Trennung nach 23 Jahren

stef

Benutzer
08. Feb. 2007
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Hallo zusammen

Vor 4 Monaten hat sich meine Frau von mir getrennt nach 23 Jahren. Für mich kam dieser Entschluss sehr überraschen. Wir haben zwei Kinder (16 und 20 Jahre alt) zusammen und ich habe immer gedacht, dass wir trotz einiger Meinungsverschiedenheiten eine gute Beziehung hatten. Wir konnten immer streiten und uns danach wieder versöhnen, was jedesmal sehr schön war.

Jetzt scheint dies alles überhaupt nicht mehr wahr zu sein und ich bin am verzweifeln, weil ich nicht mehr aus dem trauern herauskomme. Ich kann mir einfach nicht mehr vorstellen, dass ich jemals wieder eine solche Beziehung haben werde und ich liebe meine Frau noch immer sehr. Ich habe überhaupt keine Lust, jemals wieder eine neue Beziehung einzugehen.

Ich weiss, dass schon viele andere Menschen solche Situationen überstanden haben. Trotzdem habe ich Angst, dass ich nie mehr aus diesem Loch hervorkommen werde. Wie lange kann so etwas dauern? Ich habe den Eindruck, dass ich jeden Tag noch trauriger werde und komme nicht mehr aus dem Weinen heraus.

Wer kennt so was?

stef

 
Lieber Stef,

Du darfst nicht von Dir erwarten, dass Du so eine lange Ehe, die Trennung und deren Folgen nach vier Monaten irgendwie verdaut hast.

Wenn das für Dich überraschend kam, dann bist Du völlig orientierungslos zur Zeit. Und es ist ja legitim, dass Du Deine Frau immer noch liebst und Dir keine neue Beziehung vorstellen kannst.

Hast Du von Deiner Frau Gründe genant bekommen, die Du einigermaßen nachvollziehen kannst? Ist sie ganz weg aus Deinem Leben, habt ihr denn noch Kontakt?

Ich kann Dir vielleicht ein Buch ans Herz legen: Wenn der Partner geht von Doris Wolff im pal-verlag und auch deren Website.

Das Buch könnte ein Anker für Deinen Weg sein.

Lieben Gruß,

justine :trost:

 
Hallo Justine

Die Gründe meiner Frau sind irgendwie diffus für mich. Es ist irgendwie alles zusammen, was in den letzten 20 Jahren nicht OK war, das jetzt letztendlich zuviel geworden ist für sie. Sie habe einfach keine Lust mehr, sich mit mir auseinander zu setzen und sie sagt, dass sie mich dafür nicht mehr genug liebt.

Eigentlich gab es keinen konkreten Auslöser zu diesem Zeitpunkt und ich habe gedacht, dass sich alles wieder einrenken wird nach ein paar Tagen. Inzwischen ist mir klar geworden, dass sie schon längere Zeit abgeschlossen haben muss mit unserer Ehe. Ich war einfach zu blöd und zu naiv um dies zu bemerken.

Inzwischen habe ich den Kontakt vollständig abgebrochen, um mich zu schützen, denn ich fiel jedes mal noch tiefer ins Loch, wenn wir uns gesehen haben.

Seit Wochen kann ich nachts kaum schlafen und ich schleppe mich von Stunde zu Stunde und von Tag zu Tag. Ich kann mich auf nichts mehr freuen und kann mir kaum vorstellen, dass sich dies wieder ändern könnte.

stef

 
Das ist total hart. Es ist schon bewundernswert, dass Du die Konsequenz gezogen hast erst einmal den Kontakt abzubrechen. Das schaffen so viele nicht und kommen nicht zur Ruhe.

Ich kann Dir erst einmal nur Trost spenden, ich wundere mich überhaupt nicht, dass es Dir so schlecht geht und Du im Moment kein Licht am Ende des Tunnels siehst.

Du musst Dir nicht vorstellen, dass sich das jemals wieder ändern könnte, das wird es von alleine. Es gibt zuviele Geschichten von plötzlichen Veränderungen oder auch allmählichen Veränderungen, die man kennt oder selber erlebt hat. Das Leben bleibt nicht stehen.

Wie kann es bei Dir weitergehen? Jeder hat da seine eigenen Strategien, ich habe alles mögliche ausprobiert: Von nicht abgeschickten Briefen, bis hin zu Edelsteinen unter dem Kopfkissen. Tatsächlich hat nur der Weg geholfen. Schlafen damit der Tag schneller endet, weil es doch heißt, dass Zeit alle Wunden heilt. Raus in die Natur, zu den Sternen hinauf schauen in dem Wissen, dass schon soo viele Menschen vor mir, schon die alten Ägypter, Römer, Griechen genauso mit ihren Sehnsüchten, Kümmernissen und Ängsten in die selben Sterne geblickt haben. Bäume angesehen im Wissen darum, dass sie schon so viele Jahre alt sind und immer noch stehen.

Letztendlich habe ich mir einen Spruch auf meinen Spiegel geklebt:

Vorwärts immer! Rückwärts nimmer!

Liebeskummer ist wie eine Krankheit, Trennung ein bisschen wie der Tod, Du kannst nur einen Schritt nach dem anderen machen um Dich selber wieder zu finden. Den Stef in Dir, der vor der Ehe, als Du noch alleine warst andere Träume und Ziele hatte. Erst aber kannst und sollst Du traurig sein.

Step by step, das ist die Devise.

Lieben Gruß,

justine

 
Hallo stef,

ja, das kenn ich auch und kann mir daher gut vorstellen, wie es dir jetzt geht.

Du fragst dich einerseits, wie lange es dauert, wie es weitergeht und andererseits, wie du es verdient hast, dass jemand für dich entscheidet, dass dein Leben - so wie es war, wie du es gewohnt bist - zu Ende ist?

Das war es, mit dem ich am allerwenigsten zurecht kam: dass andere für mich über mein Leben entscheiden und ich es hinnehmen muss, weil mir keine andere Wahl bleibt.

Wie es bei mir weiterging?

Ich kann dir nur aus meiner Erfahrung sagen, dass etwas Erstaunliches passierte, mit dem ich nicht rechnete, nicht rechnen konnte - woher auch, diese Erfahrung war ja erstmalig und einmalig:

Mein Leben wie es bisher war, war tatsächlich vorbei. Aber es war nicht das Ende, das folgte, es war ein Anfang.

Zwar ging es sehr langsam, step by step, wie @justine sagt, die Geduld sollte man nicht verlieren, aber es wurde mit jedem Tag besser UND: es wurde mein Leben, mein eigenes, das weder fremdbestimmt war und das ich auch nicht teilen musste, sondern konnte, wenn und wann ich es wollte.

Jede Entscheidung, die ich heute treffe, treffe ich für mich. Es sind ausschließlich freudvolle Entscheidungen und schöne Momente, niemand zwingt mich mehr zu einem Kompromiss, zu Arrangements oder seine Meinung auf.

Der Schmerz vergeht und auch die Frage nach dem Warum. Es gibt so viele Möglichkeiten: vll wollte sich deine Frau verändern, vll wollte sie einen Neubeginn, um ihrem Leben eine Richtung zu geben, von der sie meinte, dass sie sie verpasst hätte oder die mit dir nicht möglich gewesen wäre.

Wer weiß das schon? Vll nicht mal sie selber.

Ich wünsch dir sehr, es kann gelingen, dass du dich auf dich selbst konzentrierst. Du bist zum ersten Mal seit beinahe einem Vierteljahrhundert ein völlig freier Mensch: frei in den Gedanken, in den Handlungen und in den Entscheidungen.

Mach was draus.

Alles Gute von

 
Hallo Lisabel

Danke für die Auffmunterung und deine Zuversicht. Wie lange hat es bei dir gedauert, bis du es so sehen konntest?

Leider fällt es mir im Moment sehr schwer zu glauben, dass ich es werde geniessen können, Entscheidungen nur noch alleine zu treffen. Es war doch gerade das Schöne an einer Beziehung, dass man gemeinsam durchs Leben geht und die Dinge teilt. Die meisten Singles können ihr Alleinsein doch gar nicht richtig geniessen und sind eigentlich bloss die ganze Zeit über auf Partnersuche. Oder etwa nicht?

Ich fühle mich immer noch halbiert und leide unter dem Eindruck, dass wohl die bessere Hälfte bei meiner Frau liegen geblieben ist. Ich habe Angst davor, dass ich vielleicht nie mehr eine so tiefe Beziehung haben werde und ich habe Angst davor, vielleicht nie mehr glücklich zu werden.

Das Leben ist irgendwie grausam und erscheint mir zurzeit wenig lebenswert. Alles was man bekommt wird einem irgendwann wieder genommen. Und jetzt stehe ich wieder ungefähr am selben Punkt wie mit 20 Jahren. Was soll das?

stef

 
Lieber stef,

so sehr ich deine Ängste und deine Verzweiflung auch verstehe, so gut sehe ich auch, woher sie kommen. Und das deswegen, weil ich mal genauso dachte wie du.

Du assoziierst Glück mit Partnerschaft. Keine Frau -> ergo unglücklich.

Du meinst, jeder Single müsste sofort auf Partnersuche sein, um am Leben teilnehmen zu können, um vollständig zu sein, weil sonst eine (bessere) Hälfte fehlen würde?

Ich weiß, dass man so denkt, wenn man lange Jahre in einer Partnerschaft lebte. Man kennt nichts anderes. Man dachte, so wie es bisher war, war es ok. Man hinterfragte niemals und stellte niemals in Frage.

Und genau hier liegt das Problem, meiner Meinung nach.

Irgendetwas wird in eurer Ehe massiv schief gelaufen sein, sonst wäre sie nicht zu Ende.

Sich das einzugestehen und auch das eigene Zutun zu sehen und zu verstehen - wie das hat kommen können ohne es zu sehen, ohne es wahrzunehmen und ohne es wahrnehmen zu wollen! - ist bestimmt das Schwerste.

Dieser Satz hier

Original von stefIch fühle mich immer noch halbiert und leide unter dem Eindruck, dass wohl die bessere Hälfte bei meiner Frau liegen geblieben ist.
zeigt mir, dass du dich offenbar schon viel zu sehr emotional abhängig gemacht hast von deiner Frau. Du hast ihr die Verantwortung für dein Leben überlassen und kannst jetzt mit dieser Freiheit nicht umgehen. Wie viele Singles, ja …

hilfreich wäre es meiner Meinung nach dir erst einmal bewusst zu werden:

das Leben wie es bisher war, gibt es nicht mehr. Jetzt beginnt ein neues.

Ob es ein gutes wird, liegt nur an dir. Diese Verantwortung kann erschrecken, sie kann aber auch erfreuen, je nachdem, ob du mit Verantwortung umgehen kannst.

Original von stefUnd jetzt stehe ich wieder ungefähr am selben Punkt wie mit 20 Jahren.
Das erscheint mir seltsam, stef. Du weißt selbst, dass du weder die Naivität noch die Unreife eines 20- Jährigen hast. Dieser Satz hört sich für mich so an, als wäre deine Ehe eine Errungenschaft gewesen, ein Besitz, und da sie jetzt weg ist, fällst du zurück auf der Erfolgsleiter.

Du kannst die letzten Jahre auch als Erfahrung sehen: als einen Schatz an Kenntnisreichtum, den dir keiner mehr wegnehmen kann.

:trost:

 
Hallo Lisabel

Ja, du hast recht. Ich war emotional je länger je mehr abhängig von meiner Beziehung/Frau. Es gab von Beginn weg immer eine Menge Schwierigkeiten, die wir jedoch stets meistern konnten, so dachte ich jedenfalls. Eigentlich waren die Schwierigkeiten zu gross aber auch die Angst, den Partner zu verlieren war bei uns beiden zu gross. Je mehr das definitive Scheitern ins Blickfeld rückte, desto mehr begann ich mich an sie zu klammern, weil ich Angst davor hatte, das Liebste in meinem Leben zu verlieren.

Ich glaube, dass auch meine Frau bis zum Schluss noch starke Gefühle für mich hatte, denn wir haben uns wirklich sehr geliebt. Das Zusammenleben war aber die ganze Zeit über sehr schwierig, weil wir beide sehr stolz und eigensinnig sind. So wurde ein grosser Teil unseres Lebens durch Unstimmigkeiten gefärbt und es gelang uns nur selten, unsere immer noch vorhandene starke Liebe freizuschaufeln. Allerdings war dies jeweils so schön, dass ich auch den ganzen Ärger dafür in Kauf genommen habe und dies auch noch weiterhin getan hätte.

Ich habe nie erwartet, dass eine Beziehung einfach sein würde und habe unsere Streitigkeiten als Möglichkeit zu gemeinsamem Wachstum wahrgenommen. Dass es mit einer anderen Frau schöner oder harmonsicher sein könnte, hat mich nicht interessiert, denn ich habe diese Frau geliebt.

Natürlich weiss ich, dass ich alleine nicht bloss ein halber Mensch sein werde in Zukunft, obwohl mein unendlich scheinendes Trauergefühl mir im Moment genau dies vor Augen führt. Allerdings habe ich meine Ehe tatsächlich stets als eine Errungenschaft in meinem Leben betrachtet. Eine Situation, die ich mir erarbeitet hatte und die mir die Möglichkeit gab, mein Leben mit einem anderen Menschen und mit meinen zu teilen und somit doppelt erleben zu können. Eine Erweiterung meiner Erfahrung, die nun wieder entfällt.

Für den Moment fühle ich mich tatsächlich irgendwie zurückgesetzt und ich kann noch keine Vorteile im Single-Dasein ausmachen. Ich habe nicht einmal mehr Lust, mich um meine Hobbies zu kümmern. Zudem erinnere ich mich noch genau an die Zeit vor meiner Ehe, als ich mir nach einigen flüchtigen Abenteuern nichts sehnlicher wünschte, als eine feste Beziehung mit einer Frau, die ich liebe. Ein bisschen habe ich schon das Gefühl, bald wieder am gleichen Punkt zu stehen. "Zurück zum Start", aber mit einem Rucksack voll Trauer und wenig Lust, nochmals zu inverstieren.

Ich bin im Moment ganz einfach sauer auf mich und auf das Scheissleben und ich möchte noch eine Weile lang hadern mit dem Schicksal, denn es war eben doch oftmals ganz einfach viel zu schön mit meiner Frau.

stef

 
Lieber stef,

selbstverständlich ist es so, "natürlich“ hätte ich jetzt schreiben sollen. Denn die Trauer gehört zum Leben dazu, sie ist wichtig und richtig.

Es wäre mehr als unmenschlich, alles Erlebte abzuschütteln und zur Tagesordnung überzugehen. Alles was ich dir schrieb, ist für die Zeit danach, die Zeit, die noch kommt:

Wenn du wieder klarer sehen kannst, wenn die erste Trauer erst einmal nachlässt.

Jetzt ist es lähmend, dabei wärst du gerade jetzt so sehr versucht, etwas aktiv zu unternehmen, damit sich dein Zustand ändert, damit der Leben wieder erträglicher wird - damit es wieder so wird, wie du es gewohnt warst?

Und diese Spannung zwischen Lähmung und Betriebsamkeit, zwischen dem Zwang zur Handlung und der hilflosen Untätigkeit steigert sich zur Unerträglichkeit?

Ich kann dir nur raten, dich zur Ruhe zu zwingen, zu betrachten, abzuwarten, auch wenn es schwer ist. Manchmal ist es das Beste, nichts zu tun. Zu schauen, zu beobachten, abzuwägen und hinzunehmen.

Es ist alles möglich, du musst nur vertrauen. Vertrauen darauf, dass das, was du jetzt erlebst, nicht vergeblich ist.

Du hast gelernt, in schwierigen Situationen zu bestehen, nach Lösungen zu suchen und die beste für dich zu erkennen.

Diese erarbeitete Lösungskompetenz wird dir helfen, auch diese Lage zu bestehen und daraus gestärkt hervorzugehen.

Vertrauen zu sich selbst zu fassen in den Momenten, in denen man sich als der größte Versager fühlt, ist nicht möglich - jetzt noch nicht. Aber ich wünsche dir sehr, dass du erkennen kannst: nicht du hast versagt, sondern alles Erlebte ist Bestandteil deines Entwicklungsprozesses.

Ich bin heute so weit, dass ich mich mit Menschen, die so etwas nicht erlebt haben, gar nicht über das Thema unterhalten kann. Ihre Ansichten sind so oberflächlich und theoretisch, dass es beinahe wieder amüsant ist, sie anzuhören.

Es ist, als ob ihnen eine entscheidende Erkenntnis fehlt: wie es ist, wenn das gesamte Leben in Frage gestellt wird, wie es ist, wenn alle bekannten Mechanismen nicht mehr funktionieren, wie es ist, seine eigenen Grenzen kennen zu lernen.

Du bist gerade dabei und du lernst jetzt mehr als so manch anderer sein Leben lang.

Alle guten Wünsche für dich.

 
Liebe Lisabel

Nichts wird jemals wieder so sein wie früher. Auch ich selber nicht. Ich spüre, wie ein Teil meiner Persönlichkeit mit seinen Wertvorstellungen, Hoffnungen und Ängsten in mir abgestorben ist. Nur langsam bildet sich eine neue Struktur und schliesst die entstandene Wunde. Ich weiss nicht, wer ich danach sein werde und ob ich jemals wieder Freude am Leben spüren werde. Der Schmerz ist schlimm. Ich kann kaum schlafen und jeder Tag ist für mich eine Prüfung, die es zu meistern gilt.

Ich hoffe, dass ich mich auch in die Richtung bewege, die du beschrieben hast und dass ich dem ganzen Leid eines Tages einen Sinn werde abgewinnen können. Tatsächlich scheinen Trauer und Schmerz, obwohl wir alles tun um sie zu vermeiden, feste Bestandteile unserer Existenz zu sein und tatsächlich kann ein Mensch sehr viel mehr davon ertragen, als man gemeinhin annimmt.

Eigentlich könnte ich den ganzen Tag nur weinen. Alles um mich herum scheint für mich nur aus Trauer zu bestehen. Es ist ein riesiger Berg an Gefühlen des Verlustes, den es abzuarbeiten gilt. Leider habe ich jedoch überhaupt nicht den Eindruck, dass der Berg langsam kleiner wird. Mir gefällt aber der Gedanke überhaupt nicht, dass dieser Zustand noch Monate oder gar Jahre andauern könnte. Geduld ist eben nicht gerade meine Stärke.

Es tut gut zu lesen, dass du das ähnlich erlebt hast und einen Weg hindurch gefunden hast. Ich zweifle manchmal an mir und ich sehe um mich herum auch Leute, die es meiner Meinung nach nicht unbeschadet überstanden haben, die z.B. dem Alkohol verfallen sind oder auch nach Jahren noch frustriert durch das Leben gehen und nicht mehr an das Gute glauben mögen. Das macht mir schon ein wenig Angst.

stef

 
Hallo Stef,

auch ich verstehe Deine Gefühle so gut, mir ist es nicht anders ergangen.

Ja, viele Menschen zerbrechen daran (Alkohol, bleiben in ihrem Frust gefangen etc.). Jeder hat aber auch die Möglichkeit, daran zu wachsen.

Ich weiß, das hört sich jetzt ziemlich bescheuert für Dich an.

Das wird Dir erst die Zeit zeigen.

Diese Trennung zeigt Dir, wo Deine wunden Punkte liegen. Wo Dir Bewältigungsstrategien fehlen. Vielleicht hast Du igendwann Lust, was für Dich zu tun, damit Du Dich nie wieder in Deinem Leben so fühlen mußt.

Deine Gefühle von Liebe, Sehnsucht, Trauer, Schmerz und Verzweiflung sind vollig normal in dieser Situation. Alles hat seine Zeit. Auch die Wut und der Hass. Trennung ohne Wut (ob unterdrückte oder offen gezeigte) gibt es nicht.

Du hast etwas Wichtiges in Deinem Leben verloren.

Deshalb lebe Deine Trauer und Deinen Schmerz aus.

Natürlich kannst Du die Gründe Deiner Frau nicht wirklich nachvollziehen. Wenn Du das könntest und ihr zustimmen würdest, hättest Du Dich wahrscheinlich schon getrennt.

Für Dich war die Beziehung trotz ihrer Schwierigkeiten noch lebenswert. Deshalb ist es auch normal, wenn Du Deine Frau "nicht verstehst".

@Justine

Das Buch von Doris Wolf "Wenn der Partner geht" hab ich auch gelesen. Ich kann diese Buchempfehlung nur unterstützen.

Und im PAL-Verlag gibt es noch mehr so gute Bücher, die helfen, an sich selbst und seiner Geschichte zu wachsen.

Ich wünsche Dir viel Kraft und liebe Menschen, die Dich auf Deinem Weg unterstützen.

LG,

Zipfel

 
Lieber stef,

die Idee, sich mit entsprechender Literatur einzudecken und die eigene Krise, in der du steckst, anzunehmen und zu analysieren, ist ein guter Tipp und bereits ein Weg aus ihr heraus - wie du ja bestimmt selber weißt.

Überhaupt habe ich den Eindruck, dass du dich instinktiv so verhältst, dass du dich schützt und zu dir findest. Daher wäre ich zuversichtlich, dass du die Fähigkeit hast, Krisen zu meistern.

Sicher sind diese Ängste, an einer Krise zu zerbrechen, verständlich. Man sieht es jeden Tag und sogar im eigenen Umfeld, im Freundeskreis oder in der Familie.

Es wird immer lebensuntaugliche Menschen geben, jeden Alters, die ohne Hilfe anderer nicht zurecht kommen. Das ist eine Frage der Stärke und des grundlegenden Charakters.

Du befindest dich jetzt in einem Ausnahmezustand und es ist so etwas wie ein Test: du kannst jetzt sehen, wie es dir geht in Krisenzeiten, welche Mechanismen du findest, hier herauszukommen, und wozu du imstande bist, etwas Konstruktives daraus zu machen.

Denn was nützt es, wenn man in Gedanken die Frage "Was wäre wenn …“ durchspielt, wenn man es nie erlebt? Die Wahrheit sieht doch immer anders aus, als man es sich jemals vorgestellt hat, nicht wahr?

Jetzt ist der Moment, in dem du dich selbst kennen lernen und mehr über dich erfahren kannst, als wenn alles immer rosig und in Ordnung und bestens wäre.

Du hattest gefragt, wie lange es bei mir dauerte und ich weiß heute, dass damals ein Prozess der Entwicklung ins Rollen kam, der weder heute noch in Zukunft abgeschlossen sein wird. Aber was war vorher?

In der Rückblende erscheint mir die Zeit meiner Ehe wie ein Dornröschenschlaf und durch die Trennung bin ich erst wach geworden.

Wünsch dir alles Beste :trost:

 
Hallo Zipfel

Ja, die Trennung hat viele wunde Punkte in meinem Leben zum Vorschein gebracht. Dinge, die man innerhalb einer Beziehung nicht gut entwickeln kann, Einschränkungen, die man akzeptiert hat oder auch schlechte Gewohnheiten, die man sich innerhalb einer Beziehung anerzogen hat, weil es eben nicht immer so optimal war und man nicht wirklich gemeinsam gewachsen ist. Auch habe ich mich viel zu stark darauf verlassen, dass unsere Beziehung bestehen bleibt.

Ich werde mit der Zeit sehr vieles in meinem Leben ändern müssen, denn die Bedürfnisse eines Singles erfordern eine andere Lebensplanung als die eines Ehemannes/Familienvaters. Mein ganzes Denken war bis vor 4 Monaten auf diese Rolle aufgerichtet gewesen und ich habe keine Alternativkonzepte erarbeitet, auf die ich jetzt zurückgreifen könnte. Da ich zudem beinahe die ganze Zeit meines Erwachsenenlebens in dieser Beziehung gelebt habe, fehlen mir hilfreiche Erfahrungen, wie man alleine durchs Leben geht.

Die Situation ist paradox. Ich sollte so vieles neu lernen und viel in meine Zukunft investieren in diesem Moment, aber ich habe noch selten so wenig Kraft und Lust verspürt. Ich zwinge mich dazu, Leute zu treffen, Sport zu treiben und gehe an Ausstellungen und Vernissagen. Ich stehe dann vor den Bildern und mir kommen die Tränen, weil ich immer daran denken muss, dass wir dies früher gemeinsam getan haben. Überhaupt fallen mir den ganzen Tag solche Erlebnisse ein und ich komme immer wieder zu Schluss, dass wir eben doch gut zusammengepasst haben. Das schmerzt jedesmal aufs Neue und ich beginne immer wieder mit der Entscheidung meiner Frau zu hadern anstatt sie zu akzeptieren.

Es ist dies mit Sicherheit die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich kann mir eigentlich schwer vorstellen, dass man aus einer solchen Situation viel lernen kann denn ich fühle mich den Ereignissen ziemlich ausgeliefert. Eigentlich bin ich schon froh, wenn ich es irgendwie aushalten resp. überleben kann. Aber wahrscheinlich habt ihr recht. Eines Tages werde ich es vermutlich als eine wichtige, wertvolle und lehrreiche Zeit bezeichnen und es passieren ja auch Veränderungen in uns, die wir nicht so bewusst wahrnehmen.

Bis dahin werde ich wohl noch einiges zu erdulden haben. Ich sehe noch kein Ende des Tunnels.

stef

 
*umärmel*

:]

Ja, es IST einfach alles scheiße, wenn man in eine neue Situation so hineingestoßen wird.

Niemand fragt dich, ob du willst. Niemand fragt dich, ob es dir Recht ist. Niemand fragt dich und dennoch musst du da durch. Und einen großen Teil des Weges allein.

Ich wünsch dir liebe Freunde, stef, die dir zuhören. Freunde sind wichtig und wertvoll.

Oft zögert man, ob man sie auch mit diesen Dingen belasten darf, aber oft unterschätzt man auch, wie viel Hilfe einem zuteil wird, wenn man danach fragt.

Ein völlig neues Leben zu beginnen hat den Abschied vom alten als Voraussetzung. Es ist, als ob du in einem anderen Leben wärst, in dem du kaum etwas kennst – obwohl die Umgebung dieselbe ist, die Sprache und die Umstände. Es erscheint alles neu und auch unheimlich.

Du stehst das durch. Ganz bestimmt. Jeden Tag ein kleines Stückchen mehr.

:schmatz:

 
Danke Lisabel

Wenn ich in den letzten 4 Monaten etwas Gutes erfahren habe, dann ist es die Tatsache, dass die meisten Menschen sehr gerne helfen, vor allem dann, wenn man selber bereit ist, Hilfe anzunehmen. Das ist schön und zeigt mir, dass die Menschen eigentlich sehr viel besser sind als man gelegentlich zu hören bekommt. Auch ihr, die in diesen Foren antwortet seid grossartige Helfer!

Mir war vom Anfang unserer Trennung an bewusst, dass ich dringend Hilfe gebrauchen kann und habe dies meinen Freunden und Kollegen auch so kommuniziert. Es war geradezu rührend, wieviel Mitgefühl ich erhalten habe, zumindest in den ersten Wochen. Allerdings verstehen einige nicht, dass es mir deshalb nicht unbedingt nach 3 Wochen schon besser geht.

Sehr viele haben aber selber schon Ähnliches erlebt und einige fühlten sich durch meine Offenheit zum ersten Mal sicher genug, ihre eigenen Erlebnisse jemandem mitzuteilen, sodass ein therapeutischer Prozess in Gang gekommen ist.

Auch haben sich Bekannte von mir näher kennengelernt, während sie sich ihre Besorgniss über meinen Zustand mitgeteilt haben. Ich habe in den ersten Wochen stark abgenommen und wohl einen derart erbärmlichen Eindruck hinterlasse, dass man sich ernsthafte Sorgen um mich gemacht hat.

Ich habe verstanden, dass es jedem Menschen ein Wertgefühl vermittelt, wenn er jemanden helfen kann und dass es eigentlich unser aller Aufgabe ist, für die Menschen in unserem Umfeld hilfreich zu sein. Leider ist es in unserer Gesellschaft aber oftmals so, dass sich Leute die traurig sind verstecken, während sich die anderen peinlich berührt von ihnen abwenden.

Ich probiere, meinen Schmerz möglichst offen zum Ausdruck zu bringen, weil ich hoffe, dadurch schneller darüber hinweg zu kommen und weil ich ganz einfach auch keine Lust habe meine Gefühle zu verleugnen. Es ist erstaunlich, was dies in meiner ganzen Umgebung bewirkt.

stef

 
Nach unserer Trennung habe ich mehrmals versucht, meine Frau zu einer Paartherapie zu überreden, was sie zuerst abgelehnt hat. Als ich sie später noch einmal darauf ansprach meinte sie, dass sie es sich schon vorstellen könne, aber erst etwa in einem halben Jahr. Zuerst möchte sie sich einmal richtig trennen.

Ich konnte es nicht verstehen, da ich finde, wenn jemandem eine Beziehung noch etwas wert ist, dann sollte man rechtzeitig etwas dafür tun, nicht erst alles vor die Hunde gehen lassen und dann schauen, ob noch etwas übrig geblieben ist. Das habe ich ihr auch so gesagt und sie gebeten, mir keine falschen Hoffnungen zu machen, da ich in einer Paartherapie den Versuch sehe, gemeinsam eine Beziehung wieder auf die richtige Schiene zu bringen, was meiner Meinung nach voraussetzt, dass man die Beziehung tatsächlich erhalten möchte.

Für sie wäre es eher ein Versuch, nachträglich besser zu verstehen, warum es nicht mehr geklappt hat und sie hat auch verstanden, dass sie mir mit solchen Zusagen grosse Hoffnungen macht, welche nachher wieder enttäuscht werden, was für mich sehr schmerzhaft ist. Wir sind dann so verblieben, dass sie ihre Erwartungen an eine Therapie zuerst genauer definiert ehe sie mir Zusagen macht. Daraufhin haben wir 3 Wochen lang überhaupt keinen Kontakt mehr gehabt und ich habe mich schon darauf eingestellt, dass es wohl nie mehr etwas werden wird mit uns.

Vorgestern erhielt ich dann plötzlich ein EMail von ihr, dass noch Post für mich zu ihr nach Hause geschickt wurde und ich diese abholen solle. Darunter stand der Satz:

"Ab Ende März/April bin ich bereit für eine Paarberatung."





"Liebe Grüsse"


Was soll das denn nun heissen? Kann man in eine Paartherapie gehen, nachdem man sich monatelang gar nicht mehr gesehen hat, oder möchte sie jetzt wieder Kontakt aufnehmen mit mir? Tut sie es nur weil ich sie darum gebeten habe? Vielleicht weil sie Schuldgefühle hat? Ich habe keine Ahnung was ich davon halten soll, aber ich merke, dass ich mir bereits wieder die grössten Hoffnungen zu machen beginne.

Soll ich sie nun kontaktieren und sie bitten, mir genauer zu erklären was sie davon erwartet? Soll ich einfach warten bis Ende März und nichts tun?

Ich habe Angst davor, sie mit Drängen noch weiter von mir zu stossen. Ich bin aber auch nicht sicher, wann sie vielleicht einen Liebesbeweis von mir erwartet. Falls jemand die Frauen besser versteht als ich (und das kann wohl beinahe jeder, denke ich) dann wäre ich froh, wenn man mir helfen könnte, dies alles richtig zu interpretieren.

stef

 
Original von stefFalls jemand die Frauen besser versteht als ich (und das kann wohl beinahe jeder, denke ich) dann wäre ich froh, wenn man mir helfen könnte, dies alles richtig zu interpretieren.
Lieber stef,

es wäre jetzt wohl das Schlechteste - wie so oft - überhaupt etwas zu interpretieren.

Denn was auch immer du, wir, irgendwer annehmen würden, die wahren Motive kennt nur sie.

Und daher: entscheide, wie DU möchtest!

Schon vergessen? DU hast jetzt Entscheidungsfreiheit!

Wenn du es möchtest, nimm Kontakt auf und stelle Fragen.

Wenn du es möchtest, überlege einen Therapiebesuch.

Trage die Verantwortung und die Entscheidung.

Und wenn du nicht möchtest, dann tu es nicht. Dann soll sie interpretieren, bis sie schwarz wird.

Alles Gute :trost:

 
Danke Lisabel

Du erinnerst mich an meine Eigenständigkeit und an meine Verantwortung gegenüber mir selbst.

Ich werde mit Sicherheit eine eigene Entscheidung treffen und es brodelt schon ziemlich stark in mir. Angesichts meines/unseres Scheiterns in der Ehe habe ich jedoch gelernt, dass es nichts schaden kann, wenn man wohlgemeinte Ratschläge von Aussenstehenden einholt bevor man entscheidet.

Ja, eigentlich ist es eine Frechheit, dass sie sich nicht klarer ausdrückt. Wenn da nicht noch mehr kommt, dann werde ich auf eine Paartherapie verzichten und mir das Geld sparen. Scheisse, ich glaube sie liebt mich kein bisschen mehr.

stef

 
Hallo stef,

hab deine Geschichte so ein wenig mitverfolgt und muss sagen...

Du erinnerst mich an meine Eigenständigkeit und an meine Verantwortung gegenüber mir selbst.
Es ist immer wieder schön....zu lesen, wie sich manche Nebel lichten....

Auch ich weiß aus eigener Erfahrung, wie lang der Weg sein kann, um so erstaunlicher...wie klar Du die Fakten erkennst.

Für sie wäre es eher ein Versuch, nachträglich besser zu verstehen, warum es nicht mehr geklappt hat
...das sagt mir irgendwie alles, sie ist schon viel weiter....als Du...mit dem Abstand nehmen....

Entweder man ist interessiert an der Lösung der Probleme oder auch nicht. Punkt!!!

Alles andere ist Augenwischerei......und führt zu nichts...nur in die Endloswarteschleife.....

Lieben Gruß M.

 
Hi!

Ziemlich schlimme Geschichte.

So ganz blicke ich aber nicht durch, warum deine Frau dich verlassen hat. Aber wie auch immer, dass ist eigentlich auch nebensächlich, da es hier um dich geht.

Das kommt mir alles so verdammt bekannt vor! Die neue Offenheit, das Gefühlschaos, die Achterbahnfahrt, die neuen/alten Menschen in der Umgebung. Vielleicht willst du es nicht hören, aber das alles normalisiert sich mit der Zeit. Welche Zeit du dafür brauchst, hängt einzig und allein von dir selbst ab.

Ich glaube nicht, dass der Sinn deiner neuen Freiheit darin liegt, dich sofort wieder in dein altes Chaos zu begeben. - Auch, wenn das sofort wieder Licht in dein Loch bringen würde -! Es ist schlichtweg falsch.

Nimm dir einfach die Zeit, die du brauchst, um wieder auf Augenhöhe mit deiner Frau reden zu können. - Im Mom ist das leider nicht so - .

Mach dir klar, du kannst und wirst wenn es notwendig ist allein leben, und du wirst - mit 100%iger Sicherheit - auch wieder glücklich werden, auch ohne deine Frau. Wenn du das alles begriffen hast, kannst du dich mit deiner Frau vielleicht nochmal unterhalten, aber vorher kannst du immer nur verlieren. Glaube mir, ich spreche aus leidvoller Erfahrung.

Nach 6-8 Monaten wird es meistens besser. Nimm du dir jetzt die Auszeit, denn du brauchst sie viel mehr als deine Frau!

LG

Grillcat