Hallo Requiem,
habe mir gerade Deine Geschichte durchgelesen und möchte auch ein bisschen unsortierten Senf dazu geben
Vor allem möchte ich zu bedenken geben, dass sie AUCH ganz durcheinander ist und zudem offenbar sehr unerfahren, was Beziehungs-Dinge angeht. Du reflektierst Dich sehr stark und sie auch; ich glaube allerdings, dass sehr viele ihrer Entscheidungen überhaupt nicht rational/bewusst durchdacht waren. @Roya hat es super auf den Punkt gebracht mit dem Hin-und Hergerissen sein. Entsprechend wirst Du ihr Handeln nicht erklären können - Deine Hauptfrage ist ja, warum hat sie dies oder jenes getan. Ich wette, dass sie das auch nicht weiß. Ich war mal in einer ähnliches Situation wie sie, übrigens auch so etwa Anfang der Abi-Stufe (als wir nämlich auf Kursfahrt waren). Damals hat mir ein jahrelanger Freund gebeichtet, dass er in mich verliebt sei und das schon seit Jahren. Du wirst denken, dass es für Dich jetzt vor allem schlimm ist - aber glaub mir, für mich war das damals ein totaler Schock. Ich war auch noch recht wohlbehütet und wusste überhaupt nicht, was ich machen sollte. Er ist ein lieber Mensch; entsprechend habe ich schon mit so Gedanken zu kämpfen gehabt "Warum will ich ihn nicht... Bin ich komisch/nicht normal... Vielleicht wäre er der Richtige und ich sollte vernünftiger sein" Und es war auch verlockend, der Gedanke, es mal auszuprobieren, war ständig präsent. Aber im Inneren wusste ich, es wäre nicht fair und nicht richtig. Trotzdem gab es ähnliche Situationen wie bei Euch - wir haben auch mal Händchen gehalten (ging von ihm aus) und am Lagerfeuer Arm in Arm dagesessen. Ich war ja selbst verwirrt! Einerseits wusste ich, es war falsch, andererseits fühlte es sich auch gut an. Sehr zerrissen, so eine Lage. Ich finde daher gut, dass sie mutig genug war, es Dir direkt zu sagen und die Notbremse zu ziehen. Ich schäme mich heute dafür, dass ich das nicht getan habe - ich habe ihm einmal gesagt, dass ich mir nur eine Freundschaft vorstellen kann (so wie sie am Anfang) und habe danach garantiert auch zwiespältige Signale ausgesendet - mit dem Hintergedanken übrigens, dass er ja weiß, dass ich ihn nicht als Partner sehe. Damals war ich so naiv, dass ich glaubte, das würde reichen. Heute weiß ich natürlich, dass das nicht stimmt und man am besten sofort den Kontakt abbricht.
Übrigens sind wir heute, mehr als zehn Jahre nach der Geschichte, noch miteinander befreundet. Es kühlte mal ein bisschen ab, aber wir haben immer Kontakt und kennen uns, seit wir 2 Jahre alt sind
Er hat eine Freundin und ich einen Freund. Ich mag ihn gern; aber die Entscheidung damals war goldrichtig.
Jetzt kommt bei Deinem Mädel aber noch ein weiterer Punkt ins Spiel, nämlich die Religiosität/Kirche. Das macht es garantiert noch schwieriger; als nicht-allzu-religiöser Mensch kann man, glaube ich, nicht ermessen, welchen Raum das im Leben einnehmen kann bzw. wie sehr die Regeln der Kirche die Psyche/das eigene Leben beeinträchtigen können. Für einen Außenstehenden schwer verständlich! Ich war auf einer klösterlichen Schule (obwohl weder meine Eltern noch ich sehr kirchlich sind), daher wage ich mal, dazu auch meinen Senf abzugeben
Wer sehr streng kirchlich lebt, für den ist vieles noch schwieriger/"sündhafter", als es sowieso ist. Im extremsten Fall, den ich kenne (streng protestantisch) hat eine Bekannte echte Probleme mit körperlicher Nähe, weil sie eingetrichtert bekommen hat, dass alles Sünde sei, was nicht unmittelbar der Fortpflanzung dient
Und wenn es dann noch Spaß macht - owei. In diesen Fällen, wo die Familie sehr streng "christlich" lebt, ähnelt so einges meiner Meinung nach schon einer gewissen Hirnwäsche/Eintrichterung. Sorry, ich will niemandem auf den Schlips treten, aber es ist schon eine sehr spezielle Welt meiner Erfahrung nach.
Ich wünsch Dir alles Gute!
Schöne Grüße
Nimriel