Ich finde, dass du
1. falsche Schlüsse ziehst,
2. keinen Abstand zu irgendwas hast und
3. dich mit deinem stets anhaltenden Selbstmitleid immer weiter runterziehst.
Ich beginne mal mit dem letzten Punkt. Selbstmitleid ist wichtig und notwendig. Das wirst du schon zig mal gehört und gelesen haben, egal ob hier oder in irgendwelchen Ratgebern. Genauso wichtig ist es aber, irgendwann mal die Kurve zu bekommen. Kein Ratgeber wird dir empfehlen, dein Selbstmitleid zu hegen und zu pflegen. Vielmehr kommt es darauf an, das Selbstmitleid mit der Zeit umzupolen... so dass es in einer Art Selbstachtung bzw. Selbstbewusstsein mündet.
Du weißt seit Monaten nicht weiter, du fragst dich seit Monaten dieselben Fragen. Wie oft hast du dich schon gefragt: Hört das denn nie auf? Muss ich denn immer noch einen drauf bekommen? Mache ich alles falsch?
Du brichst aus dieser Fragerei nicht aus. Du haderst mit deinem Schicksal und warum du nicht auf die Füße kommst. Gut scheint es dir nicht zu gehen. Also könntest du dich langsam mal fragen, ob du dir weiterhin diese Fragen stellen möchtest. Du fragst seit Monaten nichts anderes und es bringt dich eigentlich überhaupt nicht weiter.
Damit wäre ich dann beim zweiten Punkt: Du suhlst dich in deinem Unglück. Es ist verständlich, wenn man dies tut, solange eine Trennung gerade frisch ist oder allgemein ein Problem aktuell ist. Ich gebe zu, dass bei dir alles ein wenig komplizierter ist, da du die Sache mit dem Haus und mit dem Umzug an der Backe hattest. Da ist einzusehen, dass man permanent involviert ist und sich Gedanken macht. Du hast die räumliche Trennung aber nun inzwischen vollzogen und da wäre es jetzt allerhöchste Eisenbahn, aufzustehen und Dinge zu verändern. Immer vorausgesetzt, dass du unglücklich bist und etwas an diesem Zustand ändern möchtest.
Du wirst vielleicht sagen: Ja, ich bin unglücklich und ich möchte was ändern, aber wie? Letztlich musst du das für dich alleine herausfinden. Aber momentan bist du völlig passiv und reagierst nur. Du willst ganz offensichtlich nicht alleine sein, willst jemanden um dich haben... stellst aber fest, dass du allein bist und das macht dich unglücklich. Deine Gedanken kreisen darum, warum ausgrechnet du alleine bist, warum dich nach deiner Meinung keiner will und dass du anscheinend alles falsch machst. Du beschäftigst dich sehr viel mit dem Alleinsein und deinem Beziehungsleben, kommst aber überhaupt nicht mehr zur Ruhe. Du klammerst dich an stille Hoffnungen, interpretierst und fragst... an deiner Situation ändert sich aber nichts. In meinen Augen ist das ein kleiner Schritt zur Fremdbestimmtheit. Du hast keinen Abstand zu deiner Situation, geschweige denn zu dir selber und verbaust dir die Möglichkeit, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten bzw. deinem Leben einen neuen, anderen Impuls zu geben.
Zum ersten Punkt, der damit zusammenhängt: Wenn ein Arbeitsloser zu Hause rumhängt und damit hadert, warum es gerade ihn trifft, dann wird ihn das auf Dauer nicht weiter bringen. Wenn er immer nur in seinen vier Wänden hängt und davon träumt, wie schön es wäre, ganz unproblematisch seinem Traumjob nachzugehen, dann wird er das in aller Regel nicht schaffen. Zumal, wenn es nur wenigen Menschen möglich ist, in einem Traumberuf zu arbeiten. Irgendwann wird er sich hinsetzen müssen und aktiv werden, Bewerbungen schreiben usw. Dabei ist es auch eher normal, dass die ersten Bewerbungen zu einer Absage führen - na und, dann muss er es eben weiter versuchen.
Du hast das Richtige gemacht und bist Weihnachten unter die Leute gegangen. Nach deinen Schilderungen hast du eine schöne Zeit verbracht und bist tatsächlich mal auf andere Gedanken gekommen. Deine "Bewerbung" hat direkt zu einem Tagesjob geführt, auf den du nun ein wenig gesetzt hast, aber es war eben doch nur ein Tagesjob. Ich bin der Ansicht, dass du nun die falschen Schlüsse ziehst und dir die falschen (selbstmitleid-behafteten) Fragen stellst. Die Frage "Mache ich alles falsch?" ist völliger Humbug. Es braucht schon ein wenig Ausdauer und ein paar Versuche mehr, um eine Festanstellung und noch dazu in einem Traumjob zu erhalten. Du hast hier jetzt einen kleinen Misserfolg, der dich sofort dazu veranlasst, dich in Frage zu stellen und Trauer zu zeigen.
Der gezogene Vergleich soll dazu dienen, dir klar zu machen, dass dein eigentliches Erlebnis doch ganz schön und angenehm war und du eben nicht den falschen Schluss ziehen solltest. Ein richtiger Schluss wäre aus meiner Sicht, neben der Tatsache eines schönen Erlebnisses, dass du deine eigentlichen Probleme noch nicht verarbeitet und noch keinen Abstand zu ihnen hast.
Aus letzerem Grund hinkt dann der Vergleich auch etwas: Du solltest ähnliche Treffen ("Bewerbungen") nicht wiederholen, solange du letztlich immer feste Absichten im Hinterkopf hast und dich tief im inneren nach einer Verbindung sehnst.
Ich hatte mal einen Bekannten, der sich ebenfalls sehr runtergezogen hat. Der hat dann folgendes gemacht: Er hat gemerkt, dass sein ganzes Denken und Handeln um eine Beziehung kreist und dass im Prinzip alle anderen schönen Lebensbereiche darunter leiden bzw. überhaupt keine Rolle mehr spielten. Er ist dann für 7 Monate ins Ausland gegangen und hat auf dem Land gearbeitet... hat abgeschaltet, viel köperlich gearbeitet und war mit anderen Fragestellungen des Lebens konfrontiert. Und er kam wieder... gestärkt, selbstbewusst und selbstreflektiert. Vor allem aber entspannt.
Ich will dir diesen Tipp nun nicht geben, aber ich wollte dir zeigen, dass es schon Wege gibt auszubrechen und wiederzukommen. Wenn man will und wenn der Impuls von innen kommt.