wäre niemand.

Irgendwo weißt du das auch, hast aber auch den kindlichen Glauben daran, dass ein anderer Mensch auf dich aufpassen wird, dass er dich vielleicht sogar 'gesund lieben' wird. Das ist ein Abgrund, über dem du da balancierst, das funktioniert nicht. Selbst wenn du einen solchen Menschen fändest, dem das gelänge, was mehr als unwahrscheinlich ist, wie du weißt, könnte es geschehen, dass er aus deinem Leben verschwindet durch Krankheit und Tod.

Der Weg aus einer solchen Abhängigkeit heraus ist lang und steinig. Du musst viel Geduld mit in die Therapie bringen, damit rechnen, dass die Fortschritte nur sehr langsam kommen udn Rückschläge fast unvermeidbar sind. Aber trotz dieser Schwierigkeiten ist es der einzige Weg, den du gehen kannst. Du bist der Schlüssel zu dir.

Schon ein bisschen strange, dass gerade ich das schreibe, wo es mir da ziemlich ähnlich geht. Ich habe mich vor drei Jahren auf den Weg gemacht zu mir selber und bin noch lange nicht angekommen, aber ich weiß, dass ich weitergehen muss.

Als greifbaren Tipp möchte ich dir noch mitgeben, dass du wirklich alle Hilfe von Eltern, Freunden, Bekannten, Verwandten annehmen solltest, die dir geboten wird. Wenn jemand glaubt dir anbieten zu müssen, dass er deine Wäsche bügeln möchte, dann sag ja, wenn er Fenster putzen will, sag ihm wo der Putzeimer steht, etcpp. Entlaste dich und deinen Freund wo es geht.

Die Liebe zu eurem Sohn und die Verantwortung für ihn ist ein doppelter Anreiz für dich.

Liebe Grüße

 
Liebe miaflorentine

Es ist eine ganz schwere Zeit, die Du durchlebst...

Das was Malinconia geschrieben hat, dem kann ich nur beipflichten.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass nur Du für dich Verantwortlich sein kannst. Nur Du kannst Dir selbst helfen. Alle Anderen können Dich auf Deinem Weg begleiten und Dich so gut es geht dabei unterstützen.

Als ich Deine Geschichte gelesen habe, merkte ich, dass ihn Dir, trotz allem, eine grosse Stärke schlummert.

Wenn Dir Dein Freund guttut und er Dich unterstützen will und kann, nimm seine Hilfe an. Denn er kann sich dann um euer Kind kümmern, wenn Du probierst, Schritt für Schritt dein Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Was das Finanzielle angeht, hast Du da schon an einen Beistand gedacht? Oder vielleicht könnten auch Deine Eltern das übernehmen?

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft. Und verliere den Mut nicht, wenn es wieder einmal zwei Schritte zurückgeht.

Liebe Grüsse

SeaLife

 
Liebe Miaflorentine!

Als ich deinen Beitrag las, dachte ich im ersten Moment: "Wow! Was für eine Frau!". Du bist echt toll! Du hast mit deinen 24 Jahren schon sehr viel durchgemacht, lagst am Boden und bist immer wieder aufgestanden. Ja, in dir steckt wirklich sehr viel Kraft. Aber vergiss nicht: Sie ist auch irgendwann einmal aufgebraucht. :trost:

Ich kann dir nur dringendst empfehlen, JEDE Hilfe anzunehmen - auch die deines Ex. Auch wenn du das für dich "erbärmlich" findest, ihn zurück zu nehmen, aber denke auch an dein Kind: Er ist der Vater. Er kümmert sich nicht nur um dich sondern auch um sein Kind.

Wenn du dich "beklagst", dass du nun völlig abhängig ist, kann ich dir versichern, dass du es in der Therapie lernen wirst, von dieser Abhängigkeit loszukommen. Ich kann dir auch nur dazu gratulieren, dass du dich zu dieser Therapie entschlossen hast. :klatsch: Es ist das Beste und das Einzigste, was du jetzt in deiner Situation machen kannst.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft dafür!!! :trost:

 
Ihr Lieben,

ich Danke Euch SO SEHR für Eure Beiträge!!! Nachdem ich ihn gepostet hatte, starrte ich eine Weile auf meinen Text und konnte kaum fassen, dass es mein Leben war, über dass ich geschrieben hatte. Was werden die Menschen, die diesen Text lesen sich wohl für ein Bild von mir machen, dachte ich! Nun bin ich überrascht und glücklich, wieviel Mut ihr mir macht, wie teilnahmsvoll eure Beiträge sind- vielen Dank!!!!

Ihr habt so Recht, natürlich kann nur ich selbst diesen Weg gehen, genau das macht mir so unwahrscheinlich Angst. Alle versuche mein Leben selbst in den Griff zu bekommen sind kläglich gescheitert, dass gefälltmir nicht. Ich bin an diesem Punkt null angelangt, an dem sich ALLES ändern muss, an dem weiter machen wie bisher keine Alternative mehr ist. Für mich steht soviel auf dem Spiel, soviel hängt davon ab, dass ich wieder gesund werde. Das ist ein enormer Druck. Aber zwecks Mangel an anderen Optionen, bin ich bereit ihn zu gehen :)

Ihr ahnt nicht, welche Phasen ich schon durchgemacht habe. Krank, auf welche Arten meine Seele mir schon gezeigt hat, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.

Da wäre die Phase, in der ich nach jeder Mahlzeit dachte, ich hätte eine Lebensmittelvergiftung. Oder die, in der ich Niemanden umarmte, oder ihm die Hand gab, aus Angst mich mit irgendeiner Grippe oder ähnlichem anzustecken. Und seit jeher diese Lebensangst, die Angst vor dem Tod, aber auch vor dem Leben an sich, vor den Herausforderungen.

Nun sitze ich gerade weinend vor dem Koffer meines Sohnes. Morgen ganz früh, wird mein Exfreund ihn nach Mecklenburg Vorpommern bringen, wo seine Eltern ihr Ferienhaus bewohnen. Ich werde ihn erst in zwei Wochen widersehen, solange war ich bisher nicht mal annähernd von ihm getrennt. Ich tröste mich damit, dass dort Wälder und Wiesen auf ihn warten, Fahrten bei Opa auf dem Trecker, ein riesiger Garten und eine liebevolle Oma. Dennoch, es läutet diese neue Ära ein, nach der nichts mehr so sein soll, wie es ein mal war.

Montag werde ich diese Klinik besuchen. Ich bin mir nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war, sich vorerst gegen eine Vollstationäre Klinik zu entscheiden. Jedenfalls weiß ich nicht, was mich dort erwartet. Ein Haufen fremder Menschen, die mir Angst machen werden, da ich seit Jahren nur noch aller engste Freunde und die Familie um mich ertrage. Natürlich ist es absolut sinnlos, sich damit verrückt zu machen, denn es lässt sich ja doch nicht ändern.

Ich nehme Hilfe an, aber ich muss zugeben, dass es mich Überwindung kostet. Ich entschuldige mich ständig, für alles und fühle mich schwach und unfähig.

Mein Exfreund ist mir derzeit emotional eher weniger eine Hilfe. Er ist mit seinen eigenen (finanziellen) Problemen beschäftigt und riskiert gern mal einen Streit, wenn ihm etwas nicht gefällt, kann ich natürlich derzeit wenig brauchen. Ist schwierig abzuschätzen, ob überhaupt noch Liebe vorhanden ist, oder ob er nur hier ist, weil ich ihn brauche. Falls es so wäre, würde er mir das in meiner Verfassung natürlich nicht sagen, aber ich fürchte mich davor, es an seinem Verhalten bestätigt zu sehen.

Gute Güte, ich will nicht nur jammern :) Es gibt auch schöne Momente und ich will versuchen positiv in die Zukunft zu sehen. Falls es Menschen gibt, die meine Probleme annähernd teilen, vor allem die psychischen (wie das klingt, furchtbar) dann freu ich mich über jede Kontaktaufnahme, auch gern über private Nachrichten.

Danke, an alle Leser, an alle Beitragsverfasser. Es geht mir schon besser...

 
Liebe Malinconia,

vielleicht magst Du mir ja etwas mehr von Dir erzählen!? Du sagtest, dass Dir Probleme meiner Art nicht unbekannt seien und Du eine Therapie begonnen hast? Wie verläuft denn so eine Therapie? Welche psychosomatischen Beschwerden hast Du?

Wäre Dir dankbar für einen Erfahrungsaustausch, falls Du magst. Kenn sonst Niemanden, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

Vielen Dank für Deinen Beitrag und Liebe Grüße

 
Hallo miaflorentine!

Beim lesen deines Beitrages ist mir dieser Absatz ins Auge "gestochen"...

Alle versuche mein Leben selbst in den Griff zu bekommen sind kläglich gescheitert, dass gefälltmir nicht. Ich bin an diesem Punkt null angelangt, an dem sich ALLES ändern muss, an dem weiter machen wie bisher keine Alternative mehr ist. Für mich steht soviel auf dem Spiel, soviel hängt davon ab, dass ich wieder gesund werde. Das ist ein enormer Druck. Aber zwecks Mangel an anderen Optionen, bin ich bereit ihn zu gehen :)
ich finde es grundsätzlich sehr toll das du das in die Hand nimmst und dafür auch einiges tust...ich möchte dir nur zu bedenken geben, das du nicht Alles gleich, sofort und mit schnellst möglich dauerhaft positiven Ergebnis änderen wirst können...

du wirst noch öfter in dein bisheriges Verhaltensmuster zurückrutschen und das ist auch normal...

warum ich dir das sagen möchte, ist eigentlich nur deshalb, das du dir nicht zuviel auf einmal vornehmen solltest, weil sonst der Druck auf dich selbst dich auch nicht weiter bringt, sondern noch mehr zurückfallen lässt.

Achte die kleinen Schritte die dich weiterbringen, denn in Summe machen diese den grossen Schritt aus!

Und auch wenn du da nicht sofort "raus kommst"...auch das ist okay und vollkommen menschlich...denn auch das du dich so auseinander setzt damit ist schon mal ein kleiner Schritt!....

Jeder Mensch hat Ängste, nur der/die eine kann besser/anders umgehen damit als der andere...auch wenn es sich um die selben handelt...

ich wünsche dir sehr viel Kraft, und auch Anerkennung deiner eigenen vorhandenen Stärke...

liebe Grüsse

die ilmy

 
Liebe Ilmy,

vielen Dank! Es ist schwer, wenn von einem schnellen Erfolg soviel abhängt. Ich muss mich wieder um mein Kind kümmern können. Ich muss zum Familieneinkommen beitragen, bevor wir noch mehr Schulden haben. Ich muss die Liebe meines (Ex) Freundes irgendwie zurück gewinnen. Ich möchte mir wieder selbst gefallen :(

Es nützt wohl wirklich wenig sich mit allem so Druck zu machen. Du hast ja Recht, damit mache ich es mir unter Umständen vielleicht sogar schwerer. Aber es hilft nix, dass ist eben im meinem Kopf "Du musst funktionieren!" Her mit der Pille, die einen Rehabilitiert :) Therapie ist für mich so schwammig, so wenig greifbar...

Lg

 
Wart doch erst einmal ab. Wenn du stationär "behandelt" wirst, wirst du dich erst einmal ganz auf dich konzentrieren, endlich einmal NUR Zeit für dich haben und dich besser kennenlernen. Du wirst dort auch von deinen vielen "Muss" erzählen und sie werden dir Wege aufzeigen, wie das alles zu schaffen ist. Das ist eigentlich der Sinn so einer Therapie. Du musst allerdings auch bereit sein, dass alles, was du dort zu hören bekommst, auch anzunehmen. Viele schmeißen das Ganze dann im Alltag wieder über den Haufen und fahren wieder ihre alte Schiene. Nuir... mit der Variante wirst du kaum an dein Ziel kommen...

Es wäre schön, wenn du die Zeit finden könntest, um hier mal zu berichten, wie es dir so ergangen ist.

 
Ich muss mich wieder um mein Kind kümmern können. Ich muss zum Familieneinkommen beitragen, bevor wir noch mehr Schulden haben. Ich muss die Liebe meines (Ex) Freundes irgendwie zurück gewinnen. Ich möchte mir wieder selbst gefallen
Weisst du miaflorentine, in diesem Satz liegt soviel Erwartungshaltung an dich Selber das du dir schwer selber genügen kannst...

was ist dir aktuell das Wichtigste von den Dingen die dich so sehr beschäftigen?...

Jeder Mensch möchte gerne vieles/alles, so gut wie möglich unter einen Hut bekommen...und das funktioniert in den seltensten Fällen...weil es dann auch oft anders kommt als man es sich denkt...

ich weiss nicht ob man das in deinem spez. Fall anwenden kann, aber mache dir mal eine Liste, was du gerne selber verändern möchtest...und dann bestimme die Prioritäten...und dann geh eines nach dem anderen an...

ja klar, manches verschwimmt ineinander...aber versuche es auch auseinander zu halten...

was die Therapie angeht, es ist sicher damit mal ein Stein/Steine eines Weges gelegt...du musst dir aber schon auch bewusst sein, das du Selber dein ausdauerndster Therapheut bist/sein musst...

Her mit der Pille, die einen Rehabilitiert :)
na stell dir vor, sowas gäbs...dann würden wir alle ständig von einem Extremen ins nächste rutschen...und dann bräuchten wir wieder ein Mittel das uns dann nach dem ständigen Missbrauch der Rehabpille wieder weg bringt...weils uns dann ja immer gut gehen würde und wir darüber dann auch nicht glücklich wären...und dann usw. blabla :D

 
@ Miaflorentine,

gerne erzähle ich dir von mir, wenn du glaubst, daraus etwas Positives für dich zu gewinnen.

Zunächst mal vorweg: Unter Depressionen leide ich schon seit meiner Kindheit, aber erst seit meinem Totalzusammenbruch vor 3 Jahren weiß ich, was überhaupt mit mir los ist.

Die Abhängigkeit zu einem anderen Menschen äußert sich genauso wie die Abhängigkeit von irgendeiner Substanz. Dazu kommt ein unglaubliches Sicherheitsbedürfnis. Ich war vier Jahre mit einem Mann zusammen, von dem ich abhängig war, unglücklicherweise führten wir eine On-Off-Beziehung, die sowieso schon stressig sind, für mich war es die Hölle. Innere Unruhe, Herzrasen, Panikattacken, körperlicher Schmerz, dann Anfälle schwerer Lethargie. Ich kann mich an eine Situation erinnern, da war ich so voller Schmerz, dass ich anfing zu bluten: Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Genitalblutung alles auf einmal.

Ich dachte immer, es müsste doch nur passieren, dass er mir Sicherheit/Verbindlichkeit geben muss und alles wäre gut. Aber das ist falsch. Nichts wäre gut. Gut war, dass er mich letztendlich ganz krass und konsequent verlassen hat.

Hinzu kommt bei mir, dass ich trotz Abhängigkeitsgefühlen ein Problem mit dauerhafter Nähe habe. Ich brauche es, dass ein Mann immer wieder auf Distanz geht, damit ich Nähe spüren kann. Total krank.

Muss jetzt leider weg und schreibe später weiter, wenn du magst.

LG

 
Vielen Dank! Ja ich würde gern Näheres hören, es hilft mir sehr. Bin grad auch knapp dran, sonst schick doch mal eine private Nachricht.... Danke für Deinen Text und herzliche Grüße

 
@ Miaflorentine,

dann liste ich mal weitere Symptome meiner Depression auf ;) , um dann auf die Therapie und etwaige Fortschritte einzugehen. PN folgt auch noch.

Depressive Phasen kenne ich in verschiedenen Ausprägungsgraden. Das geht von gefühlter Hoffnungslosigkeit bis zu völliger Teilnahmslosigkeit. Absolute Leere.

Leichtere Phasen zeigen sich bei mir vor allem physisch: mangelnde bis keine Konzentrationsfähigkeit, Schwankschwindel, der es mir zuweilen unmöglich macht, ein paar Meter zurückzulegen, ohne mich festzuhalten, eingeschränktes räumliches Sehen, veränderte Wahrnehmung der Lautstärke von Geräuschen (es kann sein, dass neben mir ein Presslufthammer arbeitet, ich aber heftig zusammenzucke, weil 50 Meter weit von mir weg jemand kaum vernehmlich mit dem Schuhabsatz über den Asphalt kratzt), Angst vor Kontrollverlust, gehemmte Bewegungen, gehemmtes Sprechen etcpp.

Ich fing vor ungefähr 4 Jahren mit einer Therapie an. Damals eine Verhaltenstherapie, von der ich erst nach einem jahr merkte, dass sie mir ncihts bringt. Seit drei Jahren mache ich eine psychoanalytische Therapie und langsam zeigen sich Fortschritte. Ich habe erkannt, dass sich durch Kindheitserlebnisse in meiner Seele Strukturen ausgebildet haben, die mich immer wieder in die Erlebnis- und Verhaltenswelt des Kindes zurückfallen lassen.

Beispiel: Ein Kind, das längere Zeit von der Mutter alleine gelassen wird und dabei angeblich aus Sicherheitsdenken heraus eingesperrt wird, fühlt sich schrecklich alleine und hilflos ausgeliefert. Das Gefühl steigert sich. Ein Kleinkind kennt keine Zeit, für es ist alles ewig. Es versteht nicht, dass die Mutter wiederkommen wird, es weiß nur, dass sie weg ist und dass es fürchterliche Angst hat, Todesangst. Darüber hinaus nimmt es wahr, dass es nichts tun kann, um sich aus dieser Angst zu befreien, es kann sich weder aus der Situation befreien, noch sich ablenken oder selber beruhigen.

Das sind Erlebnisse, die sich eingraben im Gehirn, im lymbischen System wie man heute zu wissen glaubt. Erlebt ein Erwachsener, der solche Erfahrungen in der Kindheit machte, etwas was auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit damit hat, spult sich sofort das ganze Paket aus der Kindheit ab. Fürchterliche Angst, Todesangst, Ohnmachtsgefühl.

Der Knackpunkt ist der, dass man erkennen muss, dass man eben nciht mehr Kind ist. Man muss nicht mehr Todesangst haben. Ein Kind hat sie, weil es ohne die Mutter ncihts ist. Aber ein Erwachsener kann für sich sorgen. Er stirbt nicht, wenn die Bezugsperson weg ist. Er hat andere Möglichkeiten der Reaktion.

Das Problem ist, dass diese Strukturen sich so tief eingegraben haben, dass meist gleich das ganze Programm abgespult wird.

Mir hilft folgendes Bild:

Stell dir vor du bist am Strand, dort wo die Wellen sanft auslaufen. Du hast verschiedene Gräben gezogen und das Wasser, das ankommt, läuft in diese Kanäle. Diese Kanäle sind die Stukturen, die sich in deiner Seele eingegraben haben. Wenn du am Meeresufer sitzt, kannst du andere Gräben graben und damit die alten Kanäle stilllegen, so dass kein Wasser mehr reinläuft. Und so kannst du auch deiner Seele neue Strukturen einüben.

Teilweise ist mir das gelungen. Wenn allerdings das Wasser schwungvoll ankommt, dann werden die neuen Kanäle überspült und das Wasser läuft wieder in die alten, weil sie viel tiefer gegraben sind. Es ist sehr mühsam, immer wieder die neuen Kanäle aus- und weiterzugraben. Aber es ist der einzige Weg.

Später noch etwas konkreter dazu.

LG

 
@Malinconia:

Sorry, meine Frage gehört hier nicht her...

...aber mich würde interessieren, WIE du die alten Gräben zuschüttest. Kannst du da mal näher drauf eingehen (auch wenn´s vielleicht nicht so ganz hierher gehört ;) ). Würde mich aber sehr interessieren.

 
Was mich diesbezüglich auch noch wunder nähme...ist es auch möglich, dass man sich in so ein Krankheitsbild reinsteigert? Kann das auch mit der Resignation seiner selbst oder der Erschöpfung vom ewigen Kampf zusammenhängen?

Und gibts da nicht die geringste Chance, sich selbst zu helfen? Ich kann mir die ganze Sache schlecht vorstellen, erscheint mir sehr komplex zu sein. Irgendwie fühlt man sich total ohnmächtig, etwas Gutes für solche Menschen zu tun, als Laie, meine ich...wage fast nicht, etwas Aufbauendes zu sagen, obwohl ich gerne würde...

Aber solche Geschichten sind schon herzzerreissend und relativieren viele Problemchen der Leute. Ich weiss, dass es immer einen Weg gibt. Auch für dich!

xxx

 
@ Tilly,

ich weiß nicht, ob man die alten Gräben zuschütten kann, aber man kann versuchen neue zu ziehen, damit aktuelle Erlebnisse eben nicht genau die alten Reaktionen, die des Kindes, reaktivieren.

Der erste Schritt ist es, sich diese Gräben bewusst zu machen. Also zu sehen, was in mir abläuft, wenn ein bestimmtes Ereignis abläuft.

Bleiben wir bei einem Menschen mit großer Verlustangst, die meist hand in hand geht mit Abhängigkeit.

Dieser Mensch hat aller Wahrscheinlichkeit nach ähnliche Dinge erlebt, wie ich sie oben beschrieben habe. Nun ist er erwachsen und hat einen Partner. Es kommt beispielsweise zum Streit und der Partner verlässt im Zorn das Haus, oder noch viel harmloser, er will sich am Abend mit Freunden treffen. Und schon läuft das alte Programm ab. Bezugsperson weg - alleine sein - Angst haben - ohnmächtig sein - todesangst.

Und hier kommt der cut. Es gilt dieses Programm zu stoppen. Ganz bewusst und über die Ratio. Das kann beispielsweise so aussehen:

Mein Partner ist in Wut weggerannt. Ich bin jetzt alleine in der Wohnung. Ich bin erwachsen. Mir passiert nichts. Ich habe die Möglichkeit mich abzulenken. Ich habe die Erfahrung gemacht (vorausgesetzt es ist so), dass er wiederkommen wird. Und falls er nicht mehr kommt, dann werde ich sehr traurig sein. Aber ich kann ohne ihn leben. Mein Schmerz wird nicht unendlich sein. Entsprechende Atemtechniken können helfen. Oder Gespräche mit Personen, die über die Sachlage Bescheid wissen. Sie können Realität in das Geschehen bringen.

Der Knackpunkt ist der, dass solche frühkindlichen Erlebnisse beim Kind eine gefühlte Unendlichkeit an Todesangst hinterlassen. Ein Kleinkind kann nicht überleben ohne Bezugsperson. Aber ein Erwachsener kann das. Jedoch fühlt es sich für einen Erwachsenen, der solche Stukturen hat, so an, wie es sich für ein Kind anfühlt. Man muss sich klarmachen, dass man kein Kind ist. Man überlebt. Man kann die Traurigkeit aushalten.

Es ist unglaublich schwer und wer meinen letzten thread hier gelesen hat weiß, dass solche Rückfälle geschehen, auch wenn der Anlass von außen her gering erscheint.

Ein guter Weg kann es auch sein, mit dem Partner zu kommunizieren, ihm zu sagen, welche unglaublichen Ängste man hat. Das heißt nicht, dass er zur Mutter werden soll, aber er sollte wissen, dass die Ängste, die auftauchen, nicht ursächlich mit seiner Person zusammenhängen. Es sind archaische Ängste.

Es ist ein langer Weg. Ich habe angefangen ihn zu gehen und bin noch lange nicht am Ende angelangt. Ich bleibe oft an dem Punkt stehen, an dem ich zwar erkennen kann was abläuft, aber ich kann es noch nicht so oft stoppen. Aber immerhin schon manchmal und das ist schon sehr viel. Jede Hölle, in die man nicht gerät, ist ein Erfolg.

LG

 
@ Georges,

ich bin mir nicht ganz klar, wem deine Fragen gelten. Und worauf genau sie sich beziehen.

LG

 
ich glaube, georgs ist einfach nur tief von deiner geschichte beeindruckt und weil er ein sehr anderer mensch ist als du (also was deine beschriebenen ängste betrift) fühlt er sich diesem thema bezüglich etwas klein, sodass er sich gar nicht traut, dir einen ratschlag zu geben, auch wenn er das sehr gerne möchte.

er ist jemand, der viel kraft aus sich selbst schöpft und fragt sich, ob du das nicht auch könntest obwohl er gleichzeitig einsieht, dass es bei dir wegen deiner kindheit sehr schwer ist.

so zumindest hab ich das verstanden. entschuldigung, wenn ich hier einfach so reingeplatzt bin und spreche, auch wenn ich nicht angesprochen wurde.

ich finde es aber sehr interessant was hier alles steht und es bestätigt wieder einmal mehr meine meinung, dass unsere größten (verhaltens)probleme aus der kindheit resultieren. naja, bin ja psychologiestudent oder so.

 
ich wollte nach einem netten hinweis nur richtig stellen, dass ich mich gestern verschrieben hab -- ich bin kein psychologiestudent (hab da ein kleines aber wichtiges wörtchen vergessen).

aber mich interessiert mias geschichte trotzdem. ich hoffe sehr für dich, dass dir die zeit in der klinik viel hilft und dass du stärker für dich und deinen sohn wirst. wäre doch schön, wenn du ihm gestärkt und sicherer in die augen schauen könntest, nach den zwei wochen.

alles gute, ich drück dir die daumen, liebes :schmatz:

 
ich glaube, georgs ist einfach nur tief von deiner geschichte beeindruckt und weil er ein sehr anderer mensch ist als du (also was deine beschriebenen ängste betrift) fühlt er sich diesem thema bezüglich etwas klein, sodass er sich gar nicht traut, dir einen ratschlag zu geben, auch wenn er das sehr gerne möchte.
Auf den Punkt getroffen...ich denke auch, dass viele Menschen viel mehr Kraft haben, als sie selber glauben. Hätt' ich das bei mir nicht irgendwann realisiert, wäre ich bestimmt nicht mehr am leben...

Komme aus einem Umfeld, dass mich total hätte traumatisieren sollen, habe es aber, da ich eine absolute Kampfsau bin, selber hingebogen.

Ich kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass weniger kämpferische Leute Mühe bekunden, dem Strudel zu entfliehen. Trotzdem glaube ich, dass auch solche Leute gut daran tun, zu realisieren, dass ohne eigenen Willen etwas zu ändern, sich nicht viel ändern wird. Ich glaube nicht, dass man sich auf externe Hilfe alleine stützen kann.

Deshalb finde ich die Sache mit der Therapie einen sehr guten Ansatz.

NEVER GIVE UP, myflower!

 
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