Hallo Ihr Diskussionsfreudigen.
Strumpfbandl, Dir kann ich absolut die Hand geben: Mir wiederfährt ständig das, was Du erlebst:
Ich begegne "großartigen" Männern. Sie haben Charme, Stil, Charisma, haben suuuuper Ideen, ihr Leben im Griff. Und suchen die Frau, mit der sie die Welt aus den Angeln heben können.
Die bin ich. Und das erkennen sie auch. Aber es passiert immer das Gleiche: Ich spucke mir vor Tatendrang in die Hände und warte, damit man gemeinsam die Welt aus den Angeln hebt. Und ich warte und warte und warte...und der andere kommt nicht wie vereinbart zum Treffpunkt. Er hat sich wieder dem anderen Typ Frau zugewendet, der weniger aktiv ist als ich. Der einfacher gestrickt ist.
Es ist schräg. Es ist seltsam. Ich kann es nicht verstehen. All die Pläne und die Gespräche von der gemeinsamen Zukunft. Gespräche, die Nächte lang gedauert haben - alles löst sich von jetzt auf nachher in Luft auf. Ähnliche Projekte wie bei Dir, Strumpfbandl: Auswandern, gemeinsam Firma aufziehen, Familie, miteinander alt werden.
"Du bist es. Die Frau fürs Leben" - habe ich schon so oft gehört. Ich kann es nicht mehr hören. Und will es nicht mehr. Denn: danach höre ich nie wieder etwas von diesen Männern. Sie verdünnisieren sich förmlich.
Mein Fazit: Ich wirke nach außen ziemlich straight und taff. "Die kann was. Die hat ihr Leben im Griff", dieser Ruf eilt mir voraus. Ich habe mir das verdammt hart erarbeitet. Ich spreche immer Klartext, deshalb kann man mich relativ gut einschätzen. Umso seltsamer finde ich es, dass ich dennoch diesen Männern auf den Leim gehe. Ich sage denen ganz genau, was ich von einer Beziehung will/nicht mehr will. Ich will keine emotionalen Experimente mehr. Ich will gemeinsame Ziele. Familie. "Toll - Du sprichst das aus, was ich seit Jahren denke", höre ich. Und dabei bleibt es.
Mein Muster scheint das zu sein, dass ich mich zu sehr über Leistung definiere. So bin ich groß geworden. Ich scheine bloß was zu "taugen", wenn ich Leistung bringe. Auch bei Männern. Und wenn ich nicht so "ziehe", wie sie das wollen, verabschieden sie sich. Denn ihnen geht es nicht um mich, sondern um das, was ich kann. Marketing, PR. Das wollen sie abgreifen, um sich selbst voran zu bringen - dabei sind sie allesamt Verlierer auf ganzer Linie. Gut getarnt. Und da ich hier und da kritische und unangenehme Fragen stelle ("Wie finanzierst Du eigentlich das neue Büro???"), werde ich unbequem. Früher haben mir die Kerle ihre (geschäftlichen) Probleme hingeschmissen mit dem Vermerk "Mach mal". Ich habe mich gefreut, involviert zu werden. Heute sage ich nur abfällig: Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Nein danke. Ich habe genug selbst zu tun. Meist wenden sich hier die "Marlboro-Men" schon ab, weil man sich bei mir nicht mehr leicht bedienen kann.
Ich habe gelernt, dass es den wenigsten Begegnungen in meinem Leben um mich und meine Person gegangen ist, sondern um das, was ich leisten kann. Daran bin ich selbst schuld, das habe ich vor noch gar nicht so langer Zeit erkannt. Meine Exbeziehung gab mir den Wink dazu. Wenn ich jetzt so über meine Vergangenheit nachdenke, ergeben viele kleine Steinchen ein Gesamtbild. Es ist erschreckend. Es tut mir weh. Aber ich habe die Chance, dies zu ändern und deshalb bin ich sicher, dass es Menschen gibt, die mich auch mit all meinen Schwächen und Mängeln mögen. Ich habe sie - diese Menschen - vorher nie wahrgenommen, weil ich zu sehr mit denen beschäftigt war, die mich ausgesaugt haben.
Ich weiß nicht, ob Dir diese Antwort etwas bringt. Ich denke aber, dass Beziehungen immer etwas mit einem selbst zu tun haben.
Und ich habe die Vermutung, dass wir uns insgeheim gar nicht erlauben, dass wir in glücklicher Zweisamkeit, die keine gravierenden Probleme hat, leben dürfen. Wir übersehen die "Guten",bei denen wir alles ausleben können, von was wir heimlich träumen, weil wir vielleicht insgeheim Angst vor dieser Nähe haben, die wir erleben könnten.