Heute ist so ein Tag, da würde ich gern mit dir reden.
Eigentlich ist nichts passiert, es gibt keinen Anlass, aber für mich schon, irgendwie.
Ich hatte den ganzen Tag gute Laune, war arbeiten, hatte keinen Stress, alles war in Ordnung. Mein Chef hat mir sogar etwas aus dem Urlaub mitgebracht, hat angesichts des Chaos, was wir ihm mehr oder minder hinterlassen haben, nichts negatives gesagt, ich hatte sogar Zeit, um im Internet nach neuen Möbeln zu schauen, alles war gut.
Nach der Arbeit habe ich kurz bei I. vorbei geschaut, wir waren noch einkaufen und dann das: "Wie, du kochst? Bekommst du Besuch?"
Erstmal habe ich das gar nicht so wahrgenommen, aber als ich da stand, das nächste Chaos angerichtet habe (in meiner Küche) da kam das plötzlich: "Eigentlich ist das traurig, das nur für sich selbst zu machen."
Und dann kommen mir so Gedanken wie: " Es wäre viel schöner, wenn sich jemand darüber freuen würde."
Und ich will dafür ja nichtmal etwas haben, nur dass sich jemand freut.
Und ich weiß, was du meinst, wenn du sagst, ob ich mir selbst etwas vormache. JETZT gerade denke ich das selbst. Ich weiß, ich sollte nicht und morgen wird es anders sein, aber JETZT ist das so.
Ich komme mir einfach nutzlos vor.
Und es ist nicht einmal, weil ich mit meinem Leben unzufrieden bin, ich kann mich nicht beschweren, auch nicht über mich selbst, ich kriege das verhältnismäßig ganz gut hin, verdiene ganz gut, habe ein nettes Eigenheim, einen netten Chef, liebe Kollegen, zuverlässige Freunde, alles könnte gut sein. Und manchmal denke ich sogar: "Meine Güte! DAS wolltest du doch! Netten Smalltalk mit den Nachbarn, während man im Garten sitzt, alles ist ruhig, niemand nervt oder stresst, du kannst tun und lassen, was du willst, kannst die Welt sehen, es ist doch gut!"
Ist es eben aber nicht. Irgendwie. Irgendwas fehlt.
Und ehrlicherweise muss ich sagen, ich weiß nicht mal, ob du das bist. Oder ob es einfach jemand ist, der einen braucht. Das Gefühl, noch da sein zu müssen, weil es wichtig ist. Weil es gut so ist und so sein soll.
Ich kriege es nicht hin, das nur für mich zu machen. Ich sehe darin keinen Sinn.
Ich habe oft versucht das zu kompensieren, indem ich einfach trotzdem nett bin, indem ich eben das wenige mache, was mir abverlangt wird, trotzdem reicht das nicht. Dann habe ich überlegt, mich ehrenamtlich zu engagieren, ich habe sogar überlegt, meinen Beruf zu wechseln, etwas soziales zu machen, meinen Traumjob kennst du ja... Und doch glaube ich: Das reicht nicht.
Und mir ist auch klar, dass das viel Potential birgt, dass ich naiv erscheine und dass man das ausnutzt. Das ist mir aber noch immer lieber, als mich zu fühlen, als wäre ich der Klotz am Bein. Einen Mittelweg finde ich nicht.
Und in solchen Momenten, wenn ich mich so fühle, muss ich immer daran denken, wie wir zusammen bei mir im Zimmer saßen, in unserem Urlaub, in dem du immer erst nachmittags um vier Uhr aufgelaufen bist, weil wir die ganze Nacht herum gesessen und morgens um fünf und "Golden Girls" geschaut und uns krank gelacht haben.
Und wie wir dann die eine Nacht da saßen und geweint haben, weil wir uns vorgestellt haben, einer von uns wäre "einfach nicht mehr da". Wie verloren wir uns da gefühlt hätten, wie sinnlos das alles wäre, wie wenig Spaß das machen würde.
Und ich weiß noch, dass ich gedacht (ich weiß gar nicht, ob ich das gesagt hab) habe: "Ich würde mich da in diese Ecke setzen und nie wieder da hervor kommen".
Und ungefähr so war´s dann auch. Nur, dass es nicht DIESE Ecke war, es war irgendeine.
Ungefähr so ist das manchmal.
Das soll nicht heißen, dass ich möchte, dass du dich meldest, ich könnte damit gar nicht umgehen. Das soll auch nicht heißen, dass ich Mitleid von dir will. Ich kenn dich doch, du machst dir selbst viel zu viele Gedanken, viel mehr, als du solltest und dein Leben ist auch nicht nur toll.
Aber, wenn es so ist, wie jetzt, dann fehlst du. Ganz schlimm.
Und ich weiß auch nicht, was ich machen soll, das geht nicht weg, ich kann machen, was ich will, ich kann mich nicht so ver*rschen, ich versuch´s immer und lande trotzdem bei dem Gedanken: "Naja... es wäre auch schlimm, wenn du so zufrieden wärst...so nur für dich."
Und ja, das wäre es auch. Ich meine, was ist das für ein Leben, wenn ich mich nur für mich freuen kann? Wenn es nichts gibt, was mir sonst wichtig ist, niemand, der es mir Wert wäre, dass ich mich anstrenge, dass ich weiter mache, für den ich mir Mühe geben muss... Ich kann auch nicht verstehen, wie das Spaß machen soll.
Also steht mein Essen da noch immer auf dem Herd und kühlt ab, bis ich´s in den Kühlschrank stellen kann. Ich weiß selbst, dass das ziemlich dämlich ist und muss zu meiner Verteidigung sagen: ich habe zumindest die Küche wieder aufgeräumt.
Trotzdem... Heute macht das alles keinen Spaß. Vielleicht ohne dich nicht. Vielleicht auch einfach ohne irgendjemanden sonst nicht.
Und heute fehlst du mir.
Ganz schlimm.