Die Wahrnehmung ist eben sehr unterschiedlich: du empfindest als "Geben", die Gegenseite nimmt einfach, ohne gross darüber nachzudenken, dass sie nimmt.
Und dann ändern sich die äusseren Umstände, und die Grundlage ist verrutscht, auf der man sich getroffen hat. Natürlich ist es bitter, wenn einem geraten wird (von einer professionellen Beratung. Aber es war wohl keine gute Idee, deiner "Freundin" deine Therapeutin zu empfehlen, die kommt doch ein wenig durcheinander, wenn sie dich anhört und die andere - aber nichts davon mitteilen darf, weil es dem Arztgeheimnis untersteht), sich auch zu öffnen. Aber deine Therapeutin hat übersehen, dass es deine "Freundin" nicht darum ging, eine Freundschaft zu haben, in der man gleichberechtigt und gleichgewichtig sich austauscht. Sie wollte offensichtlich nur einen seelischen Mülleimer, wo sie ihren Ballast abladen kann. Und wenn dann alles abgeladen ist - ja, was soll da noch kommen? Das Ende ist also vollkommen logisch.
Das hat mir dir nur insofern zu tun, als dass du dich für solche Dinge überhaupt hergibst. Es wäre sicher nicht falsch, wenn du nachdenkst, warum du das überhaupt tust. Denn du kannst nicht helfen, und es wird auch nicht verdankt. Im Gegenteil: Du machst dich eigentlich unsichtbar, wenn du nur immer andern zuhörst. Und wenn du dich meldest, dann sind sie irritiert, weil das nicht abgemacht war. Du kommst sehr einfach aus dem heraus: Lass die andern ihre Dinge machen, höre meinetwegen zu, aber gehe nicht weiter darauf ein. Blocke ab, wenn du findest, du hast genug zugehört. Vergiss es, helfen zu wollen. Die andern wollen keine Hilfe, sie wollen nur jemanden, der sie in ihrem Leid bestätigt.
Dass du dich bequem eingerichtet hast in dieser Kalgehöhle, nun ja, das ist etwas ungeschickt. Verwechselt offenes Ohr mit feundschaftlicher Beziehung. Aber das wird schon. Schaue erst für dich, mehr für dich, nur für dich - ohne egoistisch durch die Welt zu gehen, aber ohne den Anspruch, den armen Menschen um dich herum helfen zu wollen, damit sie bessere Menschen werden und ihr Leben im Griff haben - arbeite besser daran, dass du deines im Griff hast. Dass du nur noch das machst, was dir nicht schadet. Dazu gehört eben auch, einen ausnutzerischen Freund in die Wüste zu schicken.
Klar, sagt sich einfacher, als es ist. Denn der Verstand kapiert schnell, aber die Gefühle brennen noch lieber durch und zurück.