Wurde nichts mit Monsieur Ibrahim. Aber dafür habe ich gemütlich ein Bier an einem Tisch mit zwei Leuten getrunken, ein wenig geschwatzt, Zeitung gelesen, noch ne latte macchiato. Ruhig. Gut soweit.
Der Heimweg wurde zu einer mittleren Qual. Der Weg in das Alleinsein. Ganz allein.
Das macht mir schon sehr Mühe, dieses unfreiwillige Alleinsein. Eigentlich war ich es - wieder einmal - den ganzen Abend über. Auch wenn ich etwa eine halbe Stunde lang mit zwei Menschen geredet habe. Allein dann am Tisch, an den sich niemand setzen wollte. Allein mit der «Latte» und der Zeitung. Allein in der Stadt.
Sind meine Beziehungen Flüchte aus der Einsamkeit? Gewesen? Biin ich Beziehungen eingegangen, um nicht alleine zu sein? Und wenn ja: ist das verwerflich?
Ich stelle in diesen Tagen alle Denkweisen, alle Normen, alles um mich und in mir in Frage. Muss ich alleine zurecht kommen? Muss ich so stark sein, auch alleine durch's Leben gehen zu können? Muss ich unabhängig und frei sein?
Darf ich nicht auch angewiesen sein auf jemanden, der mich gern hat? Darf ich jemanden «brauchen»?
Manchmal kommt mir unser Streben nach Selbstständigkeit und Freiheit, nach Unabhängigkeit und Stärke schon sehr seltsam vor. Ist es nicht ein wenig Zweckoptimismus, wenn wir aus der mangelnden Beziehungsfähigkeit heraus das Alleinsein als Lösung all unserer zwischenmenschlichen Probleme propagieren?
Ob der vielen Fragen, die ich mir selber und die sich mir immer wieder stellen könnte ich verzweifeln, aber sie ermäglichen mir auch den Blick auf so vieles, das mir im Eingebundensein in Strukturen und Normen verborgen blieb. Gleichgültig, ob ich nun nach der perfekten Beziehung, nach Familie und Eigenheim strebe oder ob mein Ziel die totale Unabhängigkeit ist, ich werde dieses Ziel nie erreichen. Weder die Familie mit Eigenheim noch die Unabhängigkeit werden je so perfekt sein, dass ich damit voll und ganz zufireden bin. Heute ist die Beziehung ein Traum, weil ich sie nicht habe. morgen vielleicht die Freiheit, weil ich ihr nachtrauere.
Immer mehr merke ich, wie sehr mein Wohlbefinden von meinem Denken und Fühlen in der jeweiligen Situation abhänig ist. Da ist es egal, ob die Umstände gut oder shclecht sind, es ist mein Denken, das sie zu einem für mich positiven oder negativen Empfinden führt. Es ist also meine Einstellung und mein Denken, das mein Fühlen bestimmt, und nicht das Ereignis, das dem Denken zugrunde liegt. Insofern kann ich doch eigentlich in jeder Situation, die mir das Leben bietet, zufrieden und eins mit mir selber sein.
Oder?
Eben meldet mein Emailprogramm einen neuen Beitrag in diesem Thread. @sine fragt, ob ich mein Ei schon ausgebrütet hätte...
Bin dran, sine, bin dran...
Ich werde jetzt ins Bett gehen, mit einem Block Papier und einem Schreiber bewaffnet und werde mir mal aufschreiben, was alles gut ist in meinem Leben, so wie es sich jetzt gestaltet. Dieses Gute will ich dann anschauen und versuchen, daraus ein Fundament zu bauen, das mir hilft, diese Zeit in einer Art zu erleben, die mir eine Perspektive und den notwendingen Weitblick verschaffen sollte, weiter zu denken als nur gerade zu dem Wunsch «ich möchte so gerne geknuddelt werden». Was ist gut und wie kann ich daraus positive Impulse schmieden.
Dann will ich die schwierigen Seiten meines Daseins erleuchten. Die will ich mir genau anschauen und will sie begreifen lernen, ihnen durch den genauen Blick auch etwas von ihrer furchteinflössenden Wirkung auf meine Psyche zu nehmen versuchen und sie als Fakten akzeptieren lernen. Ich will sie annehmen als einen Teil meines Lebens und dadurch vielleicht auch hier die Möglichkeit haben, mit Weitsicht und Distanz genuaer ran zu gehen. Vielleicht kann ich dann sogar etwas verändern...
Ich weiss, ich bin in letzter Zeit ziemlich wirr und verwirrt im Schreiben, aber das drückt nur meine innere Zerrissenheit und die vielen Fragen aus, die in mir sind.
Gute nacht, vielleicht komm ich später nochmals...
Xoff