Huhu! :schmatz:
Hmmm, das liebe Geld... Ja, ich kann Deine Einstellung zur Unerträglichkeit von Schulden gut nachvollziehen. In meinem Thread hatte ich ja geschrieben, daß ich mir Geld von meiner Ex geliehen habe, weil ich partout keinen anderen Weg sah, meine laufenden Kosten zu decken. Inzwischen habe ich mich so einigermaßen mit dem Gedanken angefreundet, daß da extern was kommt, aber ich fiebere dem Tag entgegen, wo ich das endlich alles zurückzahlen kann, weil es an mir (und vermutlich an meinem Ego) nagt.
Es kotzt mich einfach an, von anderen Leuten Geld zu nehmen, zu leihen, zu erbetteln, geschenkt zu bekommen, whatever. Daß die vielbeschworenen Sachzwänge genau das aber manchmal erfordern, macht die Sache nicht leichter, im Gegenteil. Es kotzt mich an _und_ ich muß es tun - doppelt scheiße!
Bei mir ist die Lösung des Problems allerdings weniger kompliziert: Arbeit suchen, regelmäßiges Einkommen sicherstellen, Schulden zurückzahlen, Ende. Daß an dem Arbeitskomplex bei mir auch so einige Probleme hängen, ist in diesem Falle erst einmal sekundär, das Grundkonzept ist zumindest sofort einleuchtend.
Du als Selbständige hast ja auch das Problem, daß zwischen Arbeitsleistung und Geldeingang oftmals Monate liegen. Multipliziere das mit Deiner Unlust, Rechnungen zu schreiben, und wir stoßen wahrscheinlich mehr als einmal an Verjährungsfristen.
Das Problem ist: Auch wenn Deine Mandanten arme Schweine sind (arm im Sinne von gebeutelt und auch arm im buchstäblichen Sinne), sind es noch immer Deine Mandanten, die Dich engagiert haben. Du brauchst auch ein Dach überm Kopf und etwas zu futtern. Es wäre insbesondere total sinnlos, wenn Du Dich selbst in Not begibst, nur damit Deine Mandanten sich an Dir gesundsparen können.
Also müssen sie die Kohle rausrücken oder sich zum Henker nochmal jemand anderen suchen. _Bevor_ Du zu viel für sie geleistet hast.
Letzten Endes reduziert sich das wohl auf die Frage 'Er oder ich?' Und, mit Verlaub, mir würde die Antwort nicht schwerfallen. Wenn ich engagiert würde und dann meine Existenz daran hinge, daß der Vollpfosten endlich die vertraglich vereinbarte Summe zahlt, dann lautete meine Antwort 'Ich! Also rück endlich die Kohle raus, Du ARSCH!'
Naja, zurück zu Geschenken von Freunden und sparsamen Eltern: Ich hatte schon immer Probleme damit, Geschenke von Leuten anzunehmen, wo ich der Meinung war, damit in ihrer Schuld zu stehen und mir eine Verpflichtung aufzuladen. Meine Ex zum Beispiel (mal wieder, örks). Daraufhin durfte ich mir öfter anhören 'Du mußt auch einmal annehmen können'. Ok, das versuche ich, aber wenn hinter diesem Satz unausgesprochen trotzdem die Erwartung steht, das später wieder aufrechnen zu können, kotzt mich das genauso an, weil es dann wieder nur leere Worte sind. Ich habe zum Beispiel überhaupt kein Problem, mir von meinen Eltern Geld zum Geburtstag zu wünschen statt irgendwelchen Mülls, den ich eh nicht gebrauchen kann. Wenn ich außer der Reihe Geld bräuchte, wäre das sicher schon etwas holpriger, aber ich denke, das bekäme ich hin. Aber wie gesagt, bei meiner Ex kotzt es mich an, daß ich da etwas genommen habe. Das heißt, es kotzte mich an, denn inzwischen habe ich versucht, mich aus dieser Falle emotional zu verabschieden. Da kommt Geld her und gut is. Wo genau diese Einstellung herkommt, daß Schulden mir regelrecht Kopfschmerzen verursachen, kann ich auch nicht so genau sagen. Ist es vielleicht schlicht eine gesellschaftliche Indoktrination, um uns zum willigen Arbeitstier zu machen? Ich weiß es nicht, aber ich hasse es, kein Geld zu haben, ich hasse es noch mehr, Schulden zu haben, und ich hasse es am meisten, Schulden bei Leuten zu haben, wo mich dieses Schuldverhältnis in meinen Augen erniedrigt.
Trotz alledem bewege ich mich seit ca. acht Monaten hart am Rande meines Dispo entlang und oszilliere so ständig zwischen 1100 und 1400 Euro Minus. Schon scheiße.
Nuja, Deine Eltern kommen mir so a bisserl vor wie der von Fromm so schön beschriebene hortende Charakter (Fromms Weiterentwicklung von Freuds Analcharakter). Sparen nur um des Sparens willen, Knausrigkeit bis in mikroskopische Beträge über jede Rationalität hinaus und ganz allgemein eine extrem verbissene Einstellung zu Geld, Reichtum, Status und Macht. Wie das Auto und die jetzt von Deiner Ma angebotene (und auch geleistete?) Hilfe da hineinpassen, erschließt sich mir nicht so recht, aber ich vermute, daß diese hortende Orientierung zumindest eine bestimmende Facette ihres Charakters ist. Soll heißen: Lies Erich Fromm, dann kannst Du selbst sehen, was er damit meinte. :] AFAIR waren die ganzen Charaktere auch in der 'Furcht vor der Freiheit' beschrieben... stimmt, zusammen mit dem im Kapitalismus neu aufgekommenen Marketing-Charakter, wovon heutzutage etliche herumzulaufen scheinen. Fromm hat mich ein ums andere Mal mit seiner Weitsicht überrascht, und dieses Buch (von 1941 wohlgemerkt) ist eines seiner herausragendsten Werke.
Was wollte ich noch? Ach ja, Aversion gegen das Telefon. Habe ich auch, ich würde wohl keine gute Sekretärin abgeben, hihi! Obwohl, wenn ich angerufen werde, gehts meistens, aber wenn irgendetwas getan werden muß und ich das telefonisch zu klären habe, dann graut es mir davor. Ich mag es einfach nicht. Ein Brief oder eine Mail sind da viel entspannter. Es könnte daran liegen, daß Telefon synchrone Kommunikation ist, d.h. man muß sofort auf Fragen antworten und kann schneller Fehler machen, während man bei asynchroner Kommunikation wie Brief und Mail die Zeit hat, ganz in Ruhe eine Antwort zu formulieren oder eine Anfrage ausgefeilt zu stellen. Naja, hat wohl alles seine Vor- und Nachteile.
Mir hat bei solchen Telefonaten immer geholfen, mich in einen sturen Formalismus zu flüchten und geradeheraus meinen Sermon runterzusabbeln, worum es gerade geht. Ist der Anfang erst gemacht, kommt der Rest von selbst, aber dieser Anfang kostet Überwindung. Es scheint wohl ein Spezialfall von meinem großen Problem des Nicht-Anfangen-Könnens zu sein. Aber diesen Spezialfall hatte ich zum Glück einigermaßen im Griff. Bestes Beispiel Anrufe beim Vermieter, wenn in der Wohnung wieder was im Arsch war: 'Guten Tag, Herr Blahblubb, hier ist Laberfasel, wir haben ein Problem in der Wohnung xy. Die Steckdose in der Küche ist durchgebrannt...' Der Rest hat sich dann ganz unkompliziert von selbst ergeben. Tja, leider ist net alles so einfach, hrmpf!
So langsam nähern wir uns jetzt über den Umweg Bewältigung eines Teilproblems der Thematik Checker-Nixchecker. Ich glaube, daß Dir alle Leute das totale Checkertum unterstellen, liegt an Deinem Beruf. Ich habs einfach mal probiert in meinem Umfeld. 'Ey Alder Lan, ich kenne einen Anwalt' Jede (und ich meine JEDE!) Antwort darauf war von zwei Vorurteilen geprägt, die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen: (1) 'Boah, der muß ja fett GELD haben!' und (2) 'Boah, der muß ja voll den DURCHBLICK haben, bestimmt krass knallhart und zwei Stufen über jedem Normalsterblichen'. So wie Du es beschreibst, bist Du auch Opfer dieser Vorurteile geworden. Das heißt nicht, daß Du gehemmt bist oder sonstwas, sondern lediglich, daß Dir dieser ewige Stereotyp vom gutverdienenden, den totalen Durchblick habenden Staranwalt bis zum Erbrechen aus dem Halse heraushängt.
Das ist nicht verwerflich, sondern im Gegenteil sehr menschlich. Willst Du Dich für Deine Menschlichkeit schämen?
Ich für meinen Teil bin froh, daß Du in erster Linie Mensch bist und nicht Jurist. Die meisten Juristen können das nicht mehr von sich behaupten.
Ähm... ja. Irgendwie verläßt mich jetzt der rote Faden. Also have a nice one! :schmatz:
Ok, noch ein kleiner OJ aus dem englischsprachigen Raum:
What's the difference between an overrun rabbit and an overrun lawyer on the road?
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Skid marks in front of the rabbit!
Bwaaaaahahahahahaha!