Original von kleinerFuggs
-da gebe ich dir natürlich zu 100 % prozent recht. :]
Hey Leute ihr seid echt köstlich.
Will heute keinen großen Roman hier reinschreiben, aber eine kleine gesellschaftskritische Einlage off topic sei mir hier doch erlaubt.
Im realem Leben hat man oftmals nur seinen Freundeskreis mit dem man solche persönlichen, emotionalen Probleme bespricht, der in Bezug auf Alter, Bildung und sozialen Status doch meistens sehr homogen ist.
Hier im Forum, wird bedingt durch die Virtualität die Bedeutung von Raum und Zeit aufgehoben und man kommuniziert mit Leuten, mit denen man real nie und nimmer etwas zu tun hätte.
Wenn ich zum Beispiel bei sine ins Büro gehe und sie fragen würde, ob wir uns nicht über das Thema Liebe unterhalten könnten, dann würde ich wahrscheinlich hinauskatapultiert werden.
In der Virtualität steht aber das Wort im Vordergrund und wird von der Person mit all seinen Äußerlichkeiten getrennt.
Trotzdem stelle ich an mir selber häufig ein gewisses Schubladendenken fest.
Ich neige dazu Leute wegen ihres Profils in bestimmte Schubladen zu stecken.
Den Rat eines 14 jährigen Leipzigers würde ich geringer "bewerten", als den Rat einer 30 jährigen Hamburgerin.
Schade eigentlich, denn der Rat eines 14 jährigen muss nicht wegen seines Alters schlechter sein. Und wir alle kennen den Spruch "Alter schützt vor Torheit nicht".
Oftmals haben gerade die ganz jungen aber besonders gute Ideen.
Mein 5 jähriger Cousin hatte z.B. letztes Jahr als ich in meine Beste Freundin verliebt war und ich mich nix traute gemeint:
"Warum hast du eigentlich keine Frau?"
Ich: "Na ja, ich habe eben noch kein gefunden mit der es passt."
Er: "Dann musst du einfach mal eine küssen. Vielleicht mag sie dich dann ja."
Ich: "Wer hat dir denn so etwas erzählt?"
Er: "Niemand. Alle Jugendlichen bei uns daheim machen das."
Ja hätte ich doch diesen einfachen Ratschlag mal befolgt. :]
Ich habe mir auch schon mal überlegt, diese Angaben in meinm Profil einfach komplett rauszunehemen.
Niemand soll wissen, ob ich männlich oder weiblich, in welchem Alter und was ich beruflich mache.
Das würde freilich die Qualität meiner Beiträge nicht verbessern, wohl aber die Art und Weise, wie sie aufgenommen würden.
Die User würden sich schwerer tun mich einzuschätzen.
Mich selber nervt das immer, wenn hier Leute ihr Profil nicht richtig ausgefüllt haben, weil ich dann auch Schwierigkeiten habe sie irgendwie einzuschätzen, oder sagen wir's gleich direkt:
Sie in eine Schublade hineinzustecken.
Ich denke aber, dass die User dann ziemlich bald nachfragen würden wer man denn sei und was man denn mache.
Na ja einen Feldversuch habe ich ja in einem anderen Forum bereits hinter mir.
Ich habe dort nämlich einen Frauenaccount laufen gehabt und Beiträge verfasst. Ich habe das damals eigentlich nur deswegen gemacht, weil mir eine Onlinebekannte gesagt hat, dass sie ständig von irgendwelchen Männern angemacht werde und ihr das langsam lästig sei. Und das wollt ich einfach mal ausprobieren.
Und was da jetzt sehr interessant ist: da gab es auch sehr interessante Diskussionen und einmal wurde mir vorgworfen eben eine typische Frau zu sein.
Für euch bin ich also nicht ich, sondern das was ihr für mich haltet.
Und das ist eben doch nur eine Fassade.
Das ist für mich aber einer der Reize dieses Forums ja sogar des ganzen Lebens an Fassaden zu forschen, am Lack zu kratzen und hinter Masken zu blicken.
Ich glaube ich werde Fassadenforscher.
arty:
Denn wir nehmen immer nur die Fasade eines Menschen war, in den seltensten Fällen, wenn nicht sogar überhaupt niemals, seine wahre Persönlichkeit.
Nach meinen Prüfungen werde ich mir unbedingt mal den thread, oder zumindest Teile daraus von Venice zu Gemüte führen, die ja laut sine schon mal geäußert haben soll, ihren Mann erst nach der Ehe "kennengelernt" zu haben.
Ich finde diese Aussage so sehr interessant, dass ich da immer noch drüber nachdenken muss. Mit dieser Aussage ist nämlich ein riesiger Themenkomplex verbunden.
Kann es sein, dass wir nicht nur wie im Forum nach Profilen, auch im realen Leben Menschen in unsere eigenen ganz subjektiven Schubladen stecken ? Sogar langjährige Partner?
Ich komme immer mehr zu der Erkenntnis, dass dies so ist.
Und ich muss euch ganz ehrlich sagen, dass das eine der schockierensten Erkenntnisse meines Lebens ist.
Ich war und bin immer ein Anhänger der "romantischen" großen Liebe. Auf Leute die sich z.B. scheiden ließen habe ich immer irgendwie herabgeblickt und mir gedacht, dass mir ja sowas niemals passieren könne, weil ich ja aufpassen würde wen ich heiraten würde und ich selber müsste diese Frau natürlich
richtig kennen.
Doch komme ich immer mehr zu der Überzeugung, dass es dieses richtig Kennen gar nicht gibt.
Ich würde fast sogar soweit gehen und ganz provokant behaupten:
Der größte Teil der Persönlichkeit, die wirwahrnehmen ist Fassaden. Der Rest eigenes ganz subjektives Schubladendenken.
Ich will jetzt nicht irgendwie behaupten, dass dieses Schubladendenken per se völlig falsch ist.
Nein. Ich denke sogar, dass dieses Schubladendenken höchst komplex und ausdifferenziert ist und wahrscheinlich habe ich euch alle auch in die richtige Schublade gesteckt.
Und ich habe dies bestimmt nicht mit böswilliger Absicht gemacht.
Es gibt nunmal keine bessere Möglichkeit euch alle überhaupt irgendwie einschätzen zu können als dieses Schubladendenken.
Es handelt sich eben um eine heuristische Vorgehensweise, die solange ihre Berechtigung hat solange keine "optimalere" Lösung gefunden ist.
Doch wie uns alle das Leben lehrte ist diese "Optimallösung" des vollständigen Erfassens der Persönlichkeit eines anderen Menschen nicht in Sicht und wird auch nie in Sicht sein.
Nicht mal in einer langjährigen Ehe.
Liebe Grüße
Chris :compi: