ich denke du solltest die zeit die du jetzt für dich hast nutzen . . .
lies dir das folgende einfach mal durch, ein kleines kapitel aus einem buch von peter lauster (psychotherapeut). es hilft zu verstehen
=======================================
Liebe und die gesellschaftlichen Verhältnisse
Die gesellschaftlichen Verhältnisse in den westlichen hochtechnisierten Industrienationen hemmen die Entfaltung der Liebesfähigkeit. Der Erziehungsstil der Eltern ist liebesfeindlich, weil sich das Kind durch Gehorsam die Liebe verdienen muß. Es entwickelt kein Vertrauen zu sich selbst und den Mitmenschen, solange es nicht um seiner selbst willen angenommen und geliebt wird.
Die Schulausbildung ist auf die Ausbildung des Intellekts ausgerichtet, und im sozialen Umfeld erfährt einer den anderen als Konkurrenten im Leistungswettkampf um gute Schulnoten. Intellektuelle Leistung wird prämiert, während Gefühl, Phantasie und Kreativität nicht gefördert, sondern als unpassend und störend abgewertet werden. Die Schulausbildung ist einseitig auf die Ratio fixiert und vernachlässigt die Persönlichkeitsstruktur des Menschen in seiner Ganzheit. Das Kind lernt so frühzeitig, gut intellektuell zu funktionieren und seine Gefühle und die Verträumtheit nicht weiterzuentwickeln, sondern eher zu unterdrücken. Beides ist jedoch wichtig für die Entfaltung der Liebesfähigkeit, ein hoher Intelligenzquotient spielt dagegen in der Liebe keine Rolle. Die Liebe ist nicht mit dem Intellekt erfaßbar und auszumessen, sie ist davon unabhängig, die Verwirklichung des Selbst, ein wesentlicher Bestandteil der seelischen Gesundheit.
Die Fähigkeit zu lieben wird im Berufsalltag unterdrückt. Jeder sucht seinen Vorteil und sieht in dem anderen einen Konkurrenten. Mit Statussymbolen versucht jeder jeden zu beeindrucken, seinen Neid zu erregen. Auf diese Weise distanziert er sich von den anderen, anstatt Nähe zu gewinnen. Die Gesellschaft besteht aus vielen verschiedenen sozialen Schichten und den verschiedensten Gruppen mit den verschiedensten Ideologien. Viele glauben, es sei gut und richtig, solchen Gruppen und Ideologien anzugehören, man ist Schwabe, Bayer, Rheinländer, katholisch oder neuapostolisch, christlich, sozial-liberal oder kommunistisch, national, philosophisch, anthropo-sophisch, emanzipiert, männlich, weiblich, Ästhet, Por-schefahrer, alternativ, Atomkraftgegner, Arbeiter, Unter-nehmer, bürgerlich orientiert, anarchistisch, konsumfreudig, konsumfeindlich, gegen Aggressionen, für freie Sexualität, für die Ehe, gegen die Ehe und dies und das, jeder kann hier selbst seine Ideologie einsetzen oder die seiner Bekannten.
Ideologien trennen, sie führen vielleicht zu einer Diskussion, aber letztendlich trennen sie uns. Der Katholik lächelt über den Evangelischen, der Kommunist verachtet den Kapitalisten, der Akademiker schaut auf den Arbeiter herab, der Porschefahrer fühlt sich dem Citroenbesitzer überlegen, der Ästhet verachtet den bürgerlichen Kitsch und so weiter.
Die Frau fragt beispielsweise den Mann (den sie zufällig oder gezielt in einer Diskothek kennenlernt) nach seinem Beruf, um schnell abzuklären, ob es sich lohnt, sich weiter mit diesem Mann zu beschäftigen. Die beiden Geschlechter sind nicht einfach nur Mann und Frau, sondern Träger von Ideologien, sie gehören zu einer bestimmten schicht, sie haben ein bestimmtes Einkommen, und sie begegnen sich keineswegs einfach nur als zwei menschliche Wesen mit Charme und Seele, sie sind Objekte auf einem Markt selbst wenn sie «nur Liebe» suchen und nicht vorhaben, sich bald zu verheiraten. Das ist eigentlich jedem klar, nur gesprochen wird darüber nicht. Es wird so getan, als wäre alles in bester Ordnung und als ginge es nur um die Liebe. Viele wischen diese Erkenntnis schnell beiseite, sie wollen sich nicht voll bewußtmachen, daß sie Marktobjekte sind und selbst im anderen solche Objekte sehen, denn sonst verlieren wir die Achtung vor uns selbst und den anderen.
Ob offen zugegeben und überdacht oder nicht: Wer als Mann nach beruflicher Karriere und Geld strebt, um dadurch leichter eine «schöne Frau» zu erringen, der ist Gefangener des gesellschaftlichen Systems, er sucht zwar Liebe, wird jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit enttäuscht werden. Er wird die für ihn richtige Frau finden, wird sie heiraten und Kinder haben, alles unter dem Deckmantel der glücklichen Liebe, er wird kurz oder nie erleben, was Liebe ist, er wird vielleicht seinen Hund lieben oder einen Sonnenuntergang im Gebirge oder das Einatmen der Luft im Herbst bei einem Waldspaziergang, aber die Liebe zwischen Mann und Frau wird er nicht finden. Er wird in die Midlifecrisis kommen und Geliebte haben vielleicht, wenn er Glück hat, erlebt er dann kurze Phasen von entfalteter Liebesfähigkeit, aber der Alltag wird alles wieder umhüllen mit dem Problemdunst des gefangenen Denkens, der Ideologien und Markterwartungen.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind nicht günstig für die Entfaltung der Liebe. Und doch sind wir nicht hoffnungslose Opfer, die unausweichlich in diesem Denkkäfig gefangen sein müßten. Wir können die Liebe entfalten, wenn wir nur wollen, allerdings müssen wir uns von allen Ideologien frei machen und unseren Denkkäfig verlassen, nur dann sind wir wirklich frei und von den anderen nicht mehr getrennt. Selbst wenn die anderen von uns durch ihre Ideologien getrennt sind, so haben wir den Vorteil, dies plötzlich hellwach zu sehen und sie so zu se-hen, wie sie wirklich sind. Alle Illusionen haben dann ein Ende, und wir sehen das, was wirklich geschieht, nur dann entstehen Verständnis, Nähe und Liebe. Es kommt darauf an, selbst zu lieben, ohne etwas dafür zu bekommen, ohne die Liebe verdienen zu wollen. Wir müssen also lernen, selbst zu sein und zu erkennen, daß das genügt, um glücklich und psychisch gesund zu sein.
Wenn wir frei sind und dadurch alle Angst hinter uns gelassen haben, sehen wir die Gesellschaft und die Menschen mit neuen Augen, und es eröffnet sich plötzlich eine Liebe, die wir bisher nicht kannten, eine Intensität des Gefühls und der Zuneigung, die uns überrascht.
Sicherlich fragen jetzt viele Leser: «Wie geht das? Wie gelange ich in diese Freiheiten Wie kann ich alle Ideologien ablegend Ist das wirklich richtig oder eine spleenige Idee eines Psychologen» Sie müssen es selbst ausprobieren und auf seine Richtigkeit überprüfen. Wenn Ihnen klar wird, daß alle Ideologien trennen und Sie an der Liebe hindern, dann legen Sie sie auch beiseite. Wenn Sie nur damit kokettieren und darüber lesen und diskutieren, ist nicht viel gewonnen. Sie können sich aus Ihrem Denkkäfig frei machen, Sie können heute noch aus ihm heraustreten, wenn Sie klar erkennen, daß alle Ideen und Ideologien nur Käfige sind, die Sie daran hindern, zu sehen, was wirklich ist. Durch die Brille einer Ideologie können Sie nicht die Wahrheit finden und Ihre Mitmenschen nicht ganz erfassen, Sie behindern sich selbst, Sie erfahren keine Offenheit, und Sie werden nicht fähig zu lieben. Wenn Ihnen das ganz klar wird, dann treten die Folgen dieser Erkenntnis automatisch in Ihr Leben, denn Sie gelangen zu sich selbst. Wenn Sie ganz bei sich selbst sind und sich annehmen können, so wie Sie jetzt in diesem Moment sind, dann können Sie auch andere annehmen und lieben. Bereits wenn Sie sehen, was wirklich geschieht, kann sich die Liebe entfalten. Das ist die Liebe, die nichts verlangt und die nicht verdient werden muß.