Das von sich auf andere schliessen passiert natürlich nicht nur in Trauer, sondern in allem.S.30:
"Oft schließt man von sich auf andere und kann nur schwer nachvollziehen, warum der oder die andere so vermeintlich kurz oder lang, so intensiv oder wenig trauert."
Da kommen dann eben diese gut gemeinten Ratschläge wie: Ich würde das so machen oder so...
Oder man nimmt seine eigene Leidensgeschichte als Gradmesser für das Leid anderer. Dabei ist die eigene Geschichte für andere vielleicht interessant, um zu sehen, was sonst noch so schief gehen kann, aber es hilft letztlich keinen Millimeter im eigenen Bewältigen.
Und wir sehen ja gerade an diesem Beispiel, wie ambivalent und unterschiedlich die Dinge wirken können:
Leilas Leben wurde durch das Zusammentreffen mit A. vollkommen zerstört. Fortan leckt sie ihre Wunden über die verpasste Gelegenheit zum ultimativen Glück.
matilda77 hätte sich nicht einmal nach A. umgedreht. Und wenn er angekrochen gekommen wäre und darum gebettelt hätte, dass sie ihn als Partner nimmt, sie hätte ihm nur die kalte Schulter gezeigt.
Das ist doch interessant, wie dasselbe Objekt unterschiedliche Wirkungen entfalten kann.
Aber noch interessanter ist es, sich vor Augen zu führen, wie man mit einer Abweisung umgeht. Die einen streifen das ab, andere (Leila) können sich nicht mehr erholen vom Schock. Aber könnte es denn nicht sein, dass man einfach zu wenig Wille aufbringt uns sich sagt: Jetzt ist aber genug. Und bewusst einen Weg daraus sucht? Könnte es sein, dass man zum vermeintlichen Verlust des Objekts der Begierde (das man gar nie besah, also auch nicht verlieren konnte) nicht noch einmal den Verlust liebgewonnenener Erinnerung und Lebensinhalte hinnehmen möchte? Und seien es auch nur negative Dinge, die einem im eigenen Leben komplett blockieren?
Gibt es denn keinen Weg mehr aus einem Tief? Und woher kommt diese Unfähigkeit, mit den unschönen Dingen, die das Leben eben auch bereit hält, umgehen zu können, und zwar auf vernünftige Weise?