Vielen Dank, dass ihr mir so unermüdlich schreibt. Mir hilft das sehr bei der Verarbeitung.
Ich habe nochmal sehr ausführlich über alles nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich mich auch nicht besser gefühlt hätte, wenn ich anders gehandelt hätte. Ich bin jede mögliche Alternative durchgegangen und keine einzige hätte dazu geführt, dass jetzt wieder alles gut gewesen wäre.
- Hätte ich nichts bezüglich seiner Sachen unternommen, hätte ich sie hier immer noch herumstehen. Entweder sogar noch alle an Ort und Stelle in der Wohnung oder ich hätte sie in Kisten gepackt und in den Keller verfrachtet. In beiden Fällen würde ich sie ständig sehen und die Erinnerung immer wieder anfachen. Ich hätte immer noch im Hinterkopf, dass da etwas offen ist zwischen ihm und mir. Würde er sich melden wegen den Sachen, wäre ich plötzlich wieder voller Hoffnung und müsste anschließend die Enttäuschung nochmal durchleben, weil es für ihn nichts bedeuten würde. Würde er sich nicht melden, würde die Hoffnung darauf vermutlich noch eine ganze Weile bestehen bleiben und mich mehr und mehr herunterziehen.
- Hätte ich ihn die Sachen wie er wollte bei mir abholen lassen, wären wir möglicherweise in direkten Kontakt gekommen, wo ich gar nicht einschätzen kann, wie es ausgegangen wäre. Wahrscheinlich hätte ich geheult und wäre entweder enttäuscht gewesen, wenn er mich nicht getröstet hätte, oder noch trauriger, wenn er es getan hätte und es trotzdem nichts geändert hätte. Oder ich hätte meine ganze Wut in Vorwürfen ausgedrückt, wir wären schließlich doch im Streit auseinander und ich würde es jetzt noch mehr bereuen. Vielleicht wäre ich cool geblieben und alles wäre gesittet abgelaufen, dann würde ich mich vermutlich jetzt genau darüber ärgern, dass ich ihn nicht habe wissen lassen, was er mir angetan hat und er dann hätte freudig und befreit nach Hause fahren können als wäre nie was gewesen.
- Hätte ich die Sachen in den Keller gestellt, ihm nur die Haustür aufgedrückt und ihn sich die Sachen alleine holen lassen, hätte er das vermutlich einfach getan und wäre verschwunden. Dann wäre ich enttäuscht gewesen und hätte mich geärgert, dass er es weiterhin schafft, wieder alles nur bei mir Zuhause stattfinden zu lassen, damit er es schön nicht an sich ranlassen kann.
Indem ich es ihm vor die Tür gestellt habe, habe ich vielleicht wenigstens ein ganz kleines bisschen das Gefühl, dass ich auch Kontrolle darüber hatte, dass es endet. Er hatte kein Interesse mehr an der Beziehung, also habe ich kein Interesse mehr an den Sachen - das wollte ich ihm wohl damit demonstrieren. Ich habe am Sonntag, nachdem ich gemerkt habe, dass er nicht antwortet, wirklich darüber nachgedacht, ob ich nochmal hinfahren und schauen soll, ob er die Sachen reingeholt hat oder ob ich nochmal schreiben und fragen soll, ob die Sachen gut angekommen sind. Verrückt, oder? (nur am Rande, ich habe sie natürlich unter das Vordach gestellt, also nass geworden sind sie nicht)
Vielleicht wollte ich ihm die Sachen auch nur bringen, damit ich ihm schreiben kann, dass ich ihn nicht sehen will, weil es zu sehr weh tut und dass bei mir zu viele Fragen offen geblieben sind, auf die ich mir jetzt selbst bittere Antworten zusammenreimen muss. Die Art und Weise wie er mir geschrieben hatte, als er dieses Geschenk für mich bestellt hat und wie er auf meine Mail geantwortet hat, hat mich irgendwie auch verletzt. Weil er so locker freundschaftlich schrieb, mit lächelndem Smiley, der Frage, wie es mir geht, und dem Smalltalk. Als wäre nichts gewesen. Als wäre alles wieder super. Als wäre er schon wieder zur Normalität übergegangen. Ich glaube, ich wollte ihn einfach wissen lassen, dass es eben nicht so locker flockig bei mir läuft. Ehrlich gesagt, ich glaube, ich wollte, dass er nicht auf die Idee kommt, dass er kein schlechtes Gewissen haben braucht. Ich weiß, es ändert an dem Endergebnis nichts, aber irgendwie schafft es doch ein klein wenig Genugtuung, denn egal was war, ich weiß, dass er es nicht toll findet, andere Menschen zu verletzen.
Insofern - auch wenn ich jetzt enttäuscht bin, habe ich wenigstens ein bisschen Kontrolle und Genugtuung, was ich bei den anderen Abläufen nicht gehabt hätte.
Natürlich grübele ich, ob ich will oder nicht, warum sein Auto nicht da war. Ob er vielleicht doch schon jemand anderen hat oder vielleicht sogar schon während unserer Beziehung hatte. Ich weiß, dass er schon mal eine vergangene Partnerin betrogen hat und zwar nicht "im Affekt", sondern geplant und mehrfach. Vielleicht hat ihn meine Sachenanlieferung in die Bredouille gebracht, weil er den Kindern noch gar nicht gesagt hatte, dass er mich nahtlos ersetzt hat, und komischerweise plötzlich Sachen von mir vor der Tür stehen, während er vermeintlich bei mir ist. Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht ist er jetzt deswegen wütend auf mich?
Ja, aber selbst wenn, warum soll ich mich eigentlich dafür schuldig fühlen? Wir sind auf seine Initiative hin zusammen gekommen, er hat mir zu verstehen gegeben, dass die Beziehung ihm viel bedeutet, er hat von sich behauptet, nie vor Problemen wegzulaufen, er hat mir auf meine Nachfragen versichert, dass alles super ist, obwohl er schon wusste, dass er sich trennen wird, er ist einfach gegangen, als für mich die Welt zusammenbrach und hat mich heulend hier sitzen lassen. Wer ist er eigentlich, dass ich mir nach 1 1/4 Jahren inniger Beziehung schlecht vorkomme, weil ich es gewagt habe, ihm seinen Kram ohne sein Einverständnis vor die Haustür zu stellen? Dass ich mich ernsthaft frage, ob ich damit vielleicht eine Grenze des feinen Herren überschritten habe? Ich bin nicht eingebrochen und habe es in sein Schlafzimmer gestellt oder so. Wenn er irgendwelche doppelten Spielchen gespielt hat, dann ist er doch selbst Schuld, wenn es rauskommt. Ich habe ihm nur seine Sachen hingestellt. Das gleiche hat er doch bei mir auch gemacht - unangemeldet geklingelt und es an die Haustür gestellt. Wenn er sich nicht mal mit einem Wort dafür bedanken kann, dass ich Samstag Abend 3 Stunden in diesem blöden Zug und Sonntag früh morgens 45 Minuten im Auto gesessen habe, um ihm seinen Scheiß vor den den Hintern zu tragen, dann sollte ich ihn wohl auf den Mond schießen.
Wahrscheinlich spinne ich mir etwas zusammen und das Auto war nur in der Garage und er antwortet nur aus Rücksichtnahme nicht, weil ich geschrieben habe, dass mir das alles noch zu sehr weh tut. Aber möglicherweise hilft es, mich von ihm zu lösen, wenn ich ihn ihm nicht mehr den sehen, den ich sehen wollte.
Puh, jetzt habe ich viel geschrieben, aber es hilft mir.