Hi, Maniac,
kannst mich das ruhig fragen, kein Problem.
Mir hat es sehr geholfen, aber ich glaube, das liegt auch ein bißchen daran, daß der Mediziner und ich uns schon kannten. Einen neuen Typ aufzureißen, dazu wäre ich wohl nicht in der Lage gewesen. Außerdem - wie fängt man so was an, wenn man ehrlich sein will: Hallo, ich möchte einfach mal für eine Nacht den Mann vergessen, den ich liebe, würdest du dich eventuell dafür hergeben? Doch wohl eher nicht ... Bei dem Mediziner konnte ich von Anfang an offen sein. Hat mich zwar erst gewundert, daß er mir nicht den Vogel gezeigt hat, schließlich hatte ich die Sache mit ihm wegen dem Süßen beendet, und dann komm ich wieder an, aber war wohl ok für ihn, weil er nicht in mich verliebt ist. Jedenfalls hat er mich, als es am schlimmsten war, aus einem ganz ganz tiefen Loch gerettet - es war einfach schön, seine Umarmungen und seine Wärme zu spüren und ein bißchen Vertrautheit. Außerdem ist er einfach gut im Bett, ein echter Glücksfall also.
Was mein Wochenende angeht: Was für eine Zitterpartie! Erst wollte ER ja am Freitag Abend vorbeikommen, mußte aber zum Zahnarzt. Ich hatte sicherheitshalber für den Abend aber schon eine Ersatzverabredung eingetütet, um nicht zu Hause die Wände hochzulaufen, und zwar auch noch eine mit besonderer Brisanz. Ich hab glaub ich schon mal erzählt, daß ich schon eine unglückliche Liebesgeschichte dieses Jahr hinter mir habe, die mich total runtergerissen hat. Jedenfalls ist mir der Typ noch ziemlich lange nachgehangen, und noch im Juni, als ich in meine neue Wohnung eingezogen bin, hab ich Hinz und Kunz zur Einweihung eingeladen, nur ihn nicht, obwohl wir da schon dabei waren, das ganze auf die Freundschaftschiene rüberzuschieben, aber ich konnte den Gedanken, ihn in meiner Wohnung zu haben, einfach nicht ertragen. Wäre er nämlich gegangen, ohne mich ins Bett zu zerren, wäre ich gestorben, und wenn er's getan hätte, wäre das genauso übel gewesen, weil es mich im Bewältigen der ganzen Geschichte um Lichtjahre zurückgeworfen hätte. Jetzt wollte ich es aber wissen, ob das Thema für mich endgültig durch ist. Und, siehe da, wir hatten einen sehr schönen Abend, waren lustig, haben (leider) geraucht wie die Schlote, ziemlich viel getrunken, und sind dann noch gemeinsam auf einen Absacker in einen Laden um die Ecke. Super! Abend gerettet, keine Zeit mehr zum Nachdenken, ziemlich blau, gut geschlafen.
Samstag: Ich den ganzen Nachmittag gewartet, daß der Süße sich meldet, wollte von mir aus nicht mehr anrufen, weil ich auch den allerkleinsten Hauch von Druck vermeiden wollte. So gegen 5 rief er dann an, daß er am Tag vorher noch auf ner Party war und deswegen so lange geschlafen hat und irgendwie nicht mehr aus dem Knick kommt, Morgen aber wirklich. Okay, erst mal wieder Nerven beruhigen! Eigentlich wollte ich ausgehen den Abend, aber dann dachte ich mir, ne, ich geh früh ins Bett, steh Morgen nicht so spät auf und mach dann erstmal Schönheitsprogramm. Obwohl ich eigentlich schon gar nicht mehr dran geglaubt habe, daß er wirklich kommt. Sonntag: Wieder Warten, Warten, Warten. Gegen halb 4 rief er dann endlich an und meinte, er würde sich jetzt auf den Weg machen. Ich hatte grade wieder angefangen zu heulen, der Anruf kam grade noch rechtzeitig, bevor ich wieder völlig verquollene Augen hatte.
Oh Mann, dann war er tatsächlich da! Ich hab mich kaum getraut, ihn richtig anzusehen. Kennst du das, wenn du jemanden zwar anschaust, ihn aber nicht richtig SIEHST? Ich hatte total Schiß davor. Konnte es so nach und nach aber doch nicht verhindern, ihn richtig wahrzunehmen. Er hat einfach so viele Kleinigkeiten an sich, die ich total liebe, ich würde echt nicht fertig werden, wenn ich das alles aufzählen müßte. Zum Beispiel, als er auf der Leiter stand, um eine Glühbirne abzudecken, damit es keine Lichtreflexe auf dem Gemälde gibt, das er fotografieren wollte, ist seine Jacke hochgerutscht, und wie immer guckte der Bund von seiner Unterhose aus dem Bund seiner Jeans hervor - das hat mir fast das Herz zerrissen. Ich muß sagen, ich hatte mich echt gut im Griff. Ich wollte ihn auf keinen Fall bedrängen! Ich kam mir vor wie jemand, der versucht, ein wildes Pferd zu zähmen. Man rennt nicht gleich auf das Pferd zu und versucht es zu streicheln, nein, man setzt sich erstmal tage-, wochen- oder monatelang auf den Zaun der Koppel, damit es sich daran gewöhnen kann, daß man überhaupt da ist.
Mit der Zeit ist er wirklich aufgelockert, fühlte sich auch schon wieder ein bißchen wie zu Hause, hat sich was zu Essen aufgewärmt, und ich merkte, daß er eigentlich gar keine Lust mehr hatte zu gehen, obwohl er noch mit einem Kumpel verabredet war, da rief dann sein Mitbewohner an, daß er irgendwie den Wohnungsschlüssel verschlust hätte und nicht reinkann, und da mußte er dann weg.
Ich konnt's nicht ertragen in meiner Wohnung. Bin nochmal raus, in mein "Stammlokal", wo eine Menge netter Leute arbeiten, die ich kenne (alle ungefähr 20 Jahre jünger ...), die haben auch gleich gemerkt, daß ich traurig bin, und waren echt süß. Haben mir auch wieder einen Cocktail nach dem anderen vor die Nase gestellt, die ich dankbar angenommen habe, hab natürlich wieder geraucht wie ein Schlot und bin viel zu lange aufgeblieben, obwohl ich heute um 6.15 Uhr raus mußte, aber als ich ins Bett bin, war ich so gnadenlos abgefüllt, daß ich nicht mehr denken konnte, und genau das hab ich gebraucht! Also, du siehst, manchmal taugen meine eigenen schlauen Worte auch für mich selber nicht!
Ich dumme Kuh weiß daß es sinnlos ist, aber ich kann nicht umhin, mir wieder Minimalhoffnungen zu machen. Ich meine: Er ist bei der Schweinekälte mit dem Fahrrad eine Dreiviertelstunde zu mir gefahren, mit Kamera, Stativ, Scheinwerfer im Rucksack, und das ganze dann wieder zurück, um mir einen Gefallen zu tun und mein Bild zu fotografieren. Er hätte auch sagen können: Mach ich gern, aber komm bitte mit dem Bild zu mir, oder? Das macht doch kein Mensch für einen, wenn man ihm egal ist, oder?
Scheiße, jetzt ist alles wieder aufgewühlt - als hätte ich es nicht vorher gewußt! Ich lerne es nie!
Nachtrag:
Es war das erste Mal seit 5 Wochen, daß ich ihn wiedergesehen habe. Im Moment bin ich schon richtig dankbar dafür, daß er wenigstens nicht total aus meinem Leben verschwunden ist, auch wenn es so schöne, intime Stunden wie früher wohl nie mehr geben wird.