Liebe Leut’,
die Fortsetzung: Gestern freute ich mich auf ein Treffen mit T. Erst haben wir uns für’s Wochenende verabredet, und zwar so richtig mit allem Schnickschnack. Und dann fiel uns ein, man müsse ja nicht immer so einen Aufwand treiben und könne auch einfach einen Wein trinken gehen, so zum Tagesausklang. Die Aufregung hielt sich in Grenzen, ich dachte, wir sind so sehr auf der freundschaftlichen Ebene angekommen, dass ich schon selbst staune, wie ich Telefonate so abspule, dass zumindest ich am Ende das Gefühl habe, ich hätte meine wahre Gefühlslage zumindest nicht aufdringlich oder "mit Druck" zur Kenntnis gebracht. Aber Ungeduld, Ungeduld kenne ich doch. Inzwischen mehr als die Sehnsucht nach der Erfüllung meiner Wünsche. Wenn das so weiter geht, dann fordere ich wohlmöglich doch noch die Klarheit, die sie vor die Wahl stellt, entweder ganz oder garnicht. Das dachte ich so vor dem Treffen und jetzt weiß ich, wie dumm es war - eine Phase! - und wieviel besser es doch ist, nach meinen bisherigen „Erkenntnissen“ zu handeln.
Das Treffen mit T. war sehr spannend. Eine lange Geschichte, weil es so viele Nuancen an dem Abend gab. Aber ich schreibe ja immer so viel, deshalb mal nur das Nötigste (wird trotzdem viel, ich spür’s): Wir sind gestern ausnahmsweise mal wieder auf die sehr intime Ebene gekommen. Das war sehr entspannt und schön, obwohl wir sogar ein paar Sätze über uns verloren haben und das Ergebnis ist, dass es für sie nach wie vor eine solche Nähe nicht geben darf, wie sie zwischen uns entsteht, wenn wir das leben, was wir bereits hatten. In zwei Momenten jedoch fasste sie mich an, dass ich dachte, mir wird ganz anders. Einmal hatte ich ihr vom Fortgang einer beruflichen Geschichte erzählt, die sich gut entwickelt, da strahlte sich mich an (und es war so ehrlich anteilnehmend) und fasste meine Hand mit den Worten: „Ich freu’ mich so für dich.“ Und in einer dann ganz anderen Situation legte sie ihre Hand auf meine Schulter und lehnte sich für eine Weile darauf, weil wir gemeinsam einen Artikel gelesen haben und dabei vor Lachen fast vom Stuhl gefallen sind. Und auf dem Heimweg gingen wir ein paar Meter Arm in Arm und als wir uns verabschiedeten standen wir eng umarmt eine Weile da - und ich hatte einfach das Gefühl, dass es für sie sehr nah und eng ist. Und vollkommen okay.
Ich habe das Gefühl, dass sie sehr auf sich achtet im Augenblick. Das finde ich einfach stark und toll. Das wünsche ich mir so sehr für sie (und von ihr), dass sie weiß, was sie will und dass sie für sich den richtigen Weg findet, um aus den vielen Unwägbarkeiten und Umbrüchen, die sie in den letzten Monaten hatte, das Beste zu machen. Wirklich, ich habe das Gefühl, ich müsste das unbedingt unterstützen, weil es ihr so gut geht damit. Und was mich betrifft: Wenn sie aus einer Situation heraus auf mich zukommen sollte, in der sie sich sicher, stark und klar fühlt, dann ist das doch eine ganz tolle Entscheidung, weil sie mich will und nicht braucht . Also, ich habe mir angehört, was sie so ändert, denkt und fühlt und fand sie großartig.
Andererseits hatte ich aber an diesem Abend das deutliche Gefühl, sie hat wieder einen Schritt auf mich zugemacht, weil sie einen ganz wichtigen Satz gesagt hat. Zunächst: "Das wesentlichste, was ich in meiner jetzigen Lebensphase schaffen muss, ist, ganz ICH zu sein, ganz ich selbst. Mich zu akzeptieren, anzunehmen, meine "Fehler" auch positiv zu werten und einfach dabei meine Mitte zu finden, ohne irgend etwas hinterherzulaufen, was mir andere vorgeben. Wenn ich also einem Menschen sehr nahe bin, dann werde ich davon wieder abgelenkt, weil ich demjenigen natürlich auch etwas entgegenbringen will. Und das ist vollkommen unabhängig von dem, ob er was fordert oder was er fordert." Das also ihre Begründung, und dann: "Aber wenn ich einen Menschen auf dieser Welt kennengelernt habe, der mich wirklich sein lässt wie ich bin, der mich akzeptiert, der an mir interessiert ist und an dem, dass ich ich selbst bin, dann bist das du."
Vielleicht habe ich die Gesten und ihre Worte auch überinterpretiert und nur gehört, was ich hören wollte. Vielleicht wollte sie nur etwas Nettes sagen. Vielleicht ist auch jede ihrer Gesten einfach nur normal freundschaftlich gewesen und nichts weiter. Dann ist es Einbildung. Aber welch schöne Einbildung, welch wunderbare Illusion, her zu mir, du friedensstiftende Kraft der Phantasie, solchen Illusionen gebe ich mich jetzt hin, denn die tun mir gut.
Jetzt wisst ihr’s wieder mal aktuell, was geht. Am Wochenende sehe ich sie wieder, und so langsam passt meine Geschichte nicht mehr hierher, weil ich nicht mehr wirklich Kummer habe. Es muss ihr doch gutgehen, das ist doch das wichtigste. Und wenn sie alleine so klasse klar kommt und ich sie behindern würde, dann würde ich das nicht wollen. Sie soll mal machen, ich bewundere ihren Weg sehr, den sie jetzt geht. Und meinen gehe ich ja auch weiter, wenn ich sie auch viel viel lieber dabei hätte und wüsste, dass sie mir gut tun und nicht schaden würde. Aber das muss ja wohl auf Gegenseitigkeit beruhen, right?
Hey, jemand bis hierher gekommen? Reife Leseleistung, sorry, dass das immer so lang wird bei mir. Vielleicht fällt euch ja noch etwas ein oder auf, was ich übersehen haben könnte ...?
little boy